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Als Maximilian Heinrich von Bayern im Herbst 1650 zum Erzbischof und Kurfürsten von Köln gewählt wurde, regierten die Wittelsbacher bereits sieben Jahrzehnte lang am Rhein. Sein Vorgänger und Onkel Ferdinand von Bayern hatte das Land stabilisiert und das Tauziehen der Konfessionen zugunsten der katholischen Seite beendet. Diese ererbte Standfestigkeit im Inneren versuchte Maximilian Heinrich in außenpolitischen Gewinn umzumünzen, indem er sich eng an Frankreich anlehnte – eine für das Land folgenschwere Politik, die seine Nachfolger zwischen alle Stühle geraten ließ. Denn am Ende erwies er sich, kränklich, mitunter sonderbar und wenig an der Staatspolitik interessiert, als zu schwach, um Kurköln zu größerem Gewicht im sich herausbildenden mitteleuropäischen Mächtesystem zu verhelfen.
Maximilian Heinrich wurde am 8.10.1621 in München als dritter Sohn von Herzog Albrecht VI. von Bayern (1584-1666) und Mechthild von Leuchtenberg (1588-1634) in München geboren. Seine Onkel, der bayrische Kurfürst Maximilian I. (ab 1597 Regierungszeit als Herzog, ab 1613 Kurfürst) und dessen Bruder, der Kölner Erzbischof Ferdinand, kümmerten sich um die Erziehung des Jungen. Kurfürst Maximilian bekam erst aus seiner späten zweiten Ehe mit Maria Anna von Österreich (1610-1665) den lang ersehnten Stammhalter und hatte bis dahin seine Neffen als potentielle Nachfolger ausbilden lassen. Als diese mit der Geburt seines Sohnes Ferdinand Maria (1636-1679) in der Thronfolge weiter nach hinten rückten, übernahm Erzbischof Ferdinand die Erziehung mit Blick auf eine spätere Unterbringung im geistlichen Stand.
Maximilian Heinrich kam im Jahr 1637 nach Köln, wo er seine jesuitische Ausbildung vertiefte. Zwischen 1643 und 1649 widmete er sich theologischen Studien an der Universität Löwen. Er blieb jedoch auch dem Münchener Hof und Kurfürst Maximilian eng verbunden, der wohl eine besondere Sympathie für seinen Neffen entwickelt hatte. Maximilian Heinrich litt unter einigen körperlichen Deformationen und hatte einen Sprachfehler, weswegen seine Brüder ihn gerne hänselten. Sein Onkel nahm ihn stets in Schutz und sorgte dafür, dass er nicht zuviel Spott erdulden musste.
Es war auch der seit dem letzten Drittel des 16. Jahrhunderts traditionell sehr engagierten bayrischen Bistumspolitik zu verdanken, dass Maximilian Heinrich bereits als Säugling die ersten kirchlichen Pfründen erhielt. Kaum ein Jahr alt, wurde er Domkanoniker in Köln, vermutlich ein sehr früh gesetztes Zeichen, das den Willen der Wittelsbacher zur Fortsetzung ihrer rheinischen Sekundogenitur dokumentieren sollte. Es folgten weitere Dompfründen im west- und norddeutschen Raum (Straßburg 1626, Halberstadt 1627, Münster 1629, Hildesheim 1632, Lüttich 1641, Paderborn 1657) sowie im Süden (Konstanz 1626, Brixen 1629, Salzburg 1629). 1633 wurde er Koadjutor in Hildesheim, Propst des Kölner Gereonstifts 1638, Mitglied des Kölner Domkapitels 1641.
Als er 1642 zum Koadjutor und damit faktisch zum Nachfolger seines Onkels Ferdinand gewählt werden sollte, konnte er sich nur knapp gegen Franz von Lothringen (1609-1670) durchsetzen, der als Dekan des Domkapitels einen beachtlichen Teil des Gremiums auf seine Seite zu ziehen wusste. Bis zur Erzbischofswahl am 26.10.1650 konnte der Widerstand der Lothringer, die im eigenen Herzogtum in Opposition zum französischen König geraten waren, überwunden und Maximilian Heinrich ungefährdet zum dritten Bayernherzog auf dem Kölner Bischofsstuhl in Folge erhoben werden.
Maximilian Heinrich beerbte seinen Onkel auch in den Bischofsämtern von Lüttich und Hildesheim, wurde Koadjutor des Abts von Stablo-Malmedy, den er 1657 nach dessen Tod beerbte; dieses Amt trat er 1667 Franz Egon von Fürstenberg ab. Außerdem wurde er Abt des Reichsstifts Berchtesgaden. Ambitionen auf die Bischofsstühle in Freising, Paderborn und Münster scheiterten jedoch am Widerstand des Papstes.
Maximilian Heinrichs Regentschaft im Kurfürstentum Köln zerfällt in zwei Hälften: in der ersten gelang es ihm, einige vorwiegend kirchenpolitische Akzente zu setzen und Kurköln zu einer gewissen außenpolitischen Anerkennung zu verhelfen. So gehört zu seinen politischen Erfolgen die Niederschlagung der Freiheits- und Selbständigkeitsbestrebungen der Stadt Lüttich und die Wiedergewinnung der Stadt Rheinberg für das Kölner Erzstift. In der zweiten Phase, die er meistenteils im Asyl der Abtei St. Pantaleon in Köln verbrachte, zog er sich immer mehr nicht nur aus der Öffentlichkeit, sondern auch von den Regierungsgeschäften zurück, ging seinem teilweise skurrilen naturwissenschaftlichem Interesse nach und verfiel immer mehr der Depression. Sein Engagement in religiösen Fragen beruhte wohl auf einer starken persönlichen Frömmigkeit. Schon bei seiner Wahl zum Koadjutor Ferdinands bewies er darüber hinaus auch seine Treue zur römischen Kurie und leistete ohne zu zögern den Tridentinischen Glaubenseid, den zu schwören so viele seiner Vorgänger noch gescheut hatten. Als erster Kölner Erzbischof seit Adolf III. von Schaumburg empfing er sowohl die Priester- als auch die Bischofsweihe (im September 1651 in Bonn), noch dazu innerhalb der vom Domkapitel gesetzten Frist, eine Regelung, die selbst sein kirchentreuer Onkel infolge dynastischer Erwägungen missachtet hatte. Der römische Nuntius Fabio Chigi (1599-1667), später Mediator beim Westfälischen Friedenskongress und ab 1655 als Alexander VII. Papst (Pontifikat bis 1667), berichtete an die Kurie, der junge Maximilian Heinrich sei „von einer solchen Unschuld des Lebens, Hingebung im Dienst für die Kirche, Ernst des Benehmens, Klugheit weit über sein Alter hinaus“, dass er seinen Onkel Ferdinand an Tugendhaftigkeit und Bedeutung noch übertreffe.
Unter Maximilian Heinrich fand die Reform des Klerus, die in der Zeit der Gegenreformation im Kölnischen begonnen und von Ferdinand von Bayern fortgeführt worden war, ihren vorläufigen Abschluss. Die auf den Kölner Diözesansynoden von 1651 und 1662 erlassenen Synodaldekrete, die das Werk des Weihbischofs und Generalvikars Georg Pauli Stravius (Episkopat 1640-1661, ab 1641 Generalvikar) waren, blieben für mehrere Jahrhunderte richtungweisend für die Seelsorgepraxis im Erzbistum. Diese Dekrete waren die Vorläufer des umfassenden Werks der Kölner Diözesansynode von 1662, die Maximilian Heinrich einberief und leitete. Ob und welchen Anteil er an diesem Reformwerk hatte, ist unbekannt.
Maximilian Heinrich förderte die Orden, vor allem die Franziskaner, aber auch die Jesuiten. So bedachte er die Bonner Jesuitenkirche in seinem Testament großzügig.
Allerdings war Maximilian Heinrich trotz allen Interesses stets auf seine Berater und Mitarbeiter angewiesen, vor allem, wenn es darum ging, seine impulsiven Reaktionen auszugleichen. Die Verletzlichkeit, die der junge Prinz sich angesichts des häufigen Spotts seiner Brüder angeeignet hatte, blieb auch dem Erzbischof und Kurfürsten erhalten. Bekannt ist seine vorzeitige und erboste Abreise, nachdem ihm der Mainzer Erzbischof Johann Philipp von Schönborn (Episkopat 1647-1673) das Recht zur Krönung des neu gewählten römischen Königs Ferdinand IV. (Regierungszeit 1653-1654) streitig gemacht hatte.
Zwei seiner wichtigsten Berater, die einen letztlich verheerenden außenpolitischen Kurs zu verantworten hatten, waren die Brüder Franz Egon und Wilhelm Egon von Fürstenberg. Beide hatten sich vertraglich an die französische Krone gebunden und drängten Maximilian Heinrich in eine Position, in der das Erzstift am Ende zwischen den Großmächten zerrieben wurde. Im Niederländisch-Französischen Krieg stellte sich das Erzstift gegen das Reich und auf die Seite Ludwigs XIV. (Regierungszeit 1643-1715), der seine Hegemonie in Mitteleuropa ausbauen wollte und den Maximilian Heinrich sogar einmal, im Mai 1672, in Neuss treffen durfte. Die mit dem Reich und Spanien verbündeten niederländischen Truppen jedoch gewannen auf dem Gebiet Kurkölns schnell die Oberhand, am 12.11.1673 besetzten sie die Residenzstadt Bonn. Maximilian Heinrich flüchtete und fand in den Mauern der neutralen Reichsstadt Köln Asyl, wo er sich für über zehn Jahre in der Abtei St. Pantaleon niederließ und dort nur zwei Zimmer ohne Hofstaat bewohnte. Um die Politik kümmerte er sich seitdem nicht mehr; allein die Frage, ihm einen Koadjutor beizugeben, wehrte er lange eifersüchtig ab, bevor er sich 1687 zur Wahl des mittlerweile zum Bischof von Straßburg und Kardinal aufgestiegenen Wilhelm Egon von Fürstenberg überreden ließ und damit den Wittelsbacher Anspruch auf seine Nachfolge gefährdete.
Stattdessen beschäftigte er sich ausführlich mit mehr oder weniger ernst zu nehmenden alchemistischen Experimenten. Von Kindesbeinen an interessierte er sich für Edelmetalle und Edelsteine sowie deren Verarbeitung. Einige der im westfälischen Landständepokal verwendeten Steine sind von ihm selbst geschliffen worden. Die Möglichkeit, Gold oder Edelsteine selbst herstellen zu können, faszinierte ihn wie viele seiner Zeitgenossen. Ein venezianischer Gesandter berichtete an die Signoria, Maximilian Heinrich kenne „nichts anderes, als sich Glück, Reichtum und Verstand herbeizudistillieren.“ Einem erkrankten kaiserlichen Kommissar schickte der Erzbischof ein Fläschchen selbst hergestellten trinkbaren Goldes als Heilmittel. Dieses wunderliche Verhalten wurde begleitet von wieder stärker werdenden körperlichen Leiden: Fieberschübe, Herzattacken und Depression folgten immer schneller aufeinander, bevor er schließlich am 3.6.1688 in Bonn verstarb. Maximilian Heinrich wurde wie seine Vorgänger Ernst und Ferdinand aus dem Hause Wittelsbach im Chorumgang des Kölner Domes vor der Dreikönigenkapelle beigesetzt.
Den Schlusspunkt unter die Regierung des unglückseligen Fürsten bildete die Zerstörung des kurkölnischen Landes und der Hauptstadt Bonn 1689. Die Max Heinrich persönlich sehr wichtigen finanziellen Zuwendungen, die ihm aufgrund verschiedener Geheimverträge mit Frankreich zuflossen, waren allzu teuer erkauft mit den Verwüstungen und Zerstörungen, denen er seine Lande ausgesetzt sah. Der Versuch, Wilhelm von Fürstenberg die Kurwürde zu verschaffen, führte zu neuen kriegerischen Verwicklungen.
Das Kurfürstentum hatte durch seine Regierung jedoch politisch keinen größeren Schaden genommen. Die Möglichkeit, dauerhaft auf dem internationalen diplomatischen Parkett Fuß zu fassen, war freilich durch eine allzu einseitige profranzösische Politik verspielt worden.
Die kirchlichen und weltlichen Beamten führten die Staatsgeschäfte weitgehend selbständig, ein Zeichen für das Ende der personalisierten Fürstenherrschaft. Wenn nicht dem Erzstift, dann aber dem Wittelsbacher Anspruch auf die Kölner Kurwürde fügte seine Regierungszeit allerdings schweren Schaden zu. Die Wahl seines Nachfolgers Joseph Clemens im Jahr 1688 verlief schwierig, nachdem der am Ende von niemandem mehr ernst genommene Maximilian Heinrich seinen und damit den bayrischen Kredit verspielt hatte.
Quellen
Jäger-von Hoesslin, Franziska (Bearb.), Die Korrespondenz der Kurfürsten von Köln aus dem Hause Wittelsbach (1583-1761) mit ihren bayerischen Verwandten, Düsseldorf 1978.
Literatur (Auswahl)
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Deisting, Heinrich Josef, Maximilian Heinrich, Herzog von Bayern, Kurfürst und Erzbischof von Köln (1621-1688). Eine biographische Skizze, in: Der Arnsberger Landständepokal von 1667. Eine Stiftung des Kölner Kurfürsten Maximilian Heinrich von Bayern für das Herzogtum Westfalen, Arnsberg 1997, S. 79-96.
Gatz, Erwin, Max Heinrich, Herzog von Bayern (1621-1688), in: Gatz, Erwin (Hg.), Die Bischöfe des Heiligen Römischen Reiches 1448 bis 1648, Berlin 1996, S. 301-302.
Huisman, Michel, Essai sur le règne du prince-evêque de Liège Maximilien-Henri de Bavière, Brüssel 1899.
Molitor, Hansgeorg, Das Erzbistum Köln im Zeitalter der Glaubenskämpfe 1515-1688 (Geschichte des Erzbistums Köln 3), Köln 2008, S. 253-262.
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Online
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Erzbischof Maximilian Heinrich von Bayern (Information auf der Website des Kölner Doms). [Online]
Seelmann, Peter, Maximilian Heinrich von Bayern, aus: Der Erste Rheinbund (1658), in: historicum.net. [Online]
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Bock, Martin, Maximilian Heinrich von Bayern, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/maximilian-heinrich-von-bayern/DE-2086/lido/57c94a0e3cb4d2.41747138 (abgerufen am 07.12.2024)