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Pilgrim verkörpert in exemplarischer Weise den Typ des „Reichsbischofs" der ottonisch-salischen Zeit. Er gehörte zu den herausragenden Bischöfen seiner Zeit und muss als einer der bedeutendsten Kölner Erzbischöfe des Mittelalters gelten.
Pilgrim entstammte der bayerischen Adelssippe der Aribonen, deren Stammtafel auf der Basis der Leitnamen und vereinzelten Nennungen in Nekrologen und anderen Quellen unterschiedlich konstruiert worden ist. So bleiben auch das Geburtsjahr Pilgrims (um 985) und der Grad der Verwandtschaft mit Kaiser Heinrich II. (Regierungszeit 1002-1024) letztlich unbestimmt. Von großer Bedeutung für die geistliche Karriere Pilgrims war es, dass er die Förderung Erzbischof Hartwigs von Salzburg (Episkopat 991-1023) genoss und die damals in hohem Ansehen stehende Schule des Salzburger Domes besuchte, wo er auch ein Kanonikat erlangte. Die exzellente Ausbildung Pilgrims – später wurden besonders seine musikalischen und mathematischen Kenntnisse gerühmt – war sicherlich ausschlaggebend dafür, dass er durch die Vermittlung Hartwigs vor 1015 in die Hofkapelle berufen wurde und das Vertrauen Heinrichs II. erlangte. In der Hofkapelle, der Zentrale des Reiches für Gottesdienst, Urkundenausstellung und andere Verwaltungsaufgaben, begegnete Pilgrim dem ersten Bischof von Bamberg, Eberhard von Abenberg (Episkopat 1007-1040). Dieser stand ebenso wie Erzbischof Hartwig von Salzburg dem Kaiser nahe. Beide Bischöfe dürften mit dafür verantwortlich gewesen sein, dass der Kaiser Pilgrim (wohl Anfang 1016) zum Dompropst von Bamberg bestellte. Dies war insofern eine hochwichtige Position, als Heinrich II. mit der Gründung des Bistums Bamberg im Jahre 1007 unter anderem das Ziel verfolgte, die dortige Domschule zu einer herausragenden Ausbildungsstätte für künftige Bischöfe zu machen.
Als Dompropst war Pilgrim nicht nur Vorgesetzter der Domkanoniker, sondern auch der Domschule und der Dombibliothek zu Bamberg, der Heinrich II. zahlreiche Handschriften schenkte. Da Eberhard von Abenberg auch nach seiner Bischofernennung in der Hofkapelle verblieben und 1013 sogar zum Erzkanzler für Italien aufgestiegen war, unterhielt er in Bistum und Hofkapelle/Hofkanzlei engste Beziehungen zu Pilgrim. Dass der Kaiser Pilgrim 1016 zum Kanzler für Italien ernannte und in der Folge mit besonderen Missionen und Verhandlungen in Italien betraute, ist vor diesem Hintergrund zu sehen. Pilgrim gehörte also nicht nur zu den engsten Vertrauten und Ratgebern Heinrichs II., sondern auch zur geistig-geistlichen Elite des Reiches. Dabei ist mit zu bedenken, dass die geistlich fundierte Herrschaftsprogrammatik, die sich in den Diplomen, Siegeln, Bullen und Münzen offenbart, stärker als bisher angenommen von den Führungskräften der Hofkapelle formuliert wurde. Dass Pilgrim aufgrund seiner außergewöhnlichen Bildung und Gelehrsamkeit daran beteiligt war, kann als sicher gelten, auch wenn sich die Quellen diesbezüglich ausschweigen.
Heinrich II., der bekanntlich rigoros das königliche Recht der Bistumsbesetzung ausübte, bestellte nach dem Tod des Kölner Erzbischofs Heribert 1021 Pilgrim zu dessen Nachfolger. Der Kaiser entschied sich damit für einen engen Vertrauten, der nach Herkunft und Fähigkeiten die besten Voraussetzungen für die Leitung eines der wichtigsten Bistümer mitbrachte. Es fällt auf, dass Pilgrim gegenüber seinem Onkel Aribo, der allerdings erst später in die Hofkapelle eingetreten war, den Vorzug erhielt; vielleicht ist Aribo der damals als noch vornehmer geltende Mainzer Erzstuhl zugesagt worden, den dieser dann tatsächlich einige Monate später, im September 1021, in Besitz nahm (Episkopat bis 1031). Am 29.6.1021, dem Fest des heiligen Petrus, des Patrons des Kölner Domes, erhielt Pilgrim unter Assistenz vieler Bischöfe in Köln die Bischofsweihe. Der Kaiser und die Kaiserin waren aus diesem Anlass für einige Tage nach Köln gekommen, woraus sich ihre besondere Verbundenheit mit Pilgrim und dessen hohe Wertschätzung ablesen lassen.
Zum Wirken Erzbischof Pilgrims und zu seinen Erfolgen in Stadt, Erzbistum und Kirchenprovinz Köln wie auch in Hofkapelle, Reich und Kirche (einschließlich der Beziehungen zum Papst und zu den konkurrierenden Erzbischöfen von Mainz und Trier) gibt es bisher keine umfassende moderne Darstellung. Schon 1022 agierte Pilgrim weit außerhalb seines Erzbistums, indem er im Auftrag Heinrichs II. einen Teil des kaiserlichen Heerbanns in Süditalien befehligte, mit dem er Capua besetzte und Salerno einnahm. Den Italienaufenthalt nutzte Pilgrim, um sich bei Papst Benedikt VIII. (Pontifikat 1012-1024) das Pallium abzuholen. Anlässlich einer weiteren Romreise um die Jahreswende 1023/1024 erhielt Pilgrim besondere Ehrenrechte, zu denen auch die Würde des Bibliothekars des Heiligen Apostolischen Stuhles gehörte.
Die Gründung der Abtei Brauweiler durch Pfalzgraf Ezzo unterstütze Pilgrim, indem er dieser im April 1024 den bedeutenden Reformabt Poppo (978-1048) vermittelte, der 1020 vom Kaiser zum Abt von Stablo-Malmédy berufen worden und später nach St. Maximin in Trier gewechselt war. Bei der Königswahl Anfang September 1024 konnte Pilgrim seinen Kandidaten Konrad den Jüngeren, einen Vetter des dann gewählten Königs Konrad II. (Regierungszeit bis 1039), nicht durchsetzen und verließ vorzeitig den Wahlort. War damit sein Verhältnis zum neuen Reichsoberhaupt belastet, so gelang es Pilgrim doch, die Gunst des Königs zu gewinnen. Aribo von Mainz weigerte sich nämlich wegen kanonischer Bedenken gegen die Ehe Konrads II., dessen Gattin Gisela zu krönen. Daraufhin bat Pilgrim den König, die Krönung Giselas vornehmen zu dürfen, die dann auch am 21.9.1024 im Dom zu Köln stattfand. Wie sehr Pilgrim die zunehmende Distanz zwischen Aribo und Konrad II. für sich weiter nutzen konnte, zeigt sich darin, dass er in der Folge häufig als Zeuge und als Intervenient in den Diplomen Konrads II. erscheint und schließlich auch zu Ostern 1028 dessen Sohn und Thronerben, den 10-jährigen Heinrich III. (Regierungszeit 1039-1056), in Aachen zum König krönte.
Die Numismatiker gehen davon aus, dass nach der Kaiserkrönung Konrads II. von 1027 Pilgrim das Münzrecht verliehen wurde, auch wenn das nicht förmlich überliefert ist. Jedenfalls hat Pilgrim als erster Erzbischof nach Bruno wieder eine Münzstätte in Köln betrieben. Die Rückseitenlegende der Pilgrim-Denare lautet: SANCTA COLONIA. Das war über die Angabe des Prägeortes hinaus ein Programm, das sich auch auf der ersten Bleibulle findet, mit der Pilgrim siegelte. Eine Steigerung des Ehrentitels des „Heiligen Köln" weist die spätere (zweite) Bleibulle Pilgrims auf. Die Umschrift der Rückseite – SANCTA COLONIENSIS RELIGIO – wird im Siegelfeld durch die personifizierte Darstellung der drei theologischen Tugenden Fides, Spes und Caritas (Glaube, Hoffnung und Liebe) erläutert. Pilgrim war der einzige (Erz)Bischof nördlich der Alpen, der zwei Bleibullen führte. Mit ihrer Verwendung stellte er sich auf eine Stufe mit dem Papst und dem König beziehungsweise Kaiser. Wie die Gestaltung der Bullen zeigt, beanspruchte Pilgrim für das Erzbistum Köln und sich selbst eine herausgehobene Stellung im damaligen christlichen Erdkreis. Dies muss vor allem im Hinblick auf die schon länger andauernden Rangstreitigkeiten zwischen den drei Erzbischöfen von Trier, Mainz und Köln gesehen werden. Dass Köln sich unter Pilgrim einen Zugewinn an Ansehen und Einfluss auf Kosten von Mainz verschaffen konnte, zeigt die Tatsache, dass Konrad II. nach dem Tod Aribos 1031 die Erzkanzlerwürde für Italien von dem Mainzer Erzstuhl abzog und Pilgrim übertrug.
Da Pilgrim nicht mehr wie ehedem unter Heinrich II. zu den engsten Vertrauten des Kaisers zählte, konnte er sich mehr um seine Aufgaben als Erzbischof und Stadtherr von Köln kümmern. Seine Fürsorge galt unter anderem den Abteien Deutz und Brauweiler. Ein besonderes Anliegen waren ihm die Klosterschulen, insbesondere die Domschule, die Pilgrim auch visitierte. Die Dombibliothek erstellte in den Jahren seines Episkopats ein heute noch erhaltenes Ausleihverzeichnis. An der Abtei St. Pantaleon, damals noch unmittelbar vor den Toren der Stadt Köln gelegen, erfolgten in der Pilgrim-Zeit wichtige Baumaßnahmen (Saalverlängerung und Westbau II). Einen neuen stadtplanerischen Akzent setzte Pilgrim durch den Ausbau der westlichen Kölner Vorstadt, wo er das Stift St. Aposteln gründete. Hier – nicht im Dom – wurde Pilgrim nach seinem am 25.8.1036 erfolgten Tod auch beigesetzt.
Heute ist in Köln eine Straße nach dem bedeutenden Erzbischof benannt.
Quellen (Auswahl)
Die Regesten der Erzbischöfe von Köln im Mittelalter, Band 1, bearb. von Friedrich Wilhelm Oediger, Bonn 1954-1961, S. 206-225.
Literatur (Auswahl)
Diederich, Toni, SANCTA COLONIA – SANCTA COLONIENSIS RELIGIO. Zur „Botschaft" der Bleibullen Erzbischof Pilgrims von Köln (1021-1036), in: Rheinische Vierteljahrsblätter 75 (2011), S. 1-49.
Pfenninger, Max, Kaiser Konrads II. Beziehungen zu Aribo von Mainz, Pilgrim von Köln und Aribert von Mailand: quellenmäßig beleuchtet, Breslau 1891.
Schnürer, Gustav, Pilgrim, Erzbischof von Köln. Studien zur Geschichte Heinrichs II. und Konrads II., phil. Diss. Münster 1883.
Stracke, Gottfried, Pilgrim – Bauherr von St. Aposteln zu Köln, in: Archäologie in Deutschland 8 (1992), S. 6-9.
Online
Erzbischof Pilgrim (Biographische Kurzinformation inklusive Abbildung eines Pilgrim-Denars auf der Website des Kölner Doms). [Online]
Seibert, Hubertus, „Pilgrim", in: Neue Deutsche Biographie 20 (2001), S. 440-441. [Online]
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Diederich, Toni, Pilgrim, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/pilgrim/DE-2086/lido/57c95a9c1e8bc3.90155954 (abgerufen am 12.10.2024)