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Heinrich II. von Hompesch zählt zu den bedeutendsten Politikern des Herzogtums Jülich-Berg in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts. Ihm ist die Wiedererlangung des verpfändeten Amtes Brüggen zu verdanken. Er half mit, die Auseinandersetzung mit dem Herzogtum Geldern zu beenden und hat König Maximilian I. (Römisch-deutscher König 1486-1519, ab 1508 Kaiser) militärisch und finanziell beigestanden.
Heinrich entstammte einer im Großraum Aachen beheimateten Familie, die sich bis ins 13. Jahrhundert zurückverfolgen lässt. Vermutlich ging sie aus Ministerialen hervor, die sich hochgedient und eine geschickte Heiratspolitik betrieben hatten. Seit dem 14. Jahrhundert lassen sich Heinrichs Vorfahren als Angehörige des Ritterstands und als Räte der jülichschen Herrscher nachweisen. Den entscheidenden Sprung machte Heinrichs Vater Werner IV. (gestorben um 1472), der 1466 zum jülichschen Landdrosten aufstieg. Damit gehörte er zu den Führungskräften am Hofstaat Herzog Gerhards von Jülich-Berg (Regierungszeit 1437-1455). 1444 hatte dieser ihn nach der Schlacht von Linnich, in der er an seiner Seite gegen Arnold von Egmond, den Herzog von Geldern (Regierungszeit 1423-1465, 1471-1473), kämpfte, aus Dank zum Ritter geschlagen.
Werner IV. hatte 1447 Elsa Ketge von Ringsheim geheiratet. Aus der Ehe gingen drei Söhne hervor, neben Heinrich, der wohl um 1448 zur Welt kam, Werner V. (gestorben vor 1514) und Johann (gestorben 1499). Über ihre Mutter waren sie mit den adligen wallonischen Familien Argenteau, Horion sowie Houffalize und über Sophia von Randerath (geboren um 1390), ihre Großmutter väterlicherseits, mit den rheinischen Geschlechtern Merode, Wachtendonk, und Saffenberg verwandt. Die Saffenberger waren edelfrei und standen in genealogischer Verbindung zu den Grafen von Limburg und diese wiederum zu denen von Luxemburg. Auf diesen Umstand, der nicht auf einer fiktiven „Ansippung“ beruhte, wiesen Werner IV. und sein Sohn Heinrich II. im Heroldsbuch des nach der Schlacht von Linnich gegründeten Hubertusordens (1444) ausdrücklich hin. Damit betonten sie ihre bedeutende Abkunft und begründeten wohl ihren Anspruch auf ein Amt am Hof. Die exakte Genealogie kannten die beiden zwar nicht, aber das hinderte sie nicht daran, sich als entfernte Abkömmlinge des Kaiser- und Königgeschlechts der Luxemburger zu verstehen.
Über die Jugend und Erziehung Heinrichs II. von Hompesch ist nichts bekannt. 1466 wird er erstmals erwähnt. Vier Jahre später erscheint er unter den Angehörigen der jülichschen Ritterschaft und 1471 als herzoglicher Rat und Amtmann von Grevenbroich. Somit trat er in die Fußstapfen seines Vaters. Nach dessen Tod erhielt er 1474 aus der väterlichen Erbschaft das seiner Familie den Namen gebende Gut Hompesch (heute Gemeinde Titz) und um 1480 die jülichsche Unterherrschaft Tetz (heute Stadt Linnich), die schon seit vier Generationen im Besitz der Hompeschs war. Danach nannte er sich Herr von Tetz.
1473 heiratete er die verwitwete und für damalige Verhältnisse nicht mehr ganz junge Sophia von Burscheid (um 1439/40–um 1515). Aus der 1457 geschlossenen Ehe mit ihrem ersten Mann, dem Ritter Wilhelm IV. von Quadt, waren sechs Kinder hervorgegangen. Mit Heinrich hatte sie keine Nachkommen mehr. Sophias Vater Dietrich I. von Burscheid (gestorben nach 1485) war ein angesehener Hofbeamter, Pfandherr und kampferprobter Soldat, der wie Heinrichs Vater und Wilhelm von Quadts Vater an der Schlacht von Linnich teilgenommen und es bis zum jülichschen Erbhofmeister gebracht hatte. Dietrich von Burscheid begnügte sich freilich nicht mit einer bedeutsamen Stelle im Herzogtum Jülich-Berg, sondern nahm auch administrative Aufgaben im Herzogtum Limburg wahr. Finanziell gut situiert betätigte er sich zudem als Geldgeber für die Kölner Erzbischöfe und das Kölner Domkapitel. Ferner leistete er Herzog Karl dem Kühnen (Regierungszeit 1465-1477) militärische Hilfe und unterstützte dessen Expansionspolitik. Er mag Heinrich als Vorbild gedient haben.
Heinrichs Eheschließung war mutmaßlich keine Liebesheirat, sondern wurde arrangiert, um Sophia und ihren drei noch unversorgten Kindern ein standesgemäßes Leben zu ermöglichen. Vermutlich auch wegen ihrer ansehnlichen Mitgift von 5.000 Gulden zog sie Heinrich in seine Finanzgeschäfte mit ein. Schon früh konnte er über größere Summen verfügen. Bereits vor seiner Heirat bürgte er 1471 für 4.400 Gulden. Als Sicherheit standen sein ererbter Grundbesitz, seine Einkünfte aus der Verwaltung des Amtes Grevenbroich und vielleicht auch bare Mittel zur Verfügung, die sich aus dem Verkauf von landwirtschaftlichen Produkten ergaben.
Sein Finanzkapital hat Heinrich konsequent vermehrt, zahlreiche Positionen auf der oberen und mittleren Ebene der herzoglichen Administration besetzt und eine Reihe von Pfandschaften an sich gezogen. Am Hof begann er 1471 als Rat und stieg um 1480 zum jülichschen Marschall auf, der er bis zum Ende seines Lebens blieb. Ihm und Sophia wurde um diesen Zeitpunkt herum auch die Ehre einer Mitgliedschaft im exklusiven Hubertusorden zuteil. 1495 krönte Heinrich seine Karriere am Hof als jülichscher Hofmeister. Einige Amtmannschaften nahm er teilweise gleichzeitig war. Neben dem schon erwähnten Amt Grevenbroich lässt er sich um 1476 in Monschau und 1478 in Münstereifel nachweisen. Wie sein Schwiegervater beschränkte er sich anschließend nicht mehr auf das Herzogtum Jülich-Berg, sondern wurde 1482 wie er Burggraf des Landes Limburg. Im selben Jahr erscheint er obendrein als Amtmann von Vianden, das zur Herrschaft Nassau-Dillenburg gehörte. 1488 übernahm er das Amt Heinsberg, 1490 das Amt Millen (heute Gemeinde Selfkant), und 1493 erhielt er die Pfandschaft über das Amt Oedt (heute Gemeinde Grefrath). Seit 1490 zählte er zu den Kölner Außenbürgern und stand in der Pflicht, gegebenenfalls 20 Gewappnete zu stellen.
Besonders verdient machte sich Heinrich um die Rückerwerbung des an die Grafen von Moers verpfändeten jülichschen Amtes Brüggen. Um 1480 muss Heinrich es von Graf Vinzenz von Moers (Regierungszeit 1448-1493, gestorben 1499), dem er ebenfalls als Rat diente, als Pfand erhalten haben, und als dieser 1493 das Amt an Wilhelm von Wied, den Ehemann seiner Enkelin, abtrat, wurde Heinrich Landdrost von Moers. Im Besitz der Pfandschaft blieb er auch, als das Amt 1495 an Herzog Wilhelm von Jülich-Berg (Regierungszeit 1475-1511) überging. Da Wilhelm von Wied bei Heinrich erheblich verschuldet war, wird er diesen Umstand bei den Verhandlungen über die Rückkehr des Amtes ins Herzogtum genutzt haben. Heinrich hat Brüggen bis zu seinem Tod als Pfand behalten, ebenso wie Stadt und Unterherrschaft Wachtendonk, auf welche die Familie Hompesch Erbansprüche geltend gemacht hatte. Sie ließen sich zwar nicht durchsetzen, doch verpfändete ihm Herzog Johann II. von Kleve-Mark (Regierungszeit 1481-1521) 1497 Wachtendonk für 6.000 rheinische Goldgulden.
Bereits 1485 hatte Maximilian I. als Erbe seiner Frau Maria von Burgund (1457-1482) Heinrich das geldrische Lehen Wickrath mit allen Rechten verkauft. Drei Jahre später löste es Kaiser Friedrich III. (Römisch-deutscher König 1440-1493, ab 1452 Kaiser), Maximilians Vater, aus dem geldrischen Lehensverband und machte es reichsunmittelbar. Damit war Heinrich zum Landesherr geworden und überragte damit alle seine ritterbürtigen Standesgenossen. Davon hat er jedoch nie viel Aufhebens gemacht und sich weiterhin als Angehöriger des Ritterstandes verstanden. Die Bezeichnung „Ritter“ führte er deshalb auch immer noch in der Umschrift seines Siegels. Er firmierte zwar in Urkunden als Herr von Wickrath, nannte sich aber öfters noch an erster Stelle Herr zu Tetz, wohl um die Erinnerung an diese traditionell im Besitz seiner Familie befindliche Unterherrschaft nicht untergehen zu lassen. Viel spricht dafür, dass er den Rang eines Landesherrn nicht gezielt angestrebt hat.
Heinrich stand in der besonderen Gunst Maximilians, der ihm nicht nur Wickrath überließ, sondern ihn zusätzlich 1490 zu seinem Rat ehrenhalber ernannte. Vermutlich hat ihm Heinrich schon 1479 in der Schlacht gegen den französischen König Ludwig XI. (Regierungszeit 1461-1483) in Guingate in der Pikardie militärisch beigestanden und ist ihm vielleicht neun Jahre später in Flandern zu Hilfe gekommen. 1498 machte sich Heinrich verdient bei dem Zustandekommen eines Abkommens, das Maximilian mit Jülich-Berg und Kleve auf dem Reichstag zu Freiburg i. Br. ausgehandelt hatte und auf Grund dessen sich die Herzogtümer zu einer militärischen Hilfe im Krieg gegen Geldern verpflichteten, in dem nach Meinung Maximilians Karl von Egmond widerrechtlich herrschte. Mit Karl hatte Heinrich schon 1495 auf dem Reichstag von Worms ergebnislos verhandelt, damit er auf seine Ansprüche auf Jülich verzichtete. Als Dank für das Zustandekommen des Vertrags erhielt Heinrich am 27.6.1498 von Maximilian auf Lebenszeit das geldrische Amt Krickenbeck, von dem er freilich wohl nie Besitz ergreifen konnte. Ähnlich wird es ihm auch mit der Übernahme von Burg und Stadt Krefeld ergangen sein, die ihm und dem königlichen Protonotar Zyprian von Serntein (gestorben 1524) von Maximilian einen Monat später noch zusätzlich zu Lehen gegeben worden waren.
Am 21.8.1498 besetzte Heinrich auf Veranlassung Maximilians militärisch die geldrische Exklave Erkelenz. Ihre Bewohner huldigten am Tag danach dem Herzog von Jülich-Berg, dem die Stadt schon drei Jahre zuvor von Maximilian in Aussicht gestellt worden war. In dem am 25.3.1499 geschlossenen Präliminarfrieden von Herkenbosch zwischen Geldern, Kleve und Jülich-Berg, an dessen Zustandekommen Heinrich beteiligt war, fiel Erkelenz jedoch wieder an Geldern zurück.
Seit wann Maximilian Heinrich kannte, ist nicht bekannt. Er hat ihn auf jeden Fall sehr geschätzt und ist ihm stets dankbar geblieben. Beide verband mehr als die Begeisterung für das Rittertum. Auf Veranlassung Maximilians wurde Heinrich nicht nur 1488 Landesherr, sondern auch noch um 1490 königlicher Rat ehrenhalber. Außerdem veranlasste Maximilian 1512 seine Aufnahme in das Bildwerk „Triumphzug“, in dem Heinrich, der damals schon mehr als zehn Jahre tot war, unter den Rittern abgebildet ist. Maximilian hat auch Geldgeschäfte mit Heinrich gemacht und sich bei ihm verschuldet. Er verkaufte ihm nicht nur 1485 Wickrath, sondern zusätzlich 1491 die Rechte an den Lehensgütern im Gerichtsbezirk von Boslar (heute Stadt Linnich). Seine Schulden bei ihm beliefen sich 1498 auf knapp 10.000 Gulden. Das ist eine gewaltige Summe, wenn man bedenkt, dass ein Reitpferd der Spitzenklasse damals 100 Gulden kostete.
1491 gründeten Heinrich und seine Frau Sophia in Wickrath ein Kreuzherrenkloster und statteten es so gut aus, dass es von seinen Einkünften leben konnte. Fromme Werke waren für beide selbstverständlich, damit für ihr Seelenheil nach ihrem Tod gebetet wurde. In ihrem Gemeinschaftstestament von 1486 bedachten sie deshalb 13 Ordensklöster, vier Kanonikerstifte, sieben Pfarrkirchen und vier Bruderschaften vornehmlich in der Erzdiözese Köln. Heinrich zeigte sich nicht nur wohltätig gegenüber kirchlichen Einrichtungen, sondern bevorzugte auch in seinen testamentarischen Verfügungen gegenüber seinen beiden Brüdern seine drei Stiefsöhne, welche die reichsunmittelbare Herrschaft Wickrath erhielten. Er begründete dies damit, bei dem Ankauf Wickraths seien die 5.000 Gulden aus der Mitgift Sophias verwandt worden. Aber die Herrschaft war viel mehr wert. Seine beiden Brüder gingen freilich nicht leer aus. Werner bekam die 4.000 Gulden aus der Pfandschaft auf die Burggrafschaft Limburg sowie das feste Haus Lindenberg bei Jülich; Johann, der bei der Erbteilung des väterlichen Vermögens weit mehr als ein Jahrzehnt zuvor zu kurz gekommen war, erhielt die 6.000 Gulden aus der Pfandschaft auf das Amt Brüggen, außerdem Tetz, das Gut Hompesch, einen Hof zu Rödingen (heute Gemeinde Titz) sowie die Boslarschen Lehensgüter.
1501, wahrscheinlich im Januar, ist Heinrich von Hompesch gestorben, nachdem er noch am 10.9.1500 auf dem Reichstag von Augsburg zu einem der sechs Unterhauptleute unter Reichshauptmann Albrecht IV. von Bayern-München (Regierungszeit 1465-1505) gewählt worden war und sich am 26.10.1500 verpflichtet hatte, Herzog Heinrich von Sachsen (1473-1541, Regierungszeit 1539-1541) mit 400 Reitern in Friesland zu Hilfe zu kommen. Begraben wurde er in der Kirche der Johanniter in Kieringen bei Jülich, wo schon seine Vorfahren ruhten.
Heinrich stand ganz in der Tradition seiner Familie. Deshalb begann er als junger Mann mit Verwaltungstätigkeiten im Herzogtum Jülich-Berg und stieg schließlich bis zum Hofmeister auf. Seine militärische Karriere endete mit der Übernahme des Amts des jülichschen Marschalls. Er bewährte sich ferner als gescheiter Diplomat. Eine starke Frömmigkeit zeichnete ihn aus. Mit seiner Frau Sophia gründete er ein Kloster und unterstützte mit ihr kirchliche Einrichtungen. Sein Leben betrachtet er expressis verbis als Leihgabe Gottes. Schnell brachte er es zu gehörigem Reichtum, den er zu erhalten und zu mehren wusste. Mehreren Herren konnte er gleichzeitig dienen, ohne in Konflikte zu geraten. Er verstand sich als Ritter, trat deshalb mindestens bei einem großen Turnier öffentlich auf und richtete sich nach dem ritterlichen Ehrencodex. Mit seiner Frau Sophia pflegte er ein partnerschaftliches Verhältnis. Beim späteren Kaiser Maximilian I. gewann er hohes Ansehen, das über seinen Tod hinaus ging. Sein Ruhm verblasste bald, obgleich er zu den großen Gestalten des Herzogtums Jülich-Berg gehörte. Er stand am Ende einer untergehenden Epoche, ohne sich dessen bewusst gewesen zu sein.
Literatur
Becker, Norbert, Wickrath im Mittelalter, in Löhr: Wolfgang (Hg.), Loca Desiderata (Mönchengladbacher Stadtgeschichte 2/1), 2. Auflage, Mönchengladbach 2005, S. 437-452, hier S. 441-445.
Bers, Günter, Das Testament des Heinrich von Hompesch, Herr von Tetz und Wickrath (1486), Jülich 1969.
Krings, Günter, Die Reichsunmittelbarkeit Wickraths 1488-1794, in: Annalen des Historischen Vereins für den Niederrhein 206 (2003), S. 95-128, besonders S. 99-102.
Löhr, Wolfgang, Auch ein letzter Ritter: Heinrich von Hompesch (ca. 1448-1501), in: Annalen des Historischen Vereins für den Niederrhein 219 (2016), S. 43-102.
Löhr, Wolfgang, Heinrich und Werner von Hompesch als Erben ihres Onkels Godart (1476), in: Neue Beiträge zur Jülicher Geschichte 29 (2016), S. 118-123.
Oidtman, Ernst von, Bollheim bei Zülpich und seine Besitzer, insbesondere die Herren von Hompesch, in: Zeitschrift des Aachener Geschichtsvereins 6 (1884), S. 133-180.
Redlich, Otto R., Jülich und Geldern am Ausgang des 15. Jahrhunderts, in: Beiträge zur Geschichte des Niederrheins 9 (1895), S. 38-75.
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Löhr, Wolfgang, Heinrich II. von Hompesch, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/heinrich-ii.-von-hompesch/DE-2086/lido/5e145cb5cd5b79.20890898 (abgerufen am 11.11.2024)