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Hans Imhoff war eine der prägenden Persönlichkeiten der deutschen Schokoladenindustrie nach dem Zweiten Weltkrieg.
Hans Imhoff wurde am 12.3.1922 als zweites Kind von Fritz und Charlotte Imhoff, geborene Gallé, in Köln geboren. Fritz Imhoff, selbständiger Schlossermeister, stammte aus einer traditionsreichen katholischen Kölner Bildhauerfamilie. Die Weltwirtschaftskrise am Beginn der 1930er Jahre traf den florierenden Betrieb und die Familie hart, das Geld reichte nicht, um den Sohn auf die höhere Schule zu schicken.
Erst im nationalsozialistischen Wirtschaftsaufschwung ging es für den Betrieb wieder aufwärts. Hans Imhoff besuchte ab 1935 die Städtische Handelsschule, brach diese allerdings nach drei Jahren ab und absolvierte eine Lehre als Einzelhandelskaufmann.
Von 1941 bis 1943 diente Hans Imhoff bei der Kriegsmarine. Aufgrund eines schweren Augenleidens ausgemustert, kehrte er 1943 nach Köln zurück. Im gleichen Jahr heiratete er seine erste Frau Irmgard Lenz, mit der er zwei Kinder hatte. 1944 wechselte Imhoff von einer Autowerkstatt zum Kölner Fahrzeugproduzenten Ford.
Nach Kriegsende unterstützte Hans Imhoff mit LKWs aus dem Wagenpark der deutschen Truppen die britische Besatzungsmacht bei der Verteilung von Lebensmitteln und verdingte sich als Kompensationshändler zwischen der britischen und französischen Zone. Im Oktober 1945 erhielt er die Erlaubnis, in Alf an der Mosel einen Lebensmittel- und Industriegroßhandel zu errichten. Schnell stieg er zum größten Lebensmittelversorger an der Mosel auf. 1948 gründete er in Bullay eine Schokoladen- und Pralinenfabrik. Seine Erfolgschancen bewertete Imhoff dabei freilich nicht nach den Risiken, sich auf einem traditionsreichen Markt mit so bekannten Namen wie Stollwerck, Sprengel oder Sarotti zu etablieren, sondern vor dem Hintergrund des lange ungestillten, großen Bedarfs an Süßigkeiten. Das Unternehmen wuchs kontinuierlich, Ende der 1950er Jahre beschäftigte Imhoff bereits 400 Mitarbeiter. Auf lokaler Ebene engagierte er sich für die CDU.
Um sich vom Preisdruck des Großhandels unabhängiger zu machen, gründete er 1964 eine eigene Kette von Süßwaren-Geschäften, „Punkt und Pünktchen", die er später mit anderen Geschäften zur „Susi"-Kette verschmolz. Nach dem Fall der Preisbindung für Schokolade 1964, als der Ansturm auf billige Markenschokolade zu Lieferengpässen bei den Traditionsfirmen führte, Imhoff hingegen als Produzent von Konsumschokolade nichts verkaufen konnte, schloss er einen Lizenzvertrag mit der Firma Tobler über die Produktion einer bestimmten Jahresmenge Schokolade ab. Dieses Abkommen wurde für Jahre zum wirtschaftlichen Grundpfeiler seines Unternehmens. 1969 übernahm er mit der Hildebrand GmbH in Berlin das erste Markenprodukt, „Scho-ka-kola" und verlegte den Verwaltungssitz seiner Firma von Bullay nach Köln.
1972 folgte die Übernahme der Kölner Stollwerck AG, die sich zu diesem Zeitpunkt in einer existenzbedrohenden Krise befand. Imhoff übernahm 46,5 Prozent der Stollwerck-Aktien von der Deutschen Bank und löste Alfred Herrhausen als Aufsichtsratsvorsitzenden ab. In den folgenden Jahren baute er das Unternehmen mit einem straffen Sanierungskonzept, klarer Markenpolitik und einem überschaubaren Sortiment zu einem der führenden europäischen Schokoladenkonzerne aus. 1974 verkaufte Imhoff das Betriebsgrundstück und das sanierungsbedürftige Verwaltungsgebäude im Severinsviertel. Im Gegenzug erhielt er vom Käufer des ehemaligen Stollwerck-Areals, dem Kölner Finanzmakler und Immobilienkaufmann Renatus Rüger (geboren 1933), neben dem Erlös von 48,3 Millionen Mark, 36 Prozent Stollwerck-Aktien. Hans Imhoff war damit im Besitz der Aktienmehrheit der Stollwerck AG. 1975 zog das Unternehmen an den neuen Standort nach Köln-Porz. In rascher Folge übernahm Stollwerck nun so alte und bekannte Schokoladeunternehmen wie Eszet, Waldbaur und Sprengel, hinzu kamen neue Fabriken in der Schweiz, in Belgien und Israel.
Die Wiedervereinigung Deutschlands markierte für Imhoff nach dem Kriegsende 1945 erneut eine Aufbruchsituation und spiegelt sein unternehmerisches Selbstverständnis wider: die Bereitschaft, immer neue Risiken einzugehen und Verantwortung zu übernehmen. Als einer der ersten deutschen Unternehmer engagierte er sich mit hohem Investitionsaufwand in den neuen Bundesländern und im ehemaligen Ostblock: Er übernahm das ostdeutsche Schokoladen- und Süßwarenkombinat in Saalfeld (Thüringen) und expandierte nach Ungarn, Polen und Russland.
Imhoffs unternehmerische Tätigkeiten beschränkten sich jedoch nicht auf den Kernbereich der Schokoladeproduktion, der in der Stollwerck AG gebündelt war. Er wusste, wie verwundbar die Branche durch ihre Abhängigkeit vom tropischen Rohstoff Kakao war. Die Kakaopreis-Krise Mitte der 1970er Jahre nahm Imhoff zum Anlass, neue Geschäftsfelder und Märkte zu erschließen: In der Imhoff-Gruppe vereinte er eine Fleisch- und Wurstwarenkette, Offsetdruckereien, die ehemalige Bergbau-Gesellschaft Concordia AG und gründete mit der Firma „Larosé" ein Leasingunternehmen für Berufskleidung, Hotel- und Krankenhauswäsche.
Hans Imhoff galt vielen als Personifizierung des deutschen Wirtschaftswunders, als typischer Vertreter des rheinischen Kapitalismus der Nachkriegszeit; aber er zeichnete sich freilich nicht allein durch wirtschaftlichen Erfolg, sondern auch durch sein soziales Engagement aus. 1983 wurde er Honorar-Konsul des Landes Nordrhein-Westfalen für Togo und erhielt für eine Studie über die technischen, wirtschaftlichen und politischen Aspekte der Kakaoproduktion und des Kakaoverbrauchs die Doktorwürde der Universität in Lomé (Togo). Hans Imhoff wurden zudem verschiedene Ehrenbürger- und Ehrendoktorwürden verliehen. Er setzte sich dafür ein, die Kluft zwischen Industrie- und Entwicklungsländern zu verringern. Sein Unternehmen führte er wie einen Familienbetrieb im patriarchalischen Stil: streng, aber er gab sich Mitarbeitern und Kleinaktionären gegenüber volksnah und kooperativ, galt als „kölsches Original" unter den Unternehmern seiner Heimatstadt.
Seine Verbundenheit zu Köln brachte er vielfältig zum Ausdruck: 1991 gründete er ein Zentrum für Therapeutisches Reiten, zwei Jahre später erfüllte er sich mit dem Bau des Imhoff-Schokoladenmuseums einen Traum und schenkte der Stadt eine Attraktion, die jedes Jahr Zehntausende von Besuchern anzieht und sich ohne öffentliche Zuschüsse selber trägt.
Das in der Imhoff-Holding konzentrierte Unternehmensvermögen brachte er 1997 in die Imhoff-Stiftung ein, die soziale, wissenschaftliche und kulturelle Projekte im Rheinland fördert. Der Stiftung steht seine zweite Frau, Gerburg Klara Imhoff, geborene Schmidt, vor, mit der er zwei Töchter hatte. Beim Umzug der Firma Stollwerck nach Köln-Porz 1975 sorgte er zudem dafür, dass ein umfassender Bestand an Geschäftsschriftgut und Fotos, der die Geschichte des Unternehmens und der Unternehmerfamilie Stollwerck dokumentiert, sowie zahlreiche Exponate, die heute im Schokoladenmuseum ausgestellt sind, erhalten blieben.
Als Marktführer in Ost- und Südosteuropa auf dem Höhepunkt seines unternehmerischen Erfolges angekommen, verkaufte Imhoff 2001 sämtliche Ostwerke. 2002 veräußerte er seine Unternehmensanteile an der Stollwerck AG an den Schweizer Schokoladenkonzern Barry Callebaut; es war ihm nicht gelungen, für eine Nachfolge zu sorgen. Hans Imhoff zog sich ins Privatleben zurück; er starb am 21.12.2007 nach langer Krankheit und wurde auf dem Kölner Melaten-Friedhof beigesetzt.
Literatur
Jacobi, Claus, Der Schokoladenkönig. Das unglaubliche Leben des Hans Imhoff, München/Berlin 1997.
Joest, Hans-Josef, Auf der Schokoladenseite. Hans Imhoff – eine Nachkriegskarriere, Düsseldorf/Wien/New York 1988.
Joest, Hans-Josef, Stollwerck. Das Abenteuer einer Weltmarke, Köln 1989.
Online
Die Schockoladenseite des Lebens. Biographie des Dr. h.c. mult. Hans Imhoff (Information der Imhoff Stiftung, PDF-Format). [Online]
Geschichte der Firma Stollwerck (Information auf der Website der Stollwerck GmbH). [Online]
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Junggeburth, Tanja, Hans Imhoff, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/hans-imhoff/DE-2086/lido/57c927d7492658.56158072 (abgerufen am 07.10.2024)