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Der Name Hugo Junkers ist in erster Linie Synonym für Pionierleistungen in der Luftfahrtindustrie. Aber auch auf zahlreichen anderen Gebieten tat sich der berühmte Sohn der ehemaligen rheinischen Industriestadt Rheydt, seit der Gebietsreform 1975 Teil der Stadt Mönchengladbach, und Absolvent der Technischen Hochschule Aachen mit Erfindungen und Konstruktionen hervor, welche teilweise bis heute von Bedeutung für unser alltägliches Leben sind.
Geboren wurde Hugo Junkers am 3.2.1859 als Sohn des Weberei- und Ziegeleibesitzers Heinrich Junkers (1823-1887) und dessen Ehefrau Luise Vierhaus (1827-1869) in Rheydt. Die Wurzeln der Familie Junkers sind bis etwa ins 17. Jahrhundert zurück in der Umgebung der Stadt auszumachen. Hugo war das dritte von insgesamt sieben Kindern. Von Geburt an litt er unter einer körperlichen Behinderung, einige Finger an seiner linken Hand waren zusammengewachsen. Dieses Handicap hinderte ihn jedoch nicht daran, sich als begabter und handwerklich gewandter Erfinder einen Namen zu machen. Ab 1867 besuchte Hugo Junkers die Höhere Bürgerschule Rheydt, welche er nach der Untersekunda im August 1874 verließ. Im darauf folgenden Jahr setzt er seine schulische Ausbildung an der Höheren Gewerbeschule in Barmen (heute Stadt Wuppertal) fort. Dort legte er am 6.3.1878 das Abitur ab.
Bereits während der Schulzeit hatte sich Hugo Junkers sehr interessiert an den Abläufen in der familieneigenen Fabrik gezeigt. Unterstützt von seinem Vater hatte er so bereits in jungen Jahren handwerkliche Fähigkeiten und Grundlagen in Fragen der Mechanik erlernt. Nach Abschluss der Schullaufbahn arbeitete Junkers als Praktikant für einige Monate in den Diensten der Rheydter Maschinenfabrik Carl Klingelhöffer. Hier konnte er seine vorhandenen Kenntnisse aus der väterlichen Fabrik um Erfahrungen in der Planung und Fabrikation von Maschinen ergänzen. Ein gutes halbes Jahr später, Mitte Oktober 1878, zog Hugo Junkers nach Berlin und nahm dort an der Königlichen Gewerbe Akademie, der späteren Technischen Hochschule Charlottenburg, das Studium auf. Hauptsächlich studierte er Maschinenbau beziehungsweise -zeichnen, aber begleitend auch Physik, Chemie und Geometrie. In einer Berliner Klinik unterzog er sich zudem Ende des Jahres einer Operation, um seine verstümmelte Hand richten zu lassen. Vollständig ließ sich die Behinderung jedoch nie beseitigen.
Für ein Semester wechselte Junkers 1880 an die Polytechnische Hochschule in Karlsruhe, kehrte allerdings schon im Winter 1880/1881 an die Technische Hochschule in Berlin zurück. Nach einem weiteren Jahr in der Reichshauptstadt schrieb er sich an der Technischen Hochschule in Aachen ein. Hier wurde der angehende Ingenieur Mitglied der Studentencorps Delta. Nach zweijähriger Studienzeit in Aachen legte er am 23.5.1883 sein Examen als Regierungs-Maschinenbauführer ab. Fortan arbeitete er zwei Jahre als Konstrukteur in den Aachener Maschinenfabriken G. Mehler und Johannes Uhle. Zwischen 1885 und 1887 verdingte sich Junkers in kaufmännischer und technischer Funktion in der väterlichen Firma.
Seine akademische Fortbildung trieb er währenddessen durch weitere Teilnahme an Vorlesungen und Seminaren an der Technischen Hochschule Aachen voran. 1887 schied Junkers aus der Weberei aus und übersiedelte ein weiteres Mal nach Berlin, um bei seinem dortigen Lehrer Adolph Slaby (1849-1913) in dessen Elektrotechnischen Labor Maschinenversuche durchzuführen. Unter der Führung Slabys widmete er sich der Erforschung und Entwicklung von Gasmaschinen und Motoren. Auf Empfehlung seines Berliner Lehrers übernahm Junkers bereits im folgenden Jahr bei der Continental-Gas-Gesellschaft in Dessau einen Ingenieursposten. In Zusammenarbeit mit dem Technischen Direktor und Sohn des Generaldirektors, Wilhelm von Oechelhaeuser jun. (1850-1912), wurde um die Jahreswende 1889/1890 auf dem Gelände der Gasgesellschaft die „Versuchsstation für Gasmotoren von Oechelhaeuser und Junkers" gegründet, mit dem Ziel effizientere und leistungsfähigere Gasmotoren zur Elektrizitätserzeugung zu entwickeln.
Am 8.7.1892 ließen die beiden Motorenbauer den erfolgreich getesteten „Oechelhaeuser-Junkers-Zweitakt-Gegenkolben-Gasmotor" patentieren. Hugo Junkers überarbeitete ihn bis 1907 zu einem nach dem Dieselverfahren funktionierenden Zweitaktaggregat. Dieser Antrieb wurde unter dem Namen Junkersmotor bekannt und war die Grundlage für spätere Flugzeugmotoren.
Im Zuge der intensiven Auseinandersetzung mit den Gasmotoren entwickelte Junkers das so genannte Kalirometer, welches den Heizwert beziehungsweise Energiegehalt des eingesetzten Gases ermittelt und eine bedeutende Innovation für die Industrietechnik darstellte. Auf der Weltausstellung in Chicago erhielt das Kalirometer eine Goldmedaille und internationale Beachtung. Junkers konzipierte davon ausgehend ab 1892 neuartige Gasbadeöfen, welche er 1894 zum Patent anmeldete. Beide Entwicklungen stellten die Kernprodukte der am 2.7.1894 ins Dessauer Handelsregister eingetragenen Warmwasser-Apparatefabrik „Junkers & Co", der Ausgangsbasis aller späteren Junkers-Unternehmen, dar. Obgleich die „Junkers & Co" 1932 aus wirtschaftlichen Erwägungen an die Robert Bosch AG verkauft wurde, ziert der Name Junkers bis heute Thermen, Heizungen und Wärmepumpen.
Neben seinem unternehmerischen Engagement nahm Junkers 1897 eine Berufung zum Professor an der Technischen Hochschule Aachen an. Dort fungierte er als Lehrer für Thermodynamik und Leiter des Maschinenlaboratoriums. Hinzukam der Aufbau der „Versuchsanstalt Hugo Junkers" in Aachen, wo Junkers parallel zur Hochschultätigkeit praktische Forschungsarbeit betrieb. Finanziert wurde die Anstalt aus Mitteln der „Junkers & Co". Zahlreiche Firmengründungen folgten in den Jahren um die Jahrhundertwende. So entstanden beispielsweise 1898/1899 im Rheinland das „Konstruktionsbüro für Warmwassergeräte" in Aachen und eine Dependance der in München ansässigen Vertriebsfirma „Junkers und Schnabel" in Köln. Die Aachener Geschäfte leitete Junkers zusammen mit seinem Schwager Walter Bennhold (1872-1951), während sein Bruder Otto Junkers die Verantwortung in Köln trug. Ebenfalls in Aachen folgten 1902 eine Versuchsanstalt für Ölmotoren sowie 1908 das „Kaloriferwerk Hugo Junkers", in dem Warmluft-Heizgeräte gefertigt wurden.
Bereits am 31.3.1898 hatte Junkers Therese Bennhold (1876-1950), die Tochter des Dessauer Gymnasialprofessors Carl Bennhold (1837-1917), geheiratet. Aus der Ehe gingen zwölf Kinder hervor, sieben Töchter und fünf Söhne.
Einen wegweisenden Impuls erhielt die Arbeit Junkers´ ab 1908 durch die Kooperation mit seinem Aachener Kollegen Hans Jakob Reissner (1874-1967). Dessen Flugexperimente motivierten ihn, sich intensiv auf Fragen der Aerodynamik und ihrer Bedeutung für die Fliegerei zu konzentrieren. Konsequent widmete er sich der Erforschung verschiedener Bestandteile der Flugzeugtechnik. Schon 1909 entstanden in der Aachener Versuchsanstalt die ersten Flugzeugpropeller. Zusätzlich forschte Junkers durch die Auswertung der Flugversuche Reissners nach einem aerodynamischen Konzept, welches die Flugeigenschaften nachhaltig verbessern sollte. In einem eigens zu diesem Zweck an der Aachener Hochschule erbauten Windkanal erprobte er ab 1910 seine Idee der körperlichen Leichtmetalltragflächen mit Hohlräumen, eine Entwicklung welche die Luftfahrt revolutionierte. Mit beiden Innovationen reüssierten die Professoren 1911/1912 auf verschiedenen Luftfahrtausstellungen.
Noch 1912 endete Junkers Tätigkeit an der Hochschule in Aachen, da er nach einigen internen Auseinandersetzungen um seine Forschungsintensität zum 1. Dezember von seinem Amt zurücktrat. Von nun an orientierten sich seine Aktivitäten wieder zusehends nach Mitteldeutschland beziehungsweise Dessau, wohin er seine Büros verlagerte. Die „Junkers & Co" war ab 1914 auf Kriegsproduktion umgestellt worden. Hier entstand 1915 vor dem Hintergrund der Flugzeugentwicklung und Rüstungsproduktion das erste Ganzmetall-Flugzeug der Welt, die „Junkers J 1". Stetige Fortentwicklungen und die zunehmende Bedeutung der Luftwaffe machten die Flugzeuge von Hugo Junkers zu einem wichtigen Rüstungsprodukt. Zwischen 1917 und 1919 kam es auf Druck der Reichsregierung unter dem Dach der „Junkers-Fokker AG" zu einer Kooperation mit Anton Hermann Fokker (1890-1939), welche der Serienproduktion von Militärflugzeugen diente.
Nach dem Ersten Weltkrieg schwenkte Junkers auf die zivile Luftfahrt um. Im Mai 1919 erteilte das Reichsluftfahrtamt den Junkers-Werken die Genehmigung zur Aufnahme des Luftverkehrs beziehungsweise Luftpostbetriebes auf der Strecke Berlin-Dessau-Weimar zur Verbindung der Reichshauptstadt mit dem Tagungsort der Nationalversammlung. Binnen kurzer Zeit wurde in Dessau mit der „F 13" das erste Ganzmetall-Kabinen-Verkehrsflugzeug konstruiert, das international ein kommerzieller Erfolg wurde. Während die Flugzeugproduktion zwischen 1920 und 1922 aufgrund der Bestimmungen des Versailler Vertrages ruhen musste, schuf Junkers 1921 mit der Gründung der „Junkers Luftverkehr AG" weitere Strukturen für die zivile Luftfahrt. Sie wurde 1926 auf Weisung der Reichsregierung mit der „Deutschen Aero-Lloyd" zur „Deutschen Luft Hansa AG" fusioniert.
Neben der Entwicklung zahlreicher weiterer Flugzeugtypen, der bekannteste ist die „Ju 52", galt das Interesse von Hugo Junkers auch der Architektur. Zu dem seit 1925 ebenfalls in Dessau ansässigen Bauhaus unter Walter Gropius (1883-1969) gab es regen Kontakt und Kooperationen auf dem Gebiet der Industriearchitektur wie des Industriedesigns.
Obwohl Junkers sein Firmenimperium unter großen Anstrengungen, unter anderem dem Verkauf der „Junkers & Co" an Bosch, letztlich erfolgreich durch die Weltwirtschaftskrise führen konnte, verlor er Anfang der 1930er Jahre die Kontrolle über die Junkers-Werke. Unmittelbar nach der „Machtergreifung" enteigneten die Nationalsozialisten Junkers, der sich nachdrücklich gegen die militärische Nutzung der Luftfahrt wandte, und überführten den für sie wichtigen Rüstungskonzern in staatliche Regie. Junkers musste Dessau verlassen und verbrachte die letzten Jahre seines Lebens unter Beobachtung der Gestapo in München, wo er am 3.2.1935, seinem 76. Geburtstag, starb und auf dem Münchner Waldfriedhof beigesetzt wurde.
Literatur
Blunck, Richard, Hugo Junkers. Ein Leben für Technik und Luftfahrt, Düsseldorf 1951.
Erfurth, Helmut, Das Grosse Junkers Flugzeugbuch. Hugo Junkers und seine Konstruktionen, München 2006.
Wagner, Wolfgang, Hugo Junkers. Pionier der Luftfahrt – seine Flugzeuge, Bonn 1996.
Online
Gert Behrsing, Artikel "Junkers, Hugo", in: Neue Deutsche Biographie 10 (1974), S. 695-697. [Online]
Hugo Junkers (1859-1935) (Homepage des Technikmuseums Hugo Junkers Dessau). [Online]
Hugo Junkers - Ein Leben für die Technik (Offizielle Seite über Leben und Werk Hugo Junkers). [Online]
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Kaltscheuer, Christoph, Hugo Junkers, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/hugo-junkers/DE-2086/lido/57c9304667ae88.38671048 (abgerufen am 06.12.2024)