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Karl Allmenröder war ein deutscher Kampfflieger im Ersten Weltkrieg und Träger mehrerer militärischer Auszeichnungen. Nach seinem Tod 1917 wurde er als „bergischer Kampfflieger“ und nationaler Held gefeiert, was die Nationalsozialisten für propagandistische Zwecke ausnutzten.
Karl Allmenröder wurde am 3.5.1896 in Wald (heute Stadt Solingen) als Sohn des Pastors Wilhelm Heinrich Emil Allmenröder (1863-1949) und Louise Pauline geborene Schmidt (1868-Sterbedatum unbekannt). geboren. Seine Kindheit verbrachte er zusammen mit seinen zwei älteren Geschwistern Luise (1891-1985) und Willi (1894-1969) in seinem Geburtshaus in der Sternstraße (heute Corinthstraße). Die Brüder besuchten zunächst die evangelische Volksschule Wittkulle in Wald (heute Stadt Solingen) und wechselten nach dem Erwerb des Volksschulabschlusses auf das Ohligs-Walder-Realgymnasium. Dort legte Karl im Frühjahr 1914 im Alter von 18 Jahren die Reifeprüfung ab. Willi hatte bereits zwei Jahre zuvor das Abitur bestanden und sich als Fahnenjunker zur Armee gemeldet. Karl wollte es ihm gleichtun, jedoch war der Bedarf an Offiziersanwärtern zu dieser Zeit ausreichend gedeckt. Daher begann er im Sommersemester 1914 ein Medizinstudium an der Hessischen Philipps-Universität in Marburg an der Lahn und trat in das dortige Studenten-Corps „Teutonia“ ein. Dort schaffte er es lediglich den Status eines krassen Fuchs zu erreichen, das heißt. eines akzeptierten Mitglieds auf Probe, da bereits im August 1914 der Erste Weltkrieg ausbrach. Wie viele andere junge Männer wurde Karl von der Kriegseuphorie erfasst und meldete sich erneut freiwillig als Fahnenjunker, für die nun wieder Bedarf bestand. Seine Ausbildung erhielt er bei der Einsatzabteilung des Feldartillerieregiments Nr. 62 der preußischen Armee in Oldenburg. Bereits Ende des Monats erlebte er mit dem Reserve-Feldartillerieregiment Nr. 20, in dem auch sein Bruder diente, die ersten kriegerischen Handlungen in Frankreich. Dieses Regiment war nördlich von Reims, zwischen Loivre und Courcy, stationiert und kämpfte sich von da aus in den letzten August- und ersten Septembertagen bis über den Aisne-Marne-Kanal vor. Allmenröder gehörte der zweiten Abteilung des Regiments an und nahm damit an Marneschlacht gegen die französisch-englische Gegenoffensive, die am 5. September begann, teil. Bis zum 12. September musste sich das Regiment bis Reims wieder zurückziehen, bis sich im Oktober endgültig ein Stellungskrieg aus dem vergeblichen deutschen Vorstoß entwickelte.
Ab November 1914 bediente Karl, der sich jetzt mit seiner Abteilung westlich von Courcy befand, ein dort aufgestelltes Schleusengeschütz, das unter starkem anhaltendem Beschuss stand. Für die erfolgreiche Führung dieses Geschützes und besondere Tapferkeit erhielt Karl das Eiserne Kreuz II. Klasse und das Oldenburgische Friedrich-August-Kreuz. Wegen seiner Verdienste wurde Allmenröder im März 1915 zum Leutnant befördert.
Ab April gehörte Karl der ersten Abteilung des Feldartillerieregiments Nr. 62 an, das noch im selben Monat von der West- an die Ostfront verlegt wurde. So nahm Karl an der am 2.5.1915 beginnenden Schlacht von Gorlice-Tarnów teil, die zu einem deutsch-österreichischen Durchbruch durch die russischen Linien führte und den Russen eine schwere Niederlage beibrachte. Im Zuge des Durchbruchs konnten die deutschen und österreichischen Truppen weite Teile Galiziens und Polens erobern. Allmenröder, der zu dieser Zeit in Gielczew im heutigen Ostpolen durch eine von ihm geleitete Artilleriepatrouille einen russischen Angriff verhindern konnte, bekam dafür im August 1917 das Oldenburgische Friedrich-August-Kreuz I. Klasse verliehen.
Während Karls Aufenthalt an der Ostfront erlangten die Jagdflieger Max Immelmann (1890-1916) und Oswald Boelcke (1891-1916) aufgrund ihrer großen Erfolge im Luftkrieg im Heer wie in der deutschen Öffentlichkeit einen hohen Bekanntheitsgrad. Davon fasziniert und des Grabenkrieges überdrüssig, bewarben sich sowohl Willi als auch Karl Allmenröder für eine Ausbildung zum Flugzeugführer, die sie am 29.3.1916 in der Fliegerschule Halberstadt begannen. Nach der erfolgreich beendeten Ausbildung kam Karl im August für kurze Zeit in den Armeeflugparks sechs und eins zum Einsatz, bis er als Feldflieger der Feldfliegerabteilung 227 zurück an die Westfront beordert wurde.
Die Versetzung Karls im Oktober 1916 zur neuaufgestellten Jagdstaffel 11, die in Douai stationiert war, markiert den Beginn seiner Karriere und des Mythos um den „Bergischen Kampfflieger“. Karl war mit 19 Jahren der jüngste Feldflieger, der in dieser Staffel diente. Sein fliegerisches Können verbesserte sich von da an rapide, was vor allem an seinem neuen Kommandeur Manfred von Richthofen (1892-1918) lag, der im Januar 1917 die Leitung der Staffel übernommen hatte. Richthofen war ein Schüler von Boelcke und verzeichnete bis zu seinem Antritt in der Jagdstaffel 16 Luftsiege, wofür ihm am 16.1.1917 Kaiser Wilhelm II. (Regentschaft 1888-1918) den Pour-le-mérite-Orden verlieh. Richthofen wurde Allmenröders Mentor, und bereits nach kurzer Zeit entwickelte sich eine enge Freundschaft zwischen den beiden Männern. Richthofen nannte ihn „Karlchen“, Allmenröders Spitzname, der eigentlich nur von seiner Familie benutzt wurde, sich dann aber im Laufe der Zeit auch in der Fliegertruppe durchgesetzt hatte. Durch die kontinuierliche Verbesserung konnte Allmenröder am 16.2.1917 seinen ersten Luftsieg über einen englischen Doppeldecker bei Roeux-Monchy melden. Am 24. März erhielt er schließlich das Eiserne Kreuz I. Klasse.
Manfred von Richthofen wurde währenddessen beim englischen und französischen Gegner schnell als „le petit rouge“ oder „red baron“ bekannt, da er auf jegliche Tarnfarbe verzichtete und sein Flugzeug rot anstreichen ließ. Der spätere Mythos um den „Roten Baron“ nahm hier seinen Anfang. Die Flieger der Jagdstaffel 11 übernahmen diese ungewöhnliche Methode und strichen ihre Flugzeuge, die alle vom Typ Albatros oder Fokker waren, in bunten Farben an, wodurch sich die Jagdstaffel nicht nur in den eigenen Reihen einen Namen machte, sondern auch beim Feind, der sie als „flying circus“ („fliegender Zirkus“) betitelte.
Doch nicht nur für ihre bunten Flugzeuge waren die Flieger der Jagdstaffel bekannt, sondern auch für ihre kämpferischen Leistungen: Zwischen März und Mai 1917 hatten die Deutschen die Lufthoheit erlangt. Allein im April, der bei den Engländern als „Bloody April“ („Blutiger April“) bekannt ist, erzielte Richthofen 20 und Allmenröder neun Abschüsse. Für die deutsche Heeresleitung bot sich die Richthofen-Staffel deswegen regelrecht für propagandistische Zwecke an. Insbesondere als sich die anfänglichen Siege am Boden im weiteren Kriegsverlauf zu Stellungskriegen oder Niederlagen entwickelten, waren die „roten Kampfflieger“ eine willkommene Ablenkung.
Anfang April 1917 war Karl noch über Ostern bei seiner Familie auf Heimaturlaub in Wald, als er von einem englischen Angriff auf das Lager seiner Staffel in Douai erfuhr. Daraufhin brach er seinen Urlaub ab, kehrte früher an die Front zurück und traf dort auf seinen Bruder Willi, der nun auch Teil der Jagdstaffel 11 war. Er besaß bis dahin nur wenig Flugkampferfahrung und bekam von Karl weiteren Flugunterricht. Trotz der zusätzlichen Übung wurde Willi verwundet: Am 24. Mai geriet er bei Fouquiérs unter Beschuss eines englischen Kampffliegers, wobei ihm starke Verletzungen an den Knien zugefügt wurden. Er überlebte zwar den Luftkampf, musste jedoch wegen der Schwere der Verletzung das Fliegen völlig aufgeben. Karl errang hingegen am 26. Mai seinen 20. Luftsieg, weshalb er am selben Tag zum ersten Mal im amtlichen Heeresbericht lobend erwähnt wurde.
Als Richthofen am 1.5.1917 seinen Heimaturlaub antrat, übernahm sein Bruder Lothar, der ebenfalls in der Jagdstaffel 11 diente, die Leitung der Jagdstaffel. Dieser wurde jedoch knapp zwei Wochen später verwundet, weshalb Karl das Kommando der Staffel übertragen bekam. Von Mitte Mai bis zur Rückkehr Manfred von Richthofens Mitte Juni war er der befehlshabende Offizier der Staffel und erzielte weitere Luftsiege. Nachdem er bereits am 6. Juni den Königlichen Hausorden von Hohenzollern mit Schwertern verliehen bekam, schlug ihn der General der Luftstreitkräfte, Generalleutnant von Höppner, für den höchsten militärischen Orden Preußens, den Pour-le-mérite, vor. Am 14.6.1917 bekam Karl Allmenröder als jüngster deutscher Fliegeroffizier den Orden überreicht.
Bis zum 26. Juni erzielte Karl seinen 30. Luftsieg, der gleichzeitig sein letzter sein sollte, denn einen Tag später starb der 21-Jährige im Luftkampf: Der kanadische Kampfflieger Raymond Collishaw schoss am 27. Juni um 9.45 Uhr morgens Karl Allmenröder über dem belgischen Zillebeke ab. In einem Brief von Richthofens an Karls Vater beschreibt er den Abschuss folgendermaßen: Das englische Flugzeug habe aus einer Entfernung von 800 Metern auf Allmenröder geschossen, obwohl eine Entfernung von höchstens 100 Metern üblich war. Nachdem er Karl getroffen hatte, erkannten die Kameraden, die mit ihm an diesem Tag geflogen waren, dass er noch eine Linkskurve in Richtung der deutschen Linien machte und den Benzinhahn des Flugzeugs zudrehte, was zu einem Gleitflug führte. Danach muss Allmenröder jedoch das Bewusstsein verloren haben oder bereits tot gewesen sein, da die Maschine ungehindert noch auf feindlichem Gebiet zu Boden ging. Erst in der Nacht konnte die Leiche Karl Allmenröders von einer Gruppe bayerischen Infanteristen unter der Leitung von Unteroffizier Reinhold Boxberger geborgen werden.
In Courtrai/Kortrijk, wohin die Staffel einen Tag nach Karls Tod verlegt wurde, fand die feierliche Aufbahrung in der St. Joseph-Kirche statt. Am 1. Juli wurde er in seine Heimatstadt Wald überführt, wo vier Tage später die Trauerfeier für ihn stattfand. Die Walder Zeitung berichtete am 6.7.1917 über den Ablauf: Der Trauerzug bestand aus der Ehrenkompanie des 53. Regiments, zahlreichen Kriegs- und vaterländischen Vereinen und Schulklassen sowie Lehrerschaft des Walder Realgymnasiums. Außerdem versammelten sich tausende Menschen vor der evangelischen Kirche in Wald, wo die Trauerfeier stattfand. Nachdem Pfarrer Rudolf Schöpwinkel (1867-1959) die Trauerrede in der Kirche gehalten hatte, begab sich der Trauerzug auf den Weg zum evangelischen Friedhof Wiedenkamp in Wald und wurde dem Bericht zufolge von sechs Flugzeugen begleitet. Dort hielten wiederum Pfarrer Reinhard Rosenkranz (1868-1941), der Walder Bürgermeister Gottlieb Heinrich (1856-1927), der Gymnasialdirektor Professor Dr. Friedrich Weyel (1868-1945) und ein Vertreter der Marburger „Teutonia“ eine Rede auf den verstorbenen Kampfflieger. Schließlich wurden die Gewehre gefeuert und Karl Allmenröder beigesetzt.
Das Gedenken an Karl Allmenröder blieb in den darauffolgenden Jahrzehnten lebendig. An seiner Absturzstelle wurde ein Ehrendenkmal errichtet. Auch in seiner Heimatstadt wurde seit 1927 im Ittertaler Heimatmuseum an ihn erinnert. Das Museum wurde jedoch 1944 durch einen Bombenangriff zerstört und nicht wieder aufgebaut. Zum anderen fand das Gedenken an Allmenröder seit 1934 im privaten Walder Fliegermuseum im sogenannten „Deutschen Haus“ einen Platz.
Am 18.9.1933 wurde im Zuge der nationalsozialistischen Straßenumbenennungen in Solingen die Sternstraße, auf der sich Karls Geburtshaus befand, in „Carl-Allmenröder-Straße“ umbenannt. Außerdem wurde an seinem Geburtshaus 1938 feierlich eine goldene Gedenktafel in Anwesenheit seiner Schwester sowie Vertretern der Wehrmacht, der SA und des Ortsgruppenleiters der NSDAP Artur Schüttelhöfer (*1884, Todesdatum unbekannt). Allmenröders Marburger Studenten-Corps gründete 1938 eine Kameradschaft zu seinen Ehren mit seinem Namen.
Es lassen sich zusätzlich zahlreiche Artikel, insbesondere an seinem Todestag, in den regionalen Zeitungen finden, wie zum Beispiel im Solinger Tageblatt, in der Rheinischen Landeszeitung und im Rheinischen Generalanzeiger. Bereits die Artikel, die vor 1933 veröffentlicht wurden, verklärten Allmenröder zum nationalen Helden. Nach 1933 benutzten dann die Nationalsozialisten Allmenröder als Idol für die nationalsozialistische Jugend, die sich für das Vaterland und Adolf Hitler im Krieg opfern sollte. Zu diesem Zweck forcierten sie das Gedenken an Allmenröder. Wegen dieser Verbindung wurde 1947 die nach Allmenröder benannte Straße in „Corinthstraße“ umbenannt. Nach Renovierungsarbeiten am Geburtshaus Allmenröders im Jahr 1970 wurde auch die Gedenktafel nicht wieder angebracht; sie befindet sich heute im Stadtarchiv Solingen.
Literatur
Castan, Joachim, Der Rote Baron. Die ganze Geschichte des Manfred von Richthofen, Stuttgart 2007.
Hildebrand, Karl Friedrich/Zweng, Christian, Die Ritter des Ordens „Pour le mérite“ des Ersten Weltkriegs, Band 1, [o.O.] 1999.
Schnitzler, Erich, Carl Allmenröder. Der Bergische Kampfflieger. Ein Lebensbild, Wald [o.J.]
Zeitungsartikel
Rheinische Landeszeitung: „Unvergeßlicher Allmenröder. Erinnerungsblatt an den Walder Jagdflieger. Vor 20 Jahren starb er für Deutschland“ vom 27.6.1937. - „Gelebtes Heldentum“ vom 20.6.1938. - „Wald ehrte Fliegerleutnant Carl Allmenröder“ vom 27.6.1938.
Solinger Tageblatt: „Karl Allmenröder fiel vor 25 Jahren. Eine Erinnerung an das Kämpferleben und heldische Sterben des Walder Pfarrersohnes“ vom 27.6.1942.
Walder Zeitung: „Karl Allmenröders letzte Fahrt.“ vom 6.7.1917.
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Saam, Alena, Karl Allmenröder, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/karl-allmenroeder/DE-2086/lido/5b6aa66e1d39f9.50794200 (abgerufen am 12.10.2024)