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Johannes Blum war ein langjähriger leitender Funktionär des Zentrums in Krefeld; gegen Ende des Ersten Weltkrieges wurde er noch in das preußische Abgeordnetenhaus gewählt, der Nationalversammlung gehörte er 1919/1920 an, dem Reichstag von 1920 bis November 1933. 1945 setzte er sich noch für die Gründung einer überkonfessionellen christlichen Partei auch in Krefeld ein.
Peter Johannes Blum wurde am 23.11.1857 als einziges Kind von Franz Josef Blum (1819-1901), Bauer auf Kleinbäker, und seiner Frau Maria („Micke“) geborene Löcker (1826-1915) auf dem elterlichen Hof (an der Obergath) in Krefeld geboren. Er besuchte zunächst drei Jahre die Volksschule in Fischeln (heute Stadt Krefeld), anschließend ab dem zehnten Lebensjahr das Gymnasium in Krefeld (das heutige Arndt-Gymnasium). Nach der mittleren Reife, dem „Einjährigen“, das damals die Berechtigung zum Einjährig-Freiwilligen Militärdienst erteilte, forderte der elterliche Hof den Jungen zurück. Unter Anleitung seines Vaters wuchs der Sohn schnell in den landwirtschaftlichen Betrieb hinein. Seit dem 1.10.1889 war mit der aus Willich stammenden Katharina Schmitz (1861-1928) verheiratet, mit der er acht Kinder hatte.
In seinem Beruf zeichnete sich Johannes Blum durch besondere Einsatzfreude und Pünktlichkeit aus. So sehr er den Beruf des Bauern liebte, fand er in ihm nicht die eigentliche Erfüllung. Der Vorteil des Familienunternehmens aber lag darin, dass ihm Freiheiten in seinen zeitlichen Dispositionen blieben. Der überzeugte Katholik fand Gefallen an der Politik. Mit wachem Interesse besuchte er die Versammlungen des Zentrums in seiner Heimatstadt und deren Umgebung. Unauslöschlichen Eindruck hinterließ eine große Kundgebung in Köln, auf der er zum ersten Mal Ludwig Windthorst (1812–1891) hörte. In dem überfüllten Saal wurden dem Vorsitzenden der Zentrumspartei Ovationen dargebracht. Seit diesem Erlebnis stand für Blum fest, dass er sich in besonderer Weise parteipolitisch engagieren wollte. Auf manchen Versammlungen fiel der junge Mann auf. Er konnte sein Wort führen und argumentieren. So war es nicht verwunderlich, dass ihn der Mittelstand, aus dem er stammte und dessen Probleme er kannte, zu einer Kandidatur für die Stadtverordnetenversammlung bewegte. 1897 wurde er erstmalig gewählt (bis 1918 in der III. Abteilung) und gehörte der Bürgervertretung seiner Heimatstadt bis zum Jahre 1924 an. Seine politische Arbeit bewältigte er zum Teil während seiner Tätigkeit auf dem Bauernhof, während der er sich die Anliegen der Bittsteller und Interessenvertreter anhörte und mit Gesinnungsgenossen die Marschroute der Sitzungen festlegte. Selbst die Oberbürgermeister Dr. Adalbert Oehler und Dr. Johannes Johansen besuchten ihn zuweilen während seiner Arbeit auf dem Hof, um sich mit ihm zu besprechen.
1916 wurde er als Nachfolger des am 6.12.1915 verstorbenen Abgeordneten Peter Hoeveler (Gutsbesitzer in Benrad) für den Wahlkreis Düsseldorf 9: Geldern Kempen in das preußische Abgeordnetenhaus gewählt. Über seine weitere politische Laufbahn schreibt der Historiker der Zentrumspartei, Karl Bachem, selber langjähriger Vertreter Krefelds in Abgeordnetenhaus und Reichstag: „1919 entsandte ihn das Vertrauen der niederrheinischen Bevölkerung in die Nationalversammlung und seit 1920 in den Reichstag. Lange Jahre war er dort als kluger und besonnener Sachwalter landwirtschaftlicher Interessen stellvertretender Vorsitzender des Volkswirtschaftlichen Ausschusses. Es war die Rheinische Bauernzeitung, die zu seinem siebzigsten Geburtstag schrieb: ‚Wir alle kennen Blum, und wir alle, welcher Partei wir auch immer angehören, wissen, daß das, was für die Landwirtschaft in den schweren Kämpfen der letzten Jahre erreicht wurde [gemeint war die Zollvorlage von 1925], nicht zuletzt auf die Initiative und das sachliche Wissen dieses Mannes zurückzuführen ist. Und es war Prälat Kaas, der gelegentlich in Krefeld sagte, daß man Abgeordnete von dem Profil und dem Charakter von Johannes Blum mit der Laterne des Diogenes suchen müsse.“[1] Am 19. Januar wurde Blum im Wahlkreis 20: Regierungsbezirke Köln und Aachen, ab 1920 jeweils im Wahlkreis Düsseldorf West (Nr. 26 beziehungsweise seit 1924 23) gewählt, letztmals bei der Reichstagswahl am 5.3.1933. Als Mitglied der Zentrumsfraktion unterwarf er sich deren Votum vom 23.3.1933, „mit Rücksicht auf die Partei und ihre Zukunft der Mehrheit der Fraktion zu folgen und für das Ermächtigungsgesetz zu stimmen“.[2]
Vermutlich zwischen 1905 und 1933 war Blum Vorsitzender der Zentrumspartei in Krefeld, war Mitglied der Landwirtschaftskammer Rheinland, gehörte vom 20.10.1920 bis zum 29.4.1925 als Beisitzer dem Vorstand der Zentrumsfraktion im Reichstag an und befürwortete zu Beginn der 1920er Jahre eine breitere Koalitionsbasis auf Reichsebene, später hingegen eine „nach rechts ausgleichenden Tendenz“. 1922 wurde er von Karl Bachem als einer von vier möglichen, aber aussichtslosen Kandidaten für das Amt des Präsidenten des Katholikentages in München vorgeschlagen – was dann Konrad Adenauer wurde. Blum gehörte lange Jahre dem Reichsparteiausschuss des Zentrums an und publizierte unter anderem in der „Kölnischen Volkszeitung“ und in der „Glocke“ (Oelde).
Blum war ein gefragter und seine Zuhörer begeisternder politischer Redner. Unter dem Eindruck einer Rede Blums schrieb ihm Ende 1932 Dr. Wilhelm Warsch, I. Beigeordneter der Stadt Krefeld-Uerdingen a. Rh. und Bürgermeister des Stadtteils Uerdingen: „Noch unter dem starken Eindruck Ihrer gestrigen packenden und tiefgreifenden Festrede stehend, möchte ich nicht verfehlt haben, Ihnen nochmals auf diesem Wege herzlichen Dank und aufrichtige Anerkennung auszusprechen. Ich kann Ihnen die Versicherung geben, daß der aus einem tiefen religiösen Erleben kommende eindringliche Appell […] hier eine nachhaltige Wirkung bei allen Teilnehmern hinterlassen hat.“[3]
Die Zeit des „Dritten Reiches“ verbrachte Blum zurückgezogen auf seinem Bauernhof. Dennoch zollte auch er zumindest anfänglich dem Zeitgeist Tribut, so etwa in einem mit „Johannes Blum M.d.R.“ gezeichneten Artikel in der Sonntagsausgabe der „Essener Volkszeitung“ vom 30.4.1933. Unter der plakativen Überschrift „Ein freies Deutschland! Ein freies Volk! Ein freier Bauernstand!“ schrieb er unter anderem „[D]ie Regierung der nationalen Revolution hat den 1. Mal zum Feiertag der nationalen Arbeit erhoben. Wir Bauern feiern diesen Festtag mit; wir sind der Stand der harten Arbeit. Arbeit ist des Bauern Zierde, Segen ist der Mühe Preis. Durch diese Arbeit sind die Bauern, ererbt und geübt von Geschlecht zu Geschlecht, national und bodenständig verbunden [...] Der Mai ist gekommen. Die Zeit einer erneuten nationalen und auch Bauern-Schaffungskraft. Die müssen wir zielklar, programmatisch gestalten.“
Im Jahre 1945 gehörte Johannes Blum zu denen, die sich in Krefeld mit Erfolg für die Gründung einer überkonfessionellen christlichen Partei, der CDP, der späteren CDU, einsetzten, auch dadurch, dass er Skeptiker von der Notwendigkeit einer solchen Neugründung überzeugen konnte. Wegen seines hohen Alters beteiligte er sich aber nicht mehr aktiv an der Politik. Am 22.3.1946 starb er 88-jährig in Krefeld, wo er auch begraben wurde
In Krefeld erinnerte zunächst (1947 bis 1978) der Platz vor dem Verwaltungsbebäude der Verseidag, dem heutigen Stadthaus, (früher Hindenburgplatz) an ihn. Dieser Platz wurde 1978 (in der Öffentlichkeit nicht unumstritten) in Konrad-Adenauer-Platz umbenannt. Heute erinnert die Johannes-Blum-Straße an den Landwirt und Politiker.
Literatur
Bachem, Karl, Vorgeschichte, Geschichte und Politik der Deutschen Zentrumspartei, zugleich ein Beitrag zur Geschichte der katholischen Bewegung sowie zur allgemeinen Geschichte des neueren und neuesten Deutschland, Band 8, Köln 1927–1932.
Blum, Ludwig, Johannes Blum – Krefelder, Bauer und Parlamentarier, in: Die Heimat. Krefelder Jahrbuch 52 (1981) S. 46.
Düppengießer, Adolf, Johannes Blum, in: Katholisches Krefeld 1, Krefeld 1974, S. 379-404; überarbeiteter Nachdruck in Lilla, Joachim (Hg.), Krefelder Abgeordnete, Krefeld 2000, S. 193–202.
Haunfelder, Bernd, Reichstagsabgeordnete der Deutschen Zentrumspartei. Biographisches Handbuch und historische Biographien, Düsseldorf 1999.
Heckmanns, Franz, Die 32 Ahnen der Kinder von Johannes Blum und Catharina Schmitz auf Kleinbäkerhof zu Krefeld, Krefeld 1934.
Mann, Bernhard (Bearb.), Biographisches Handbuch für das preußische Abgeordnetenhaus 1867–1918, Düsseldorf 1988, S. 70.
Morsey, Rudolf, Das „Ermächtigungsgesetz“ vom 24. März 1933. Quellen zur Geschichte und Interpretation des „Gesetzes zur Behebung der Not von Volk und Reich“, überarbeitete und ergänzte Neuauflage, Düsseldorf 2010.
Schumacher, Martin, M.d.R. Die Reichstagsabgeordneten der Weimarer Republik in der Zeit des Nationalsozialismus. Politische Verfolgung, Emigration und Ausbürgerung 1933–1945. Eine biographische Dokumentation, 3. erweiterte Auflage, Düsseldorf 1994, S. 44.
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Lilla, Joachim, Johannes Blum, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/johannes-blum/DE-2086/lido/57c584086a2290.68127077 (abgerufen am 09.11.2024)