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Die Bischofsjahre von Kardinal Frings (1942-1969) reichten von den letzten des Nationalsozialismus bis zu den unruhigen Jahren nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil. Durch die Gründung der katholischen Hilfswerke „Misereor" und „Adveniat" wurde der Name des Kölner Kardinals in aller Welt bekannt.
Josef Frings, geboren am 6.2.1887, entstammte großbürgerlichen Verhältnissen in Neuss. In seiner Vaterstadt erhielt er eine vorzügliche humanistische Schulbildung, die ihn auf dem Zweiten Vatikanischen Konzil befähigte, die lateinische Konzilssprache wie eine lebendige Sprache zu gebrauchen. Nach Studienjahren in Innsbruck, Bonn und Köln wurde Frings 1910 zum Priester geweiht. Als Kaplan in Köln-Zollstock (1910-1913), als Pfarrrektor in Köln-Fühlingen (1915-1922) und als Pfarrer in Köln-Braunsfeld (1924-1937) wurde Frings zum Seelsorger mit Nähe zu den Menschen, der sich vor allem für die sozialen Probleme der Zeit interessierte. 1937 ernannte ihn Kardinal Schulte zum Regens des Kölner Priesterseminars in Bensberg, das in diesen Jahren jeweils 70-90 junge Priester auf den Weg brachte. Bei Kriegsausbruch 1939 wurde das Seminargebäude für Lazarettzwecke beschlagnahmt und 1941 wegen „volks- und staatsfeindlicher Umtriebe" von Leitung und Seminaristen enteignet.
Frings war mit den durch Einberufungen zum Militär weniger werdenden Seminaristen zunächst nach Altenberg, dann nach Bonn und schließlich nach Honnef ausgewichen, wo ihn am 1.5.1942 die Nachricht über die Ernennung zum Erzbischof von Köln erreichte. Ermittlungen der Gestapo führten dazu, dass man ihn 1942 in Berliner NS-Kreisen als fromm und harmlos einschätzte. Um so überraschter war man über erste kritische Äußerungen und Hirtenbriefe des neuen Erzbischofs, der in seiner Aufgabe Mut zu freien, bisweilen gewagten Äußerungen entwickelte.
Frings konnte unter den Verhältnissen der späten Kriegsjahre nur begrenzt tätig werden. Seine erste große Herausforderung kam nach Kriegsende, als er sich der vielfältigen Not der Menschen annahm. Die Herzen der Kölner eroberte er sich durch seine Silvester-Predigt 1946 in Köln-Riehl, als er im Hinblick auf die Plünderung für das Ausland bestimmter Kohlenzüge sagte: „Wir leben in Zeiten, da in der Not auch der einzelne sich das wird nehmen dürfen, was er zur Erhaltung seines Lebens und seiner Gesundheit braucht, wenn er es auf andere Weise, durch seine Arbeit oder durch Bitten, nicht erreichen kann." In den frühen Nachkriegsjahren bis zur Gründung der Bundesrepublik 1949 wurde Kardinal Frings zum Sprecher und Anwalt der deutschen Bevölkerung bei den Besatzungsmächten. 1945 war er in Fulda zum Vorsitzenden der Bischofskonferenz gewählt worden. Seit 1946 besaß er als Kardinal einen international anerkannten Rang, den auch die Besatzungsbehörden zu respektieren hatten.
Durch seine Beziehungen zu dem ehemaligen Kölner Oberbürgermeister Konrad Adenauer konnte Frings ab 1948 auf die Gestaltung des Grundgesetzes und auf die 1950 beschlossene Verfassung des Landes NRW Einfluss nehmen. Beim Wiederaufbau und Neubau von Kirchen in Köln und im Erzbistum ließ er den führenden Architekten der Zeit (zum Beispiel Dominikus Böhm und Rudolf Schwarz) freie Hand.
Zusammen mit Prälat Wilhelm Böhler setzte er – gegen den Widerstand einiger Mitbischöfe – in den Jahren bis 1952 in Westdeutschland eine Struktur der Laienmitarbeit in der Kirche durch: die Katholikenausschüsse auf Stadt- und Diözesanebene, das „Zentralkomitee der Deutschen Katholiken" auf Bundesebene („Kölner Modell"). Am Ende der Wiederaufbauphase nach dem Krieg stand die von Kardinal Frings betriebene Gründung des Bistums Essen aus den Ruhrgebietsanteilen der Diözesen Köln, Münster und Paderborn (1.1.1958).
Zur gleichen Zeit verspürten die deutschen Katholiken in diesen Jahren des „Wirtschaftswunders" die Verpflichtung, sich der materiellen Not in der „Dritten Welt", aber auch der Menschen und der Kirche in Lateinamerika anzunehmen. Als weltweit erstes Hilfswerk gegen Hunger und Krankheit in der Welt wurde 1958 das „Bischöfliche Werk Misereor" gegründet, dem 1961 nach Anregung aus Rom die Aktion „Adveniat" zur Unterstützung von Kirche und Caritas in Lateinamerika folgte. Die Konzeption für beide Werke erarbeitete Frings’ Generalvikar Joseph Teusch , während Frings mit beachtlicher Überredungskunst die deutschen Bischöfe überzeugte und zur Gründung der Werke bewegte.
Hatten ihm schon diese Hilfswerke weltweites Ansehen verschafft, so erreichte der schon fast erblindete 75-jährige Kardinal auf dem Zweiten Vatikanischen Konzil den Höhepunkt seiner weltkirchlichen Ausstrahlung. Schon vor dem Konzil hatte er sich von dem Bonner Kirchenhistoriker Hubert Jedin und Generalvikar Joseph Teusch beraten lassen. Während des Konzils war der damals 35 Jahre junge Bonner Fundamentaltheologe Joseph Ratzinger – der seit 2005 amtierende Papst – sein theologischer Berater, der Frings nicht nur für seine zum Teil berühmten Interventionen in der Konzilsaula zuarbeitete, sondern bald auch als amtlich bestellter „Peritus" (Sachverständiger) die wichtigsten Texte des Konzils mitgestaltete.
Fast erblindet und durch die Strapazen der Konzilsjahre in hohem Alter geschwächt, legte Frings am Ende des Konzils 1965 noch in Rom den Vorsitz der Bischofskonferenz nieder. Die Umbrüche der ersten Jahre nach dem Konzil in der Kirche (zum Beispiel revolutionäre Umbrüche in der Liturgie, Amtsniederlegungen von Priestern, Forderungen nach Demokratisierung der Kirche usw.) haben Kardinal Frings erschrocken und mit dazu beigetragen, dass er auch von seinem Amt als Erzbischof von Köln zurücktrat. Sein Nachfolger, der Bischof von Münster, Joseph Höffner, trat zunächst als „Koadjutor mit dem Recht der Nachfolge" an die Seite des greisen Kardinals Frings. Doch schon wenige Wochen später nahm im Februar 1969 Papst Paul VI. (Pontifikat 1963-1978) das erneute Rücktrittsgesuch von Kardinal Frings an. Frings sollte noch fast ein Jahrzehnt erleben, ehe er am 17.12.1978 verstarb.
In Köln ist er wegen seiner Volksverbundenheit (bei durchaus zur rechten Zeit gegebenem Würdebewusstsein) unvergessen. Bei seiner Ernennung zum Ehrenbürger der Stadt Köln bezeichnete ihn Oberbürgermeister Theo Burauen als „wahren Volksbischof", wofür sich Frings ausdrücklich bedankte.
Quellen
Frings, Josef Kardinal, Für die Menschen bestellt. Erinnerungen des Alterzbischofs von Köln, Köln 1973.
Literatur
Daxecker, Franz, Artikel "Frings, Joseph", in: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (Artikel nur im Internet einsehbar).
Trippen, Norbert, Josef Kardinal Frings (1887-1978), Band 1: Sein Wirken für das Erzbistum Köln und die Kirche in Deutschland, Paderborn u.a. 2003; Band 2: Sein Wirken für die Weltkirche und seine letzten Bischofsjahre, Paderborn u.a. 2005.
Online
Kurzinformationen über Josef Frings inklusive Audio-Dokumenten:
1. Josef Frings (1942-1969): Verantwortung zwischen Krieg und Konzil. [Online]
2. Josef Frings: Gedanken zum Neuanfang in Deutschland 1945. [Online]
(Christen am Rhein. Zeuginsse kölnischer Kirchengeschichte aus zwei Jahrtausenden. Website des Erzbistums Köln).
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Trippen, Norbert, Josef Frings, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/josef-frings/DE-2086/lido/57c6c0a54c03f3.90784759 (abgerufen am 12.10.2024)