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Karl von Kügelgen war ein Landschaftsmaler, dessen Ideal es war, nur von der Natur zu lernen. Seine Landschaften, seinerzeit gerühmt wegen ihres durchsichtigen und luftigen Kolorits, malte er gleichsam als Abdruck seiner Seele. Sind seine frühen Arbeiten noch von einer gewissen Steifheit geprägt, so gelangen ihm später leichte, klare und durchaus originelle Kompositionen. Sein Werk umfasst mehr als 170 Ölgemälde und eine große Anzahl Zeichnungen, wobei sein lithographisches Werk besondere Beachtung verdient.
Wie sein Zwillingsbruder Gerhard entstammte Karl einem alten, ursprünglich in Bremen beheimateten Adelsgeschlecht, dessen Stammname Coghelke/Kogelke sich nach der Übersiedlung der Familie ins Rheinland im 15. Jahrhundert zu Kügelgen veränderte. Durch die Wirren des 30-jährigen Krieges ging ihnen der Adelstitel verloren, den sie erst 1802 zurückerlangten.
Geboren wurden die Brüder am 6.2.1772 in Bacharach am Rhein. Die Eltern, der Kurkölnische Hofkammerrat Franz Anton Kügelgen (1727–1788) und seine Frau Maria Justiana Hoegg (1744–1805), Tochter eines Kurtrierischen Richters, waren recht wohlhabend und stark von ihrem katholischen Glauben geprägt. Der erstgeborenen Schwester, Maria Anna Ludovica (1766–1829), folgte Sebastian Joseph (1768–1773), der jedoch mit nur fünf Jahren verstarb. Der ältere Bruder, Joseph Ignaz (1770–1821), trat in die Fußstapfen des Vaters und wurde später ebenfalls Kurfürstlicher Hofkammerrat. Nach zwei früh verstorbenen jüngeren Geschwistern, Magdalena Margaretha (1775–1778) und Franz Karl (1777–1777), folgte noch einmal ein Mädchen: Cordula Maria (1779–1857).
Die Zwillinge wurden zunächst zu Hause und später in der Rektoratsschule in Bacharach in lateinischer Sprache und Religion, aber auch in Musik, Tanz und Malerei unterrichtet, bis sie ab 1786 das Jesuitengymnasium in Bonn besuchten. Hier fanden sie rasch Anschluss an die intellektuellen Kreise um Babette Koch (1771–1807), die junge Wirtin des „Zehrgarten“ am Bonner Markt, die eine enge Freundin Beethovens war und auch von den beiden Kügelgens schwärmerisch verehrt wurde, wie Franz Gerhard Wegeler (1765–1848) in seinen „Biographische(n) Notizen über Ludwig van Beethoven“ aus dem Jahr 1838 berichtet. Auch mit Beethoven selbst verband die Brüder bald eine enge Freundschaft.
Hatte Gerhard schon früh seine Liebe zur Porträtmalerei entdeckt, so malte und zeichnete Karl hingegen von Beginn an Rheinlandschaften. Doch verbot der Vater die mit Leidenschaft betriebene Kunst und erst nach dessen Tod 1788 erlaubte die Mutter eine weitere Ausbildung darin. Im Gegensatz zu seinem Bruder beendete Karl zunächst das Bonner Gymnasium und immatrikulierte sich am 13.5.1789 – am selben Tag wie Ludwig van Beethoven – für Philosophie an der Kurfürstlichen Bonner Universität. Nur ein Jahr später nahm er ein Studium der Malerei beim schon betagten Landschaftsmaler Christian Georg Schütz d. Ä. (1718–1791) in Frankfurt auf. Die Nähe zu seinem nun beim Großvater lebenden Bruder suchend, zog Karl zu ihm nach Rhens und ließ sich gemeinsam mit ihm beim Koblenzer Historienmaler Januarius Zick ausbilden. Anschließend zogen die Brüder nach Mainz, wo sie ein halbes Jahr lang von dem Porträtmaler Christoph Fesel (1737–1805) unterrichtet wurden, der ihnen empfahl, sich wegen einer finanziellen Zuwendung an ihren Landesvater zu wenden. Also gingen sie 1791 zurück nach Bonn, fertigten dort Porträts des Kurfürsten Maximilian Franz von Österreich, des Hofkammerpräsidenten Franz Wilhelm von Spiegel zum Diesenberg (1753–1818) und des Grafen Ferdinand von Waldstein (1762–1823) an und erhielten daraufhin ein kurfürstliches Stipendium von jährlich 200 Dukaten, um in Rom ihre Ausbildung zu vervollkommnen.
Ausgestattet mit Reisegeld und kurfürstlichen Empfehlungsschreiben an Prälaten und Erzbischöfe brachen sie am 4.5.1791 zu ihrer Romreise auf. Drei Jahre verbrachten sie dort mit dem Studium der sie tief beeindruckenden Renaissancemalerei, wobei sich Karl zusätzlich um die finanziellen Angelegenheiten kümmerte und den Briefwechsel mit der Heimat führte. Als wegen der Napoleonischen Kriege, die mittlerweile das Rheinland erfasst hatten, die finanzielle Unterstützung ausblieb, entschlossen die Brüder sich, Rom zu verlassen. Während sich Gerhard am 15.2.1795 über München nach Riga aufmachte, blieb Karl zunächst noch zurück, um seine Auftragsmalereien fertig zu stellen. Als 1796 die französischen Heere nach Italien vordrangen, trat auch Karl mit seinem Freund Andreas Romberg (1767–1821) die Wanderung über die Alpen an. Über Wien – Romberg blieb dort bei Beethoven – zog er weiter nach Berlin, wo er mit seinen Landschaftsbildern große Erfolge feierte. 1798 folgte er seinem Bruder nach Riga, der sich zwischenzeitlich jedoch in Reval aufhielt und Karl brieflich mitteilte, dass er nach St. Petersburg gehen wolle. Karl besuchte Gerhard in Reval und verliebte sich dort in Emilie Zoege von Manteuffel (1787–1835), die Schwester von Gerhards Verlobten. Doch bereits im Winter 1798/1799 brachen die beiden Zwillingsbrüder bei eisiger Kälte nach St. Petersburg auf, wo Karl schon bald vom russischen Zar Paul I. (1754–1801, Regierungszeit 1796-1801) mit einem Jahresgehalt von 3.000 Rubeln als kaiserlicher Hofmaler angestellt wurde. Nachdem sein Bruder 1800 geheiratet hatte, trennten sich bald ihre Wege. 1804 zog Gerhard zurück nach Rhens und Karl verblieb alleine in St. Petersburg. Er sollte seinen Bruder nie wiedersehen.
Am 4.9.1804 wurde Karl zum ordentlichen Mitglied der Berliner Akademie der Künste und mechanischen Wissenschaften ernannt, nachdem er kurz zuvor in die St. Petersburger Akademie aufgenommen worden war. Im Auftrag des Zaren bereiste er nun bis 1806 die Krim, wo er mehr als 200 Landschaften und antike Denkmäler für Alexander I. (1777–1825) zeichnete und malte. Nach seiner Rückkehr heiratete er am 7.7.1807 in Harm Emilie Zoege von Manteuffel, mit der er zunächst in St. Petersburg lebte. Wegen der vordringenden Napoleonischen Truppen sah sich das Paar jedoch gezwungen, zu einem Freund nach Wolsk an die Wolga fliehen. Karl fand dort eine Anstellung als Kunstlehrer an der Akademie und kaufte Anteile an einer Zuckerfabrik, womit er sein ganzes Vermögen verlor. Der Aufenthalt in Wolsk gestaltete sich länger als geplant. Nicht nur sein ältester Sohn Konstantin (1810–1880), der später dem Vater als kaiserlich russischer Hofmaler nachfolgte, wurde dort geboren, sondern auch drei weitere Kinder: Elmine Wilhelmine (1808–1889), Alwine Felicite (geboren 1812) und Anna Sophie (1815–1875). Erst 1815 konnte Karl mit seiner Familie nach Estland, auf das Landgut seines Schwiegervaters, zurückkehren. Hier schuf er nun im Auftrag des Zaren ein lithografisches Werk über die Krim, bestehend aus 50 Blättern mit einer Beschreibung in deutscher, französischer, englischer und russischer Sprache. Abwechselnd lebte er von da an auf dem Familiengut der Manteuffels in Kurküll und in St. Petersburg. 1818 erhielt er vom Zaren den Auftrag, Finnland zu bereisen, wo er 55 Sepiazeichnungen anfertigte, die er später in Öl ausführte.
Seine letzten Lebensjahre verbrachte Karl von Kügelgen – den Adelstitel hatte die Familie 1802 auf Betreiben seines Bruders Gerhard zurückerhalten – auf seinem Landsitz „Friedheim“, den er 1827 in der Nähe von Reval erworben hatte. 1825 war bereits seine Tochter Annette Agnes Auguste (1825–1867) geboren, nun folgte noch sein jüngster Sohn Hermann (1828–1897).
Häufig auftretende „Brustkrämpfe“ zwangen den Maler zu einer längeren Kur und unterbrachen seine Arbeit. Möglicherweise waren dies bereits Anzeichen eines unerkannt gebliebenen Herzinfarkts. Zunächst schien sich der Maler wieder erholt zu haben, doch verstarb er am 9.1.1832 unerwartet während seines Mittagsschlafs. Anderen Angaben zufolge starb er am 29.12.1831, was vermutlich auf den julianischen Kalender zurückgeht, auch wenn die Zeitspanne rechnerisch nicht ganz korrekt ist.
Werke (Auswahl)
o. J. - Selbstbildnis, Öl auf Leinwand.
o. J. - Bewaldete Flusslandschaft mit einem Reiter und Bettlern, Öl auf Leinwand, 33 x 42 cm.
1800 - Ansicht von Pawlowsk, Öl auf Leinwand, 80 x 107,5 cm.
1802 - Kirchhof von Pawlowsk, Öl auf Leinwand, 38,5 x 52,5 cm.
ca. 1806 - Armenisches Kloster bei Eska, Öl auf Leinwand
nach 1807 - Emilie von Kügelgen, geborene Zoege von Manteuffel, Öl auf Leinwand.
1815 - Gutshäuser auf der Krim, Sepiazeichnung.
1819 - Ruinen von Burg Wesenberg, lavierte Federzeichnung, 30 x 42,5 cm.
1819 - Landschaft bei Tavastehus, lavierte Federzeichnung, 32,5 x 43,5 cm.
1820 - Athen und die Akropolis, Öl auf Leinwand, 47,3 x 68,5cm.
1823 - Wasserfall bei Kyro in Finnland, Öl auf Leinwand.
1824 - Backhisarai, lavierte Federzeichnung, 31,5 x 41,2 cm.
1824 - Aussicht aus der Höhle von Inkerman, Sepiazeichnung, 31,6 x 41 cm.
1824 - Karäer-Friedhof in Tschufut-Kale, Sepiazeichnung, 31,6 x 41 cm.
1824 - Ansicht des Tals von Karalese, Sepiazeichnung, 31,6 x 41 cm.
1824 - Ansicht des Tals bei Mshatka, Sepiazeichnung, 31,6 x 41 cm.
1824 - Ansicht von Mukhalatka, Sepiazeichnung, 31,6 x 41 cm.
1824 - Ansicht von Bakhchisarai, Sepiazeichnung, 31,6 x 41 cm.
1824 - Ansicht von Alupka, Sepiazeichnung, 31,6 x 41 cm.
1824 - Ansicht nahe Alupka, Sepiazeichnung, 31,6 x 41 cm.
1829 - Blick auf den Domberg von Reval, Öl auf Leinwand.
1830 - Ansicht Revals mit Zuckerfabrik, Öl auf Leinwand.
1830 - Ansicht der Revaler Altstadt von der Pakultreppe aus, Öl auf Leinwand
Literatur
Hasse, Friedrich Christian August, Das Leben Gerhards von Kügelgen, Leipzig 1824.
Linz, Karl-Ernst, Die Bacharacher Malerzwillinge Gerhard und Karl von Kügelgen, Verein für die Geschichte der Stadt Bacharach und der Viertäler e. V., Bacharach 1997.
Niesen, Josef, Bonner Personenlexikon, 3. Auflage, Bonn 2011, S. 260-261.
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Niesen, Josef, Johann Karl Ferdinand von Kügelgen, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/johann-karl-ferdinand-von-kuegelgen/DE-2086/lido/57c93b13d632a1.24019906 (abgerufen am 09.12.2024)