Zu den Kapiteln
Karl Heinrich Marx wurde am 5.5.1818 in Trier als Sohn eines Rechtsanwalts geboren, der einer traditionsreichen jüdischen Rabbinerfamilie entstammte. Den größten Teil seines Lebens verbrachte Marx als Staatenloser im Exil. Nachdem er 1845 auf seine preußische Staatsbürgerschaft verzichtet hatte, um politischen Repressionen zu entgehen, blieben seine späteren Bemühungen vergeblich, eine Wiedereinbürgerung in Preußen (1861) zu erreichen oder die britische Staatsbürgerschaft (1874) zu erhalten. In der Revolution von 1848 stellte die französische Regierung ihm einen auf ein Jahr befristeten Reisepass aus.
1835 begann er in Bonn Rechtswissenschaften zu studieren und schloss sich dem „Poeten-Bund" sowie der Bonner Tischgesellschaft der „Treveraner" (ab 1838 Corps Palatia) an. Seine studentische Ehre verteidigte er mehrfach in Duellen, was seinen Vater zu der Frage verleitete: „Und ist denn Duelliren so sehr mit der Philosophie verwebt?" (Mai – Juni 1836). 1836 setzte er in Berlin seine Studien fort, nun vor allem in Philosophie und Geschichte, und wurde 1841 an der Universität Jena mit einer Dissertation „Über die Differenz der demokritischen und epikureischen Naturphilosophie" promoviert. In Berlin schloss sich Marx dem Kreis der politisch und zeitkritisch engagierten Jung- oder Linkshegelianer an.
Da Marx aus politischen Gründen eine Universitätskarriere in Bonn verschlossen blieb, arbeitete er 1842 an der in Köln erscheinenden liberalen „Rheinischen Zeitung für Politik, Handel und Gewerbe" zunächst als freier Journalist und ab Oktober als Chefredakteur mit. Mehr als 15 Jahre später schrieb der Kölner Unternehmer Gustav Mevissen über die Bedeutung der Zeitung: „Die Rheinische Zeitung ist deshalb [...] folgenreich gewesen, weil sie zuerst [...] das Zeitbewußtsein überall [...] zum Hervortreten anregte."
Marx' Artikel, in denen er das „geheime Staatswesen" in Preußen angriff und verlangte, das „mysteriöse priesterliche Wesen des Staates" solle „in das Fleisch und Blut der Staatsbürger" verwandelt werden, erregten Aufsehen. Er verteidigte das von Frankreich übernommene Rheinische Recht sowie die öffentlichen Schwurgerichte und schrieb flammende Rechtfertigungen der Pressefreiheit. Eine „freie Presse" bezeichnete er als „die inkorporierte Kultur". Auch kam er in der Zeitung „zuerst in Verlegenheit über sogenannte materielle Interessen mitsprechen zu müssen". „Die Verhandlungen des Rheinischen Landtags über Holzdiebstahl" und Artikel „über die Zustände" der Moselwinzer, schrieb er 1859, „gaben die ersten Anlässe zu meiner Beschäftigung mit ökonomischen Fragen."
Als die „Rheinische Zeitung" in zahlreichen Artikeln für die Emanzipation der Juden im preußischen Staat Stellung bezog, wollte sich auch Marx mit den in der „Kölnischen Zeitung" erschienenen Aufsätzen „gegen das Judenthum" auseinandersetzen. Er kündigte einen Artikel an, der die Diskussion „in eine andre Bahn bringen" werde. Als im März 1843 die Liberalen in Köln eine Petition an den rheinischen Provinziallandtag planten, in der sich für die Emanzipation der Juden eingesetzt werden sollte, wollte Marx dies unterstützen und erklärte sich gegenüber der jüdischen Gemeinde bereit, einen entsprechenden Text zu entwerfen. Die schließlich zustande gekommene Petition hat er nicht verfasst., sonder der aus Elberfeld stammende Maschinenbauunternehmer und Politiker Heinrich Kamp (1786-1853), Mitbegründer und erster Direktor der Feuerversicherungsgesellschaft Colonia.
Ende 1842 schritt die preußische Regierung gegen die Zeitung ein und verbot diese „Hure am Rhein" (Friedrich Wilhelm IV.). Am Rande des Kölner Dombaufestes von 1842 hatte der österreichische Staatskanzler Metternich (1773-1859) gegenüber dem preußischen König die Presse als „ein lebendiges Werkzeug des Bösen" bezeichnet. Nachdem Ende März 1843 die letzte Ausgabe erschienen war, heiratete Marx in Bad Kreuznach seine Jugendliebe Jenny von Westphalen (1814-1881) und ging ins Ausland, zuerst nach Paris, dann nach Brüssel, wo er Ende 1847 / Anfang 1848 gemeinsam mit Friedrich Engels für den Bund der Kommunisten das „Manifest der Kommunistischen Partei" verfasste. Er wurde Mitbegründer und Vizepräsident der „Association Démocratique", die eine europäische Föderation anstrebte und im Herbst 1848 einen „Congreß der Demokraten aller europäischen Nationen" abhalten wollte.
In der Revolution von 1848/1849 gab Marx von Juni 1848 bis Mai 1849 in Köln die „Neue Rheinische Zeitung" heraus, die er zum bedeutendsten Sprachrohr der demokratischen Bewegung machte. Hatte Marx die französische Februarrevolution von 1848 zunächst „nur als einen oberflächlichen Anfang der europäischen Bewegung" betrachtet, so musste er sich, als er am 11. April nach Köln kam, rasch davon überzeugen, dass seine radikalen Vorstellungen an den deutschen Realitäten vorbeigingen. Statt der proletarischen Revolution wurde sein politisches Ziel die Herstellung einer einheitlichen Republik auf der Basis einer breiten, den Mittelstand und die Arbeiterschaft umfassenden Volksbewegung. Im November 1848 trat er als einer der Initiatoren der Steuerverweigerungskampagne im Rheinland hervor.
Nach dem Scheitern der Revolution emigrierte er mit seiner Familie nach London, wo er von 1852 bis 1862 als Europakorrespondent der „New York Tribune" arbeitete und 1867 „Das Kapital", seine berühmte Kritik des modernen Kapitalismus, veröffentlichte.
In seinen politischen und insbesondere in seinen außenpolitischen Überlegungen bezog Marx sich immer wieder auf das Rheinland. 1852 verfolgte er von London aus mit Hilfe der in der „Kölnischen Zeitung" veröffentlichten Protokolle den Kölner Kommunistenprozess und beschaffte Entlastungsmaterial für die Angeklagten. In dem mehrere Wochen dauernden Geschworenenprozess waren Mitglieder des Bundes der Kommunisten des Hochverrats angeklagt worden. Schließlich widmete er dem Prozess die Schrift „Enthüllungen über den Kommunistenprozeß zu Köln". In den fünfziger und sechziger Jahren befürchtete er mehrfach, dass Preußen, gedrängt von Russland, das westliche Rheinland aufgeben werde. Er ging davon aus, dass die preußischen Könige die „Abtretung der Rheinprovinz an Frankreich" nicht als „Verminderung" ihrer „Hausmacht" betrachten würden.
1864 war er Mitbegründer der Internationalen Arbeiterassoziation, der so genannten ersten Internationale, deren Generalrat er bis 1872 als korrespondierender Sekretär für Deutschland angehörte. Auf den Kongressen der Internationale, 1866 in Genf, 1867 in Lausanne, 1868 in Brüssel, 1869 in Basel und 1872 in Den Haag, wurden die Grundforderungen diskutiert und in Beschlüsse gefasst, die über Jahrzehnte hinweg die Programmatik sozialistischer und kommunistischer Bewegungen in Europa bestimmten. Für die Internationale schrieb Marx das Gründungsprogramm, die so genannte Inauguraladresse, ein mit dem Kommunistischen Manifest vergleichbares Dokument. Im Deutsch-Französischen Krieg von 1870/1871 wandte sich Marx vehement gegen die Annexion von Elsass und Lothringen durch Deutschland.
Marx’ Leben war reich an persönlichen Tragödien. Vier seiner sieben Kinder starben schon bald nach ihrer Geburt. Frederick, den wahrscheinlich mit seiner fast lebenslangen Haushälterin Helene Demuth 1851 gezeugten Sohn, hat Marx nie anerkannt. Seine Frau Jenny, die seit 1860 von den Folgen einer Pockenerkrankung gezeichnet war, starb im Dezember 1881 an Leberkrebs, seine älteste Tochter Jenny im Januar 1883 im Alter von 38 Jahren, wahrscheinlich an Blasenkrebs. Seine beiden jüngeren Töchter gingen 1898 und 1911 in den Freitod, Eleanor mit 42 Jahren und Laura, gemeinsam mit ihrem Mann, mit 66 Jahren. Marx selbst starb am 14.3.1883 in seinem langjährigen Londoner Exil. Beigesetzt wurde er dort auf dem im Norden Londons gelegenen Highgate-Friedhof, auf dem neben Marx eine Reihe weiterer Exilanten ihre letzte Ruhestätte fanden.
Das barocke Wohnhaus, in dem Marx 1818 in Trier geboren wurde, ist heute ein Museum, in dem die Friedrich-Ebert-Stiftung eine Daueraustellung zu Leben und Werk von Karl Marx zeigt.
Werke
Karl Marx, Friedrich Engels: Gesamtausgabe (MEGA2), Berlin 1975 ff.
Karl Marx, Friedrich Engels: Werke [MEW], Berlin 1956-1968.
Karl Marx, Frederick Engels: Collected Works [MECW], New York / London 1975-2004.
Literatur
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Blumenberg, Werner, Karl Marx in Selbstzeugnissen und Bilddokumenten, Reinbek bei Hamburg 1962, 29. Auflage, Hamburg 2004.
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Online
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Herres, Jürgen, Karl Marx, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/karl-marx/DE-2086/lido/57c948ac14dc61.79983187 (abgerufen am 09.10.2024)