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Poppo von Babenberg gehört zu den herausragenden Persönlichkeiten der Trierer Kirchengeschichte des Mittelalters. Neben seiner Bedeutung in der Reichspolitik ist er vor allem durch die Westerweiterung des Trierer Domes, den Umbau der Porta Nigra zum Simeonstift und die Förderung der Verehrung des heiligen Simeon hervorgetreten.
Poppo war der Sohn des Markgrafen Leopold I. von Babenberg (940-994) und der fränkischen Herzogstochter Richeza. Er wuchs in Regensburg auf und wurde 1007 von König Heinrich II. (Regierungszeit 1002-1024) zum Dompropst des neu gegründeten Bistums Bamberg bestimmt. Heinrich II. gestaltete Bamberg nach dem Idealplan einer ottonischen Stadt in Form eines Kreuzes. Bereits 1012 wurde der Dom in Gegenwart von mehr als 30 Bischöfen geweiht, 1009 die Stiftskirche St. Stephan, 1015 das Benediktinerkloster St. Michael, später dann noch St. Gangolph und St. Jakob. Der zielstrebige Ausbau der neugegründeten Bischofsstadt und ihre große Bedeutung in der Reichspolitik waren Ereignisse, die Poppo nachdrücklich prägten und die auch für seine Zeit als Trierer Erzbischof von Bedeutung gewesen sein dürften.
Nach dem Tod des Trierer Erzbischofs Ludolf (Episkopat 994-1008) kam es 1008 zu einer Doppelwahl: Kontrahenten waren der Luxemburger Adalbero (Episkopat 1008-1015 Kein Bischof), Propst von St. Paulin, und der von Kaiser Heinrich II. als Bischof eingesetzte Mainzer Dompropst Megingaud (Episkopat 1008-1015). Da Adalbero Trier besetzt hielt, konnte Megingaud die Stadt nicht betreten und residierte bis zu seinem Tod 1015 in Koblenz. Zu seinem Nachfolger bestimmte Kaiser Heinrich II. Poppo von Babenberg, geleitete ihn persönlich nach Trier, ließ ihn dort bestätigen und durch den Mainzer Erzbischof Erkanbald (Episkopat 1011-1021) weihen. Damit wurde die Moselfehde beendet, die Expansion Luxemburgs nach Osten gebremst. Kaiser Heinrich II. förderte den Ausbau des Erzstifts und schenkte der Trierer Kirche 1018 den Königshof Koblenz und das Stift St. Florin. Seitdem hatte das spätere Kurfürstentum zwei Herrschaftsschwerpunkte, wobei der Koblenzer Besitz seine wirtschaftliche Lage wesentlich verbesserte. Nach Heinrichs Tod (1024) spielte Poppo in der Umgebung König Konrads II. (Regierungszeit 1024-1039) eine wichtige Rolle, begeleitete ihn 1026 auf seiner Romfahrt und nahm an seiner Kaiserkrönung teil.
Poppo erwies sich unter den drei Kaisern Heinrich II., Konrad II. und Heinrich III. (Regierungszeit 1039-1056) als zuverlässige Stütze der Reichspolitik. Er bemühte sich auch um die Kirchenreform, gründete die Abtei St. Maria ad martyres, deren Mönche in der Moselfehde vertrieben worden waren, neu und wandelte das Kloster Pfalzel in ein Stift um.
Poppo von Babenberg hat wie kaum ein anderer Erzbischof das Gesicht des heiligen Trier im Mittelalter geprägt. Ihm sind die Westerweiterung des Trierer Domes und der Umbau (und damit die Erhaltung) der Porta Nigra zu einer Stiftskirche zu verdanken. Der Trierer Dom war trotz mancher Sicherungsarbeiten unter Erzbischof Egbert immer noch in einem baufälligen Zustand. Poppo sicherte die Statik des römischen Quadratbaues und ließ eine eingestürzte Vierungssäule wieder herstellen. Vermutlich geht auf ihn auch der Bau einer vierschifigen Krypta im Osten zurück. Da der Dom keine Heiligengräber besaß, ließ Poppo 1037 einen der drei Bistumsgründer, den heiligen Maternus, aus St. Eucharius in den Dom überführen und möglicherweise in der Krypta bestatten.
Anschließend fand eine erhebliche Erweiterung der Kirche nach Westen statt, wobei die Baumeister sich an den durch das römische Bauwerk vorgegebenen Maßen orientierten. Zum Domfreihof hin wurde eine prächtige Westfassade errichtet, die den Repräsentationsbedürfnissen eines Vertreters der ottonisch-salischen Reichskirche entsprach: Eine hoch aufragende Zweiturmfassade mit zwei Portalen, zwei Zwerggalerien, einer mächtigen, vorspringenden Apsis und zwei flankierenden Treppentürmen, die unter Erzbischof Udo von Nellenburg (Episkopat 1066-1078) vollendet wurde. Nachträglich wurde unter dem Westchor die heute noch bestehende Krypta mit dem Blasiusaltar eingerichtet. Mit der Einrichtung eines Westchores und einer Westkrypta war eine Doppelchoranlage entstanden, die einen Vergleich mit den Kaiserdomen in Speyer, Worms und Mainz nicht zu scheuen braucht. Als Poppo am 16.6.1047 bei großer Hitze die Baustelle betrat, erlitt der kahlköpfige Erzbischof einen Hitzschlag und starb. Poppo von Babenberg wurde nicht im Dom begraben, sondern in der von ihm gegründeten Stiftskirche St. Simeon. 1026 hatte er den Eremiten und Pilgerführer Simeon (gestorben 1035) kennen gelernt, der in einer Erbangelegenheit in die Normandie gereist war. Mit diesem zog Poppo wohl 1027-1030 ins Heilige Land. Nach der Rückkehr blieb Simeon in Trier und ließ sich als Inkluse unter Beteiligung von Klerus und Volk in einer Zelle in der Porta Nigra einmauern.
Nach Simeons Tod 1035 verfasste Eberwin (gestorben 1040), Abt des Benediktinerklosters Tholey und des Trierer Kloster St. Martin, einer der führenden Köpfe der benediktinischen Reformbewegung um Abt Richard von Saint-Vanne (gestorben 1046) in Verdun, eine Vita des Verstorbenen. Damit wandte sich Poppo an Papst Bendikt IX. (Pontifikat 1032-1048) mit der Bitte um Heiligsprechung Simeons. Diese erfolgte innerhalb weniger Monate. Nach der Heiligsprechung des Augsburger Bischofs Ulrich (Episkopat 923-973) 993 handelt es sich um das zweite offizielle Kanonisierungsverfahren überhaupt. Dies macht die großen Ziele deutlich, die der Erzbischof mit der Kanonisierung des Eremiten verfolgte.
Erzbischof Poppo gründete das Simeonsstift – die einzige Neugründung im hochmittelalterlichen Trier – und ließ die Porta Nigra zu einer Kirche umbauen: Das Sockelgeschoß mit den beiden Durchfahrten wurde zuschüttet und eine 16 Meter breite Freitreppe errichtet, die zu einem Platz vor dem ersten Geschoß hinaufführte, einer dreischiffigen Hallenkirche, die als Pilgerkirche diente. Das zweite Obergeschoß wurde zur Kirche der Stiftsherren ausgebaut, zu einer dreischiffigen Basilika mit überhöhtem Mittelschiff. Ebenfalls auf Poppo dürfte das zusätzliche Freigeschoss und sein Turmhelm im Westen zurückgehen, dessen Doppelarkaden an die der Domtürme erinnerten. Der Turm war wohl nur unwesentlich niedriger als der der Kathedralkirche.
Das Simeonstift besaß eine bedeutende Bibliothek und war eine Stätte der Gelehrsamkeit, an der einige berühmte Gelehrte bepfründet waren. 1802 wurde das Stift aufgehoben. Napoleon soll bei seinem Trierbesuch 1804 verfügt haben, die kirchlichen Einbauten zu entfernen. In den Jahren 1804 bis 1815 wurden die meisten mittelalterlichen Teile abgetragen, nur der Chorunterbau des 12. Jahrhunderts blieb aus statischen Gründen stehen. Die Umwandlung in ein Stift hatte es ermöglicht, dass die Porta Nigra als einziges der vier römischen Stadttore Triers erhalten blieb.
In der Stiftskirche, am Grab des heiligen Simeon beim Allerheiligenaltar, wurde Erzbischof Poppo 1047 begraben. Als Pilgerkirche hat das Stift nur eine untergeordnete Rolle gespielt, doch um 1500 häufen sich auch die Anzeichen für eine Verehrung des Stiftsgründers. 1517 ließ Kaiser Maximilian I. (Regierungszeit 1493-1519), der den Babenberger zu seinen Vorfahren rechnete, das Grab öffnen. Albrecht Dürer (1471-1528) hat 1515 auf seinem Holzschnitt mit den „Schutzheiligen des Hauses Österreich" den heiligen Poppo bereits darstellt. Der Freiburger Humanist Jakob Mennel (1460-1528) wurde nach Trier geschickt, um in den dortigen Klosterbibliotheken nach Poppo zu forschen. Doch die Reformation und der Tod des Kaisers verhinderten eine Heiligsprechung.
Poppo entsprach dem Bischofsideal der Zeit der ottonisch-salischen Reichskirche. Er trat als Bauherr seiner Kathedralkirche hervor – woran sich mehrere Kaiser und Könige finanziell beteiligten – und wertete sie durch die Translation eines heiligen Bischofs auf, gründete ein Stift und errichtete eine Kirche, die gleichzeitig auch als Wallfahrts- und als Grabeskirche diente. Er unternahm eine Pilgerfahrt ins Heilige Land, war von eremitischen Lebensformen angetan, betrieb zielgerichtet einen Kanonisierungsprozeß, bemühte sich um die Klosterreform und besaß auch eine karitative Ader: So überließ er den Armen an einem Weißen Sonntag sein Pferd, als sie ihm zuriefen, für seine als Almosen gegebenen Münzen könnten sie nichts kaufen.
Quellen
Wyttenbach, Johannes H./Müller, F. J. (Hg.), Gesta Trevirorum integra, Band 1, Trier 1838, cap. 48-57.
Brower, Christoph/Masen, Jacob, Antiquitatum et annalium Trevirensium Libri XXV. Band 1, Leyden 1670, S. 503-524
Acta Sanctorum. Juni 1, Paris 1867, S. 85-104.
Literatur
Gose, Erich (Hg.), Die Porta Nigra in Trier, Trier 1969.
Haverkamp, Alfred, Simeon von Trier in universalen Zusammenhängen, in: Neues Trierisches Jahrbuch 44 (2004), S. 21-32.
Heyen, Franz-Josef, Die Porta Nigra in Trier, Berlin/New York 2002.
Sauser, Ekkart, Artikel „Poppo von Babenberg", in: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon 15 (1999), Spalten 1185-1188.
Schmid, Wolfgang, Poppo von Babenberg († 1047). Erzbischof von Trier - Förderer des hl. Simeon - Schutzpatron der Habsburger, Trier 1998.
Schmid, Wolfgang, Poppo von Babenberg, Erzbischof von Trier (1016-1047), in: Rheinische Lebensbilder 19 (2013), S. 13-32.
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Schmid, Wolfgang, Poppo von Babenberg, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/poppo-von-babenberg/DE-2086/lido/57c95b4fa006b9.19616328 (abgerufen am 03.12.2024)