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Johann Maria Farina entwickelte die Rezeptur des Eau de Cologne und legte damit den Grundstein für die bis heute weltweit bekannte Firma „Farina Gegenüber".
Geboren wurde er am 8.12.1685 in Santa Maria Maggiore (Italien) und zog um 1700 auf Anregung seines Onkels nach Köln. Der Onkel, der ebenfalls Johann Maria Farina hieß, war gegen Ende des 17. Jahrhunderts aus Santa Maria Maggiore im Val Vigezzo nach Maastricht ausgewandert, um dort Handel zu treiben. Das Val Vigezzo zwischen Domodossola (Italien) und Locarno (Schweiz) war eines der Hauptauswanderungsgebiete im 17. und 18. Jahrhundert. Mangelnde Fruchtbarkeit des Bodens und stetiges Bevölkerungswachstum zwangen viele Bewohner, ihre Heimat zu verlassen.
1709 eröffnete sein Bruder Johann Baptist Farina in Köln mit Unterstützung des Onkels ein kleines Ladengeschäft, verbunden mit einem Kommissions- und Speditionshandel in der Großen Budengasse/Ecke Unter Goldschmied. Die Niederlassung in Köln sollte den Handel mit Deutschland vorantreiben, wozu die Lage am Übergang vom Nieder- zum Mittelrhein günstige Voraussetzungen bot. In Köln mussten die Waren je nach Fahrtrichtung auf geeignete Schiffstypen umgeladen werden, nachdem sie für eine bestimmte Zeit zum Verkauf anzubieten waren (Stapelzwang).
Haupthandelsgut des älteren Farina war so genannter „Französisch Kram": Luxusartikel jener Zeit, wie goldene und silberne Bänder und Knöpfe, Seidenstrümpfe, Gürtel, Schnallen und sonstiger Schmuck sowie Perücken, Puder, Toilettenwasser und vieles mehr. Johann Maria Farina trat 1714 in das Geschäft seines Bruders ein. Als Geschäftseinlage brachte er die Rezeptur für ein neues Duftwasser, das Eau de Cologne, mit. Den Duft charakterisierte er später selbst so: „Mein Duft ist wie ein italienischer Frühlingsmorgen nach dem Regen, Orangen, Pampelmusen, Citronen, Bergamotte, Cedrat, Limette und die Blüter und Kräuter meiner Heimat."
Der Verkauf des Eau de Cologne machte zu Beginn nur einen bescheidenen Teil des Geschäftes Farina & Comp. aus. Die Brüder mussten zunächst die Grundlagen für ihr Geschäft schaffen. Um überhaupt einen Laden betreiben zu dürfen, war das Bürgerrecht der Reichsstadt erforderlich. Auswärtige mussten dazu zuerst vor dem Rat ihren katholischen Glauben belegen und anschließend eine Gebühr auf der Mittwochs-Rentkammer, der Stadtkasse, entrichten, wodurch gewährleistet werden sollte, dass die Auswärtigen ein gewisses Vermögen besaßen. Johann Baptist tätigte diesen Verwaltungsakt am 29.7.1711. Johann Maria benötigte das Bürgerrecht erst, nachdem er 1732 die alleinige Geschäftsführung übernommen hatte (Kauf am 10.12.1735). Der Erwerb des Bürgerrechts war zudem mit dem Beitritt zu einer Zunft verbunden. Die Farinas traten einer der Kaufleute-Zünfte bei, in denen die freie Entfaltung ihres Handels möglich war.
Trotz der formalen Einbürgerung hatten die Farinas mit Anfeindungen von Seiten der einheimischen Bevölkerung zu kämpfen. So wurde der Verkauf von englischen Lederpeitschen mit dem Argument angegriffen, dies falle in die Zuständigkeit der Sattlerzunft. Oder es wurde die Rechtmäßigkeit des Bürgerrechts für die Handel treibenden Italiener angezweifelt, da diese oft ihre Familien in Italien zurückließen und mindestens einmal im Jahr dorthin zurückkehrten, also die erforderliche Sesshaftigkeit nicht gegeben sei. Auch Johann Baptist Farinas Familie war in Italien geblieben. Seine Kinder kamen alle in Santa Maria Maggiore zur Welt.
Ungeachtet der Einwendungen gegen ihre Wirtschaftstätigkeit, besaßen die Brüder Farina wichtige Voraussetzungen, um in Köln ein erfolgreiches Geschäft zu führen: Erstens waren sie katholisch, wodurch sie problemlos das Bürgerrecht erwerben konnten, und zweitens bewegten sie sich mit ihren Handelsgütern weitgehend außerhalb der traditionellen Zünfte, die aufgrund ihrer starren Regeln Innovationen oft verhinderten.
Nicht weniger wichtig waren die Kontakte nach außen, die den Brüdern den Kommissions- und Speditionshandel überhaupt erst ermöglichten. Dazu war es von Vorteil, dass damals viele italienische Kaufleute Handelsniederlassungen in Europa betrieben. Landsleute in den Niederlanden zählten dann auch zu den ersten Auftraggebern der Farina-Brüder.
Nach dem Tod von Johann Baptist übernahm Johann Maria Farina 1732 alleine das Geschäft, das 1723 neue Räumlichkeiten im Haus Obenmarspforten 23 bezogen hatte, strich das „Comp." aus dem Firmennamen und baute die Produktion des Eau de Cologne konsequent aus. Er knüpfte Handelsbeziehungen in ganz Europa, zu den ersten Abnehmern des Eau de Cologne zählten unter anderem Friedrich Wilhelm I. von Preußen (Regierungszeit 1713-1740) sowie Kurfürst Clemens August von Köln. Doch vor allem die Nachfrage von französischen Soldaten im Siebenjährigen Krieg kurbelte die Produktion kräftig an. Französische Offiziere öffneten Frankreich als großen Absatzmarkt für Farina, schon bald wurden die meisten Flaschen nach Paris geliefert. In diesem Zusammenhang wurde die Bezeichnung „Eau de Cologne" geprägt. Verschickt wurden zumeist kleinere Sendungen vor allem an Adelige, staatliche und geistliche Würdenträger aller Art. In den 1750er Jahren verkaufte Farina etwa 1.200 Flaschen pro Jahr, um 1765 waren es bereits 4.000.
Farina wusste sein Produkt geschickt zu verkaufen, indem er auf die beständig hohe Qualität seines Eau de Cologne hinwies oder es als medizinisches Heilmittel anpries. Noch bis Anfang des 19. Jahrhunderts lag jeder Flasche eine Gebrauchsanweisung bei, die Krankheiten aufführte, die mit Kölnisch Wasser behandelt werden könnten.
Der zunehmende Erfolg ließ die Konkurrenz nicht ruhen. Um 1750 begann ein gewisser Johann Anton Farina, der einem anderen Zweig der Familie entstammte, ebenfalls mit der Produktion von Eau de Cologne und nannte seine Firma „Johann Anton Farina zur Stadt Mailand". Daraufhin gab Johann Maria Farina seinem Unternehmen den Zusatz „gegenüber dem Jülichs Platz", der sich ab 1768 auch unter der Abkürzung „Farina Gegenüber" endgültig einbürgerte. Die Abgrenzung war nötig, da es damals noch keine Möglichkeit gab, die Bezeichnung „Eau de Cologne" schützen zu lassen. Auch andere Firmen schmückten sich mit dem Namen Farina, um ihre Duftwässer zu vertreiben. Möglich war dies, da Farina (zu deutsch „Mehl") ein häufiger italienischer Name ist. So fand sich immer ein Farina, der bereit war, seinen Namen für die Kölnisch-Wasser-Produktion herzugeben.
Als Johann Maria Farina am 25.11.1766 starb, hinterließ er seinem Neffen und alleinigen Erben Johann Maria Farina eine florierende Firma, die in ganz Europa bekannt war. Seine Bedeutung für Köln fand ihren Ausdruck unter anderem 1991, als eine Figur Farinas am Kölner Rathausturm angebracht wurde (Bildhauer: Olaf Höhnen).
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Literatur
Augel, Johannes, Italienische Einwanderung und Wirtschaftstätigkeit in rheinischen Städten des 17. und 18. Jahrhunderts, Bonn 1971.
Küntzel, Astrid, Fremde in Köln. Integration und Ausgrenzung zwischen 1750 und 1814, Köln / Weimar / Wien 2008.
Kuhlmann, Bernhard, 275 Jahre Johann Maria Farina gegenüber dem Jülichsplatz. Zur Geschichte der ältesten bestehenden Kölnisch-Wasser-Fabrik, in: Geschichte in Köln 16 (1984), S. 67-86.
Mönckmeier, Wilhelm / Hermann Schäfer, Die Geschichte des Hauses Johann Maria Farina gegenüber dem Jülichs-Platz in Köln gegründet 1709, Berlin 1934.
Rossi, Luigi, Il Piemonte in Europa. 500 anni di emigrazione dalla valle Vigezzo. La Famiglia Farina e l'aqua di Colonia. Mit einer deutschen Zusammenfassung von Angela M. Janssen, Novara 2009.
Online
Farina Archiv (Bestandsinformation des Rheinisch-Westfälischen-Wirtschaftsarchivs Köln). [Online]
Farina, Johann Maria, Eau de Cologne (Geschichte des Eau de Cologne auf der Homepage des Archivs des Farina Hauses). [Online]
Taubert, Dietrich, "Farina", in: Neue Deutsche Biographie 5 (1961), S. 25. [Online]
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Küntzel, Astrid, Johann Maria Farina, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/johann-maria-farina-/DE-2086/lido/57c6ac9570e232.85244520 (abgerufen am 10.11.2024)