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Hans Böckler war der erste Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) nach dem Zweiten Weltkrieg. Sein Name ist untrennbar verbunden mit der Überwindung der parteipolitischen und konfessionellen Lager unter dem Dach der Einheitsgewerkschaft und mit der Durchsetzung der paritätischen Mitbestimmung in der Montanindustrie.
Johann Georg Böckler wurde am 26.2.1875 in Trautskirchen, einem kleinen mittelfränkischen Ort, als Sohn eines Dienstknechts und einer Tagelöhnerin geboren. Die Eltern heirateten im Jahr 1876, nachdem der Vater als Kutscher im Fuhrbetrieb der Stadt Fürth eine bescheidene, aber feste Anstellung gefunden hatte. 1888 starb der Vater, woraufhin Hans Böckler die Schule verlassen musste, um zum Unterhalt der mittlerweile sechsköpfigen Familie beizutragen. Er wurde Metallschläger und ging nach Beendigung der Lehre 1892 auf Wanderschaft. 1894 kehrte er nach Fürth zurück und ging mit der gleichaltrigen Magdalena Barbara Müller eine Lebensgemeinschaft ein, die 1899 – nach Erteilung des Bürgerrechts – legalisiert wurde und aus der drei Kinder hervorgingen: Johann Wolfgang (1895), Johann Georg (1896) und Kunigunde (1898).
In Fürth begann Hans Böckler zugleich, sich aktiv in der Arbeiterbewegung zu engagieren. 1894 trat er sowohl der Sozialdemokratischen Partei (SPD) als auch dem Deutschen Metallarbeiterverband (DMV) bei. Er war Mitbegründer des örtlichen Arbeiter-Turnvereins und wurde Vertrauensmann aller freigewerkschaftlich organisierten Metallarbeiter. 1902 wurde er schließlich nicht nur ehrenamtlicher Vorsitzender des gesamten Fürther Gewerkschaftskartells, sondern auch als SPD-Vertreter in den Gemeinderat gewählt.
Mit 28 Jahren wurde Hans Böckler hauptamtlicher Gewerkschaftsfunktionär. Damit nahm er eine Tätigkeit auf, die ihn in den folgenden 15 Jahren durch ganz Deutschland führte. Zuerst ging er im Auftrag des DMV ins Saarrevier, einer gewerkschaftlichen Diaspora. 1907 wechselte er für rund drei Jahre nach Frankfurt am Main, wurde 1910 Bezirksleiter in Breslau und kam 1912 als Expedient der Metallarbeiter-Zeitung in die Zentrale nach Berlin. 1914 wurde er zum Kriegsdienst eingezogen. Von einer schweren Verwundung genesen und als dienstuntauglich entlassen, kehrte er Ende 1915 in die Dienste des DMV zurück und wurde zunächst in Danzig, anschließend in Kattowitz und schließlich in Siegen eingesetzt. Nach Ende des Ersten Weltkrieges wurde Hans Böckler, mittlerweile ein erprobter, organisationserfahrener Funktionär, Sekretär der Zentralarbeitsgemeinschaft, der institutionalisierten Zusammenarbeit der Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbände auf Reichsebene. Nachdem die Mehrheit im DMV im Oktober 1919 die weitere Teilnahme an der Zentralarbeitsgemeinschaft abgelehnt hatte, wurde der Verbleib für Hans Böckler nicht haltbar.
Im März 1920 übernahm er die Leitung der DMV-Verwaltungsstelle Köln und siedelte in die rheinische Metropole über, wo er bis zu seinem Tod wohnen blieb. Ab Mai 1924 saß Hans Böckler als Vertreter der SPD im Rat der Stadt Köln, wo er bei allen politischen Differenzen auch die Achtung des Oberbürgermeisters Konrad Adenauer erwarb. Im September 1927 wurde er Bezirksleiter des Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbundes (ADGB) für Rheinland-Westfalen-Lippe, einem der größten Bezirke neben Berlin und Sachsen. Mit dem größeren Verantwortungsbereich wuchs auch die Bedeutung von Hans Böckler. Im Mai 1928 wurde er erstmals in den Deutschen Reichstag gewählt, dem er bis zum Machtantritt der Nationalsozialisten 1933 angehörte. Im Zuge der Zerschlagung der Gewerkschaften im Mai 1933 wurde Hans Böckler erstmals in polizeilichen Gewahrsam genommen, aber schon nach wenigen Tagen freigelassen. Im September 1933 wurde er erneut verhaftet und bis Dezember in „Schutzhaft" gehalten. Ein Strafverfahren wegen Urkundenvernichtung und Unterschlagung gewerkschaftlicher Gelder endete im Februar 1934 mit einem Freispruch. Er lebte zunächst von Arbeitslosenunterstützung und ab 1935 von einem bescheidenen Altersruhegeld. Politisch zog er sich zurück, hatte aber insgeheim Kontakte zum Widerstandskreis um Wilhelm Leuschner (1890-1944). Nach dem gescheiterten Attentat vom 20.7.1944 tauchte er im Oberbergischen unter, um sich der drohenden Festnahme zu entziehen und das Ende des Krieges abzuwarten.
Ende April 1945 kehrte Hans Böckler nach Köln zurück und begann an führender Stelle sofort damit, die Gewerkschaften wiederaufzubauen. Noch im August 1945 wurde auf örtlicher Ebene eine Einheitsgewerkschaft gegründet, der sowohl Sozialdemokraten wie Christdemokraten und Kommunisten angehörten. Bereits im März 1946 wurde ein Ausschuss für die gesamte britische Zone gebildet, in den Vertreter aus der Nord-Rheinprovinz, aus Westfalen, aus Niedersachsen sowie aus Hamburg und Schleswig-Holstein entsandt wurden. Im August 1946 wurde darüber hinaus ein vorläufiger Zonenvorstand mit Hans Böckler an der Spitze gewählt – noch vor der offiziellen Gründung des DGB (Britische Besatzungszone), die schließlich im April 1947 in Bielefeld erfolgte, wo Hans Böckler dann zum Vorsitzenden gewählt wurde. Er stand auch dem Gewerkschaftsrat vor, der im Zuge des Zusammenschlusses der britischen und amerikanischen Zone im November 1947 gemeinsam mit den süddeutschen Gewerkschaftsbünden gebildet wurde.
Parteipolitisch hielt er sich bewusst zurück, auch wenn er sich weder der Berufung in die Kölner Stadtverordnetenversammlung im September 1945 noch der Entsendung in den ernannten nordrhein-westfälischen Landtag im Oktober 1946 entzog. Er blieb in diesen Gremien jeweils nur solange, bis die ersten regulären Wahlen im Oktober 1946 beziehungsweise im April 1947 durchgeführt wurden.
Auf dem Gründungskongress des DGB Mitte Oktober 1949 in München wurde Hans Böckler, dem in Anerkennung seiner Verdienste im Februar 1948 die Ehrendoktorwürde der rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität zu Köln verliehen worden war, zum Vorsitzenden gewählt. Dank seines unermüdlichen Einsatzes konnte im Januar 1951 erreicht werden, dass die paritätische Mitbestimmung zumindest im Bereich der Montanindustrie gesetzlich verankert wurde. Gemeinsam mit Konrad Adenauer war er unmittelbar zuvor, am 4.1.1951, zum Ehrenbürger der Stadt Köln ernannt worden.
Hans Böckler starb am 16.2.1951 in Köln. Nach den Trauerfeierlichkeiten im Festsaal der Universität Köln fand er am 21.2.1951 unter großer Anteilnahme der Bevölkerung seine letzte Ruhestätte auf dem Friedhof Melaten. Der Grabstein in Form eines Zahnrades, dem Symbol der Gewerkschaften, wurde vom Bildhauer Ludwig Gies (1887-1966) gefertigt.
Böckler wurde Namensgeber der 1977 gegründeten, gemeinnützigen Hans-Böckler-Stiftung des DGB sowie der von den Gewerkschaften verliehenen Hans-Böckler-Medaille. Die Stadt Köln stiftete 2005 einen nach ihm benannten Preis für besondere Verdienste im sozialen Bereich.
Schriften
Hüttenleute und Metallarbeiter im Saargebiet, Saarbrücken 1906.
Die Aufgaben der deutschen Gewerkschaften in Wirtschaft, Staat und Gesellschaft, Düsseldorf 1949.
Literatur
Borsdorf, Ulrich, Hans Böckler, Band 1: Erfahrungen eines Gewerkschafters 1875 – 1945, Essen 2005.
Lauschke, Karl, Hans Böckler, Band 2: Gewerkschaftlicher Neubeginn 1945 – 1951, Essen 2005.
Online
Milatz, Alfred, Artikel "Böckler, Hans", in: Neue Deutsche Biographie 2 (1955), S. 371-372. [Online]
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Lauschke, Karl, Hans Böckler, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/hans-boeckler-/DE-2086/lido/57c5851c16c260.91677446 (abgerufen am 09.12.2024)