Kunibert

Bischof von Köln (um 623– um 663)

Wolfgang Rosen (Köln)

Der heilige Kunibert, Abbildung auf dem Kunibert-Fenster des Kölner Doms, 1330/1340. (Dombauarchiv Köln)

Der hei­li­ge Ku­ni­bert war im 7. Jahr­hun­dert Bi­schof von Köln und zu­gleich ei­ner der wich­tigs­ten Be­ra­ter und Er­zie­her der Kö­ni­ge des öst­li­chen Me­ro­win­ger­reichs so­wie der frü­hen Pip­pi­ni­den. Er ver­moch­te die Köl­ner Diö­ze­se fest in den frän­ki­schen Staats­ver­band ein­zu­be­zie­hen und stand gleich­sam am An­fang ei­ner lan­gen Rei­he von Köl­ner Bi­schö­fen, die im Mit­tel­al­ter als Be­ra­ter und Er­zie­her von Kö­ni­gen tä­tig wa­ren. Sein Fest­tag ist der 12. No­vem­ber.

Ku­ni­bert wur­de wohl um 590 ge­bo­ren und starb um oder nach der Mit­te des 7. Jahr­hun­derts, even­tu­ell im Jah­re 663. Der Ge­burts­ort ist nicht be­kannt; ge­nannt wur­den das lu­xem­bur­gi­sche Re­mich (ver­bun­den mit ei­ner Ver­eh­rung von Ku­ni­berts­re­li­qui­en am Ort) so­wie ei­ne Rei­he von Or­ten, ins­be­son­de­re im Mo­sel­raum. Wahr­schein­lich stammt er aus ei­ner me­ro­win­gi­schen Adels­fa­mi­lie aus dem Raum Trier-Metz; der Va­ter hieß ver­mut­lich Cral­lo, die Mut­ter Re­gi­na. Er­zo­gen wur­de Ku­ni­bert am au­st­ra­si­schen Kö­nigs­hof Theu­de­berts II. (Re­gie­rungs­zeit 596–612) in Metz und er­hielt dort auch sei­ne li­te­ra­ri­sche Un­ter­wei­sung so­wie ei­ne Mi­li­tär­aus­bil­dung, eben­so wie der nach­ma­li­ge Bi­schof Ar­nulf von Metz (582-641). Am Kö­nigs­sitz Metz kam Ku­ni­bert in Kon­takt mit ei­ner gan­zen Rei­he von Aris­to­kra­ten des Ge­samt­rei­ches. Der Met­zer Kö­nigs­hof gilt als „Vor­ort po­li­ti­scher In­te­gra­ti­on des Adels un­ter dem Si­gnum co­lum­ba­nisch-iro­frän­ki­scher Re­form" (He­ri­bert Mül­ler, 1991); be­reits Ku­ni­berts Vor­fah­ren ge­hö­ren zu den „Adels­fa­mi­li­en im Um­kreis der frü­hen Ka­ro­lin­ger" (Mül­ler, 1991).

Ku­ni­bert fun­gier­te wohl auch als Ar­ch­idia­kon in Trier, be­vor er von Kö­nig Da­go­bert I. (Re­gie­rungs­zeit 623–638/639) zum Köl­ner Bi­schof be­stellt wur­de. An ei­nem 25. Sep­tem­ber soll er die Bi­schofs­wei­he emp­fan­gen ha­ben, wahr­schein­lich im Jah­re 623. Die cir­ca 40-jäh­ri­ge Amts­zeit könn­te so­mit in ei­nem Zeit­raum zwi­schen 623 be­zie­hungs­wei­se 626 und 663 ge­le­gen ha­ben.

En­ge Be­zie­hun­gen pfleg­te Ku­ni­bert zum me­ro­win­gi­schen Kö­nigs­haus. Der Un­ter­kö­nig von Au­st­ra­si­en, Da­go­bert I., mach­te den Bi­schof von Köln kurz nach sei­ner Teil­nah­me an der Syn­ode von Cli­chy (626/627) zu sei­nem Be­ra­ter und um 634 zu­sam­men mit dem „dux" Ad­alg­i­sel Gri­mo (ge­stor­ben nach 634, Tes­ta­ment vom 30.12.634) zum Re­gen­ten, Be­ra­ter und Er­zie­her für sei­nen noch min­der­jäh­ri­gen Sohn Si­gi­bert III. (Er­he­bung zum Kö­nig 633, Re­gie­rungs­zeit 639–656) für den au­st­ra­si­schen Reichs­teil. Auf der Syn­ode von Cli­chy un­ter­zeich­ne­te Ku­ni­bert das Pro­to­koll. Er fun­gier­te hier schon als ge­wich­ti­ger Ver­tre­ter sei­ner Kir­che auf ei­ner von Bi­schö­fen des neustri­schen Wes­tens do­mi­nier­ten Ver­samm­lung. Dies und ins­be­son­de­re die Be­ru­fung zum Be­ra­ter und Er­zie­her zeigt die ho­he An­er­ken­nung Ku­ni­berts wie auch die noch über ein Jahr­hun­dert nach Auf­lö­sung des selbst­stän­di­gen frän­ki­schen Klein­kö­nig­reichs von Köln vor­han­de­ne po­li­ti­sche Be­deu­tung von Stadt und Bi­schofs­sitz. Ku­ni­bert be­tei­lig­te sich auch ma­ß­geb­lich an der Be­ra­tung der äl­te­ren Pip­pi­ni­den und war ein Ver­trau­ter des frän­ki­schen Haus­mei­ers Pip­pins des Äl­te­ren (580-640).

Ku­ni­bert en­ga­gier­te sich wohl auch ma­ß­geb­lich an ei­ner um 633/634 er­folg­ten Re­dak­ti­on der „Lex Ri­bua­ria", ein me­ro­win­gi­sches Ge­setz­buch auf der Grund­la­ge der „Lex Sa­li­ca". Wahr­schein­lich in­ten­dier­te er schon hier ei­ne stär­ke­re An­bin­dung der Köl­ner Diö­ze­se an den Reichs­ver­band. Zu­min­dest ver­moch­te man die Köl­ner Fran­ken end­gül­tig in das Me­ro­win­ger­reich ein­zu­be­zie­hen. Kö­nig Si­gi­bert III. be­güns­tig­te un­ter Be­zug­nah­me auf Ku­ni­bert die Pe­trus­kir­che in Köln um oder kurz nach 640 durch Schen­kung ei­nes Land­gu­tes mit sei­nen Ein­künf­ten aus dem süd­fran­zö­si­schen Ro­dez. Nach dem Tod Da­go­berts 639 un­ter­stütz­te Ku­ni­bert Haus­mei­er Gri­mo­ald den Äl­te­ren (um 616-657 oder 662). Be­son­ders en­ga­gier­te sich Ku­ni­bert in den west­lich von Köln ge­le­ge­nen Re­gio­nen, wo er sich an Bi­schofs­wei­hen (Theo­dar­dus, ge­stor­ben 670) und Lam­ber­tus (um 635-um 705) von Maas­tricht) eben­so wie an Klos­ter­grün­dun­gen (Cu­g­non 646/647, Sta­blo-Mal­médy um 646/650) be­tei­lig­te. In den mit­tel­al­ter­li­chen Köl­ner Bi­schofs­lis­ten wird Ku­ni­bert als sieb­ter Amts­trä­ger ge­nannt. Wie bei sei­nen Vor­gän­gern ist auch zu Ku­ni­bert die Über­lie­fe­rung, trotz sei­ner in den we­ni­gen In­for­ma­tio­nen auf­schei­nen­den ho­hen per­sön­li­chen Be­deu­tung, recht spär­lich.

Zu Ku­ni­berts be­son­de­ren Ver­diens­ten ge­hört, dass er den „Au­ßen- und Vor­pos­ten Köln fest in den von Chlotar II. und Da­go­bert I. kon­so­li­dier­ten frän­ki­schen Staats­ver­band ein­be­zo­gen" hat (Mül­ler, 1991). Zu­dem ver­moch­te er mis­sio­na­risch aus­grei­fend in Fries­land und im West­fä­li­schen tä­tig zu wer­den. Ku­ni­bert ver­kör­pert den „neu­en Hei­li­gen­ty­pus des 7. Jahr­hun­derts, näm­lich den am Hof er­zo­ge­nen und die­nen­den Ade­li­gen, der dann als Bi­schof in en­gem Kon­takt mit den welt­li­chen Ge­schäf­ten blieb" (Mül­ler, 1991); so­mit er­scheint er „als Vor­läu­fer" der „ho­hen ka­ro­lin­gi­schen Hof­geist­lich­keit" (Mül­ler, 1987). Er stand gleich­sam am An­fang ei­ner lan­gen Rei­he an Köl­ner Bi­schö­fen, die als Be­ra­ter und Er­zie­her von Kö­ni­gen tä­tig wa­ren.

Der Le­gen­de nach soll Ku­ni­bert das Grab der hei­li­gen Ur­su­la in Köln ent­deckt ha­ben. Die von Ku­ni­bert er­rich­te­te oder er­wei­ter­te Cle­mens­kir­che war ver­mut­lich sei­ne Grab­kir­che; die­se wird heu­te mit der spä­te­ren Stifts­kir­che St. Ku­ni­bert iden­ti­fi­ziert. Ku­ni­bert ist da­mit auf je­den Fall der ers­te früh­christ­li­che Köl­ner Bi­schof, des­sen Grab­le­ge in Köln be­schrie­ben ist. Spä­tes­tens für das 9. Jahr­hun­dert ist der Be­ginn der Hei­li­gen­ver­eh­rung für Ku­ni­bert ge­si­chert, die al­ler­dings auf die Köl­ner und Trie­rer Diö­ze­se be­schränkt blieb.

Ei­ne Neu­er­he­bung der Ku­ni­berts­re­li­qui­en er­folg­te 1168. Der ur­sprüng­li­che, ver­lo­re­ne Ku­ni­berts­schrein aus dem 12. Jahr­hun­dert war im 17. Jahr­hun­dert um­ge­ar­bei­tet wor­den. Ge­gen­wär­tig wer­den die in ei­nen sa­sa­ni­di­schen Sei­den­stoff aus ka­ro­lin­gi­scher Zeit ge­hüll­ten Ge­bei­ne Ku­ni­berts in ei­nem Schrein aus dem Jah­re 1869 be­wahrt.

Ei­ne Sta­tue Ku­ni­berts (Bild­haue­rin: Ma­j­ka Wich­ner) ist seit 1990 Teil des Fi­gu­ren­pro­gramms des Köl­ner Ratstur­mes.

Quellen

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Literatur

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Gier­lich, Ernst, Die Grab­stät­ten der rhei­ni­schen Bi­schö­fe vor 1200. Mainz 1990, S. 255, 262-263.
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Online

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Brink­mann, Ul­ri­ke, Ku­ni­bert­fens­ter, um 1330/40 (In­for­ma­ti­on auf der Web­site des Köl­ner Doms). [On­line]
Ku­ni­berts­wun­der (In­for­ma­ti­on über die Auf­fin­dung des Gra­bes der hei­li­gen Ur­su­la durch Ku­ni­bert auf der Web­site des För­der­ver­eins Ro­ma­ni­sche Kir­chen Köln e.V.). [On­line]
Mül­ler, He­ri­bert: Ku­ni­bert von Köln (um 590–663?), in: Rhei­ni­sche Le­bens­bil­der 12 (1991), S. 7–23 (Text als PDF-Da­tei auf der Web­site der Uni­ver­si­täts­bi­blio­thek Frank­furt, 1400KB). [On­line]
St. Ku­ni­ber­t (In­for­ma­tio­nen über die Bau­ge­schich­te der St. Ku­ni­bert­kir­che auf der Web­site des För­der­ver­eins Ro­ma­ni­sche Kir­chen Köln e.V.). [On­line]
Tor­sy, Ja­kob, Ar­ti­kel „Ku­ni­bert", in: Neue Deut­sche Bio­gra­phie 13 (1982), S. 296. [On­line]

 
Zitationshinweis

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Rosen, Wolfgang, Kunibert, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/kunibert/DE-2086/lido/57c93be8881ad7.67920526 (abgerufen am 05.11.2024)