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Josef Bürckel war ein einflussreicher und populärer Politiker im „Dritten Reich", dem zwischen 1925 und 1940 der Aufstieg vom Volksschullehrer zum Reichsstatthalter des Gaus Westmark gelang. Seine von sozialistischen Ideen geprägte Politik brachte ihm den Beinamen „roter Gauleiter" ein.
Josef Bürckel wurde am 30.3.1895 in Lingenfeld bei Germersheim als Sohn des Bäckermeisters Michael Bürckel und dessen Ehefrau Magdalena geboren. Ab 1909 besuchte er die Lehrerbildungsanstalt in Karlsruhe und nahm 1914 als Freiwilliger am Ersten Weltkrieg teil. Nach Kriegsende beendete er seine Ausbildung und arbeitete in den 1920er Jahren als Lehrer in Rodalben und in Mußbach bei Neustadt.
Vermutlich trat Josef Bürckel bereits 1921 der NSDAP bei, wo er mit dem linken Flügel um Georg Strasser (1892-1934) sympathisierte und sich mit diesem für eine stärkere sozialistische Ausrichtung der Partei einsetzte.1926 wurde Bürckel die Führung des Gaus Rheinpfalz übertragen, die er trotz einer starken innerparteilichen Opposition zu behaupten wusste. 1930 wurde er als Abgeordneter in den Reichstag gewählt. Bürckel entwickelte sich in diesen Jahren zu einem skrupellosen Machtpolitiker, der sich in den oft jahrelangen Auseinandersetzungen mit seinen Gegnern durch Durchhaltevermögen und taktisches Geschick auszeichnete.
Von Adolf Hitler (1889-1945) im Jahr 1933 zum „Saarkommissar der NSDAP" ernannt, fiel Bürckel bei der Vorbereitung der Vereinigung des Saargebietes mit dem Deutschen Reich eine Schlüsselrolle zu. Bei der am 13.1.1935 unter der Aufsicht des Völkerbundes durchgeführten freien Volksabstimmung votierten schließlich über 90 Prozent der Saarländer für ihre Wiedereingliederung in das Deutsche Reich.
Bürckel hatte einen entscheidenden Beitrag zu diesem Ergebnis geleistet und wurde in das neu geschaffene Amt eines „Reichskommissars für das Saarland" berufen. Mit seinem energischen und effizienten Vorgehen hatte er Hitler zu einem wichtigen innen- und außenpolitischen Etappensieg verholfen und sich somit für weitere Aufgaben empfohlen. Zwar scheiterte er 1936 zunächst mit dem Vorstoß, unter seiner Führung einen Reichsgau Saar-Pfalz zu installieren, wurde aber 1938 von Hitler mit der Neuformierung der österreichischen NSDAP und der Vorbereitung des „Anschlusses" der „Ostmark" an das Deutsche Reich beauftragt. Vom 23.4.1938 bis zum 31.3.1940 forcierte er als „Reichskommissar für die Wiedervereinigung Österreichs mit dem Deutschen Reich" und als Gauleiter von Wien nicht durch die politische, sondern auch die gesellschaftliche und kulturelle Gleichschaltung Österreichs.
Um die Vertreibung der jüdischen Bevölkerung zu beschleunigen, gründete der überzeugte Antisemit Bürckel bereits 1938 die „Zentralstelle für jüdische Auswanderung" in Wien, deren Leiter Adolf Eichmann wurde. Im Gegensatz zu seiner pfälzischen Heimat, wo er als volksnaher Politiker einen hohen Popularitätsgrad erlangt hatte und als „Verkörperung des Volkstums dieser südwestlichen Landschaft" gefeiert wurde, stieß sein autokratischer Führungsstil unter den Österreichern bald auf entschiedene Ablehnung. Nach Aussage des Generals Edmund von Glaise-Horstenau (1882-1946) betrieb Bürckel eine „Hausmachtpolitik wie ein mittelalterlicher Herzog", besetzte Schlüsselpositionen in der Verwaltung bevorzugt mit Gefolgsleuten aus der Pfalz und erwies sich im Umgang mit der österreichischen Bevölkerung als taktlos und ungeschickt. Im Sommer 1940 sah sich Hitler gezwungen, ihn durch Baldur von Schirach (1907-1974) zu ersetzen. Im Gegenzug wurde Bürckel am 2.8.1940 die Leitung der Zivilverwaltung im besetzten Lothringen übertragen.
Die Zusammenlegung der Rheinpfalz und des Saargebietes zum Gau Westmark, dem provisorisch auch Lothringen zugeordnet wurde, stellte im Herbst 1940 den Höhepunkt in Bürckels politischer Karriere dar. Im März 1941 offiziell von Hitler zum Reichsstatthalter ernannt, unterstand ihm nun ein 14.000 Quadratkilometer großes Territorium mit 2,6 Millionen Einwohnern.
Bereits im Herbst 1940 hatte er die umgehende Deportation der in seinem Machtbereich lebenden Juden angeordnet und erwies sich auch bei der ebenfalls mit aller Härte umgesetzten Abschiebung regimekritischer Personen aus Lothringen als bereitwilliger Erfüllungsgehilfe Hitlers. Ab 1943 begannen sich die Kompetenzstreitigkeiten mit Heinrich Himmler (1900-1945), dessen Einfluss in den Gauen nach seiner Ernennung zum Innenminister entscheidend zunahm, erheblich zu verschärfen. In der Debatte um das militärische Vorgehen während der Schlacht um Lothringen kam es schließlich Anfang September 1944 zum entscheidenden Zerwürfnis mit Hitler. Auf Veranlassung von Martin Bormann (1900-1945) wurden Bürckel daraufhin am 8.9.1944 weit reichende Kompetenzen entzogen und seinem späteren Nachfolger Willi Stöhr (1903-1994) übertragen.
Wenige Wochen später starb Josef Bürckel am 28.9.1944 in seinem Haus in Neustadt an der Weinstraße. Als offizielle Todesursache wurde ein „Versagen des Kreislaufes" als Folge einer Darmerkrankung und einer Lungenentzündung diagnostiziert. Die Umstände seines plötzlichen Todes boten nach Kriegsende allerdings Raum für Spekulationen. Ein Nachweis für den Verdacht, Bürckel sei von der SS ermordet oder zum Selbstmord gezwungen worden, konnte jedoch nicht erbracht werden.
Literatur
Fenske, Hans, Josef Bürckel (1895-1944), in: Hartmut Harthausen (Hg.), Pfälzer Lebensbilder 6 (2001), S. 321-350.
Gerhard, Paul, Josef Bürckel – Der rote Gauleiter, in: Smelser, Ronald u.a. (Hg.), Die braune Elite, Band 2, Darmstadt 1999, S. 51-65.
Muskalla, Dieter, NS-Politik an der Saar unter Josef Bürckel. Gleichschaltung – Neuordnung – Verwaltung, Saarbrücken 1995.
Wolfanger, Dieter, Populist und Machtpolitiker – Josef Bürckel: Vom Gauleiter der Pfalz zum Chef der Zivilverwaltung in Lothringen, in: Nestler, Gerhard / Ziegler, Hannes (Hg.), Die Pfalz unterm Hakenkreuz. Eine deutsche Provinz während der nationalsozialistischen Terrorherrschaft, Landau 1993, S. 63-86.
Online
Von der Weimarer Republik zum Nationalsozialismus in der Pfalz: Josef Bürckel, (Onlineangebot der Bayerischen Zeitschrift für Politik und Geschichte, Einsichten und Perspektiven). Nestler, Gerhard, Volkssozialistische Selbsthilfe Rheinpfalz, 1933/34 (Onlineangebot des Historischen Lexikon Bayerns).
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Thomann, Björn, Josef Bürckel, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/josef-buerckel-/DE-2086/lido/57c58ab6e36f84.99495985 (abgerufen am 15.10.2024)