Hans Eschelbach

Schriftsteller und Verlagsgründer (1868–1948)

Josef Niesen (Bonn)

Hans Eschelbach, Porträtfoto. (Privatbesitz Josef Niesen)

Hans Eschel­bachs Werk um­fasst Ro­ma­ne, Er­zäh­lun­gen, Ly­rik und Dra­men. Be­son­ders her­vor­ge­tre­ten war er mit meh­re­ren bib­li­schen und re­li­giö­sen Ro­ma­nen und Er­zäh­lun­gen, die zu Leb­zei­ten des Au­tors gro­ße Po­pu­la­ri­tät ge­nos­sen; zahl­rei­che sei­ner Ge­dich­te wur­den ver­tont. Mit dem von ihm ge­grün­de­ten Ve­ri­tas-Ver­lag und sei­nem aus­ge­prägt christ­li­chen Ver­lags­pro­gramm wuss­te sich der heu­te fast ver­ges­se­ne Au­tor bis in die spä­ten 1930er Jah­re dem Zu­griff der Na­tio­nal­so­zia­lis­ten zu ent­zie­hen, be­vor sein Ver­lag von der Ge­sta­po be­schlag­nahmt wur­de.

Ge­bo­ren wur­de Hans Eschel­bach am 16.2.1868 als sechs­tes Kind des Schrei­ners An­ton Eschel­bach (ge­stor­ben 1891) und des­sen Ehe­frau An­na Hen­se­ler (ge­stor­ben 1906) in der Bon­ner Rhein­gas­se 931–932, in un­mit­tel­ba­rer Nach­bar­schaft zum ehe­ma­li­gen Wohn­haus der Fa­mi­lie Beet­ho­ven, was spä­ter zu der – von Eschel­bach selbst ver­brei­te­ten und in sei­nem Ro­man „Vi­ne­ta“ ge­schil­der­ten – Mär führ­te, er sei im sel­ben Zim­mer ge­bo­ren, in dem der jun­ge Beet­ho­ven sei­ne Kind­heit ver­lebt ha­be. Kurz nach der Ge­burt zog die Fa­mi­lie zu­nächst in die Ka­ser­nen­stra­ße 2 und spä­ter in die Sürst 20, wo der Va­ter ei­ne Mö­bel­hand­lung er­öff­ne­te. Eschel­bach war ein un­ge­stü­mes, wil­des Kind, das we­gen sei­ner schwar­zen Lo­cken oft ge­hän­selt wur­de und kei­nen rech­ten An­schluss an Gleich­alt­ri­ge fand. Er flüch­te­te sich ins Schrei­ben von Ge­dich­ten und be­gann früh, sich für das Thea­ter zu in­ter­es­sie­ren. Be­reits wäh­rend des Be­such der Prä­pa­ran­den­an­stalt in Bonn, die er ab 1884 in Vor­be­rei­tung auf das Brüh­ler Leh­rer­se­mi­nar ab­sol­vier­te, schrieb er sein ers­tes Dra­ma „Blut für Blu­t“. Nach be­stan­de­nem Leh­rer­ex­amen war Eschel­bach 1890–1892 als Leh­rer an der Dorf­schu­le in Mer­ten (heu­te Stadt Born­heim) tä­tig, wo er The­re­se Wol­ter (ge­stor­ben 1928) ken­nen­lern­te und hei­ra­te­te. Aus der Ehe gin­gen drei Kin­der her­vor; das zweit­ge­bo­re­ne Mäd­chen ver­starb noch im Kin­des­al­ter.

Eschel­bach wech­sel­te 1892–1906 als Leh­rer an ei­ne Volks­schu­le in ei­nem Köl­ner Ar­men­vier­tel. Mit dem Elend der Kin­der kon­fron­tiert, be­gann sein so­zia­les En­ga­ge­ment, dass spä­ter Aus­druck in vie­len Ro­ma­nen und Dra­men fand. Gro­ße Auf­merk­sam­keit er­reg­te 1903 sei­ne No­vel­le „Die bei­den Merks“, die auf sei­nen ei­ge­nen Er­fah­run­gen als Leh­rer ba­siert. Schlag­ar­tig be­rühmt wur­de er kurz dar­auf mit sei­ner No­vel­len­samm­lung „Der Was­ser­kopf“.

Durch Be­su­che von Fa­bri­ken, Koh­le­gru­ben und Berg­wer­ken ge­wann er im­mer tie­fe­re Ein­sicht in die so­zia­le Not der ein­fa­chen Be­völ­ke­rung. An den Wo­chen­en­den schrieb er Thea­ter­stü­cke für die Köl­ner Ar­bei­ter­ju­gend – ge­prägt durch die dra­ma­ti­sche Kraft der Bi­bel –, die er selbst mit den Kin­dern ein­stu­dier­te. Zu­gleich such­te er An­schluss an die Künst­ler­sze­ne und be­freun­de­te sich mit Ma­lern, Thea­ter­lei­tern und Bild­hau­ern. Durch sei­ne Weih­nachts­ge­schich­te „Pauls Gei­ge“ wur­de der Köl­ner Scho­ko­la­den­pro­du­zent Lud­wig Stoll­werck auf Eschel­bach auf­merk­sam und mach­te ihn zum li­te­ra­ri­schen Bei­rat für das da­mals sehr be­kann­te Stoll­werck Sam­mel­al­bum.

1906 schied Eschel­bach aus dem Schul­dienst aus und zog zu­rück in sei­ne Hei­mat­stadt Bonn, wo er sich nun als frei­er Schrift­stel­ler ganz der Li­te­ra­tur wid­me­te. Da­bei wand­te er sich, trotz Büh­nen­er­fol­ge sei­ner Mär­chen­oper „Dorn­rös­chen“ (Kom­po­nist Au­gust We­we­ler, 1868–1952), vom Thea­ter ab und schlug selbst das An­ge­bot, die Thea­ter­di­rek­to­ren­stel­le in Nürn­berg zu be­setz­ten aus, was er für den Rest sei­nes Le­bens je­doch be­dau­er­te. Um­so er­folg­rei­cher schrieb er Dra­men, re­li­giö­se Ro­ma­ne und Bal­la­den, wo­bei trotz ho­her Ver­kaufs­zah­len sei­ne fi­nan­zi­el­le Si­tua­ti­on den­noch ge­spannt blieb. Viel­leicht auch des­we­gen führ­te der Schrift­stel­ler be­reits seit 1903 je­weils im Win­ter Vor­trags­rei­sen durch, bei de­nen er als Re­zi­ta­tor auf­trat. Zur bes­se­ren Ver­mark­tung sei­ner Wer­ke grün­de­te Eschel­bach am 29.11.1911 den Ve­ri­tas-Ver­lag, mit dem er zu­nächst in der Go­eben­stra­ße 3 und spä­ter in der Kron­prin­zen­stra­ße 26 an­säs­sig war.

Nach dem Tod sei­ner ers­ten Frau am 31.12.1928 hei­ra­te­te Eschel­bach nach Ein­hal­tung des Trau­er­jahrs 1930 sei­ne frü­he Lie­be, die Mu­si­ke­rin, Lau­ten­sän­ge­rin und Re­zi­ta­to­rin To­ny Eick (1885–1965), die er be­reits vor 1910 bei der Re­cher­che zu sei­nem Berg­ar­bei­ter­ro­man „Son­nen­sehn­such­t“ in Me­cher­nich ken­nen­ge­lernt hat­te, und de­ren Le­ben und künst­le­ri­scher Wer­de­gang er spä­ter in sei­nem Ro­man „Ma­ria Rex“ ver­ar­bei­te­te. Sie un­ter­stütz­te ihn nun bei der Ver­lags­ar­beit, hielt ihm den Rü­cken frei und war zu­gleich sei­ne Mu­se. Die ge­mein­sa­me un­ehe­li­che Toch­ter Jo­han­na Ger­trud An­to­nia (1910–1988) mach­te spä­ter un­ter dem Künst­ler­na­men To­ni van Eyck Kar­rie­re als Schau­spie­le­rin.

Nach der „Macht­er­grei­fung“ ge­riet Eschel­bach, mitt­ler­wei­le Prä­si­dent der „Deut­schen Li­te­ra­tur­ge­sell­schaft zur Pfle­ge und För­de­rung kath. Dich­tun­g“, rasch in den Fo­kus der Na­tio­nal­so­zia­lis­ten. Sein grund­ka­tho­li­sches und so­zi­al­kri­ti­sches Werk wur­de von der Reichs­schrift­tums­kam­mer auf den In­dex der un­er­wünsch­ten Schrif­ten ge­setzt und der „Dich­ter der Ar­men und Elen­den“ von De­nun­zi­an­ten we­gen re­gime­kri­ti­scher Äu­ße­run­gen an­ge­zeigt. Wie­der­holt wur­den Eschel­bach und sei­ne Frau ver­hört, Haus und Ver­lag von der Ge­sta­po durch­sucht und schlie­ß­lich be­schlag­nahmt. Sein letz­ter in Bonn fer­tig­ge­stell­ter Ro­man „ He­xen­kampf“ (1939) be­schäf­tigt sich mit dem Le­ben des rhei­ni­schen Dich­ter­pa­ters Fried­rich von Spee.

Im Zwei­ten Welt­krieg ge­hör­te Eschel­bach zu den ers­ten Bon­ner Bom­ben­op­fern, die ihr Heim ver­lo­ren. So kam 1941 die Ein­la­dung ei­nes Li­te­ra­tur­leh­rers aus Vor­arl­berg ge­ra­de recht, der dem Schrift­stel­ler und sei­ner Frau an­bot, bei ihm auf un­be­stimm­te Zeit un­ter­zu­kom­men. Bei­de über­sie­del­ten in das klei­ne Al­pen­dorf Fra­xern, wo Eschel­bach sei­nen Le­bens­abend mit Heim­weh ver­brach­te. Hier ent­stand auch sein letz­tes Werk, der Mi­che­lan­ge­lo-Ro­man „Der Dä­mon des Un­sterb­li­chen“, den er we­gen ei­ner lan­gen schwe­ren Krank­heit nicht voll­enden konn­te. Am 14.3.1948 starb Eschel­bach in ei­nem Inns­bru­cker Kran­ken­haus. Nach sei­nem Tod führ­te To­ny Eick den Ro­man zu En­de und gab ihn 1949 im Ve­ri­tas-Ver­lag her­aus.

Be­reits zu Leb­zei­ten er­hielt Eschel­bach durch Be­schluss des Bon­ner Fried­hofs­aus­schus­ses vom 10.2.1928 ein Eh­ren­grab auf dem Al­ten Fried­hof, je­doch blieb ei­ne Über­füh­rung des Leich­nams bis heu­te aus. 1958 wur­de ei­ne Stra­ße in Bonn-Dot­ten­dorf nach ihm be­nannt.

Eschel­bach war ein tie­fre­li­giö­ser Schrift­stel­ler mit star­kem Emp­fin­den und ein Er­zäh­ler mit aus­ge­zeich­ne­ter Be­ob­ach­tungs­ga­be, die den be­son­de­ren Wert sei­ner Ro­ma­ne und No­vel­len aus­macht. Sei­ne Schil­de­run­gen sind von ho­her Dich­te und in­ten­si­ver Wir­kung, be­son­ders was die her­vor­ra­gend dar­ge­stell­ten so­zia­len Schick­sa­le sei­ner Fi­gu­ren an­geht. Sei­ner­zeit hat­te das et­wa 50 Bän­de um­fas­sen­de Ge­samt­werk ei­ne sehr gro­ße Le­ser­schaft.

Werke

1884/1885 - Blut für Blut, Dra­ma.
1889, - Drei dra­ma­ti­sche Bi­bels­ce­nen, Dra­ma.
1891 - Ve­ri­tas, Dra­ma.
1893 - Wild­wuchs, Ge­dich­te.
1895 - Der Wald und sei­ne Be­woh­ner.
1895 - Na­tur­bil­der aus al­len Zo­nen.
1895 - Mo­dern, Dra­ma.
1896 - Le­ben­de Bil­der zu re­li­giö­sen Fes­ten.
1896 - An­tio­chus, Dra­ma.
1896/1897 - Leich­te Vor­trä­ge in Poe­sie und Pro­sa, 2 Bän­de.
1897 - Über die poe­ti­schen Be­ar­bei­tun­gen der Sa­ge vom ewi­gen Ju­den, li­terar­hist. Stu­die.
1899 - Ge­le­gen­heits­ge­dich­te.
1900 - Künst­ler und Her­ren­kind, Ro­man.
1900 - Som­mer­sän­ge, Ge­dich­te.
1901 - Ret­tet das Volks­lied.
1901 - Der Nie­der­gang des Volks­ge­san­ges.
1902 - Er­zäh­lun­gen.
1903 - Die bei­den Merks, No­vel­le.
1903 - Im Moor, No­vel­le.
1903 - Dorn­rös­chen, Li­bret­to.
1904 - Der Was­ser­kopf, No­vel­len­samm­lung.
1904 - Pro­fes­sor Ber­ger, Dra­ma.
1904 - Lie­be er­löst, No­vel­le.
1905 - In die Ka­ser­ne mit der Frau! An­re­gun­gen.
1906 - Der Volks­ver­äch­ter, Ro­man.
1908 - Das Tier, Ro­man.
1909 - Neue Ge­le­gen­heits­ge­dich­te.
1909 - Der Ab­trün­ni­ge, Dra­ma.
1909 - Die Ar­men und Elen­den, Er­zäh­lung.
1910 - Ma­ria Rex, Ro­man.
1911 - Die Lum­pen­lies. Der Kau­ert, Er­zäh­lun­gen.
1911 - Ihm nach, Chris­tus­ro­man.
1911 - Le­bens­lie­der, Ge­dich­te.
1913 - Früh­lings­stür­me, Ro­man.
1915 - Dich­ter­fahr­ten zu un­se­ren Feld­grau­en.
1918 - Son­nen­sehn­sucht, Ro­man.
1921 - Trotz Tod und Teu­fel, Büh­nen­spiel.
1926 - Vi­ne­ta. Er­leb­tes und Er­träum­tes.
1931 - Mi­chel Mi­chels, Ro­man.
1933 - Der Göt­ter­feind, Ro­man.
1934 - Der Sa­tans­kno­chen, 2 Bän­de, Ro­man.
1936 - Der un­be­kann­te Gott, Ro­man.
1938 - Sturm­flut, Ge­dich­te.
1938 - Auf Ab­bruch, Ge­dich­te.
1939 - He­xen­kampf, Ro­man.
1940 - Der Gold­koch, Ro­man.
1950/1951 - Der Dä­mon des Un­sterb­li­chen, 2 Bän­de, Mi­che­lan­ge­lo-Ro­man.

Literatur

Eschel­bach, To­ny, Hans Eschel­bach, Göt­zis 1948.
Heyer, Hel­mut, Kul­tur in Bonn im Drit­ten Reich, Bonn 2002, S. 265–268, 309–311.
Kosch, Wil­helm (Hg.), Deut­sches Li­te­ra­tur­le­xi­kon. Das 20. Jahr­hun­dert, Band 8, Mün­chen 2005, Spal­te 506.
Nie­sen, Jo­sef, Bon­ner Per­so­nen­le­xi­kon, 3. Auf­la­ge, Bonn 2011, S. 137.
Ort­ner, Franz, Die bib­li­schen Ro­ma­ne Hans Eschel­bachs, Dis­ser­ta­ti­on, Inns­bruck-Göt­zis 1949.

 
Zitationshinweis

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Niesen, Josef, Hans Eschelbach, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/hans-eschelbach-/DE-2086/lido/57c6a5d58a0a34.57326248 (abgerufen am 11.11.2024)