Johann von Kleve

Graf von Kleve (1292/1293-1368)

Manuel Hagemann (Bonn)
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Jo­hann von Kle­ve hat­te zu­nächst ei­ne geist­li­che Lauf­bahn ein­ge­schla­gen und wur­de erst spät Graf von Kle­ve. Kei­ne le­gi­ti­men Söh­ne hin­ter­las­send, starb das al­te Kle­ver Gra­fen­haus mit sei­nem Tod aus.

Jo­hann von Kle­ve wur­de wohl 1292 oder 1293 als Sohn Graf Diet­richs VI./ VIII. von Kle­ve und des­sen zwei­ter Ehe­frau Mar­ga­re­the von Ki­burg (ge­stor­ben um 1333), ei­ner Ver­wand­ten der Kö­ni­ge Ru­dolf (Re­gie­rungs­zeit 1273-1291) und Al­brecht von Habs­burg (Re­gie­rungs­zeit 1298-1308), ge­bo­ren. Nach dem Tod des Va­ters 1305 folg­te Jo­hanns äl­tes­ter Halb­bru­der Ot­to (Re­gie­rungs­zeit 1305-1310) als Graf von Kle­ve, der wohl kei­ne gu­ten Be­zie­hun­gen zu sei­ner Stief­mut­ter und de­ren Kin­dern pfleg­te. Um Jo­hann als Kon­kur­ren­ten um die Herr­schaft in Kle­ve aus­zu­schal­ten, ver­schaff­te Ot­to ihm geist­li­che Pfrün­den, die ihm ein stan­des­ge­mä­ßes Le­ben si­chern soll­ten. 1310 war er be­reits Ka­no­ni­ker an den Dom­stif­ten in Köln, Mainz, Trier und Ut­recht so­wie am Xan­te­ner Vik­tor­stift.

Nach dem Tod Graf Ot­tos hat­te sich Diet­rich VII./ IX., Jo­hanns äl­te­rer Bru­der, nur müh­sam als Graf von Kle­ve be­haup­ten kön­nen. Ot­tos Wit­we Mecht­hild von Vir­ne­burg (ge­stor­ben nach 1360) hat­te sich mit ih­rem On­kel, dem Köl­ner Erz­bi­schof Hein­rich von Vir­ne­burg und dem Gra­fen En­gel­bert II. von der Mark (Re­gie­rungs­zeit 1308-1328) ver­bün­det, um den Erb­an­spruch ih­rer Toch­ter Irm­gard von Kle­ve (ge­stor­ben 1362) zu ver­tei­di­gen. Der Kon­flikt zog sich bis 1317 hin.

Jo­hann von Kle­ve hat­te sei­nen Bru­der nach Kräf­ten un­ter­stützt. Graf Diet­rich ho­no­rier­te die­se Hal­tung, in­dem er Jo­hann 1318 das Land Linn und die Stadt Or­soy als ei­ge­nen Herr­schafts­be­reich über­ließ. Im Ge­gen­zug ver­pflich­te­te sich die­ser, die Erb­an­sprü­che zu­künf­ti­ger Söh­ne Diet­richs nicht an­zu­fech­ten.

In den fol­gen­den Jah­ren wid­me­te sich Jo­hann sei­ner geist­li­chen Kar­rie­re. Seit 1318 führ­te er den Ti­tel ei­nes päpst­li­chen Eh­ren­ka­plans, 1320 wur­de er Köl­ner Dom­de­kan. Um 1324/ 1325 wur­de er au­ßer­dem zum Propst des Xan­te­ner Stifts ge­wählt. Die­se Wür­de muss­te er aber 1327 wie­der auf­ge­ben. Gleich­zei­tig hielt Jo­hann sich stets den Weg für ei­ne welt­li­che Lauf­bahn frei: In re­gel­mä­ßi­gen Ab­stän­den er­lang­te er vom Papst Dis­pen­se, die ihn vom Emp­fang der hö­he­ren Wei­hen be­frei­ten.

Die bis­lang aus­ge­spro­chen gu­ten Be­zie­hun­gen zu Graf Diet­rich trüb­ten sich 1333, als die­ser ei­ne Auf­tei­lung der Graf­schaft Kle­ve un­ter sei­nen drei Töch­tern in Er­wä­gung zog. Jo­hann sah in die­sem Vor­ha­ben sei­ne An­sprü­che auf die Erb­fol­ge in Kle­ve ver­letzt, denn er hat­te sich zwar zur An­er­ken­nung von Söh­nen Diet­richs als des­sen Er­ben, nicht aber von Töch­tern ver­pflich­tet. In den fol­gen­den Jah­ren be­trieb er ei­ne sehr ei­gen­nüt­zi­ge Po­li­tik, die auf ei­nen of­fe­nen Kon­flikt mit Diet­rich zu­steu­er­te. 1338 fan­den bei­de Sei­ten aber zu ei­ner Ei­ni­gung, der Kle­ver Graf re­spek­tier­te von nun an die An­sprü­che sei­nes Bru­ders.

In den letz­ten Le­bens­jah­ren Graf Diet­richs ge­wann Jo­hann zu­neh­men­den Ein­fluss auf des­sen Re­gie­rung. Ins­be­son­de­re setz­te er die Ver­le­gung des von Diet­rich 1334 ge­grün­de­ten Ma­ri­en­stifts von der Burg Mon­ter­berg in die Stadt Kle­ve durch, die 1341 er­folg­te. Kle­ve wur­de seit­dem zur Re­si­denz und zum Mit­tel­punkt der Graf­schaft aus­ge­baut.

Nach dem Tod Graf Diet­richs VII./ IX. am 7.7.1347 ge­lang es Jo­hann oh­ne gro­ße Mü­he, sich als neu­er Graf von Kle­ve durch­zu­set­zen. Die An­sprü­che sei­ner Nich­te Mar­ga­re­the, ei­ner Toch­ter Diet­richs, die mit Graf Adolf II. von der Mark (um 1300-1346) ver­hei­ra­tet ge­we­sen war und die Herr­schaft in Kle­ve für ih­re Söh­ne, Graf En­gel­bert III. (1330-1391) von der Mark und Adolf, dem spä­te­ren Graf Adolf I. von Kle­ve, for­der­te, fan­den kein Ge­hör. Jo­hann ließ sich nach­ein­an­der von Kai­ser Lud­wig dem Bay­ern (Re­gie­rungs­zeit 1314-1347) und nach des­sen Tod von dem ehe­ma­li­gen Ge­gen­kö­nig Karl IV. (Re­gie­rungs­szeit 1346-1378) mit der Graf­schaft Kle­ve be­leh­nen und er­hielt von bei­den wei­te­re Pri­vi­le­gi­en, un­ter an­de­rem die Be­leh­nung mit der Herr­lich­keit Rin­dern. Die Ehe, die Jo­hann 1348 mit Mecht­hild von Gel­dern (um 1325-1384) schloss, sorg­te für gu­te Be­zie­hun­gen zu Her­zog Rai­nald III. von Gel­dern (Re­gie­rungs­zeit 1343-1361, so­wie 1371), nun Jo­hanns Schwa­ger, und setz­te die tra­di­tio­nell en­ge dy­nas­ti­sche Po­li­tik zwi­schen den Häu­sern Kle­ve und Gel­dern fort.

Wel­che Aus­ma­ße die gro­ße Pest von 1349 auf das Le­ben am Nie­der­rhein hat­te, ist kaum be­kannt. Graf Jo­hann re­agier­te aber of­fen­bar auf die­se Be­dro­hung, in­dem er 1349 ei­ne Jo­han­ni­ter­kom­men­de in Dins­la­ken grün­de­te und 1350 ein Tes­ta­ment auf­setz­te, das rei­che Stif­tun­gen für sein See­len­heil vor­sah.

Prä­gend für die Re­gie­rungs­zeit Jo­hanns wur­de die Ver­wick­lung Kle­ves in den lang­jäh­ri­gen Krieg zwi­schen Her­zog Rai­nald von Gel­dern und sei­nem Bru­der Edu­ard (Re­gie­rungs­zeit 1361-1371), der seit 1350 An­sprü­che auf ei­ne Teil­ha­be an der Herr­schaft er­hob. 1354 stieg Jo­hann auf Sei­ten Rai­nalds in die Kampf­hand­lun­gen ein und emp­fing wohl von die­sem per­sön­lich 1355 den Rit­ter­schlag. Die­ses En­ga­ge­ment brach­te Jo­hann zwar ei­nen be­deu­ten­den ter­ri­to­ria­len Ge­winn – 1355 fiel die Stadt Em­me­rich als Pfand an Kle­ve – und si­cher­te ihm ho­hen Ein­fluss auf die gel­dri­sche Po­li­tik, die Kehr­sei­ten wa­ren aber ei­ne völ­li­ge Über­an­stren­gung der kle­vi­schen Res­sour­cen und, nach der end­gül­ti­gen Nie­der­la­ge Rai­nalds 1361, die fort­dau­ern­de Feind­schaft Her­zog Edu­ards.

Die aus­sichts­lo­se fi­nan­zi­el­le La­ge zwang Jo­hann zu Ver­wal­tungs­re­for­men, durch die Kle­ve zu dem „oh­ne Fra­ge ... am fort­schritt­lichs­ten ad­mi­nis­trier­te[n] Ter­ri­to­ri­um des Rei­ches" (Wil­helm Jans­sen) wur­de. Ne­ben Re­for­men im Ge­richts­we­sen und in der Äm­ter­ver­fas­sung be­stand die­ser Fort­schritt vor al­lem im Aus­bau der lan­des­herr­li­chen Kanz­lei und der Füh­rung von Ko­pi­aren und Re­gis­ter­bü­chern, durch die die Rech­te, Ein­künf­te und Schul­den des Gra­fen schrift­lich fi­xiert wur­den.

Zur Fi­nan­zie­rung sei­ner Ak­ti­vi­tä­ten war Jo­hann in ho­hem Ma­ße auf die wirt­schaft­lich auf­stre­ben­den Städ­te sei­nes Ter­ri­to­ri­ums an­ge­wie­sen. Ins­be­son­de­re mit dem selbst­be­wuss­ten We­sel kam es da­bei mehr­fach zu mas­si­ven Span­nun­gen. 1359 ver­lieh Jo­hann Ue­dem Stadt­recht, spä­tes­tens seit 1364 ließ er bei der Zoll­stel­le Griet­hau­sen (heu­te Stadt Kle­ve) plan­mä­ßig ei­ne Stadt glei­chen Na­mens an­le­gen.

Aus der Ehe Jo­hanns mit Mecht­hild von Gel­dern gin­gen kei­ne Kin­der her­vor. Als aus­sichts­reichs­ter Kan­di­dat für die Nach­fol­ge als Graf von Kle­ve galt lan­ge Jo­hanns Nef­fe, Diet­rich von Ho­orn, Herr von Per­wez und Kra­nen­burg (ge­stor­ben nach 1371), der dem gräf­li­chen Rat an­ge­hör­te und zeit­wei­se als Statt­hal­ter Jo­hanns fun­gier­te. An­sprü­che mach­ten aber auch Graf En­gel­bert von der Mark und sein Bru­der Adolf, seit 1357 Bi­schof von Müns­ter, gel­tend. Bei­de hat­ten im gel­dri­schen Krieg zu­nächst Edu­ard un­ter­stützt, wech­sel­ten aber 1359 die Sei­ten und söhn­ten sich mit Graf Jo­hann aus. Wohl seit 1363 er­kann­te Jo­hann – zu­min­dest in­of­fi­zi­ell – Adolf von der Mark als sei­nen Er­ben und Nach­fol­ger an.

Jo­hann von Kle­ve starb am 19.11.1368 und wur­de in der Kle­ver Stifts­kir­che be­gra­ben. Aus der Aus­ein­an­der­set­zung um die Nach­fol­ge ging Adolf von der Mark als Sie­ger her­vor.

Quellen

Il­gen, Theo­dor, Quel­len zur in­ne­ren Ge­schich­te der rhei­ni­schen Ter­ri­to­ri­en. Her­zog­tum Kle­ve 1: Äm­ter und Ge­rich­te, 2 Bän­de in 3 Tei­len, Bonn 1921-1925.
Schleid­gen, Wolf-Rü­di­ger, Kle­ve-Mark Ur­kun­den 1223-1368. Re­ges­ten des Be­stan­des Kle­ve-Mark im nord­rhein-west­fä­li­schen Haupt­staats­ar­chiv in Düs­sel­dorf, Sieg­burg 1983.

Literatur

Ha­ge­mann, Ma­nu­el, Jo­hann von Kle­ve († 1368). Der Er­werb der Graf­schaft Kle­ve 1347, Köln 2007.
Jans­sen, Wil­helm, Die Ent­wick­lung des Ter­ri­to­ri­ums Kle­ve (Ge­schicht­li­cher At­las der Rhein­lan­de V 11-12), Bonn 2007.
Kast­ner, Die­ter, Die Ter­ri­to­ri­al­po­li­tik der Gra­fen von Kle­ve, Düs­sel­dorf 1972.
Land im Mit­tel­punkt der Mäch­te. Die Her­zog­tü­mer Jü­lich – Kle­ve – Berg, Aus­stel­lungs­ka­ta­log, Kle­ve 1984.

Online

Jans­sen, Wil­helm, Ar­ti­kel. „Jo­hann, Graf von Kle­ve" , in: Neue Deut­sche Bio­gra­phie 10 (1974), S. 491-492.

 
Zitationshinweis

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Hagemann, Manuel, Johann von Kleve, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/johann-von-kleve-/DE-2086/lido/57c92d77bab9a0.45277721 (abgerufen am 12.10.2024)