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Die Amtszeit des Erzbischofs und Kurfürsten Johann von der Leyen war von Auseinandersetzungen mit seinen beiden Residenzstädten bestimmt: In Trier gelang ihm die Niederschlagung des Reformationsversuchs von Caspar Olevian, und in Koblenz konnte er das Streben der Bürger nach Reichsunmittelbarkeit vereiteln. Auf geistlicher und bildungspolitischer Ebene trat er als Förderer der Jesuiten hervor.
Johann von der Leyen stammt aus einer seit dem 12. Jahrhundert belegten Ministerialenfamilie mit Stammsitz in Gondorf (heute Kobern-Gondorf) an der Untermosel, die zwischen dem 16. und 18. Jahrhundert 18 Trierer Domherren und mit Karl Kaspar von der Leyen einen weiteren Trierer sowie mit Damian Hartard von der Leyen (Episkopat 1675-1678) einen Mainzer Erzbischof gestellt hat. Johanns Vater war der kurkölnischer Rat, Kanzler, Hofmeister und Amtmann in Andernach, Bartholomäus von der Leyen (gestorben 1540), seine Mutter Katharina von Pallandt zu Gladbach. Sein Bruder Georg war Domherr, Archidiakon in Trier und in Karden sowie Domdekan, der Bruder Bartholomäus ebenfalls Domdekan sowie Propst an St. Georg in Limburg und der Neffe Georg Dekan von St. Kastor in Koblenz.
Johann von der Leyen wurde 1528 Domizellar und 1532 Domherr in Trier; zudem besaß er Kanonikate in Würzburg und Münster. Seine Studien begann er in Trier und Löwen. Er setzte sie als Domherr in Paris, Freiburg, Orléans und Padua fort. Studienreisen führten ihn nach Venedig und Rom. Seit 1535 war er Bischofskaplan, seit 1536 Domizellar in Würzburg, und bereits 1548 gelang ihm der entscheidende Karrieresprung zum Archidiakon an St. Peter in Trier. 1555 wurde er zum Koadjutor des erkrankten Erzbischofs Johann von Isenburg und 1556 zu dessen Nachfolger gewählt. Am 25.4.1556 wurde er inthronisiert, die Priester- und die Bischofsweihe hat er jedoch nie empfangen. Bereits zuvor spielte er als Vertreter des Erzbischofs auf Reichstagen (Augsburger Interim) und als Mitglied der Trierer Visitationskommission für die rechtsrheinischen Gebiete eine wichtige Rolle.
In Johanns Regierungszeit spitzten sich die Auseinandersetzungen zwischen dem Landesherrn und den beiden Städten Trier und Koblenz zu. Nachdem Kaiser Karl V. (Regierungszeit 1520-1556) den Abzug der seit 1552 in Trier stationierten kaiserlichen Besatzungstruppen befohlen hatte, lehnte sich die Stadt in den folgenden Jahren wieder gegen den Erzbischof auf: 1559 stellte der Rat den Calvin-Schüler Caspar Olevian als Lehrer an, der neben seiner Lehrtätigkeit eine Klerikerstelle an der Kapelle des Jakobsspitals zur evangelischen Predigt nutzte, die auf viel Zuspruch stieß. Ein Drittel der Bevölkerung schloss sich der Reformation an.
Trier drohte, dem Erzbischof zu entgleiten und eine evangelische Reichsstadt zu werden. Doch Johann reagierte prompt. Er nahm mit seinen Truppen die Stadt im Handstreich, was zur Folge hatte, dass sich die katholische Ratsmehrheit auf die Seite der Protestanten stellte. Nach einer militärischen Blockade der Stadt konnte sich Johann durchsetzen. Die Anführer des Reformationsversuchs wurden des Aufruhrs bezichtigt und mussten innerhalb von 14 Tagen Trier verlassen. Olevian ging als Hofprediger und Professor nach Heidelberg.
Ab 1580 wurden keine Protestanten mehr im Erzstift geduldet; 1589 wies der Kurfürst auch die Juden aus, die sich vereinzelt wieder angesiedelt hatten. Ähnliche, mit Waffengewalt verbundene Konflikte fanden auch in Boppard und in Koblenz statt: Die Stadt Koblenz hatte 1562 ihre Reichsunmittelbarkeit verkündet und dem Landesherrn den Einritt verweigert. Dieser riegelte die Stadt ab und diktierte ihr 1562 eine neue Rats- und Schöffenordnung, die „Leyana" die ihre Zugehörigkeit zum Kurfürstentum festschrieb und den Protestanten das Bürgerrecht verwehrte. Koblenz durfte weder Geschütze besitzen noch Bündnisse abschließen. Zur Bekräftigung seiner Stadtherrschaft baute er die Alte Burg aus. 1565 erhob sich erneut die Stadt Trier, die den Kurfürsten nur noch als geistlichen Landesherrn anerkennen wollte. Als der Kurfürst die Stadt einkesselte, klagte diese vor dem Reichskammergericht. Der Prozess sollte sich bis 1580 hinziehen. Trier aktivierte seine luxemburgischen Schirmverträge, darauf marschierten luxemburgische Truppen ein und besetzten St. Maximin, wogegen der Kurfürst protestierte.
Auch die Auseinandersetzungen zwischen dem Erzbischof und der Abtei Prüm setzten sich fort. Zwar hatten 1558 Kaiser und Papst Johann von der Leyen die Abtei zugesprochen, doch die Grafen von Manderscheid und der Abt verzögerten die Inkorporation durch eine Klage vor dem Reichskammergericht. Trotz eines territorialen Zugewinns im Westerwald nach dem Diezer Vertrag von 1564 war Johann als Landesherr wenig erfolgreich. Das Erzstift lavierte aufgrund von Verpfändungen und Schuldverschreibungen am Rande des Staatsbankrotts.
Im Bereich der Kirchenpolitik hat Erzbischof Johann manche Maßnahmen eingeleitet, die dann erst sein Nachfolger umsetzen konnte: Eine wesentliche Rolle spielten dabei die Jesuiten, die sich 1560 in Trier niedergelassen hatten. Der Erzbischof ließ die Universität visitieren und erneuern. Er berief neue Professoren aus dem Jesuitenorden an die theologische und an die philosophische Fakultät, die daraufhin einen erheblichen Aufschwung erlebten. Zudem eröffneten die Jesuiten ein Gymnasium, das bald 1.000 Schüler hatte und qualifizierten Nachwuchs für die Universität und somit auch für die bischöfliche und landesherrliche Verwaltung bereitstellte. Die Erzbischöfe Johann von der Leyen, Jakob von Eltz, Johann von Schönenberg und Lothar von Metternich förderten die Gesellschaft Jesu nachhaltig. Johann von der Leyen gewährte ihr eine Geldrente und überließ ihr das ehemalige Augustinerinnenkloster St. Barbara bei Trier. Auf der anderen Seite schritt die Reformation voran: Die Grafschaft Sponheim, die Markgrafschaft Baden, die Gebiete der Wild- und Rheingrafen sowie die Grafschaft Veldenz schlossen sich der neuen Lehre an. Zudem waren Teile der Bevölkerung und des Klerus den reformatorischen Ideen zugeneigt, ohne dies offen zu zeigen.
Johann von der Leyen starb 1567 in Koblenz und wurde wie sein Vorgänger Johann von Isenburg in der Stiftskirche St. Florin beigesetzt. Bei der Profanierung wurde das Grabmal 1808 zerstört, und die Gebeine wurden in die Familiengruft der von der Leyen in St. Kastor überführt.
Literatur
Bischöfliches Dom- und Diözesanmuseum Trier/Bibliothek des Bischöflichen Priesterseminars Trier (Hg.), Für Gott und die Menschen. Die Gesellschaft Jesu und ihr Wirken im Erzbistum Trier, Ausstellungskatalog Mainz 1991.
Britz, Andreas, Johann VI. van der Leyen. Ein Erzbischof und Kurfürst aus der Saffiger Linie von der Leyen, in: Heimat-Jahrbuch Landkreis Mayen-Koblenz 6 (1987), S. 78-82.
Laufner, Richard, Der Landtag der erzstiftisch-trierischen Stände 1564 zu Koblenz im Spannungsfeld zwischen der landesherrlichen Obrigkeit des Trierer Erzbischofs/Kurfürsten Johann VI. v. d. Leyen (1556-1567) und dem Emanzipationsstreben der Städte Koblenz (1560) und Trier (1565-1580) sowie der landsässigen Ritterschaft, in: Jahrbuch für Westdeutsche Landesgeschichte 19 (1993), S. 325-332.
Persch, Martin, Artikel „Johann von der Leyen", in: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon 3 (1992) Sp. 160-162.
Seibrich, Wolfgang, Artikel „Leyen, Johann von der", in: Gatz, Erwin (Hg.), Die Bischöfe des Heiligen Römischen Reiches 1448 bis 1648. Ein biographisches Lexikon, Berlin 1996, S. 419-421.
Online
Conrad, Joachim, Leyen Johann VI. von der, in: Saarländische Biographien Online. [Online]
Endrulat, Bernhard Ferdinand Julius, „Johann VI.", in: Allgemeine Deutsche Biographie 14 (1881) S. 426-427. [Online]
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Schmid, Wolfgang, Johann VI. von der Leyen, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/johann-vi.-von-der-leyen/DE-2086/lido/57c92dda7729b4.10495479 (abgerufen am 08.09.2024)