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Ludwig Stollwerck war einer der führenden Schokoladefabrikanten des Deutschen Kaiserreiches.
Ludwig Stollwerck wurde als vierter Sohn des Konditoreiunternehmers Franz Stollwerck und dessen Frau Anna Sophia geborene Müller (1819-1888) am 22.1.1857 in Köln geboren. Franz Stollwerck hatte 1839 in Köln eine Bäckerei gegründet, in der Konditorei- und Süßwaren sowie die damals beliebten Stollwerckschen Brustbonbons hergestellt wurden. Seit 1847 preußischer Hoflieferant, betrieb er zusätzlich Cafés, Gastwirtschaften und Theater, unter anderem das „Deutsche Kaffeehaus", in dem sich im Revolutionsjahr 1848 die demokratischen Kreise Kölns trafen. Ende 1868 nahm er seine ältesten Söhne Nikolaus, Peter Joseph und Heinrich mit einem Gesellschaftsvertrag vom 16. Dezember in sein Unternehmen auf (Franz Stollwerck & Söhne); die Zusammenarbeit begann am 1.1.1869. Aufgrund von familiären Konflikten machten sich die Söhne 1871 mit einer eigenen Fabrik selbstständig (Gebr. Stollwerck, seit 1902 Gebr. Stollwerck AG). Als Franz Stollwerck 1876 starb, wurden die Betriebe unter den Brüdern vereinigt. Die Produktpalette umfasste damals Kakao, Schokoladen verschiedener Qualität, Pralinen, Bonbons und Halbfabrikate (Schokolade-, Nugat-, Marzipanmassen sowie Waffeln und Biskuits).
Bedingt durch unternehmerische Misserfolge des Vaters und dessen Streitigkeiten mit den älteren Brüdern erlebte Ludwig eine unsichere, von Familienkonflikten geprägte Kindheit und Jugend. Zunächst durchlief er eine kaufmännische Lehre im väterlichen Süßwarenbetrieb, bevor er bei Gebr. Stollwerck für Vertrieb, Werbung und Export zuständig wurde. Durch auffällige Werbe- und Vertriebsmethoden wie die Gestaltung von Sammelalben mit Bildserien historischer oder naturwissenschaftlicher Themen und den Verkauf von Schokolade in Automaten machte er Stollwerck-Schokoladen zum Verkaufsschlager. Gerade im Bereich der Werbung arbeitete er bewusst mit zeitgenössischen Künstlern wie Adolph von Menzel (1815-1905) oder Otto Modersohn (1865-1943) zusammen. Anlässlich der Verleihung des Kommerzienratstitels durch Wilhelm II. (Regentschaft 1888-1919) 1906, schenkte Stollwerck dem Kaiser das von Adolph von Menzel aufwändig gestaltete Album „Uniformierung der Armee Friedrichs des Großen".
Den Vertrieb von Schokolade in Automaten sonderte Ludwig Stollwerck 1895 in einem separaten Unternehmen aus, der Deutschen Automaten Gesellschaft (DAG, Köln), da zunehmend auch Automaten für Gebrauchsgegenstände (zum Beispiel Streichhölzer, Kölnisch Wasser, Seife) sowie Leistungsautomaten (unter anderem Personenwaagen, Fernrohrautomaten) gebaut wurden. Im gleichen Jahr gründete er die Deutsche Edison Phonographen Gesellschaft mbH in Köln, die sich dem Vertrieb des Phonographen widmete, einem Gerät, das wahlweise als Diktier- oder Musikphonograph gebaut wurde. Berühmt wurde in diesem Zusammenhang Stollwerks „sprechende Schokolade", Schallplatten aus Schokolade, die auf Spielzeugphonographen abgespielt werden konnten und die Stollwerck zusammen mit Thomas Alva Edison (1847-1931) entwickelte hatte. Darüber hinaus brachte er im April 1896 die ersten Filmaufnahmen nach Köln, da er die Verwertungsrechte des Kinematographen der Brüder Auguste und Louis Lumière aus Lyon, eines Vorführgeräts, das erstmals Bilder auf eine Leinwand projizierte, aufgekauft hatte.
Auch in seinen Aufsichtsratsbeteiligungen spiegelt sich sein hohes Interesse für das Automatengeschäft wider. So war Ludwig Stollwerck jahrelang Mitglied der Telefunken AG (Berlin), deren Anfänge unter anderem in den Versuchen des deutschen Physikers Ferdinand Braun (1850-1918) mit der Funktelegraphie lagen, die er finanziell unterstützte. Noch während des Ersten Weltkrieges engagierte er sich in den Telegraphie- und der Fernbildübertragungsgesellschaften des Berliners Curt Stille, Unternehmen, die den Beginn der Rundfunk- bzw. Fernsehtechnik markieren. Eine besondere Freundschaft pflegte Stollwerck mit William Hesketh Lever (1851-1925), dem englischen Seifenfabrikanten aus Port Sunlight, Liverpool, und Gründer der Lever Brothers Ltd., der seine Sunlight-Seife (später eingedeutscht zu Sunlicht) seit 1907 in Mannheim produzierte. Levers Unternehmen verschmolz 1929/1930 mit dem niederländischen Margarineproduzenten Margarie Unie zum Unilever-Konzern.
Die Interessen der Schokoladeproduzenten vertrat Ludwig Stollwerck in dem 1877 gegründeten Verband Deutscher Schokolade-Fabrikanten, dessen Vorsitzender er von 1911 bis 1922 war. Ursprünglich gegründet mit dem Ziel, die Herstellung von qualitätsvoller Schokolade zu überwachen, wurde es Stollwercks Ziel, Preisbindungen in der Schokoladeindustrie zu erreichen, was durch das Schwanken der Rohkakaopreise auf dem Weltmarkt eine Schwierigkeit an sich darstellte. Immerhin schaffte er es, 1907 die größten deutschen Schokoladehersteller in der Kakao-Einkaufsgesellschaft, Hamburg, zusammenzuschließen. Darüber hinaus dachte er ebenfalls an eine ähnlich gelagerte internationale Organisation zusammen mit Briten und Amerikanern – Bestrebungen, die durch den Ersten Weltkrieg unterbrochen wurden. Politisch nationalliberal orientiert, entwickelte er sich von 1914 bis 1918 zwar nicht zu einem Weltkriegsgegner, lehnte den uneingeschränkten U-Boot-Krieg jedoch ab. Er war überzeugt davon, dass das Deutsche Reich den Briten und Amerikanern unterlegen war. Dennoch fand er den Waffenstillstand und das Kriegsende demütigend für Deutschland. Die revolutionären Ereignisse von 1918 und eine von ihm gefürchtete „sozialdemokratische Diktatur" lehnte Stollwerck ab. Gegen Ende des Krieges hatte er allerdings analog zu den Bestrebungen des interfraktionellen Ausschusses im deutschen Reichstag Kontakte zur katholischen Zentrumspartei, der politischen Organisation katholischer Christen in Deutschland bis 1933, aufgenommen.
Dem katholischen Glauben innerlich tief verbunden, engagierte sich Ludwig Stollwerck als Kirchenvorstandsmitglied seiner Gemeinde St. Paul. Als in Köln im Zuge der Niederlegung der mittelalterlichen Stadtmauer und der Bebauung der so genannten Neustadt auch der Aufbau von Pfarreien und Neubau von Kirchen erforderlich wurde, entwickelte sich Stollwerck zu einem eifrigen Förderer der Baus der Kirche St. Paul. Dabei reichte seine Tätigkeit von der finanziellen Absicherung des Baus bis hin zur Begutachtung der Innenausstattung der Kirche. Selbst in einer Audienz in Rom wies er gegenüber dem Papst auf sein Engagement beim Bau der Kirche St. Paul hin und schenkte ihm eine Schachtel feinster Bonbons und Pralinés.
Ludwig Stollwerck starb 1922 nach kurzer Krankheit. Er war mit Maria Schlagloth (1859-1919) aus Köln verheiratet, mit der er drei Söhne und zwei Töchter hatte. Von den drei Söhnen Friedrich („Fritz", geboren 1884), Paul (1886-1940) und Karl Maria (1896-1958) verblieb nur Fritz im Unternehmen. Neben Ludwig traten nach der Gründung der Gebr. Stollwerck auch Nikolaus, Peter Joseph und Heinrich hervor. Nikolaus Stollwerck initiierte 1877 die Gründung des Verbandes Deutscher Schokoladefabrikanten. Peter Joseph und Heinrich gründeten die sozialen Einrichtungen Stollwercks wie Betriebskassen und -versicherungen sowie einen Werkschor. Heinrich Stollwerck widmete sich der Produktionstechnik und konstruierte eigene Maschinen, die wie beispielsweise der horizontal angeordnete Walzenstuhl von 1873 teils auch patentiert und in der hauseigenen Maschinenfabrik vertrieben wurden.
Mit dem Tod Ludwigs und seines jüngeren Bruders Carl endete die Erfolgsgeschichte der Stollwerck AG. Die Erben entwickelten keine entscheidenden unternehmerischen Impulse, und so schied die Familie Anfang der 1930er-Jahre aus dem Vorstand der Aktiengesellschaft aus.
Quellen
Gesellschaftsvertrag zwischen Franz Stollwerk und seinen Söhnen vom 16.12.1868 bei der Stiftung Rheinisch-Westfälisches Wirtschaftsarchiv Köln (Signatur: 208-342-3).
Literatur
Joest, Hans-Josef, Das Abenteuer einer Weltmarke, Köln o.J.
Kuske, Bruno, 100 Jahre Stollwerck-Geschichte 1939-1939, Leipzig 1939.Laute, Gustav, Ludwig Stollwerck, in: Rheinisch-Westfälische Wirtschaftsbiographien 5, Münster i.W. 1953, S. 100-121.
Oepen-Domschky, Gabriele, Kölner Wirtschaftsbürger im Deutschen Kaiserreich. Eugen Langen, Ludwig Stollwerck, Arnold von Guilleaume und Simon Alfred von Oppenheim, Köln 2003.
Online
Bestand des Archivs der Stollwerck AG (Information im PDF-Format auf der Website der Industrie- und Handelskammer Köln). [Online]
Die Geschichte des Unternehmens Stollwerck (Website der Firma Stollwerck). [Online]
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Oepen-Domschky, Gabriele, Ludwig Stollwerck, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/ludwig-stollwerck/DE-2086/lido/57c9561256ad14.55151008 (abgerufen am 06.12.2024)