Zu den Kapiteln
Schlagworte
Der Medizinstudent Heinz Bello war ein Opfer des nationalsozialistischen Regime und ein katholischer Märtyrer.
Geboren am 5.9.1920 in Breslau als Sohn des Steuerbeamten Justin Bello (1885-1967) und dessen Frau Elisabeth Groeger (1888-1967), verlebte Heinz Bello seit 1926 seine Jugend im niederrheinischen Wesel in einem katholisch geprägten Umfeld. In Wesel besuchte er die Volksschule und das Gymnasium und engagierte sich in der katholischen Jugendbewegung. Er war aktives Mitglied im „Bund Neudeutschland" und gehörte vom 24.4.1934 bis zum 2.4.1939 der Hitlerjugend (HJ) an. Nach dem Abitur im März 1939 und dem Reichsarbeitsdienst wurde er nach Ausbruch des Krieges zum Wehrdienst einberufen.
Im Wintersemester 1939/ 1940 war Bello zum Medizinstudium an der Universität Münster freigestellt und gehörte seit dem 1.5.1940 dem Nationalsozialistischen Studentenbund (NSDStB) an, ehe er im Oktober desselben Jahres zum Kriegsdienst abkommandiert wurde. Für seine Verdienste an der Ostfront in den Jahren 1941 und 1942 wurden ihm das Eiserne Kreuz II. Klasse sowie die Ostmedaille verliehen.
Zur Fortführung seines Medizinstudiums wurde Bello im Mai 1942 erneut nach Münster versetzt. Hier wurde er zum Sanitätsfeldwebel und Offiziersanwärter befördert und war ab November 1942 Fahnenjunkerfeldwebel der Reserve. Während der Bergungsarbeiten beim Luftangriff auf Münster am 10.10.1943 zog sich Bello durch einen Bombensplitter eine schwere Kopfverletzung zu. Für seinen Einsatz wurde er mit dem Verwundetenabzeichen ausgezeichnet.
Heinz Bello, der als Wehrmachtsangehöriger zum wöchentlichen Appell antreten und regelmäßig Luftschutzwachdienst leisten musste, wurde im Juli 1943 generell vom Wachdienst befreit, um sich auf sein Examen vorbereiten zu können. Einen Tag vor dem medizinischen Vorexamen, am 20.7.1943, wurde er jedoch aufgrund eines Planungsfehlers kurzfristig zum Dienst abkommandiert. Als sein Vorgesetzter den Fehler bemerkte und Bello von der Dienstliste strich, erschien Bello vergeblich auf dem ihm ursprünglich zugedachten Dienstposten. Da er, um seinen Wachdienst leisten zu können, einen Musizierabend abgesagt hatte, machte er in heftiger Erregung seinem Ärger Luft und schimpfte auf die schlechte Diensteinteilung, die rücksichtslosen Befehle des Hitler-Regimes, die korrupte Parteispitze, den Militarismus wie auf die ganze nationalsozialistische Bewegung und ihre Führungsriege.
Bello ließ sich zu der Aussage hinreißen, die Laternenpfähle Münsters reichten nicht aus, um „die Nazis und die Kommißköpfe daran aufzuhängen", was ihm später zum Verhängnis werden sollte. Denn obwohl die beiden Hauptzeugen von Bellos Auftritt, die an seiner Stelle eingesetzten Luftschutzdiensthabenden, der Sanitätsunteroffizier Hans Bernreiter und der Fahnenjunkerfeldwebel Karl Josef Eversmann, vereinbarten, über das Vorkommnis Stillschweigen zu bewahren, wurde Heinz Bello im März 1944 von Bernreiter während eines Kompaniefestes bei seinem NS-Führungsoffizier denunziert und im April 1944 vor das Militär-Zentralgericht nach Berlin-Charlottenburg zitiert.
Die ihm vorgelegten Aussagen unterschrieb Bello in völliger Verwirrung. Ratschläge zur Flucht und das mehrfache Angebot, einen erfahrenen Verteidiger zu Rate zu ziehen, schlug er aus. Bis zur Prozesseröffnung blieb er auf freiem Fuß. Die Anklage erfolgte am 18.4.1944. Obwohl die Sitzung öffentlich war, verwehrten die Richter Heinz Bellos Vater, der seinen Sohn nach Berlin-Charlottenburg begleitet hatte, den Zutritt zum Gerichtssaal. Die Verhandlung wurde jedoch bereits kurz nach der Eröffnung aufgrund eines Fliegeralarms unterbrochen. Obwohl Bello während des zweistündigen Alarms mehrfach Möglichkeit zur Flucht gehabt hätte und ihm dies von Seiten seines Anwalts auch dringend geraten wurde, lehnte er es aus Furcht vor Repressionen gegenüber seiner Familie ab, sich der Verhandlung und dem zu erwartenden Urteil durch Flucht zu entziehen.
Bello wurde noch am gleichen Tag wegen „Wehrkraftzersetzung" für wehrunwürdig, der bürgerlichen Ehrenrechte auf Lebenszeit für verlustig erklärt und zum Tode verurteilt. Strafverschärfend wirkten sowohl Bellos Hinweis auf den gekreuzigten Christus, der die Nationalsozialisten in ihre Schranken weisen werde, als auch die Tatsache, dass die gesamte Justiz durch die kurze Zeit in München vorausgegangenen Unruhen, verursacht durch die Geschwister Sophie (1921-1943) und Hans Scholl (1918-1943), aufgebracht war.
Nach der Urteilsverkündung wurde Heinz Bello in Haft genommen und in das Militärgefängnis Berlin, Lehrter Straße 61, gebracht, wo er noch bis Juni 1944 auf seine Hinrichtung warten musste. Gnadengesuche – so hatte Bello selbst am 20.4.1944 handschriftlich ein Gnadengesuch geschrieben und um Umwandlung der Todes- in eine Haftstrafe gebeten – wurden abgelehnt, insbesondere wegen der Kirchentreue der Familie Bello und ihrer Nähe zum politischen Katholizismus. Am 10.6.1944 wurde das Urteil endgültig durch Stellungnahmen des Reichsstudentenführers Dr. Gustav Adolf Scheel (1907-1979) und des Befehlshabers des Ersatzheeres, Generaloberst Friedrich Fromm (1888-1945), bestätigt. Während der Haft in Berlin bereitete sich Bello eingehend auf seinen Tod vor und fand starken Halt in seinem katholischen Glauben.
Am 29.6.1944 wurde Heinz Bello auf dem Schiessstand Berlin-Tegel durch ein Hinrichtungskommando der Wehrmacht erschossen. Zunächst auf dem Sankt Hedwigs-Friedhof in Berlin bestattet, wurden seine Gebeine am 1960 nach Wesel überführt, 1966 exhumiert und am 3.9.1966, als die Krypta des Xantener Domes als Gedenkstätte für neuzeitliche Märtyrer eingeweiht wurde, neben Karl Leisner und Gerhard Storm beigesetzt.
In Wesel ist eine Straße nach Heinz Bello benannt.
Literatur
Coenen, Marianne, Heinz Bello – Ein Schicksal im Dritten Reich, in: Otto van de Locht, 700 Jahre St. Mariä Himmelfahrt Wesel - Vom Dominikanerkloster zur Pfarrgemeinde, Wesel 1990, S. 242-245.
Kloidt, Franz, Verräter oder Märtyrer? Dokumente katholischer Blutzeugen der nationalsozialistischen Kirchenverfolgung geben Antwort, Düsseldorf 1962, S. 19-29.
Leber, Annedore, Das Gewissen steht auf - 64 Lebensbilder aus dem deutschen Widerstand 1933-1945, Berlin / Frankfurt am Main 1954, S. 25-27.
Moll, Helmut, Zeugen für Christus. Das deutsche Martyrologium des 20.Jahrhunderts, Paderborn 1999, S. 455-459.
Prieur, Jutta, Wegen „Wehrkraftzersetzung" hingerichtet, in: Jutta Prieur (Hg.), Wesel 1933-1945, Köln 1983, S. 80-81.__
Seeger, Hans-Karl, Artikel „Bello, Heinz", in: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon 21 (2003), Sp. 91-95.
Seeger, Hans-Karl, Heinz Bello, in: Rundbrief Internationaler Karl-Leisner-Kreis 37 (1998), S. 53-57.
Bitte geben Sie beim Zitieren dieses Beitrags die exakte URL und das Datum Ihres Besuchs dieser Online-Adresse an.
Striewski, Jennifer, Heinz Bello, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/heinz-bello-/DE-2086/lido/57c57b385ebee8.23645009 (abgerufen am 05.12.2024)