Zu den Kapiteln
Philipp von Heinsberg schuf in seinem 24-jährigen Episkopat wesentliche Grundlagen für die Ausbildung des Kölner Territoriums und erwarb das Herzogtum Westfalen für die Kölner Kirche. Seine enge Bindung an Kaiser Friedrich I. Barbarossa (Regierungszeit 1152-1190) und König Heinrich VI. (Regierungszeit 1190-1197) zeigte sich durch zahlreiche Gesandtschaften und seine Unterstützung im Konflikt mit Papst Alexander III. (Pontifikat 1159-1181); sie wurde nur für kurze Zeit unterbrochen, als Philipp stärker territoriale Interessen verfolgte.
Philipp wurde um 1130 als jüngster Sohn Goswins II. von Heinsberg-Valkenburg (vor 1130-1167) und dessen Frau Adelheid (gestorben vor 1180), Tochter des sächsischen Pfalzgrafen Friedrich II. von Sommerschenburg (um 1100-1162), geboren. Er hatte drei ältere Brüder und fünf Schwestern. Sein ältester Bruder Gottfried (gestorben nach 1181) war für die väterliche Nachfolge bestimmt, so dass Philipp eine geistliche Karriere anstrebte. Er besuchte in der Stiftsschule von St. Andreas in Köln den Unterricht des Scholasters Gottfried, der ihn als magister et paedagogus zu weiterführenden Studien nach Reims begleitete. Seine Ausbildung schloss er mit einem Magistertitel ab.
Nach seiner Rückkehr aus Frankreich begegnet er 1156 als Kölner Domdekan und 1165 auch als Dompropst und Archidiakon von Lüttich. Sein Aufstieg erfolgte im Umfeld Erzbischof Rainalds von Dassel. Im Auftrag des abwesenden Erzbischofs verteidigte Philipp 1164 die Burg Rheineck und das Erzbistum gegen einen Einfall des Pfalzgrafen Konrad (um 1140-1195) und bewies so, dass er nicht nur verwaltungserfahren, sondern auch kriegstüchtig war. Im Herbst 1165 und im Frühjahr 1166 ist Philipp am Hof Kaiser Friedrichs I. Barbarossa anzutreffen, dem er gemeinsam mit Erzbischof Rainald im Oktober 1166 nach Oberitalien nachreiste.
Dort, im Lager vor Brescia, ernannte ihn der Kaiser wohl auf Rainalds Empfehlung hin am 6.1.1167 zum Leiter der Reichskanzlei. Als Kanzler blieb Philipp am kaiserlichen Hof und folgte dessen Zug durch Oberitalien, während sein Förderer Rainald sich nach Süden wandte, um dem Heer den Weg nach Rom zu bahnen. Als die Römer sich Ende Mai dem Erzbischof bei Tusculum in den Weg stellten, eilte Philipp ihm mit Truppen zu Hilfe. Philipp befand sich auch im Lager vor Rom als die verheerende Seuche ausbrach, an der Erzbischof Rainald starb (14.8.1167). Kaiser Friedrich wandte sich daraufhin an die Kölner und empfahl seinen Kanzler als einzig würdigen Nachfolger Rainalds. Die Kölner entsprachen dem kaiserlichen Wunsch und wählten im Herbst 1167 Philipp zu ihrem Bischof. Bis Juni 1168 blieb Philipp noch in Oberitalien, reiste dann auf dem Seeweg von Pisa nach Fréjus in die Provence und von dort weiter nach Köln, wo er Mitte August eintraf. Am 29.9.1168 weihte ihn Bischof Gottfried von Utrecht (Episkopat 1156-1177/1178) in Köln zum Erzbischof.
Als Erzbischof war Philipp regelmäßig am kaiserlichen Hof, krönte Friedrichs erst vierjährigen Sohn Heinrich in Aachen zum König (15.8.1169) und nahm als Erzkanzler für Italien am fünften Italienzug (1174-1178) teil. Seiner diplomatischen Fähigkeiten wegen betraute ihn Friedrich Barbarossa mit zahlreichen, wichtigen Missionen und Streitschlichtungen. Bereits im Herbst 1168 versuchte Philipp in kaiserlichem Auftrag in der Auseinandersetzung zwischen König Heinrich II. von England (Regierungszeit 1154-1189) und König Ludwig VII. von Frankreich (Regierungszeit 1137-1180) zu vermitteln. Ebenso war er an den Verhandlungen über die Beilegung des Konflikts zwischen Kaiser Friedrich Barbarossa und Papst Alexander III. und den Lombarden maßgeblich beteiligt: Sie führten zum Vorfrieden von Anagni (1176) und dem Friedensvertrag von Venedig (1177). Erzbischof Philipp beschwor, unterzeichnete und besiegelte den Friedensvertrag gemeinsam mit den übrigen Fürsten. Dadurch erhielt er die Bestätigung seiner Bischofswürde und nachdem er Papst Alexander III. Gehorsam geschworen hatte, von diesem im August 1177 auch das Pallium.
In der Kölner Kirchenprovinz gelang es Erzbischof Philipp durch den Bau und Kauf zahlreicher Burgen, durch den Erwerb von Landgütern und Rechtsansprüchen sowie durch den Ausbau des erzbischöflichen Lehnshofes und durch die Förderung der Kölner Ministerialität das erzbischöfliche Territorium gezielt auszubauen und zu festigen. Hierfür musste er allerdings erhebliche finanzielle Mittel aufbringen, die das Erzbistum stark belasteten. Nach dem Sturz Heinrichs des Löwen, Herzog von Sachsen und Bayern (Regierungszeit 1142-1180 beziehungsweise 1156-1180), an dem Erzbischof Philipp 1180 aktiv mitgewirkt und bedeutenden Anteil hatte, wurde das Kölner Erzbistum beträchtlich erweitert und erhielt durch die Gelnhäuser Urkunde vom 13.4.1180 das Herzogtum Westfalen (ducatus Westfaliae et Angariae). Der Befestigung der Stadt Köln durch ihre Bürger, die Philipp verboten hatte und daher sehr widerwillig aufnahm, stimmte er schließlich in einem Kompromiss Mitte 1180 zu. An geistlichen Gemeinschaften förderte der Erzbischof insbesondere die Zisterzienser, deren Gründung Heisterbach er ebenso unterstützte wie die Frauenklöster Hoven und Walberberg, sowie die regulierten Augustinerchorherren in Mechtern und Neuss. In geistigem Austausch und Kontakt stand er auch zu Hildegard von Bingen (1098-1179) und Wibert von Gembloux (1124/25-circa 1213).
Erzbischof Philipp erlangte im Nordwesten des Reiches ein Machtpotential, das Kaiser Friedrich Barbarossa missfallen musste, der sich nun darum bemühte, der Machtkonzentration durch ein Bündnissystem im Westen des Reiches (Luxemburg, Namur, Hennegau) entgegenzuwirken. Zwischen Erzbischof und Kaiser gab es vermehrt unterschiedliche Auffassungen: Auf dem Mainzer Hoffest von Mai 1184 kam es zu einem Rangstreit zwischen Erzbischof Philipp und Abt Konrad von Fulda (Amtszeit 1177-1192) um den Platz zur Linken des Kaisers. Friedrich Barbarossa bat den Erzbischof um des Friedens willen nachzugeben, was zu einer Verstimmung Philipps führte, der nur mit Mühe zum Verbleiben aufgefordert werden konnte. Zwar führte Philipp eine weitere kaiserliche Mission im September 1184 nach England, wo er den Abschluss eines englisch-staufischen Bündnisses vorbereitete, doch söhnte er sich gleichzeitig mit dem Gegner des Kaisers, dem dort im Exil lebenden Heinrich dem Löwen aus. In der Folge zog sich der Kölner Erzbischof vom Kaiserhof zurück, verharrte mehrere Jahre in Opposition (1184-1188) und nahm auch am sechsten Italienzug (1184-1186) nicht teil. Im Konflikt zwischen Friedrich Barbarossa und Papst Urban III. (Pontifikat 1185-1187) stellte sich Philipp nun auf die Seite des Papstes, der ihn zum päpstlichen Legaten in seiner Erzdiözese berief. Eine Versöhnung erfolgte erst nach Urbans Tod (20.10.1187) auf dem Mainzer Hoftag am 27.3.1188, wo Kaiser Friedrich Barbarossa auch seine Teilnahme am Kreuzzug bekannt gab.
Zugleich normalisierte sich seine Beziehung zu König Heinrich VI. Im März 1190 wirkte Erzbischof Philipp an der Aussöhnung zwischen Heinrich VI. und Heinrich dem Löwen mit. Nach dem Tod des Kaisers (10.6.1190) schickte der König den Kölner Erzbischof im November 1190 nach Italien voraus. Dort sollte Philipp mit der Kurie über die seit langem zugesagte Kaiserkrönung Heinrichs und seiner Gattin Constanze von Sizilien (1154-1198) verhandeln. Der selbst erst kurz zuvor konsekrierte Papst Coelestin III. (Pontifikat 1191-1198) krönte am Ostersonntag 1191 (15. April) das Paar. Nach den Feierlichkeiten begleitete Erzbischof Philipp den Kaiser auf dessen Zug nach Süditalien. Bei der Belagerung Neapels brach eine Seuche im Heer aus, vermutlich die Pest, an der Philipp am 13.8.1191 starb; er erlitt somit ein ähnliches Schicksal wie sein Vorgänger und Förderer Rainald von Dassel. Philipps Gebeine wurden nach Köln überführt und am 26.9.1191 feierlich neben dem Grab seines Vorgängers im Kölner Dom (heute Maternuskapelle) bestattet.
Quellen (Auswahl)
Die Regesten der Erzbischöfe von Köln im Mittelalter, Band 2, bearb. von Richard Knipping, Bonn 1901, Nachdruck Düsseldorf 1985, S. 162-286.
Literatur (Auswahl)
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Burkhardt, Stefan, Mit Stab und Schwert. Bilder, Träger und Funktionen erzbischöflicher Herrschaft zur Zeit Kaiser Friedrich Barbarossas. Die Erzbistümer Köln und Mainz im Vergleich, Ostfildern 2008.
Esser, Friedrich Josef, Studien zum Kölner Erzbischof Philipp von Heinsberg, [Diss., maschinenschriftlich] Köln 1955.
Kallen, Gerhard, Philipp von Heinsberg, Erzbischof von Köln (etwa 1130-1191), in: Rheinische Lebensbilder 1 (1961), S. 12-29.
Oediger, Friedrich Wilhelm, Das Bistum Köln von den Anfängen bis zum Ende des 12. Jahrhunderts (Geschichte des Erzbistums Köln 1), 2. Auflage, Köln 1972, S. 156-167.
Philipp von Heinsberg. Erzbischof und Reichskanzler (1167-1191), Studien und Quellen, Heinsberg 1991.
Weinfurter, Stefan, Erzbischof Philipp von Heinsberg und der Sturz Heinrichs des Löwen, in: Vollrath, Hanna/Weinfurter, Stefan (Hg.), Köln. Stadt und Bistum in Kirche und Reich des Mittelalters. Festschrift für Odilo Engels zum 65. Geburtstag, Köln 1993, S. 455-481.
Online
Steinmann, Marc, Grabmal Philipp von Heinsberg, um 1300 (Information auf der Website des Kölner Doms). [Online]
Weiß, Stefan, „Philipp v. Heinsberg", in: Neue Deutsche Biographie 20 (2001), S. 381. [Online]
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Brunsch, Swen Holger, Philipp von Heinsberg, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/philipp-von-heinsberg/DE-2086/lido/57c959bb27a8d4.58344253 (abgerufen am 12.10.2024)