Hans Imhoff

Unternehmer (1922-2007)

Tanja Junggeburth (Bonn)

DE-2086, LVR_ILR_0000147019.

Hans Im­hoff war ei­ne der prä­gen­den Per­sön­lich­kei­ten der deut­schen Scho­ko­la­den­in­dus­trie nach dem Zwei­ten Welt­krieg.

Hans Im­hoff wur­de am 12.3.1922 als zwei­tes Kind von Fritz und Char­lot­te Im­hoff, ge­bo­re­ne Gal­lé, in Köln ge­bo­ren. Fritz Im­hoff, selb­stän­di­ger Schlos­ser­meis­ter, stamm­te aus ei­ner tra­di­ti­ons­rei­chen ka­tho­li­schen Köl­ner Bild­hau­er­fa­mi­lie. Die Welt­wirt­schafts­kri­se am Be­ginn der 1930er Jah­re traf den flo­rie­ren­den Be­trieb und die Fa­mi­lie hart, das Geld reich­te nicht, um den Sohn auf die hö­he­re Schu­le zu schi­cken.

Erst im na­tio­nal­so­zia­lis­ti­schen Wirt­schafts­auf­schwung ging es für den Be­trieb wie­der auf­wärts. Hans Im­hoff be­such­te ab 1935 die Städ­ti­sche Han­dels­schu­le, brach die­se al­ler­dings nach drei Jah­ren ab und ab­sol­vier­te ei­ne Leh­re als Ein­zel­han­dels­kauf­mann.

Von 1941 bis 1943 dien­te Hans Im­hoff bei der Kriegs­ma­ri­ne. Auf­grund ei­nes schwe­ren Au­gen­lei­dens aus­ge­mus­tert, kehr­te er 1943 nach Köln zu­rück. Im glei­chen Jahr hei­ra­te­te er sei­ne ers­te Frau Irm­gard Lenz, mit der er zwei Kin­der hat­te. 1944 wech­sel­te Im­hoff von ei­ner Au­to­werk­statt zum Köl­ner Fahr­zeug­pro­du­zen­ten Ford.

Nach Kriegs­en­de un­ter­stütz­te Hans Im­hoff mit LKWs aus dem Wa­gen­park der deut­schen Trup­pen die bri­ti­sche Be­sat­zungs­macht bei der Ver­tei­lung von Le­bens­mit­teln und ver­ding­te sich als Kom­pen­sa­ti­ons­händ­ler zwi­schen der bri­ti­schen und fran­zö­si­schen Zo­ne. Im Ok­to­ber 1945 er­hielt er die Er­laub­nis, in Alf an der Mo­sel ei­nen Le­bens­mit­tel- und In­dus­triegro­ßhan­del zu er­rich­ten. Schnell stieg er zum grö­ß­ten Le­bens­mit­tel­ver­sor­ger an der Mo­sel auf. 1948 grün­de­te er in Bullay ei­ne Scho­ko­la­den- und Pra­li­nen­fa­brik. Sei­ne Er­folgs­chan­cen be­wer­te­te Im­hoff da­bei frei­lich nicht nach den Ri­si­ken, sich auf ei­nem tra­di­ti­ons­rei­chen Markt mit so be­kann­ten Na­men wie Stoll­werck, Spren­gel oder Sa­rot­ti zu eta­blie­ren, son­dern vor dem Hin­ter­grund des lan­ge un­ge­still­ten, gro­ßen Be­darfs an Sü­ßig­kei­ten. Das Un­ter­neh­men wuchs kon­ti­nu­ier­lich, En­de der 1950er Jah­re be­schäf­tig­te Im­hoff be­reits 400 Mit­ar­bei­ter. Auf lo­ka­ler Ebe­ne en­ga­gier­te er sich für die CDU.

Um sich vom Preis­druck des Gro­ßhan­dels un­ab­hän­gi­ger zu ma­chen, grün­de­te er 1964 ei­ne ei­ge­ne Ket­te von Süß­wa­ren-Ge­schäf­ten, „Punkt und Pünkt­chen", die er spä­ter mit an­de­ren Ge­schäf­ten zur „Su­si"-Ket­te ver­schmolz. Nach dem Fall der Preis­bin­dung für Scho­ko­la­de 1964, als der An­sturm auf bil­li­ge Mar­ken­scho­ko­la­de zu Lie­fer­eng­päs­sen bei den Tra­di­ti­ons­fir­men führ­te, Im­hoff hin­ge­gen als Pro­du­zent von Kon­sum­scho­ko­la­de nichts ver­kau­fen konn­te, schloss er ei­nen Li­zenz­ver­trag mit der Fir­ma To­bler über die Pro­duk­ti­on ei­ner be­stimm­ten Jah­res­men­ge Scho­ko­la­de ab. Die­ses Ab­kom­men wur­de für Jah­re zum wirt­schaft­li­chen Grund­pfei­ler sei­nes Un­ter­neh­mens. 1969 über­nahm er mit der Hil­de­brand GmbH in Ber­lin das ers­te Mar­ken­pro­dukt, „Scho-ka-ko­la" und ver­leg­te den Ver­wal­tungs­sitz sei­ner Fir­ma von Bullay nach Köln.

1972 folg­te die Über­nah­me der Köl­ner Stoll­werck AG, die sich zu die­sem Zeit­punkt in ei­ner exis­tenz­be­dro­hen­den Kri­se be­fand. Im­hoff über­nahm 46,5 Pro­zent der Stoll­werck-Ak­ti­en von der Deut­schen Bank und lös­te Al­fred Herr­hau­sen als Auf­sichts­rats­vor­sit­zen­den ab. In den fol­gen­den Jah­ren bau­te er das Un­ter­neh­men mit ei­nem straf­fen Sa­nie­rungs­kon­zept, kla­rer Mar­ken­po­li­tik und ei­nem über­schau­ba­ren Sor­ti­ment zu ei­nem der füh­ren­den eu­ro­päi­schen Scho­ko­la­den­kon­zer­ne aus. 1974 ver­kauf­te Im­hoff das Be­triebs­grund­stück und das sa­nie­rungs­be­dürf­ti­ge Ver­wal­tungs­ge­bäu­de im Se­ve­rins­vier­tel. Im Ge­gen­zug er­hielt er vom Käu­fer des ehe­ma­li­gen Stoll­werck-Are­als, dem Köl­ner Fi­nanz­mak­ler und Im­mo­bi­li­en­kauf­mann Re­na­tus Rü­ger (ge­bo­ren 1933), ne­ben dem Er­lös von 48,3 Mil­lio­nen Mark, 36 Pro­zent Stoll­werck-Ak­ti­en. Hans Im­hoff war da­mit im Be­sitz der Ak­ti­en­mehr­heit der Stoll­werck AG. 1975 zog das Un­ter­neh­men an den neu­en Stand­ort nach Köln-Porz. In ra­scher Fol­ge über­nahm Stoll­werck nun so al­te und be­kann­te Scho­ko­la­de­un­ter­neh­men wie Es­zet, Wald­baur und Spren­gel, hin­zu ka­men neue Fa­bri­ken in der Schweiz, in Bel­gi­en und Is­ra­el.

Die Wie­der­ver­ei­ni­gung Deutsch­lands mar­kier­te für Im­hoff nach dem Kriegs­en­de 1945 er­neut ei­ne Auf­bruch­si­tua­ti­on und spie­gelt sein un­ter­neh­me­ri­sches Selbst­ver­ständ­nis wi­der: die Be­reit­schaft, im­mer neue Ri­si­ken ein­zu­ge­hen und Ver­ant­wor­tung zu über­neh­men. Als ei­ner der ers­ten deut­schen Un­ter­neh­mer en­ga­gier­te er sich mit ho­hem In­ves­ti­ti­ons­auf­wand in den neu­en Bun­des­län­dern und im ehe­ma­li­gen Ost­block: Er über­nahm das ost­deut­sche Scho­ko­la­den- und Süß­wa­ren­kom­bi­nat in Saal­feld (Thü­rin­gen) und ex­pan­dier­te nach Un­garn, Po­len und Russ­land.

Im­hoffs un­ter­neh­me­ri­sche Tä­tig­kei­ten be­schränk­ten sich je­doch nicht auf den Kern­be­reich der Scho­ko­la­de­pro­duk­ti­on, der in der Stoll­werck AG ge­bün­delt war. Er wuss­te, wie ver­wund­bar die Bran­che durch ih­re Ab­hän­gig­keit vom tro­pi­schen Roh­stoff Ka­kao war. Die Ka­kao­preis-Kri­se Mit­te der 1970er Jah­re nahm Im­hoff zum An­lass, neue Ge­schäfts­fel­der und Märk­te zu er­schlie­ßen: In der Im­hoff-Grup­pe ver­ein­te er ei­ne Fleisch- und Wurst­wa­ren­ket­te, Off­set­dru­cke­rei­en, die ehe­ma­li­ge Berg­bau-Ge­sell­schaft Con­cor­dia AG und grün­de­te mit der Fir­ma „La­ro­sé" ein Lea­sing­un­ter­neh­men für Be­rufs­klei­dung, Ho­tel- und Kran­ken­haus­wä­sche.

Hans Im­hoff galt vie­len als Per­so­ni­fi­zie­rung des deut­schen Wirt­schafts­wun­ders, als ty­pi­scher Ver­tre­ter des rhei­ni­schen Ka­pi­ta­lis­mus der Nach­kriegs­zeit; aber er zeich­ne­te sich frei­lich nicht al­lein durch wirt­schaft­li­chen Er­folg, son­dern auch durch sein so­zia­les En­ga­ge­ment aus. 1983 wur­de er Ho­no­rar-Kon­sul des Lan­des Nord­rhein-West­fa­len für To­go und er­hielt für ei­ne Stu­die über die tech­ni­schen, wirt­schaft­li­chen und po­li­ti­schen As­pek­te der Ka­kao­pro­duk­ti­on und des Ka­kao­ver­brauchs die Dok­tor­wür­de der Uni­ver­si­tät in Lo­mé (To­go). Hans Im­hoff wur­den zu­dem ver­schie­de­ne Eh­ren­bür­ger- und Eh­ren­dok­tor­wür­den ver­lie­hen. Er setz­te sich da­für ein, die Kluft zwi­schen In­dus­trie- und Ent­wick­lungs­län­dern zu ver­rin­gern. Sein Un­ter­neh­men führ­te er wie ei­nen Fa­mi­li­en­be­trieb im pa­tri­ar­cha­li­schen Stil: streng, aber er gab sich Mit­ar­bei­tern und Klein­ak­tio­nä­ren ge­gen­über volks­nah und ko­ope­ra­tiv, galt als „köl­sches Ori­gi­nal" un­ter den Un­ter­neh­mern sei­ner Hei­mat­stadt.

Sei­ne Ver­bun­den­heit zu Köln brach­te er viel­fäl­tig zum Aus­druck: 1991 grün­de­te er ein Zen­trum für The­ra­peu­ti­sches Rei­ten, zwei Jah­re spä­ter er­füll­te er sich mit dem Bau des Im­hoff-Scho­ko­la­den­mu­se­ums ei­nen Traum und schenk­te der Stadt ei­ne At­trak­ti­on, die je­des Jahr Zehn­tau­sen­de von Be­su­chern an­zieht und sich oh­ne öf­fent­li­che Zu­schüs­se sel­ber trägt.

Das in der Im­hoff-Hol­ding kon­zen­trier­te Un­ter­neh­mens­ver­mö­gen brach­te er 1997 in die Im­hoff-Stif­tung ein, die so­zia­le, wis­sen­schaft­li­che und kul­tu­rel­le Pro­jek­te im Rhein­land för­dert. Der Stif­tung steht sei­ne zwei­te Frau, Ger­burg Kla­ra Im­hoff, ge­bo­re­ne Schmidt, vor, mit der er zwei Töch­ter hat­te. Beim Um­zug der Fir­ma Stoll­werck nach Köln-Porz 1975 sorg­te er zu­dem da­für, dass ein um­fas­sen­der Be­stand an Ge­schäfts­schrift­gut und Fo­tos, der die Ge­schich­te des Un­ter­neh­mens und der Un­ter­neh­mer­fa­mi­lie Stoll­werck do­ku­men­tiert, so­wie zahl­rei­che Ex­po­na­te, die heu­te im Scho­ko­la­den­mu­se­um aus­ge­stellt sind, er­hal­ten blie­ben.

Als Markt­füh­rer in Ost- und Süd­ost­eu­ro­pa auf dem Hö­he­punkt sei­nes un­ter­neh­me­ri­schen Er­fol­ges an­ge­kom­men, ver­kauf­te Im­hoff 2001 sämt­li­che Ost­wer­ke. 2002 ver­äu­ßer­te er sei­ne Un­ter­neh­mens­an­tei­le an der Stoll­werck AG an den Schwei­zer Scho­ko­la­den­kon­zern Bar­ry Cal­le­baut; es war ihm nicht ge­lun­gen, für ei­ne Nach­fol­ge zu sor­gen. Hans Im­hoff zog sich ins Pri­vat­le­ben zu­rück; er starb am 21.12.2007 nach lan­ger Krank­heit und wur­de auf dem Köl­ner Me­la­ten-Fried­hof bei­ge­setzt.

Literatur

Ja­co­bi, Claus, Der Scho­ko­la­den­kö­nig. Das un­glaub­li­che Le­ben des Hans Im­hoff, Mün­chen/Ber­lin 1997.
Joest, Hans-Jo­sef, Auf der Scho­ko­la­den­sei­te. Hans Im­hoff – ei­ne Nach­kriegs­kar­rie­re, Düs­sel­dorf/Wien/New York 1988.
Joest, Hans-Jo­sef, Stoll­werck. Das Aben­teu­er ei­ner Welt­mar­ke, Köln 1989.

Online

Die Schockola­den­sei­te des Le­bens. Bio­gra­phie des Dr. h.c. mult. Hans Im­hof­f (In­for­ma­ti­on der Im­hoff Stif­tung, PDF-For­mat). [On­line]
Ge­schich­te der Fir­ma Stoll­werck (In­for­ma­ti­on auf der Web­site der Stoll­werck GmbH). [On­line]

 
Zitationshinweis

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Junggeburth, Tanja, Hans Imhoff, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/hans-imhoff/DE-2086/lido/57c927d7492658.56158072 (abgerufen am 07.10.2024)