Peter Lo

Reformator (1530–1581)

Volkmar Wittmütz (Köln)

Die Stadt Elberfeld um 1850, links mit dem Doppelturm die Laurentiuskirche, an der Peter Lo predigte.

Der Ka­plan an der Lau­ren­ti­us­kir­che in El­ber­feld (heu­te Stadt Wup­per­tal) gab wich­ti­ge Im­pul­se zur Ein­füh­rung der Re­for­ma­ti­on in El­ber­feld.

Dem Ehe­paar Jo­han­nes Lo, Rats­schrei­ber und Schul­meis­ter in der ber­gi­schen Frei­heit El­ber­feld und sei­ner Frau Ger­trud, ge­bo­re­ne Hol­ters wur­de 1530 der Sohn Pe­ter ge­bo­ren. Von sei­nem Va­ter er­hielt der Kna­be den ers­ten Un­ter­richt, be­vor er zu wei­te­ren Stu­di­en nach Dort­mund an das dor­ti­ge Gym­na­si­um ging. Erst 1543 hat­te der Rat der Frei­en Reichs­stadt die Schu­le ge­grün­det, die bald als hu­ma­nis­ti­sche Re­form­an­stalt sich ei­nes vor­züg­li­chen Ru­fes er­freu­te. Ob Lo al­le acht Klas­sen der Schu­le ab­sol­vier­te, ist nicht be­kannt.

Un­be­kannt ist gleich­falls, ob der jun­ge Mann nach dem Be­such des Dort­mun­der Gym­na­si­ums zu­min­dest kur­ze Zeit an ei­ner Uni­ver­si­tät im­ma­tri­ku­liert war, ver­mut­lich eher nicht. 1552 je­den­falls ist Lo wie­der in El­ber­feld be­legt, und zwar als Ka­plan an der Lau­ren­ti­us­kir­che und Vi­kar des Ka­tha­ri­nen­al­tars, ei­ner der ins­ge­samt sechs Al­tä­re der Kir­che. Er ist ent­we­der in Köln oder in Müns­ter ge­weiht wor­den. Als Vi­kar des Ka­tha­ri­nen­al­tars muss­te Lo auch die Ka­pel­le in Cro­nen­berg (heu­te Stadt Wup­per­tal) auf den süd­li­chen Hö­hen des Wup­per­tals ver­sor­gen.

Lo be­gann in El­ber­feld, das Abend­mahl in bei­der­lei Ge­stalt aus­zu­tei­len, und zwar nicht al­lein in der Kir­che, son­dern auch in Pri­vat­häu­sern, in de­nen er zu­dem Bi­bel­stun­den hielt. Ge­ra­de die Abend­mahls­pra­xis des jun­gen Vi­kars ist ein deut­li­cher Hin­weis auf des­sen re­for­ma­to­ri­sche Ge­sin­nung. Da­mit traf er – so scheint es – in sei­ner Ge­mein­de auf Zu­stim­mung, und auch Pe­ter Snu­te, alt­gläu­bi­ger Pfar­rer an Sankt Lau­ren­ti­us, ließ ihn ge­wäh­ren. Ge­fähr­lich aber wur­de es für Lo, als sein Kol­le­ge Ar­nold ten Ei­cken, Vi­kar am An­to­ni­us­al­tar der Lau­ren­ti­us­kir­che, ihn als „Sa­kra­men­tie­rer“ be­zeich­ne­te und da­mit in die Nä­he der von al­len geist­li­chen und welt­li­chen Au­to­ri­tä­ten, auch vom ber­gi­schen Lan­des­herrn ver­folg­ten Wie­der­täu­fer rück­te. Um ei­ner dro­hen­den Un­ter­su­chung und Ver­haf­tung zu ent­ge­hen, flüch­te­te Lo nach Bar­men ins Amt Bey­en­burg (bei­des heu­te Stadt Wup­per­tal), das da­mals als Pfand an die Gra­fen von Wal­deck aus­ge­ge­ben wor­den war. Et­was spä­ter fin­den wir ihn, in­zwi­schen ver­hei­ra­tet, als Vi­kar in Men­ge­ring­hau­sen in der Nä­he von Arol­sen, dem Sitz der wal­de­cki­schen Gra­fen. Dort konn­te Lo mit sei­ner Fa­mi­lie in Ru­he le­ben und ei­ne mehr als drei­hun­dert­sei­ti­ge Schrift ver­fas­sen, in der er sei­ne Abend­mahls­pra­xis ver­tei­dig­te:

„Eyn­fel­ti­ge be­kannt­niß und un­ver­felsch­ter Evan­ge­li­scher Be­richt / der wa­ren Christ­li­chen / Apos­to­li­schen unnd alt Ca­tho­li­schen mut­ter Kir­chen / Wel­cher ge­stalt man das hey­li­ge Nacht­mal un­sers herrn Je­su Chris­ti au­ß­tey­len und ent­pfa­hen sol­le / Auß drei­en Evan­ge­lis­ten / Pau­lo und der h. Vät­tern Schriff­ten zu­sam­men ge­tra­gen / unnd in zwey teyl ver­fas­set / Durch PE­TRUM LO / von El­ver­veld ab­ge­zo­gen“. Der Trak­tat, den er den Gra­fen von Wal­deck wie den from­men Chris­ten in El­ber­feld wid­me­te, wur­de 1556 in Mar­burg ge­druckt."

In ihm zeig­te sich der El­ber­fel­der Vi­kar als ein An­hän­ger der lu­the­ri­schen Abend­mahls­leh­re, der al­le „Schwarm­geis­ter“ ver­ur­teilt, die das Abend­mahl „al­lein fi­gür­li­ch“ ver­ste­hen. Und aus­führ­lich be­grün­de­te Lo, war­um er das Abend­mahl mit Brot und Wein aus­ge­teilt ha­be. Da­zu trug er Hin­wei­se auf die Recht­mä­ßig­keit die­ser Übung aus dem Al­ten und Neu­en Tes­ta­ment so­wie Stel­len aus den Schrif­ten der Kir­chen­vä­ter zu­sam­men und be­müh­te sich, Ein­wän­de ge­gen sei­ne Pra­xis zu wi­der­le­gen.

Die Nä­he zur wal­de­cki­schen Herr­schaft führ­te da­zu, dass Lo von ihr zu wei­te­ren als nur zu geist­li­chen Auf­ga­ben her­an­ge­zo­gen wur­de. Er dien­te als Se­kre­tär und mit zahl­rei­chen Rei­sen im Auf­trag sei­ner Herr­schaft auch als Di­plo­mat und Kir­chen­po­li­ti­ker. Als er sich kurz nach El­ber­feld wag­te, wur­de er prompt ent­deckt und ver­haf­tet, konn­te dann aber wohl mit der Hil­fe von Freun­den flie­hen. Doch auch in Men­ge­ring­hau­sen be­kam er all­mäh­lich Schwie­rig­kei­ten. Die Be­woh­ner be­schwer­ten sich, dass er zu sel­ten Got­tes­dienst hal­te und kaum in sei­ner Pfar­rei an­zu­tref­fen sei. Hin­ter­grund die­ser Be­schwer­den wa­ren ver­mut­lich Span­nun­gen in­ner­halb der gräf­li­chen Fa­mi­lie. Los Hin­wei­se auf die gräf­li­chen Auf­trag­ge­ber all sei­ner Rei­sen nütz­ten ihm we­nig, 1558 wur­de er aus sei­ner Pfar­rei aus­ge­wie­sen, konn­te aber in Bey­en­burg, noch auf wal­de­cki­schem Pfand­ge­biet, sei­nen Wohn­sitz neh­men. Und auch dort war er wei­ter­hin für die Gra­fen von Wal­deck tä­tig.

Aber er ar­bei­te­te auch für die ei­ge­ne Fa­mi­lie. Sei­ne Frau war an ei­ner Garn­blei­che­rei und an ei­nem Garn­han­del be­tei­ligt und Lo un­ter­stütz­te sie nach Kräf­ten. Von Bey­en­burg aus konn­te er da­zu die Ent­wick­lung in sei­ner Va­ter­stadt gut ver­fol­gen, wo 1555 der neue Vi­kar Jo­han­nes Vol­mar (ge­stor­ben 1582) als sein Nach­fol­ger be­ru­fen wor­den war. Die­ser pre­dig­te eben­falls evan­ge­lisch und teil­te Brot und Wein aus, und jetzt dul­de­te der El­ber­fel­der Amt­mann die­se Pra­xis.

1560 wur­de Pfar­rer Pe­ter Snu­te in den Ru­he­stand ver­ab­schie­det. Sein Nach­fol­ger wur­de Wil­helm Heim­bach (ge­stor­ben 1588), der die Übung des neu­en Vi­kars fort­setz­te und als ers­ter wirk­lich evan­ge­li­scher Pfar­rer El­ber­felds be­zeich­net wer­den kann. Jetzt trau­te sich auch Lo er­neut nach El­ber­feld. Doch er galt im­mer noch als „Sa­kra­men­tie­rer“ und wur­de al­so im Ok­to­ber 1561 er­neut ver­haf­tet und in So­lin­gen ins Ge­fäng­nis ge­steckt. In sei­ner an den Her­zog ge­rich­te­ten Ver­tei­di­gungs­chrift dis­tan­zier­te er sich en­er­gisch von den „Sa­kra­men­tie­rern“ und Wie­der­täu­fern, und als der re­for­ma­ti­ons­freund­li­che So­lin­ger Amt­mann und die Grä­fin An­na von Wal­deck (Pfand­her­rin von Bey­en­burg 1539-1560) sich auch noch für ihn ein­setz­ten, kam er im No­vem­ber 1561 wie­der frei, blieb aber aus El­ber­feld ver­bannt.

Wahr­schein­lich war es die­se aus­führ­li­che Ver­tei­di­gungs­schrift, die den her­zog­li­chen Hof auf die Idee brach­te, Pe­ter Lo 1565 mit der Be­keh­rung ge­fan­ge­ner Wie­der­täu­fer zu be­auf­tra­gen. Sein Be­keh­rungs­ver­such war nicht er­folg­reich, was sei­ner Re­pu­ta­ti­on aber nicht ge­scha­det hat. Er wur­de wei­ter um ein Gut­ach­ten zu ei­nem neu­en Re­for­ma­ti­ons­ver­such des ber­gi­schen Her­zogs ge­be­ten und er­hielt von die­sem so­gar das An­ge­bot ei­nes kirch­li­chen Am­tes – ein An­ge­bot, das er ab­lehn­te. Schlie­ß­lich wur­de auch sei­ne Ver­ban­nung aus El­ber­feld auf­ge­ho­ben. En­de 1565 war Lo wie­der in sei­ner Hei­mat­stadt. Zu­sam­men mit Pfar­rer Heim­bach und Vi­kar Vol­mar über­führ­te er die El­ber­fel­der Ge­mein­de bei­na­he ge­schlos­sen zum neu­en Glau­ben. Nur sechs Fa­mi­li­en sol­len ka­tho­lisch ge­blie­ben sein. Kir­chen­ge­bäu­de, Kir­chen­ver­mö­gen und al­le Stif­tun­gen blie­ben er­hal­ten und ka­men jetzt der „um­ge­wan­del­ten“ Ge­mein­de zu­gu­te, ein Streit um das Ver­mö­gen der Ge­mein­de, wie er häu­fig an an­de­ren Or­ten bei sol­cher Ge­le­gen­heit aus­brach, ist da­durch in El­ber­feld ver­mie­den wor­den.

Al­ler­dings bil­de­te die Grund­la­ge der neu­en Kon­fes­si­on jetzt der re­for­mier­te Hei­del­ber­ger Ka­te­chis­mus, der erst drei Jah­re vor­her in der Kir­chen­ord­nung der Kur­pfalz er­schie­nen war. Da­bei war Lo vor sei­ner Ver­ban­nung als über­zeug­ter An­hän­ger Lu­thers auf­ge­tre­ten. Of­fen­sicht­lich hat­te er – so scheint es – in­zwi­schen sei­ne theo­lo­gi­schen Auf­fas­sun­gen ge­än­dert. Was ihn da­zu be­wo­gen hat, ent­zieht sich an­hand der dürf­ti­gen Quel­len un­se­rer Kennt­nis. Es ist mög­lich, dass die in­ten­si­ve theo­lo­gi­sche Dis­kus­si­on mit den Wie­der­täu­fern an sei­nem Wech­sel An­teil hat, mög­lich ist auch, dass der Über­gang zur re­for­mier­ten Kon­fes­si­on schon vor sei­ner Rück­kehr nach El­ber­feld von den Geist­li­chen Heim­bach und Vol­mar voll­zo­gen wor­den war und Lo sich der Maß­nah­me ein­fach an­ge­schlos­sen hat. Letzt­lich ist so­gar frag­lich, ob Lo wirk­lich die trei­ben­de Kraft hin­ter der El­ber­fel­der Re­for­ma­ti­on war, denn ein kirch­li­ches Amt hat er nach sei­ner Rück­kehr nach El­ber­feld nicht mehr über­nom­men. Al­ler­dings hat er im­mer wie­der Got­tes­dienst ge­hal­ten.

Lo leb­te von sei­nen Ein­künf­ten aus dem Garn­ge­schäft. Man muss ihn wohl als ver­mö­gend be­zeich­nen, denn als er 1574 nach dem Tod des eme­ri­tier­ten Pfar­rers Pe­ter Snu­te des­sen Ren­ten er­hal­ten soll­te, die aus dem Stif­tungs­ver­mö­gen des An­to­ni­us­al­tars stamm­ten, über­ließ er das Vi­ka­rie­haus nebst Gar­ten dem „Schul­meis­ter“. In die­sem Ein­kom­mens­ver­zicht des Vi­kars ist der Be­ginn ei­nes in­sti­tu­tio­na­li­sier­ten Schul­we­sens in El­ber­feld zu er­bli­cken. Bis zu die­sem Zeit­punkt scheint, wenn wir den Hin­wei­sen der Quel­len fol­gen, Un­ter­richt hier nur im Rah­men ei­ner „ne­ben­amt­li­chen“ Tä­tig­keit er­teilt wor­den zu sein, et­wa durch ei­nen Kle­ri­ker oder ei­nen des Schrei­bens kun­di­gen Lai­en. Jetzt wur­de kirch­li­ches Ver­mö­gen für ei­ne Schu­le ver­wen­det, so dass ein El­ber­fel­der Leh­rer sei­ne Lehr­tä­tig­keit zum Haupt­in­halt sei­ner Ar­beit ma­chen konn­te. Die Schu­le er­hielt ei­ne ma­te­ri­el­le Ba­sis, die die Kon­ti­nui­tät des Un­ter­richts ga­ran­tier­te und die or­ga­ni­sa­to­ri­sche Ei­gen­stän­dig­keit die­ser neu­en In­sti­tu­ti­on Schu­le be­grün­de­te.

Pe­ter Lo starb am 6. (oder 13.).9.1581 in El­ber­feld an der Pest. Er wur­de in der Ap­sis der El­ber­fel­der Kir­che be­gra­ben.

Werke

Ein­fäl­ti­ges Be­kennt­nis. Abend­mahlstrak­tat an die Chris­ten in El­ber­feld von 1556. [(als Fak­si­mi­le hg. und ein­ge­lei­tet von Her­mann-Pe­ter Eber­lein), Waltrop 2002.

Literatur

Bou­ter­wek, Karl Wil­helm, Die Re­for­ma­ti­on im Wup­pertha­le und Pe­ter Lo’s An­theil an der­sel­ben, in: Zeit­schrift des Ber­gi­schen Ge­schichts­ver­eins 4 (1867), S. 273-336.
Eber­lein, Her­mann-Pe­ter, Pe­ter Lo, der Re­for­ma­tor El­ber­felds, in: Mo­nats­hef­te für Evan­ge­li­sche Kir­chen­ge­schich­te des Rhein­lan­des 52 (2003), S. 271-295.
Eber­lein, Her­mann-Pe­ter, Von Lu­ther bis Na­po­le­on, in: En­gels, Syl­via /Eber­lein, Her­mann-Pe­ter (Hg.), Die tau­send­jäh­ri­ge Ge­schich­te der Al­ten re­for­mier­ten Kir­che. Pris­ma der Stadt- und Kir­chen­ge­schich­te El­ber­felds, Ka­men 2009, S. 31-42.
Witt­mütz, Volk­mar, Auf den Spu­ren der Re­for­ma­ti­on, in: Goe­bel, Klaus [u.a.], Ge­schich­te der Stadt Wup­per­tal, Wup­per­tal 1977, S. 42-50. 

 
Zitationshinweis

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Wittmütz, Volkmar, Peter Lo, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/peter-lo/DE-2086/lido/5e1c4bd0901159.54018754 (abgerufen am 09.10.2024)