Zu den Kapiteln
Philipp II. von Daun war der letzte mittelalterliche Erzbischof Kölns und zugleich der erste aus einer Reihe kleinerer Grafen- und Herrengeschlechter, die während fast des gesamten 16. Jahrhunderts die Kurwürde für sich erringen konnten. Über sein Episkopat, das nur knapp sieben Jahre währte, und über seine Persönlichkeit ist nur wenig bekannt.
Er wurde 1463 als dritter Sohn von Wirich von Daun-Oberstein (1432-1501) und dessen Frau Margareta von Leiningen (gestorben 1516/1519) geboren. Wie für so viele ihrer nachgeborenen Söhne konnte die pfälzische Linie der eigentlich aus der Eifel stammenden Dauner auch für Philipp schon früh eine Domherrenstelle sichern, vermutlich bereits bald nach der Geburt. Mit 25 wählte ihn das Kölner Domkapitel zum Scholaster, dem Vorsteher der Domschule und die typische Vorstufe für höhere Ämter. Nur ein Jahr später erwarb er die lukrative Domdechanei und wurde damit zum Vorsteher des Domkapitels. Bis dahin dürfte er den üblichen Kursus junger adliger Kanoniker durchlaufen haben, der Aufenthalte an verschiedenen europäischen Hochschulen umfasste und ohne formellen Abschluss zu den niederen Weihen führte. Neben seinen Kölner Pfründen war er in der Zwischenzeit auch in Trier zum Domherren geworden, trat jedoch weder dort noch am Rhein in besondere Erscheinung.
Im Kölner Erzbistum des ausgehenden 15. Jahrhunderts bestand dazu auch kaum Anlass. Mit Hermann IV. von Hessen, Erzbischof von 1480 bis 1508, hatte das Domkapitel einen nach der erfolgreichen Abwehr der burgundischen Belagerung von Neuss 1474/1475 insgesamt friedliebenden und demütigen Regenten gewählt, der sich ganz auf seine diözesanen Aufgaben konzentrierte und den Grafen und Herren großen Einfluss einräumte. Die Erblandesvereinigung von 1463, ein Herrschaftsvertrag zwischen den kurkölnischen Ständen und den Erzbischöfen, hatte allzu weit gehenden fürstlichen Autonomiebestrebungen einen Riegel vorgeschoben. Zukünftig waren die Mitsprache- und Wirkungsrechte etwa bei wichtigen Personalentscheidungen oder Steuererhebungen rechtsverbindlich abgesichert. Dadurch war das Territorium wenn auch nicht finanziell, dann doch aber hinsichtlich des Herrschaftsgleichgewichtes nach den unruhigen Zeiten des Erzbischofs Dietrich II. von Moers stabilisiert worden. In diesem ruhigen Umfeld konnte Philipp von Daun die Einkünfte seiner kirchlichen Ämter genießen und seine wirtschaftlichen Lebensgrundlagen weiter ausbauen: 1499 wurde er zum Dompropst in Straßburg gewählt, das neben Köln das zweite einzig dem Hochadel vorbehaltene Stiftskapitel im Reich besaß, und im Jahr 1506 erlangte er zudem eine Kanonikerstelle am Lambertus-Stift in Lüttich.
Für die Nachfolge Hermann von Hessens hatte neben Philipp auch Erich von Sachsen-Lauenburg (1472-1522) seinen Hut in den Ring geworfen. Allerdings wurde dieser bereits im Februar 1508 vom Münsteraner Domkapitel zum Bischof gewählt und schied damit aus der Kölner Kandidatenliste aus. Während es zwar im Lauf des 16. Jahrhunderts üblich wurde, auch mehrere Bistümer für einen Fürsten zu erwerben, war diese Ämterhäufung in der vorreformatorischen Zeit nahezu ausgeschlossen. Philipp konnte also am 13.11.1508 ohne Gegenkandidaten zum Erzbischof gewählt werden. Dem Domkapitel kam es dabei sicher gelegen, einen einheimischen Kandidaten aus dem alten Eifler Geschlecht der Herren von Daun-Oberstein auf den Bischofsthron erheben zu können, um sich von den auswärtigen Regenten der vergangenen Jahrzehnte abzugrenzen. Gleichzeitig stand Philipp aber auch für ein hohes Maß an Kontinuität, hatte er doch zu den engeren Beratern Hermann von Hessens gehört, so dass eine Fortsetzung von dessen friedlicher Politik zu erwarten war.
Philipp von Daun erhielt keine drei Monate nach seiner Wahl die päpstliche Bestätigung. Das spricht zum einen für eine gewisse persönliche Integrität, zum anderen aber auch für einen gesunden finanziellen Hintergrund, denn die Gebühren für eine solche apostolische Konfirmation waren nicht gering und mussten vom Gewählten selbst gezahlt werden. Noch im selben Jahr empfing er die Bischofsweihe, so dass er schon bei seiner Wahl Priester gewesen sein dürfte. Betrachtet man Philipps Nachfolger im 16. Jahrhundert, ist auch das insofern ungewöhnlich, als dass bis auf Adolf III. von Schaumburg sämtliche Kölner Erzbischöfe dieser Zeit keine höheren Weihen empfangen hatten, um bei Bedarf in den weltlichen Stand zurückkehren zu können, wenn die Familieninteressen es verlangten. Man wird also davon ausgehen können, dass Philipp die Würde und Verpflichtung seines geistlichen Amtes ernst nahm und ihr gerecht werden wollte.
Sein Wirken als Landesherr kann aufgrund fehlender Quellen kaum nachvollzogen werden. Es ist denkbar, dass er sich eher im kirchlichen Bereich engagierte und den Landständen das Feld überließ. Immerhin war das ja ein Grund für seine Wahl gewesen: indem sie sich für einen aus ihrer Mitte entschieden, hofften die kleineren und mittleren Grafen- und Herrenhäuser des Erzstiftes, Versuche von äußerer Beeinflussung abzuwehren und sich selbst einen größtmöglichen Spielraum zu erhalten. Bis mit Gebhard Truchsess von Waldburg und erst recht mit dessen Nachfolger Ernst von Bayern konfessionelle Erwägungen eine Rolle spielten, behielt das Domkapitel als erster unter den kurkölnischen Landständen diese Personalpolitik, die es erstmals bei der Wahl Philipps von Daun angewendet hatte, bei. Insofern ist er vor allem als Typus und Muster von Bedeutung, wenn auch sein geistlicher Lebenswandel nur selten Nachahmung fand.
Sein Episkopat war freilich auch zu kurz, um dauernde Akzente zu setzen: schon nach guten sechs Jahren starb Philipp am 12.2.1515 in Poppelsdorf (heute Stadt Bonn). Er wurde im Kölner Dom an der Seite seines Vorgängers Hermann von Hessen beigesetzt, der sich bewusst gegen ein Hochgrab entschieden und die bescheidenere Variante eines Flachgrabes bevorzugt hatte. Vermutlich fand auch Philipp so seine letzte Ruhe. Als letzter der mittelalterlichen Bischöfe hatte er sich in einer Phase der Stabilität und des Friedens noch ganz seiner geistlichen Aufgabe widmen können; seine Nachfolger waren stets mit den Folgen der Reformation konfrontiert, die zweieinhalb Jahre nach Philipps Tod das Reich erschüttern würde.
Literatur (Auswahl)
Bosbach, Franz, Daun-Oberstein, Philipp Herr von (+ 1515), in: Gatz, Erwin (Hg.), Die Bischöfe des Heiligen Römischen Reiches 1448 bis 1648, Berlin 1996, S. 120-121.
Janssen, Wilhelm, Das Erzbistum Köln im späten Mittelalter, Teil 1 (Geschichte des Erzbistums Köln 2,1), Köln 1995, S. 277-291.
Schwarz, R., Personal- und Amtsdaten der Bischöfe der Kölner Kirchenprovinz von 1500-1800, Köln 1914, S. 4-5.
Schwennicke, Detlev, Europäische Stammtafeln. Neue Folge, Band 17: Hessen und das Stammesherzogtum Sachsen, Marburg 1998, Tafel 122.
Online
Brinkmann, Ulrike, Passionsfenster, 1508 (Information zu dem von Philipp von Daun gestifteten Fenster auf der Website des Kölner Doms). [Online]
Brinkmann, Ulrike, Petrus- und Wurzel Jesse-Fenster, 1509 (Information zu dem von Philipp von Daun gestifteten Fenster auf der Website des Kölner Doms). [Online]
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Bock, Martin, Philipp II. von Daun, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/philipp-ii.-von-daun/DE-2086/lido/57c959e97d6033.99082105 (abgerufen am 09.12.2024)