Philipp II. von Daun

Erzbischof und Kurfürst von Köln (1508-1515)

Martin Bock (Bergheim)

Philipp II. von Daun, Abbildung auf dem Passions-Fenster des Kölner Doms, 1508. (© Hohe Domkirche Köln, Dombauhütte; Foto: Glasrestaurierungswerkstatt)

Phil­ipp II. von Daun war der letz­te mit­tel­al­ter­li­che Erz­bi­schof Kölns und zu­gleich der ers­te aus ei­ner Rei­he klei­ne­rer Gra­fen- und Her­ren­ge­schlech­ter, die wäh­rend fast des ge­sam­ten 16. Jahr­hun­derts die Kur­wür­de für sich er­rin­gen konn­ten. Über sein Epis­ko­pat, das nur knapp sie­ben Jah­re währ­te, und über sei­ne Per­sön­lich­keit ist nur we­nig be­kannt.

Er wur­de 1463 als drit­ter Sohn von Wirich von Daun-Ober­stein (1432-1501) und des­sen Frau Mar­ga­re­ta von Lei­nin­gen (ge­stor­ben 1516/1519) ge­bo­ren. Wie für so vie­le ih­rer nach­ge­bo­re­nen Söh­ne konn­te die pfäl­zi­sche Li­nie der ei­gent­lich aus der Ei­fel stam­men­den Dau­ner auch für Phil­ipp schon früh ei­ne Dom­her­ren­stel­le si­chern, ver­mut­lich be­reits bald nach der Ge­burt. Mit 25 wähl­te ihn das Köl­ner Dom­ka­pi­tel zum Scho­las­ter, dem Vor­ste­her der Dom­schu­le und die ty­pi­sche Vor­stu­fe für hö­he­re Äm­ter. Nur ein Jahr spä­ter er­warb er die lu­kra­ti­ve Dom­de­chanei und wur­de da­mit zum Vor­ste­her des Dom­ka­pi­tels. Bis da­hin dürf­te er den üb­li­chen Kur­sus jun­ger ad­li­ger Ka­no­ni­ker durch­lau­fen ha­ben, der Auf­ent­hal­te an ver­schie­de­nen eu­ro­päi­schen Hoch­schu­len um­fass­te und oh­ne for­mel­len Ab­schluss zu den nie­de­ren Wei­hen führ­te. Ne­ben sei­nen Köl­ner Pfrün­den war er in der Zwi­schen­zeit auch in Trier zum Dom­her­ren ge­wor­den, trat je­doch we­der dort noch am Rhein in be­son­de­re Er­schei­nung.

Im Köl­ner Erz­bis­tum des aus­ge­hen­den 15. Jahr­hun­derts be­stand da­zu auch kaum An­lass. Mit Her­mann IV. von Hes­sen, Erz­bi­schof von 1480 bis 1508, hat­te das Dom­ka­pi­tel ei­nen nach der er­folg­rei­chen Ab­wehr der bur­gun­di­schen Be­la­ge­rung von Neuss 1474/1475 ins­ge­samt fried­lie­ben­den und de­mü­ti­gen Re­gen­ten ge­wählt, der sich ganz auf sei­ne diö­ze­sa­nen Auf­ga­ben kon­zen­trier­te und den Gra­fen und Her­ren gro­ßen Ein­fluss ein­räum­te. Die Er­b­lan­des­ver­ei­ni­gung von 1463, ein Herr­schafts­ver­trag zwi­schen den kur­k­öl­ni­schen Stän­den und den Erz­bi­schö­fen, hat­te all­zu weit ge­hen­den fürst­li­chen Au­to­no­mie­be­stre­bun­gen ei­nen Rie­gel vor­ge­scho­ben. Zu­künf­tig wa­ren die Mit­spra­che- und Wir­kungs­rech­te et­wa bei wich­ti­gen Per­so­nal­ent­schei­dun­gen oder Steu­er­er­he­bun­gen rechts­ver­bind­lich ab­ge­si­chert. Da­durch war das Ter­ri­to­ri­um wenn auch nicht fi­nan­zi­ell, dann doch aber hin­sicht­lich des Herr­schafts­gleich­ge­wich­tes nach den un­ru­hi­gen Zei­ten des Erz­bi­schofs Diet­rich II. von Mo­ers sta­bi­li­siert wor­den. In die­sem ru­hi­gen Um­feld konn­te Phil­ipp von Daun die Ein­künf­te sei­ner kirch­li­chen Äm­ter ge­nie­ßen und sei­ne wirt­schaft­li­chen Le­bens­grund­la­gen wei­ter aus­bau­en: 1499 wur­de er zum Dom­propst in Straß­burg ge­wählt, das ne­ben Köln das zwei­te ein­zig dem Hoch­adel vor­be­hal­te­ne Stifts­ka­pi­tel im Reich be­saß, und im Jahr 1506 er­lang­te er zu­dem ei­ne Ka­no­ni­ker­stel­le am Lam­ber­tus-Stift in Lüt­tich.

Für die Nach­fol­ge Her­mann von Hes­sens hat­te ne­ben Phil­ipp auch Erich von Sach­sen-Lau­en­burg (1472-1522) sei­nen Hut in den Ring ge­wor­fen. Al­ler­dings wur­de die­ser be­reits im Fe­bru­ar 1508 vom Müns­te­ra­ner Dom­ka­pi­tel zum Bi­schof ge­wählt und schied da­mit aus der Köl­ner Kan­di­da­ten­lis­te aus. Wäh­rend es zwar im Lauf des 16. Jahr­hun­derts üb­lich wur­de, auch meh­re­re Bis­tü­mer für ei­nen Fürs­ten zu er­wer­ben, war die­se Äm­ter­häu­fung in der vor­re­for­ma­to­ri­schen Zeit na­he­zu aus­ge­schlos­sen. Phil­ipp konn­te al­so am 13.11.1508 oh­ne Ge­gen­kan­di­da­ten zum Erz­bi­schof ge­wählt wer­den. Dem Dom­ka­pi­tel kam es da­bei si­cher ge­le­gen, ei­nen ein­hei­mi­schen Kan­di­da­ten aus dem al­ten Eif­ler Ge­schlecht der Her­ren von Daun-Ober­stein auf den Bi­schofs­thron er­he­ben zu kön­nen, um sich von den aus­wär­ti­gen Re­gen­ten der ver­gan­ge­nen Jahr­zehn­te ab­zu­gren­zen. Gleich­zei­tig stand Phil­ipp aber auch für ein ho­hes Maß an Kon­ti­nui­tät, hat­te er doch zu den en­ge­ren Be­ra­tern Her­mann von Hes­sens ge­hört, so dass ei­ne Fort­set­zung von des­sen fried­li­cher Po­li­tik zu er­war­ten war.

Phil­ipp von Daun er­hielt kei­ne drei Mo­na­te nach sei­ner Wahl die päpst­li­che Be­stä­ti­gung. Das spricht zum ei­nen für ei­ne ge­wis­se per­sön­li­che In­te­gri­tät, zum an­de­ren aber auch für ei­nen ge­sun­den fi­nan­zi­el­len Hin­ter­grund, denn die Ge­büh­ren für ei­ne sol­che apos­to­li­sche Kon­fir­ma­ti­on wa­ren nicht ge­ring und muss­ten vom Ge­wähl­ten selbst ge­zahlt wer­den. Noch im sel­ben Jahr emp­fing er die Bi­schofs­wei­he, so dass er schon bei sei­ner Wahl Pries­ter ge­we­sen sein dürf­te. Be­trach­tet man Phil­ipps Nach­fol­ger im 16. Jahr­hun­dert, ist auch das in­so­fern un­ge­wöhn­lich, als dass bis auf Adolf III. von Schaum­burg sämt­li­che Köl­ner Erz­bi­schö­fe die­ser Zeit kei­ne hö­he­ren Wei­hen emp­fan­gen hat­ten, um bei Be­darf in den welt­li­chen Stand zu­rück­keh­ren zu kön­nen, wenn die Fa­mi­li­en­in­ter­es­sen es ver­lang­ten. Man wird al­so da­von aus­ge­hen kön­nen, dass Phil­ipp die Wür­de und Ver­pflich­tung sei­nes geist­li­chen Am­tes ernst nahm und ihr ge­recht wer­den woll­te.

Sein Wir­ken als Lan­des­herr kann auf­grund feh­len­der Quel­len kaum nach­voll­zo­gen wer­den. Es ist denk­bar, dass er sich eher im kirch­li­chen Be­reich en­ga­gier­te und den Land­stän­den das Feld über­ließ. Im­mer­hin war das ja ein Grund für sei­ne Wahl ge­we­sen: in­dem sie sich für ei­nen aus ih­rer Mit­te ent­schie­den, hoff­ten die klei­ne­ren und mitt­le­ren Gra­fen- und Her­ren­häu­ser des Erz­stif­tes, Ver­su­che von äu­ße­rer Be­ein­flus­sung ab­zu­weh­ren und sich selbst ei­nen grö­ßt­mög­li­chen Spiel­raum zu er­hal­ten. Bis mit Geb­hard Truch­sess von Wald­burg und erst recht mit des­sen Nach­fol­ger Ernst von Bay­ern kon­fes­sio­nel­le Er­wä­gun­gen ei­ne Rol­le spiel­ten, be­hielt das Dom­ka­pi­tel als ers­ter un­ter den kur­k­öl­ni­schen Land­stän­den die­se Per­so­nal­po­li­tik, die es erst­mals bei der Wahl Phil­ipps von Daun an­ge­wen­det hat­te, bei. In­so­fern ist er vor al­lem als Ty­pus und Mus­ter von Be­deu­tung, wenn auch sein geist­li­cher Le­bens­wan­del nur sel­ten Nach­ah­mung fand.

Sein Epis­ko­pat war frei­lich auch zu kurz, um dau­ern­de Ak­zen­te zu set­zen: schon nach gu­ten sechs Jah­ren starb Phil­ipp am 12.2.1515 in Pop­pels­dorf (heu­te Stadt Bonn). Er wur­de im Köl­ner Dom an der Sei­te sei­nes Vor­gän­gers Her­mann von Hes­sen bei­ge­setzt, der sich be­wusst ge­gen ein Hoch­grab ent­schie­den und die be­schei­de­ne­re Va­ri­an­te ei­nes Flach­gra­bes be­vor­zugt hat­te. Ver­mut­lich fand auch Phil­ipp so sei­ne letz­te Ru­he. Als letz­ter der mit­tel­al­ter­li­chen Bi­schö­fe hat­te er sich in ei­ner Pha­se der Sta­bi­li­tät und des Frie­dens noch ganz sei­ner geist­li­chen Auf­ga­be wid­men kön­nen; sei­ne Nach­fol­ger wa­ren stets mit den Fol­gen der Re­for­ma­ti­on kon­fron­tiert, die zwei­ein­halb Jah­re nach Phil­ipps Tod das Reich er­schüt­tern wür­de.

Literatur (Auswahl)

Bos­bach, Franz, Daun-Ober­stein, Phil­ipp Herr von (+ 1515), in: Gatz, Er­win (Hg.), Die Bi­schö­fe des Hei­li­gen Rö­mi­schen Rei­ches 1448 bis 1648, Ber­lin 1996, S. 120-121.
Jans­sen, Wil­helm, Das Erz­bis­tum Köln im spä­ten Mit­tel­al­ter, Teil 1 (Ge­schich­te des Erz­bis­tums Köln 2,1), Köln 1995, S. 277-291.
Schwarz, R., Per­so­nal- und Amts­da­ten der Bi­schö­fe der Köl­ner Kir­chen­pro­vinz von 1500-1800, Köln 1914, S. 4-5.
Schwen­ni­cke, Det­lev, Eu­ro­päi­sche Stamm­ta­feln. Neue Fol­ge, Band 17: Hes­sen und das Stam­me­s­her­zog­tum Sach­sen, Mar­burg 1998, Ta­fel 122.

Online

Brink­mann, Ul­ri­ke, Pas­si­ons­fens­ter, 1508 (In­for­ma­ti­on zu dem von Phil­ipp von Daun ge­stif­te­ten Fens­ter auf der Web­site des Köl­ner Doms). [On­line]
Brink­mann, Ul­ri­ke, Pe­trus- und Wur­zel Jes­se-Fens­ter, 1509 (In­for­ma­ti­on zu dem von Phil­ipp von Daun ge­stif­te­ten Fens­ter auf der Web­site des Köl­ner Doms). [On­line]

 
Zitationshinweis

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Bock, Martin, Philipp II. von Daun, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/philipp-ii.-von-daun/DE-2086/lido/57c959e97d6033.99082105 (abgerufen am 14.12.2024)