Zu den Kapiteln
Obwohl Johann Hugo von Orsbecks Amtszeit als Erzbischof und Kurfürst von Trier von den Auswirkungen kriegerischer Auseinandersetzungen bestimmt war, in deren Zügen große Teile seiner Territorien besetzt oder verwüstet wurden, bemühte er sich um wirtschaftliche Stabilisierung, kirchliche Reformen und trat auch als Mäzen hervor.
Johann Hugo wurde am 13. oder 30.1.1634 als drittes von neun Kindern des Jülicher Kammerherrn Wilhelm von Orsbeck (gestorben 1648), Herr von Vernich, und der Katharina von der Leyen (gestorben 1673), der Tochter des kurtrierischen Landhofmeisters Damian von der Leyen (1583-1639) und der Anna Katharina Waldbott von Bassenheim (1587-1666), geboren.
Gemeinsam mit seinem Bruder Damian Emmerich (1632-1682) besuchte er ab 1642 das Kölner Laurentiana-Gymnasium, 1648 wechselte er an das Mainzer Jesuitengymnasium. Mit seiner Tonsur begann 1650 die geistliche Laufbahn. 1652 begannen er und Damian Emmerich ein Studium an dem von Jesuiten geleiteten Collegium Germanicum in Rom. Wege zur Kurie hatte ihnen ihr Onkel Karl Kaspar von der Leyen geebnet, der seit 1652 Erzbischof von Trier war. 1655 beendete Orsbeck seine theologischen Studien und begab sich auf eine zweimonatige Italienreise. In der Zwischenzeit war er in die Domkapitel von Trier (1651) und Speyer (1653) aufgenommen worden. 1655 hatte er eine Pfarrpfründe in Oberdrees bei Rheinbach erhalten, 1656 eine zweite in Kettig bei Koblenz. In den Jahren 1655 bis 1657 schloss er seine Studien an den Universitäten Paris und Pont-à-Mousson ab.
1658 empfing er die niederen Weihen und trat die Domkapitularstellen in Speyer und Trier an. Bereits im selben Jahr erfolgte seine Ernennung zum Trierer Archidiakon von Longuyon und 1660 die Wahl zum Speyerer Domdekan. 1672 wurde Johann Hugo vom Trierer Domkapitel zum Koadjutor seines Onkels Karl Kaspar gewählt. Am 24.3.1674 wurde Orsbeck in der Hofkapelle der Festung Ehrenbreitstein zum Priester geweiht. Seine Wahl zum Bischof von Speyer erfolgte 1675. Gleichzeitig wurde er Propst von Weissenburg. Nach dem Tod Karl Kaspar von der Leyens wurde Orsbeck am 1.6.1676 zum Erzbischof von Trier gewählt und erhielt am 16.11.1676 von Papst Innozenz XI. (Pontifikat 1676-1689) das Pallium. Im folgenden Jahr übernahm er zudem das Amt eines Obrist-Kammergerichtsrats am Reichskammergericht Speyer, ab 1689 in Wetzlar.
Seine Karriere versuchte Johann Hugo durch familiäre Beziehungen abzusichern, was ihm Zeitgenossen vorwarfen. Sein Bruder Damian Emmerich wurde 1678 Dompropst in Trier und 1680 in Speyer. Vier Schwestern waren mit Angehörigen angesehener Adelsfamilien der Region verheiratet (Kesselstadt, Metternich, Schenck von Schmidtburg, Büschfeld). Der Bruder Johann Friedrich (gestorben 1696) wurde kaiserlicher Vize-Feldmarschall. Vier Neffen konnte er Kanonikate im Trierer Domkapitel verschaffen. Freilich gelang es ihm nicht, seinen Neffen Karl Kaspar von Kesselstadt zum Koadjutor wählen zu lassen und somit als seinen Nachfolger zu etablieren.
Johann Hugo von Orsbeck versuchte ohne größere Erfolge, seine Territorien in den von Frankreich, Spanien und dem Reich während seiner ganzen Regierungszeit geführten Kriegen vor Schaden zu bewahren: Auf den Französisch-Niederländischen Krieg folgten der Pfälzische Erbfolgekrieg und der Spanische Erbfolgekrieg. Weite Teile seiner Territorien wurden von den Franzosen verwüstet, so die Städte Trier, wo man die Moselbrücke und die Stadtmauer zerstörte, Koblenz, das bombardiert wurde, und Speyer, wo der Dom und die bischöfliche Pfalz demoliert wurden. Zahlreiche Klein- und Mittelstädte wurden niedergebrannt: Oberwesel, Boppard, Pfalzel, Ehrang, Zell, Merl, Cochem, Bernkastel, Wittlich, Monreal, Mayen, Kastellaun, Simmern und Kirchberg. Nahezu alle Burgen wurden geschleift oder gesprengt (unter anderem Cochem, Winneburg, Beilstein), das Landgebiet von den Besatzungstruppen ausgeplündert. Bei Traben-Trarbach wurde ab 1687 die französische Festung Mont Royal mit gewaltigem Aufwand errichtet, die das Erzstift in zwei Hälften teilte; 1698 wurde sie wieder geschleift. Die französischen Reunionshöfe beanspruchten Besitzungen, die früher einmal zu den Bistümern Metz, Breisach und Besançon gehört hatten oder ihnen lehnspflichtig gewesen sein sollten. Auch auf Luxemburg wurden Ansprüche erhoben und Pläne für eine Bistumsgründung geschmiedet, die Johann Hugo allerdings vereiteln konnte.
Zu seinen Verdiensten als Kurfürst zählen die wirtschaftliche Stabilisierung seines Territoriums, der Erlass eines neuen Landrechts und einer neuen Medizinalordnung sowie das Bemühen um die Volksbildung durch das Errichten von Schulen auf dem Land.
Als Erzbischof von tiefer persönlicher Frömmigkeit geprägt, baute er mit Hilfe seiner Weihbischöfe Johann Heinrich von Anethan (Episkopat 1673-1680), Maximilian Heinrich von Burmann (Episkopat 1681-1685), Johann Peter Verhorst (Episkopat 1688-1708) und Johann Matthias von Eyss (Episkopat 1708-1729) die kirchlichen Reformen weiter aus. Besonders förderte er die Jesuiten und Kapuziner, die während seiner Amtszeit in Wetzlar, Hadamar, St. Goar, Bacharach, Kaub, Cochem, Grünstadt, Bruchsal und Waghäusl niedergelassen waren. In Koblenz ließ er das Gymnasium wiederherstellen und förderte eine Bildungseinrichtung der Dominikaner. Zudem zeichnete er für die 1678 erlassenen Synodalstatuten für das Erzbistum Trier und das 1688 erschienene Diözesanrituale verantwortlich.
Trotz der widrigen Zeitumstände gilt der Musik liebende Johann Hugo als ausgesprochener Mäzen. Er förderte das Theater und gab eine kostbare Mitra in Augsburg in Auftrag (Limburger Domschatz). Seine Hof- und Festungsbaumeister Johann Christoph Sebastiani (vor 1670-1704) und Philipp J. Honorius Ravensteyn (1655-1729) bauten an der Genovevaburg in Mayen und an der Burg in Boppard. Am kriegszerstörten Speyerer Dom wurden vom Domkapitel Sicherungsarbeiten vorgenommen. Johann Hugo ließ die bischöfliche Pfalz in Speyer wiedererrichten. Die Festung Ehrenbreitstein wurde verstärkt. Durch den Aufbau der Hofstraße im Tal und den Neubau der Heilig Kreuzkirche erhielt Ehrenbreitstein den Charakter eines Residenzstädtchens. Für das Gnadenbild in der von Kapuzinern betreuten Wallfahrtskirche in Bornhofen gab er eine neue Kapelle in Auftrag.
Im Trierer Dom ließ er zwei aufwändige Barockaltäre, den Dreikönigs- und den Kreuzaltar, errichten. Ab 1687 erfolgte die Neugestaltung des Ostchors des Domes: Nach Plänen des zuvor in Frankfurt tätigen Architekten Johann Wolfgang Frölicher (1652-1700) wurde eine Heiltumskammer - ein dreigeschossiger Zentralbau, der als Heilig-Rock-Kapelle diente - an die romanische Apsis angebaut. Im Innern des Domes führten zwei Treppenaufgänge für Pilger zum Eingang der Kapelle hinauf. Die gewaltige, altarartige Fassade besitzt in der Mitte eine von Wolken und Engeln gesäumte Öffnung. Die monumentale Durchblicksarchitektur geht auf römische Vorbilder zurück. Sie macht den Heiligen Rock zum optischen wie geistigen Mittelpunkt der Domkirche.
Nach seinem Tod am Dreikönigstag des Jahres 1711 wurde Orsbeck zunächst in der Ehrenbreitsteiner Kapuzinerkirche bestattet, da Trier in Folge des Spanischen Erbfolgekrieges von französischen Truppen besetzt war. Seine Eingeweide wurden in der Heilig Kreuzkirche beigesetzt, während sein Herz in den Speyerer Dom verbracht wurde. Der Leichnam wurde 1715 in den Trierer Dom überführt und vor dem Dreikönigsaltar bestattet.
Literatur
Raab, Heribert, Gegenreformation und katholische Reform im Erzbistum und Erzstift Trier von Jakob von Eltz zu Johann Hugo von Orsbeck (1567-1711), in: Römische Quartalschrift für christliche Altertumskunde und Kirchengeschichte 84 (1989), S. 160-194.
Reber, Horst, Die Baukunst im Kurfürstentum Trier unter den Kurfürsten Johann Hugo von Orsbeck, Karl von Lothringen und Franz Ludwig von Pfalz-Neuburg. 1676-1729, Trier 1960.
Schorn, Franz, Johann Hugo von Orsbeck, in: Rheinische Lebensbilder 8 (1980), S. 125-140.
Schorn, Franz, Johann Hugo von Orsbeck. Ein rheinischer Kirchenfürst der Barockzeit. Erzbischof und Kurfürst von Trier. Fürstbischof von Speyer, Köln 1976.
Seibrich, Wolfgang, Artikel „Orsbeck, Johann Hugo von", in: Gatz, Erwin (Hg.), Die Bischöfe des Heiligen Römischen Reiches. 1648-1803. Ein biographisches Lexikon, Berlin 1990, S. 329-331.
Online
Brauchbach Max, „Johann Hugo", in: Neue Deutsche Biographie 10 (1974), S. 540-542. [Online]
Conrad, Joachim, Orsbeck Johann Hugo von, in: Saarländische Biografien Online. [Online]
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Schmid, Wolfgang, Johann Hugo von Orsbeck, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/johann-hugo-von-orsbeck/DE-2086/lido/57c92e52480ef3.24064703 (abgerufen am 07.12.2024)