Zu den Kapiteln
Johann von Baden war der mit knapp 47 Jahren am längsten amtierende Trierer Erzbischof; als Trierer Kurfürst unterstützte er die Politik der Habsburger, während er sich auf geistlicher und landesherrlicher Ebene durch die Fortsetzung der Klosterreformen, die Förderung der Bildung und eine rege Bautätigkeit auszeichnete.
Johann von Baden wurde 1434 als dritter Sohn des Markgrafen Jakob I. von Baden (1407-1453) geboren. Durch seine Mutter Katharina (1407-1439), eine Tochter von Herzog Karl II. von Lothringen (1364-1431), und durch den Mitbesitz der Markgrafen von Baden an der Grafschaft Sponheim hatte die Familie enge Verbindungen zum Trierer Land.
Johann erhielt 1445 die niederen Weihen und anschließend Kanonikate in Mainz, Köln und Straßburg. Er studierte mit seinen jüngeren Brüdern Georg, der später Bischof von Metz wurde (Episkopat 1459-1484), und Markus, dem späteren Verweser des Bistums Lüttich (Amtszeit 1465-1468), von 1452 bis 1456 in Erfurt, Pavia und Köln.
Am 22.6.1456 wurde er nach einigen Kontroversen zum Trierer Erzbischof gewählt: Sein Vorgänger Jakob von Sierck hatte den Domherren seinen Bruder Philipp (1406-1492), seit 1442 Dompropst von Trier, als Nachfolger vorgeschlagen. Ein Teil der Kanoniker wollte die Wahl unter den Schutz des Pfalzgrafen nach Burg Veldenz verlegen, andere lehnten dies wegen des politischen Drucks ab. Bei der in Trier erfolgten Wahl konnte weder Johann von Baden noch Diether von Isenburg – der dann 1459 höchst umstritten zum Mainzer Erzbischof gewählt wurde (Episkopat 1459-1461) – eine Mehrheit hinter sich bringen. Das Domkapitel wählte daraufhin eine Kommission, die einen Kompromisskandidaten vorschlug, bis zu dessen Bestätigung der Markgraf Karl von Baden (1427-1475), Johanns Bruder, die weltliche Verwaltung des Erzstifts übernahm. Papst Calixt III. (Episkopat 1455-1458) bestellte 1456 Johann von Baden, der nach kanonischem Recht zu jung für die Bischofsweihe war, zum Verwalter des Bistums, und versprach ihm die Ernennung, sobald er mit den erforderlichen 27 Jahren die höheren Weihen empfangen hatte. 1465 wurde ihm auf Schloss Saarburg durch den Trierer Weihbischof Hubert von Yss (Episkopat 1452-1483) sowie die Bischöfe von Metz und Worms die Bischofsweihe erteilt.
Johann konnte sich gegen eine Gegenkandidatur, eine ständische Union und auch die nach Reichsunmittelbarkeit strebende Stadt Trier mit Hilfe von Kaiser und Papst behaupten und galt, auch wenn er 1457 dem Kurverein beitrat, als einer der Vertreter der kaiserlichen Politik. 1473 fand in Trier ein Fürstentag statt, ein Treffen zwischen Kaiser Friedrich III. (Regierungszeit 1440-1493) und Herzog Karl dem Kühnen (Regierungszeit 1465-1477), bei dem der Burgunderherzog ungeheuren Prunk entfaltete. Er stellte den glanzvollen Höhepunkt von Johanns Regierungszeit dar und führte Repräsentanten des gesamten europäischen Hochadels in die Moselstadt. Der Erzbischof brach die Gespräche jedoch ab, um dem Drängen Karls des Kühnen nicht nachgeben zu müssen. Durch die vorzeitige Abreise des Kaisers blieben die Verhandlungen ohne Ergebnis. An dem daraus resultierenden Neusser Krieg zwischen dem Herzog und dem Kölner Erzstift war Erzbischof Jakob beteiligt. Mit seinem Bruder Georg von Baden vermittelte er nach dem Tod Karls des Kühnen in der Schlacht bei Nancy 1477 die Heirat von Maximilian von Habsburg (1459-1519) mit der Herzogstochter Maria von Burgund (1457-1482). Dadurch fielen die burgundischen Niederlande im Nordwesten des Reiches an die habsburgischen Stammlande im Südosten.
Den Kurstaat regierte Johann von Baden mit starker Hand. Bei seinem Amtsantritt fand er Schulden in Höhe von 270.000 Gulden vor, denen jährliche Einnahmen von 40.000 Gulden gegenüberstanden. Johann musste sich mehr und mehr in die Abhängigkeit der Landstände und des Domkapitels begeben, welches die Rheinzölle kontrollierte und die Steuern verwaltete.
Verschiedenen kriegerischen Fehden, in die Johann verwickelt war, steht die friedliche Lösung von Konflikten (Trier 1480, Koblenz 1482) gegenüber. Johann belagerte 1488 Burg Beilstein, die dem Pfalzgrafen gehörte und am Moselübergang bei Senheim die Fernstraße Aachen-Frankfurt, die „Krönungsstraße", beherrschte. Die Belagerung endete mit einem Vergleich. In Boppard kam es 1495 zu einem gewalttätigen Aufstand der Bürger, die ihre 1309 verlorene Reichsunmittelbarkeit wiedererlangen wollten. Der Erzbischof mobilisierte ein Heer von 12.000 Soldaten, das die Stadt einschloss. Nach einer dreitätigen Beschießung und der Einnahme des Benediktinerinnenklosters Marienberg kapitulierte Boppard. Durch die Einlösung von Pfandschaften konnte Johann von Baden für hohe Summen die Herrschaften Schönecken, Kempenich und Daun, einen Teil der Herrschaft Limburg, Ansprüche der Hunolsteiner Erben und die Grafschaft Salm für das Kurfürstentum erwerben.
Die unter seinem Vorgänger Jakob von Sierck begonnen Klosterreformen führte Johann vor allem mit Hilfe der Windesheimer und Bursfelder Kongregationen fort und scheute sich dabei nicht, Widersacher mit Gewalt zur Raison zu bringen. Nach dem neuen Marienwallfahrtsort Klausen an der Mosel berief er Augustiner-Chorherren der Windesheimer Kongregation, denen er zudem die Aufsicht über das reformierte Augustinerinnenkloster St. Agneten an der Weberbach in Trier übertrug. Auch im Kloster Wolf an der Mosel siedelte er die Brüder vom Gemeinsamen Leben an. Die Benediktinerabteien St. Martin in Trier, Mettlach, Tholey, Maria Laach und Schönau schlossen sich der Bursfelder Kongregation an. 1488 unterstütze er die Gründung eines Hospitals auf dem an der Pilgerstraße nach Aachen gelegenen Helenenberg durch seinen Kanzler Ludolf von Enschringen (Kanzler von 1483-1503; gestorben 1504). Wie in Pedernach wurden hier Kreuzherren angesiedelt. Johanns Versuch, die Klöster des Franziskanerordens zu reformieren, scheiterte dagegen bis auf eine Ausnahme (Limburg) an der Exemption des Ordens. Die Mönche von Maria Laach leisteten gegen die Reformversuche erbitterten Widerstand. Der Erzbischof besetzte mit bewaffneten Bürgern aus Mayen und anderen Städten das Kloster. Eine Gruppe von Mönchen verließ sogar den Konvent, um der Reform zu entgehen.
Nachdem mehrere Visitationen keinen Erfolg hatten, löste Johann das adelige Augustinerinnenkloster Schönstatt gewaltsam auf und übergab es den Franziskanerinnen zu Ehrenbreitstein. Die Nonnen des Augustinerinnenklosters St. Thomas bei Andernach, die eine Reform ablehnten, schickte er zu ihren Eltern zurück. Die Leitung des Klosters übernahmen reformierte Augustinerinnen aus St. Agneten in Trier, deren Äbtissin die Herzogin Margarete von Bayern war, eine Verwandte des Erzbischofs. Zu nennen ist noch der Druck des Trierer Missales vor 1498 und eines Breviers (sechs Auflagen ab 1475), das Johanns Interesse an der Reform des Weltklerus deutlich macht.
Auch die Universität Trier wurde unter seiner Regentschaft am 16.3.1473 eröffnet. Es gelang ihm, eine Vereinbarung mit der Stadt zu treffen, welche die Finanzierung sicherstellte. Sechs Stiftskirchen mussten jeweils ein Kanonikat zur Besoldung eines Hochschullehrers abtreten. Hinzu kamen fünf Pfarrstellen, deren Amtsinhaber durch Vikare ersetzt wurden. Der Erzbischof und sein Kanzler gründeten 1499 in Trier eine Lateinschule, die von den Augustiner-Chorherren von St. German betreut wurde. Sie zählte bald 300 Schüler und war bis zur Gründung des Jesuitengymnasiums die bedeutendste schulische Bildungseinrichtung der Stadt beziehungsweise des Bistums.
Eine rege Bautätigkeit in Johanns Amtszeit hinterließ vielfältige Spuren an Kirchen, Burgen und Schlössern. So errichtete er um 1480 im Kreuzgang des Domes den prachtvollen „Badischen Bau", an dem er sein Wappen anbringen ließ. Gebaut wurde an den Burgen in Daun, Ehrenbreitstein (heute Stadt Koblenz), Engers (heute Stadt Neuwied), Montabaur, Bernkastel (heute Stadt Bernkastel-Kues), Saarburg und Kyllburg, aber auch an den Residenzen in Trier und Koblenz sowie dem Jagdschloss in Kärlich. In Frankfurt wurde ein erzbischöflicher Hof errichtet, in Bad Bertrich wurden die Thermen wiederhergestellt. Als Schattenseite von Johanns Amtsführung sahen die Zeitgenossen, dass er vor allem auf das Wohl seiner Verwandten und auf den Glanz seines Hauses bedacht war.
Gegen den Widerstand eines Teils des Domkapitels berief Johann von Baden 1499 seinen Großneffen Jakob von Baden zum Koadjutor mit dem Recht der Nachfolge. Seit 1501 überließ er ihm die Regierungsgeschäfte. Nach seinem Tod am 9.2.1503 wurde er im Trierer Dom in einem prachtvollen Grabmal, das er bereits 1478 von dem Utrechter Bildhauer Nikolaus Myert (erwähnt 1454-1478) hatte liefern und errichten lassen, bestattet. Es befand sich in Westchor neben der Tumba des Erzbischofs Balduin von Luxemburg, der mehr als 46 Jahre lang regiert hatte. Johann war zusammen mit Balduin der am längsten regierende Trierer Erzbischof. Im Gegensatz zu diesem erscheint er als vorsichtiger und bedachter Landesherr. Obgleich seine Person und Persönlichkeit in den Quellen weniger scharf profiliert hervortritt, hat er dennoch viel bewegt.
Literatur
Kerber, Dieter, Herrschaftsmittelpunkte im Erzstift Trier. Hof und Residenz im späten Mittelalter, Sigmaringen 1995.
Kerber, Dieter, Johann von Baden, Erzbischof und Kurfürstvon Trier, in: Rheinische Lebensbilder 16 (1997), S. 33-52.
Persch, Martin, Artikel „Johann von Baden", in: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon 3 (1992), Sp. 142-144.
Schmidt, Hans-Joachim, Die Trierer Erzbischöfe und die Reform von Kloster und Stift im 15. Jahrhundert, in: Elm, Kaspar (Hg.), Reformbemühungen und Observanzbestrebungen im spätmittelalterlichen Ordenswesen, Berlin 1989, S. 469-501.
Seibrich, Wolfgang, Artikel „Johann, Markgraf von Baden", in: Gatz, Erwin (Hg.), Die Bischöfe des Heiligen Römischen Reiches 1448 bis 1648. Ein biographisches Lexikon, Berlin 1996, S. 340-343.
Online
Conrad, Joachim, Baden Johann von, in: Saarländische Biografien Online. [Online]
Krimm, Konrad, Artikel „Johann II.", in: Neue Deutsche Biographie 10 (1974), S. 539-540. [Online]
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Schmid, Wolfgang, Johann II. von Baden, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/johann-ii.-von-baden/DE-2086/lido/57c92dbb73bad1.63096165 (abgerufen am 05.11.2024)