Gertrud Büchel

Benediktinerin von Rolandswerth (Nonnenwerth), Schreiberin, Buchmalerin, Äbtissin (gestorben 1543)

Anja Ostrowitzki (Bonn)

Breviarium, Zierseite, Schreiberin und Buchmalerin Gertrud Büchel, undatiert. (Forschungsbibliothek Gotha der Universität Erfurt Gotha memb. II 158, fol. 29r)

Ger­trud Bü­chel (auch: Bu­chel) war ei­ne her­aus­ra­gend ge­bil­de­te Non­ne im Be­ne­dik­ti­ne­rin­nen­klos­ter Ro­lands­werth, wo sie als ver­sier­te Schrei­be­rin und Buch­ma­le­rin so­wie seit 1507 als Äb­tis­sin wirk­te. Jo­han­nes Butz­bach wid­me­te ihr 1505 sei­ne Schrift „Von den be­rühm­ten Ma­lern (De praecla­ris pic­tu­rae pro­fes­s­o­ri­bus)“, ei­ne frü­he Dar­stel­lung zur Kunst­ge­schich­te aus Deutsch­land.

 

Ger­trud Bü­chel leb­te in der Zeit des Über­gangs vom Mit­tel­al­ter zur Frü­hen Neu­zeit als Non­ne im Be­ne­dik­ti­ne­rin­nen­klos­ter von Ro­lands­werth, ei­ner Rhein­in­sel, die heu­te zu Re­ma­gen ge­hört. Das Klos­ter war da­mals der Burs­fel­der Re­form­kon­gre­ga­ti­on an­ge­glie­dert. Quel­len zu Ger­truds Le­ben und Wir­ken sind die er­wähn­te Schrift des Laa­cher Be­ne­dik­ti­ners Jo­han­nes Butz­bach (1478-1516/17), fer­ner der Ne­kro­log und die Klos­ter­chro­nis­tik von Ro­lands­werth so­wie von Ger­trud als Äb­tis­sin aus­ge­stell­te Ur­kun­den. Un­mit­tel­ba­res Zeug­nis von ih­rer la­tei­ni­schen Bil­dung und hand­werk­li­chen Kunst­fer­tig­keit ge­ben ein­zel­ne er­hal­te­ne, von Ger­trud ge­fer­tig­te Bü­cher.

Für Ger­truds Ge­burts­jahr, das ge­mein­hin mit 1467 an­ge­ge­ben wird, fand sich kein Be­leg. Dass sie ei­ne Toch­ter der Ehe­leu­te Jo­hann von Bü­chel und Agnes von Strom­berg war und dem­zu­fol­ge aus dem Kur­k­öl­ner Nie­dera­del stamm­te, ist je­doch durch ei­ne Ur­kun­de (LHA Ko­blenz, Be­stand 161 Nr. 17) und die Ak­ten ei­nes Reichs­kam­mer­ge­richts­pro­zes­ses um das Er­be des Ehe­paars (Lan­des­ar­chiv NRW Ab­tei­lung Rhein­land, Reichs­kam­mer­ge­richt AA 0627, Nr. 1552 – E 351/1235) be­legt. 

Ih­re Aus­bil­dung dürf­te Ger­trud im Klos­ter Ro­lands­werth er­hal­ten ha­ben, denn Mäd­chen war der Zu­gang zu La­tein­schu­len ver­wehrt. Künf­ti­ge Non­nen be­nö­tig­ten Kennt­nis­se der la­tei­ni­schen Spra­che, lit­ur­gi­scher Tex­te und der Evan­ge­li­en, da­mit sie ihr lit­ur­gi­sches Of­fi­zi­um er­fül­len konn­ten. Nach den Vor­stel­lun­gen der Burs­fel­der Re­for­mer soll­ten sie so­gar la­tei­nisch spre­chen kön­nen, al­so ein ho­hes Ni­veau an Sprach­kennt­nis­sen er­rei­chen. Von Butz­bach wis­sen wir, dass Ger­trud sehr be­le­sen war. Das In­ter­es­se an geist­li­cher Li­te­ra­tur war in re­for­mier­ten Non­nen­k­lös­tern aus­ge­prägt. Bü­cher ab­zu­schrei­ben galt als an­ge­mes­se­ne Hand­ar­beit für Mön­che und Non­nen, als Schutz vor Mü­ßig­gang und from­me Übung.

Die Ro­lands­wer­t­her Klos­ter­his­to­rio­gra­phie be­rich­tet über Ger­truds Le­bens­weg, dass sie sich be­son­de­re kal­li­gra­phi­sche und ma­le­ri­sche Fer­tig­kei­ten au­ßer­halb ih­res ei­ge­nen Klos­ters an­eig­ne­te. Sie ha­be ein hal­bes Jahr im Au­gus­ti­ner­chor­frau­en­stift En­gel­thal in Bonn ge­lebt, um dort das Schrei­ben und Il­lu­mi­nie­ren von Hand­schrif­ten zu er­ler­nen. An­schei­nend be­trie­ben die Bon­ner Ka­no­nis­sen ein Skrip­to­ri­um von gu­tem Ruf, für das an­de­re Zeug­nis­se aber feh­len. Be­vor die ad­li­ge Non­ne Ger­trud als Nach­fol­ge­rin ih­rer leib­li­chen Schwes­ter De­mo­dis, wel­che am 22.11.1507 starb, zur 4. Äb­tis­sin nach der Re­form von Ro­lands­werth ge­wählt wur­de, be­rich­tet die Chro­nik wei­ter, ha­be sie sich als Schrei­be­rin be­tä­tigt. Ger­trud ha­be die sechs gro­ßen Chor­bü­cher auf Per­ga­ment ge­schrie­ben, die 1700 noch in Ro­lands­werth vor­la­gen, dar­un­ter zwei Gra­dua­le und vier An­ti­pho­na­le. Die­se Hand­schrif­ten ha­be sie mit gro­ßen gol­de­nen In­itia­len ver­ziert. Da­ne­ben ha­be sie klei­ne­re Ge­bet­bü­cher ge­schrie­ben, von de­nen et­li­che noch vor­han­den, an­de­re aber Kriegs­ver­lus­te sei­en. 

Ob Ger­trud ihr Hand­werk al­lein we­gen der Be­an­spru­chung als Äb­tis­sin auf­gab, steht da­hin. Denn in der Epo­che setz­te sich der Buch­druck mehr und mehr durch, wäh­rend die hand­schrift­li­che Buch­pro­duk­ti­on ab­nahm, sieht man von kost­ba­rer Buch­ma­le­rei für ein ex­klu­si­ves Pu­bli­kum ab. Ger­trud ha­be ihr Amt, so der Ne­kro­log, über 36 Jah­re hin­weg bis zu ih­rem Tod am 7.10.1543 be­klei­det. Sie wur­de im Non­nen­chor der Klos­ter­kir­che bei­ge­setzt.

Ger­trud zu Eh­ren ver­fass­te Jo­han­nes Butz­bach 1505 ei­ne kunst­ge­schicht­li­che Dar­stel­lung nach dem Vor­bild an­ti­ker Künst­ler­vi­ten. Sie gilt in der For­schung als be­deu­ten­de Etap­pe der Kunst­ge­schichts­schrei­bung in Deutsch­land all­ge­mein und der Ent­wick­lung der da­für ge­wähl­ten Text­gat­tung im Be­son­de­ren. Er stell­te dem Trak­tat ei­nen Wid­mungs­brief vor­an, in dem Ger­trud als from­me Non­ne und her­vor­ra­gen­de Ma­le­rin an­ge­spro­chen wird. Ro­lands­werth er­strah­le vor an­de­ren Klös­tern „im Ruh­me der Fe­der und des Pin­sel­s“ und zwar durch Ger­truds Werk und das ih­rer ge­lehr­ten Zeit­ge­nos­sin und Mit­schwes­ter Aley­dis Rai­scop. Je­ne ge­noss als Au­to­rin und Über­set­ze­rin sei­ne ho­he Wert­schät­zung und auch die an­de­rer hu­ma­nis­tisch ge­bil­de­ter Mön­che. Butz­bach prä­sen­tiert den Trak­tat als Ges­te der Dank­bar­keit für das Non­nen­klos­ter, nicht oh­ne den Wunsch ein­zu­flech­ten, künf­tig noch wei­te­re, wert­vol­le­re il­lu­mi­nier­te Hand­schrif­ten zu er­hal­ten. Ge­schöpft aus an­de­ren Schrif­ten soll­te sei­ne Dar­stel­lung das Wis­sen sei­ner ge­bil­de­ten Adres­sa­tin meh­ren. Ge­wiss stell­te der Ver­fas­ser auf die­se Wei­se auch sei­ne ei­ge­ne Bil­dung zur Schau. Bei et­wai­gen Ver­ständ­nis­schwie­rig­kei­ten mö­ge Ger­trud ih­re Mit­schwes­ter Aley­dis zu Ra­te zie­hen. Zur wei­te­ren Lek­tü­re emp­fiehlt ihr Butz­bach sei­ne Schrift „Über be­rühm­te und ge­lehr­te Frau­en“, die er Aley­dis Rai­scop kur­ze Zeit zu­vor ge­wid­met hat­te. Kunst­ge­schicht­lich hebt Butz­bach an mit der An­ti­ke, aus der auch ei­ni­ge Künst­le­rin­nen vor­ge­stellt wer­den. In er­bau­li­chem Duk­tus be­han­delt er da­nach die christ­li­che Kunst, um ab­schlie­ßend den Blick auf Ger­tru­dis und die ei­ge­ne Epo­che zu rich­ten: In neue­rer Zeit ha­be ein ge­wis­ser Giot­to in den Ta­gen Be­ne­dikts XI. die Ge­schich­ten der Mär­ty­rer in Avi­gnon ge­malt und da­durch der Kunst ih­re al­te Wür­de wie­der­ge­ge­ben, ge­ra­de so wie Du und meh­re­re an­de­re jün­ge­re, künst­le­risch hoch­ste­hen­de Ma­ler sie wie­der be­rühmt ma­chen. Sei­ne gro­ße Be­wun­de­rung für Ger­trud brach­te Butz­bach da­durch zum Aus­druck, dass er sie mit dem be­deu­ten­den ita­lie­ni­schen Ma­ler ver­glich, der im la­tei­ni­schen Ori­gi­nal­text mit sei­nem la­ti­ni­sier­ten Na­men „Ze­tus“ be­zeich­net ist. Von Giot­to (gest. 1337) wuss­te Butz­bach wohl aus der Li­te­ra­tur, oh­ne über ge­naue­re Kennt­nis­se zu ver­fü­gen. Ein Auf­ent­halt Giot­tos in Avi­gnon wird nur in ei­nem Kom­men­tar zu Dan­te er­wähnt, den Butz­bach oder sei­ne li­te­ra­ri­schen Vor­la­gen re­zi­piert ha­ben mö­gen. Irr­tüm­lich ist die Da­tie­rung in den Pon­ti­fi­kat Be­ne­dikts XI. (gest. 1304), denn nach dem Stand der For­schung kä­men für den mut­ma­ß­li­chen Auf­ent­halt nur die Jah­re 1316/17 in Be­tracht.

Die Rei­he der zeit­ge­nös­si­schen Künst­ler, de­nen Ger­trud zur Sei­te ge­stellt wird, be­ginnt mit Is­ra­hel van Me­cke­nem (gest. 1503). Die­ser wer­de als her­vor­ra­gen­der Kup­fer­ste­cher ge­rühmt, wäh­rend man Ger­trud als die ta­lent­volls­te Ma­le­rin be­wun­de­re. Nur na­ment­lich er­schei­nen die Buch­ma­ler Abt Jo­han­nes von Sankt Ma­ri­en zu den Mär­ty­rern in Trier - wahr­schein­lich Abt Jo­han­nes II. aus Trier, der 1492-1509 am­tier­te - und der be­reits ver­stor­be­ne Abt Kon­rad Ro­den­berg (gest. 1486) von Jo­han­nis­berg im Rhein­gau. Aus­führ­li­cher wür­digt der Ver­fas­ser zwei Mön­che der Ab­tei Laach, de­ren Wer­ke Ger­trud ganz si­cher kann­te: Be­ne­dikt Fa­bri ali­as Chry­santh (um 1468-1517), den Leh­rer und Brief­part­ner der Aley­dis Rai­scop, der Hand­schrif­ten kunst­voll mit flo­ra­ler Buch­ma­le­rei aus­ge­stat­tet ha­be, und den ge­ra­de ver­stor­be­nen Hein­rich aus Ko­blenz, der in den Chor­bü­chern vie­le In­itia­len mit Blatt­werk und Blu­men ver­ziert ha­be.

Zu Ger­truds Ar­bei­ten äu­ßert sich Butz­bach in der Vor­re­de. Zu­nächst er­wähnt er Mi­nia­tu­ren, die Ger­truds Beicht­va­ter, Pa­ter Tho­mas aus Laach, sei­nen Mit­brü­dern zum Ge­schenk mit­ge­bracht ha­be: näm­lich Herz­lein un­se­res gnä­di­gen Hei­lan­des und Er­lö­sers. In Ro­lands­werth und Laach pfleg­te man an­schei­nend die in der mit­tel­al­ter­li­chen Mys­tik aus­ge­bil­de­te Herz-Je­su-Ver­eh­rung, die Je­sus Chris­tus un­ter dem Sym­bol sei­nes Her­zens als die per­so­ni­fi­zier­te gött­li­che Lie­be be­trach­te­te. Da Ger­truds Bil­der nicht er­hal­ten sind, wis­sen wir nicht, in wel­cher Wei­se sie das Mo­tiv kon­kret aus­ge­stal­te­te. Mi­nia­tu­ren, wie sie et­wa aus der Be­ne­dik­ti­ne­rin­nen­ab­tei Eich­stätt über­lie­fert sind, wur­den da­mals gern als Neu­jahrs­glück­wün­sche ver­schenkt. Nach den Herz­chen wür­digt Butz­bach Co­di­ces, die Ger­trud für Laach il­lu­mi­niert hat­te: die Mön­che wa­ren ge­ra­de­zu er­staunt wie über ein Wun­der, als Du bald dar­nach in ho­heits­vol­le­rem Gan­ge zum Gip­fel der Kunst schrit­test und die Chor­bü­cher, die Bru­der Ger­hard von Vre­den und Pe­ter von Wei­den […] mit eif­ri­ger Fe­der ge­schrie­ben ha­ben, in wun­der­ba­rer Zier­sam­keit herr­lich schmück­test. Die Bü­cher wa­ren als Ge­mein­schafts­wer­ke ent­stan­den, wo­bei Schrei­ber und Ma­le­rin nicht im sel­ben Skrip­to­ri­um ar­bei­te­ten. Die Hand­schrif­ten, die Butz­bach und die Ro­lands­wer­t­her Chro­nik auf­zäh­len, sind ver­schol­len. Es sind aber drei wei­te­re Ma­nu­skrip­te von Ger­truds Hand be­kannt und auch er­hal­ten. So wird es mög­lich, ih­re Leis­tun­gen un­ab­hän­gig von Butz­bachs Ein­schät­zung nä­her ein­zu­ord­nen. Zwei der be­tref­fen­den Co­di­ces tra­gen am Schluss so­ge­nann­te Ko­lo­pho­ne, die Aus­kunft über die Schrei­be­rin so­wie Ort und Zeit der Ent­ste­hung ge­ben. Da vie­le Wer­ke aus from­mer De­mut nicht si­gniert wur­den, weist nur rund ein Fünf­tel der spät­mit­tel­al­ter­li­chen Hand­schrif­ten aus deut­schen Frau­en­kon­ven­ten Ko­lo­pho­ne auf. So ist das drit­te in Re­de ste­hen­de Ma­nu­skript un­si­gniert, wird Ger­trud Bü­chel je­doch zu­ge­schrie­ben.

Die ers­te Hand­schrift ge­lang­te nach der Auf­he­bung des Klos­ters Ro­lands­werth 1802 über bi­blio­phi­le Samm­ler nach Wa­shing­ton. Dort ist sie als Li­bra­ry of Con­gress MS 92 (Faye and Bond 122) zu fin­den. Der Bi­blio­theks­ka­ta­log gibt an, dass die ge­bun­de­ne Pa­pier­hand­schrift weit­ge­hend schmuck­los sei. Sie wei­se nur ei­ne grö­ße­re In­itia­le auf, der ro­te Buch­sta­be sei mit wei­ßen ge­schwun­ge­nen Li­ni­en leicht de­ko­riert. Im Ko­lo­phon teilt die Ko­pis­tin in la­tei­ni­scher Spra­che mit, die klei­ne Ab­hand­lung von den Glie­dern der se­li­gen Got­tes­ge­bä­re­rin und Jung­frau Ma­ria, ge­nannt Wein­berg des Herrn Sa­baoth 1493 in der Ok­tav des Hoch­fes­tes der Er­schei­nung des Herrn, al­so am 13.1., fer­tig­ge­stellt zu ha­ben. Sie nennt ih­ren Na­men und gibt sich als Pro­fess­non­ne von Ro­lands­werth zu er­ken­nen. Ab­schlie­ßend bit­tet sie um Ge­be­te für sich (f. 186v). Es han­delt sich um ei­nen geist­li­chen Trak­tat der Ma­ri­en­ver­eh­rung, ver­fasst vom er­wähn­ten Jo­han­nis­ber­ger Abt Kon­rad von Ro­den­berg (vgl. Jo­han­nes Trithe­mi­us, An­na­les Hirsau­gi­en­ses, Bd. 2, 1690, S. 525). Wie zwei Be­sitz­ver­mer­ke er­ken­nen las­sen, hat­te Ger­trud Bü­chel das Buch für den Ge­brauch im ei­ge­nen Klos­ter ko­piert. Es war so­wohl zur Tisch­le­sung als auch für die pri­va­te geist­li­che Lek­tü­re ge­eig­net.

Ansicht von Rolandseck, Nonnenwerth, Drachenfels und die sieben Berge, 19. Jahrhundert. (Rheinisches Bildarchiv | rba_c015737 | https://www.kulturelles-erbe-koeln.de/documents/obj/05115582)

 

Die zwei­te Hand­schrift, Staats­bi­blio­thek Ber­lin Ms. germ. qu. 555, ent­hält ei­ne deut­sche Über­set­zung und Be­ar­bei­tung des Burs­fel­der Or­di­na­ri­us und der Cae­re­mo­niae für Frau­en­k­lös­ter. Auf Blatt 143v fin­det sich das la­tei­ni­sche Ko­lo­phon, wel­ches über­setzt lau­tet: Be­en­det und fer­tig­ge­stellt wur­de die­ses Buch von mir, Schwes­ter Ger­tru­dis Bu­chel, Non­ne von Ro­lands­werth, im Jahr des Herrn 1497 am Fest des Apos­tels Mat­thi­as (24.2.). Be­tet für mich zu Gott dem Herrn. Auch die­sen auf Pa­pier ge­schrie­be­nen Band schmück­te die Schrei­be­rin mit zwei far­bi­gen Fl­eu­ron­né In­itia­len eher spar­sam aus.

Auf wert­vol­le­rem Per­ga­ment ge­schrie­ben und präch­ti­ger mit Buch­ma­le­rei aus­ge­stat­tet ist die un­si­gnier­te klein­for­ma­ti­ge Hand­schrift ei­nes la­tei­ni­schen Bre­viers, Go­tha Memb. II 158. Ein­trä­ge auf dem Vor­satz ver­wei­sen auf Ger­trud Bü­chel. So hielt Hein­rich von Bü­chel, ein Fa­mi­li­en­mit­glied, En­de des 16. Jahr­hun­derts in sei­nem Be­sitz­ver­merk fest, dass Ger­trud von Bü­chel, die Ma­gis­tra auf der In­sel, das kost­ba­re Büch­lein ei­gen­hän­dig ge­schrie­ben ha­be. Er ha­be es am 22.2.1588 von der Klos­ter­frau Chris­ti­na von En­zen­berg zum Ge­schenk er­hal­ten, als die Non­nen die Klos­ter­in­sel zeit­wei­se ver­las­sen muss­ten. Bei nä­he­rer Be­trach­tung un­ter­schei­det sich der Schrift­duk­tus des Bre­viers von dem­je­ni­gen des vor­ge­nann­ten deut­schen Ma­nu­skripts. Dies ist durch die un­ter­schied­li­chen Schreib­spra­chen aber gut zu er­klä­ren, stellt die Zu­wei­sung an Ger­trud al­so nicht grund­sätz­lich in Fra­ge. Sehr wahr­schein­lich bie­tet das Buch das hoch­ka­rä­tigs­te Zeug­nis ih­res ma­le­ri­schen Kön­nens. Es ent­hält mehr­far­bi­ge Zier­in­itia­len und drei mit In­itia­len und Bor­dü­ren, die das gan­ze Blatt ver­zie­ren, be­mal­te Sei­ten. Die Ar­beit ist kunst­fer­tig und kost­bar aus­ge­führt, da­bei wur­de reich­lich Blatt­gold ver­wandt und ge­konnt auf­ge­tra­gen. Es ist nur glück­li­chen Um­stän­den zu ver­dan­ken, dass wir Ei­ni­ges über Ger­trud Bü­chel wis­sen: der Be­geis­te­rung des mo­nas­ti­schen Schrift­stel­lers Butz­bach, der Klos­ter­his­to­rio­gra­phie und zu­fäl­lig vor­han­de­nen Ko­lo­pho­nen. Ger­trud Bü­chel schuf dem­nach qua­li­tät­vol­le Hand­schrif­ten und war ei­ne von ih­ren Zeit­ge­nos­sen be­wun­der­te Künst­le­rin. Die Ro­lands­wer­t­her Non­ne steht aber auch für ei­ne grö­ße­re An­zahl von Klos­ter­frau­en, die in spät­mit­tel­al­ter­li­chen Skrip­to­ri­en ähn­li­che Wer­ke ge­schrie­ben und mit Buch­schmuck ver­se­hen ha­ben, da­bei aber an­onym blie­ben und heu­te ver­ges­sen sind.

Quellen

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Zitationshinweis

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Ostrowitzki, Anja, Gertrud Büchel, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/gertrud-buechel/DE-2086/lido/666c3d9b14f3d2.65534463 (abgerufen am 07.12.2024)