Rainald von Dassel

Erzbischof von Köln (1120-1167)

Swen Holger Brunsch (Swisttal)

Rainald von Dassel, Liegefigur aus Kalkstein auf dem Hochgrab im Kölner Dom, 1905 von Alexander Iven (1854-1934) anstelle der Ende des 18. Jahrhunderts zerstörten mittelalterlichen Bronzefigur angefertigt. (Rheinisches Bildarchiv)

Rai­nald von Das­sel war ei­ner der engs­ten Ver­trau­ten und Be­ra­ter Kai­ser Fried­rich Bar­ba­ros­sas (Re­gie­rungs­zeit 1155-1190). Die­ser be­stell­te ihn zum Reichs­kanz­ler, för­der­te sei­ne Wahl zum Erz­bi­schof von Köln und er­nann­te ihn zum Erz­kanz­ler für Ita­li­en. Rai­nald ver­focht en­er­gisch die Po­si­ti­on der Stau­fer und die Rech­te des Rei­ches. Das Bild, das die Quel­len von Rai­nald zeich­nen, ist da­her stark par­tei­isch ge­prägt. Die stau­fisch ge­sinn­ten Ge­schichts­schrei­ber lob­ten sei­ne Kai­ser­treue und Bil­dung, wäh­rend die An­hän­ger des Paps­tes in ihm ei­nen „bös­ar­ti­gen Men­schen", gar den „Erz­schis­ma­ti­ker" und das „Haupt der Be­drän­ger der Kir­che" sa­hen.

Rai­nald war der zweit­ge­bo­re­ne Sohn des nie­der­säch­si­schen Gra­fen Reinold I. von Das­sel. Er hat­te ei­nen Bru­der Lu­dolf, der dem Va­ter in der Graf­schaft nach­folg­te und viel­leicht ei­ne Schwes­ter Ge­pa, die dem Klos­ter der Hei­li­gen Ur­su­la in Köln als Äb­tis­sin vor­stand. Rai­nalds Ge­burts­jahr ist um­strit­ten; er wur­de wahr­schein­lich um 1120 ge­bo­ren. Nach sei­ner Aus­bil­dung an der be­rühm­ten Dom­schu­le in Hil­des­heim, stu­dier­te er mit gro­ßem Er­folg – al­lem An­schein nach in Pa­ris. Im An­schluss kehr­te er nach Hil­des­heim zu­rück, wo er seit März 1146 als Sub­dia­kon, we­nig spä­ter als Cel­lerar und seit 1149 als Dom­propst nach­zu­wei­sen ist.

Be­reits als jun­ger Ka­no­ni­ker mach­te er 1148 auf dem Kon­zil von Reims auf sich auf­merk­sam, als er bei der Ver­laut­ba­rung ei­nes De­krets, das Kle­ri­kern das Tra­gen bun­ter Pel­ze ver­bat, öf­fent­lich er­klär­te, es wür­de we­der den An­we­sen­den noch Zu­künf­ti­gen ge­fal­len. In den fol­gen­den Jah­ren er­warb Rai­nald die Propstei­en auf dem Pe­ters­berg in Gos­lar (1155), von St. Mo­ritz in Hil­des­heim (1155) und die Dom­props­tei in Müns­ter (1154/ 1155). Als en­ger Mit­ar­bei­ter Bi­schof Bern­hards I. von Hil­des­heim (Epis­ko­pat 1130-1153) ge­wann er Er­fah­rung in der Ver­wal­tung des Bis­tums Hil­des­heim und da­mit in der Reichs­po­li­tik. Für die Hil­des­hei­mer Kir­che reis­te Rai­nald nach Rom und nahm im Ja­nu­ar 1153 ein Pri­vi­leg Papst Eu­gens III. (Pon­ti­fi­kat 1145-1153) ent­ge­gen. Noch in dem­sel­ben Jahr re­si­gnier­te Bi­schof Bern­hard, doch lehn­te Rai­nald die Wahl zu des­sen Nach­fol­ger ab.

Sein Wer­de­gang und sei­ne Er­fah­run­gen emp­fah­len Rai­nald, so dass Kai­ser Fried­rich Bar­ba­ros­sa ihn im Früh­jahr 1156 zum Kanz­ler des Rei­ches er­nann­te und da­mit ver­ant­wort­lich mach­te für das kai­ser­li­che Ur­kun­den­we­sen. In die­ses führ­te er neue Be­grif­fe wie „Sa­crum Im­pe­ri­um" ein, doch ist um­strit­ten, ob er Kai­ser­ur­kun­den selbst ver­fass­te und sie so­gar ei­gen­hän­dig schrieb. Rai­nald ge­hör­te zum engs­ten Kreis um den Kai­ser, ja er wur­de der ein­fluss­reichs­te Be­ra­ter und starrs­te Ver­fech­ter kai­ser­li­cher Po­li­tik. Dies führ­te auf dem Reichs­tag von Be­sançon 1157 zu ei­nem fol­gen­rei­chen Kon­flikt mit dem päpst­li­chen Le­ga­ten Kar­di­nal Ro­lan­do Ban­di­nel­li, dem spä­te­ren Papst Alex­an­der III. (Pon­ti­fi­kat 1159-1181). Als Reichs­le­gat be­rei­te­te Rai­nald den zwei­ten Ita­li­en­zug von 1158 vor und ver­such­te, den kai­ser­li­chen Vor­rang ge­gen­über Ge­nua und Mai­land durch­zu­set­zen. Als im De­zem­ber 1158 der Köl­ner Erz­bi­schof Fried­rich II. von Berg (Pon­ti­fi­kat 1156-1158) in Fol­ge ei­nes Reit­un­falls in Pa­via starb, sprach sich der Kai­ser nach­drück­lich für Rai­nald als des­sen Nach­fol­ger aus. Im fol­gen­den Mai / Ju­ni wähl­ten die Köl­ner ihn zum Erz­bi­schof. Der Kai­ser in­ves­tier­te ihn noch im Som­mer und er­hob ihn gleich­zei­tig zum Erz­kanz­ler für Ita­li­en. Die Er­eig­nis­se er­zwan­gen es, dass Rai­nald fort­an sehr viel Zeit süd­lich der Al­pen ver­brach­te. Am 1.9.1159 starb Papst Ha­dri­an IV. (Pon­ti­fi­kat 1154-1159) in Ana­gni und es kam zu ei­ner fol­gen­schwe­ren Dop­pel­wahl. Die kai­ser­feind­li­che Mehr­heit wähl­te eben je­nen Kar­di­nal Ro­lan­do Ban­di­nel­li zum Papst (Alex­an­der III.), mit dem Rai­nald in Be­sançon an­ein­an­der ge­ra­ten war, die kai­ser­freund­li­che Min­der­heit Kar­di­nal Oc­ta­vi­an, der den Na­men Vic­tor IV. (Pon­ti­fi­kat 1159-1164) an­nahm. Rai­nald war nun ma­ß­geb­lich an der An­er­ken­nung des kai­ser­li­chen Kan­di­da­ten be­tei­ligt: Er­folg­reich war sei­ne Für­spra­che auf der vom Kai­ser ein­be­ru­fe­nen Syn­ode von Pa­via im Ja­nu­ar 1160, wo ge­gen Alex­an­der III. die Reichs­acht und der Kir­chen­bann ver­hängt wur­de.

Er­folg­los da­ge­gen blie­ben sei­ne Le­ga­ti­ons­rei­sen zu den Hö­fen der Kö­ni­ge Lud­wig VII. von Frank­reich (Re­gie­rungs­zeit 1131-1180) und Hein­rich II. von Eng­land (Re­gie­rungs­zeit 1154-1189) so­wie die Syn­ode von St. Jean-de-Los­ne, auf der Rai­nald die Papst­wahl zur Reichs­an­ge­le­gen­heit er­klär­te. Den­noch konn­te sich Vic­tor IV. mit sei­nen An­sprü­chen auf die päpst­li­che Wür­de letzt­lich nicht durch­set­zen. In Ita­li­en bau­te Rai­nald ei­ne stau­fi­sche Reichs­ver­wal­tung auf und setz­te die kai­ser­li­che Po­si­ti­on in der Aus­ein­an­der­set­zung mit Mai­land auch mi­li­tä­risch durch: Die Stadt wur­de 1162 er­obert und zer­stört. Im Ge­gen­zug bann­te Papst Alex­an­der III. Rai­nald auf der Syn­ode von Troyes im Mai 1163. Als im April 1164 Vic­tor IV. in Luc­ca starb, eil­te Rai­nald dort­hin und un­ter­stütz­te die Wahl Kar­di­nal Gui­dos von Crema, der den Papst­na­men Pa­scha­lis III. (Pon­ti­fi­kat 1164-1168) an­nahm. Zu die­ser Zeit war Rai­nald noch nicht zum Köl­ner Erz­bi­schof ge­weiht. Erst auf Druck der Bi­schö­fe ließ sich Rai­nald am 29.5.1165 in Würz­burg zum Pries­ter und am 2.10.1165 im Köl­ner Dom zum Bi­schof wei­hen.

Rai­nald hielt sich wäh­rend sei­nes acht­jäh­ri­gen Epis­ko­pats mit Aus­nah­me des Som­mers 1166 je­weils nur sehr kurz in Köln auf, zu­sam­men ge­nom­men kaum ein Jahr; doch küm­mer­te er sich ne­ben der Reichs- und Ita­li­en­po­li­tik auch um die Be­lan­ge sei­nes Erz­bis­tums. Be­reits 1159 be­gann er mit der Re­or­ga­ni­sa­ti­on der erz­bi­schöf­li­chen Wirt­schafts­hö­fe, die er den Lai­en­brü­dern der Zis­ter­zen Camp und Al­ten­berg an­ver­trau­te. Dar­über hin­aus ver­trat Rai­nald po­li­tisch-mi­li­tä­risch er­folg­reich Köl­ner In­ter­es­sen, so in der Arns­ber­ger Feh­de (1164), in de­ren Fol­ge die Graf­schaft um 1166 von der Köl­ner Kir­che lehns­ab­hän­gig­wur­de und auch im säch­si­schen Auf­stand 1166 / 1167 ge­gen Hein­rich den Lö­wen (1129-1195). 

Kir­chen­po­li­tisch hat­te ei­ne Maß­nah­me Rai­nalds für das Köl­ner Erz­bis­tum epo­cha­le Be­deu­tung: Die Über­füh­rung der Ge­bei­ne der Hei­li­gen Drei Kö­ni­ge nach Köln und de­ren fei­er­li­che An­kunft am 23.7.1164. Fer­ner setz­te er sich für die Hei­lig­spre­chung Kai­ser Karls des Gro­ßen ein, die am 29.12.1165 in Aa­chen er­folg­te. Eben­so ließ er am 2.5.1166 die Ge­bei­ne von Cas­si­us und Flo­ren­ti­us fei­er­lich im Bon­ner Müns­ter er­he­ben. Auf Rai­nald geht der Bau der erz­bi­schöf­li­chen Pfalz in Köln und zwei­er Tür­me des Köl­ner Doms zu­rück. Der Plan, ei­ne Stein­brü­cke über den Rhein nach Deutz zu schla­gen, schei­ter­te al­lein an sei­nem frü­hen Tod. Auch in Hil­des­heim war er als Bau­herr tä­tig und ließ das St. Jo­han­nes­hos­pi­tal er­rich­ten. In bei­den Städ­ten wirk­te er durch meh­re­re Stif­tun­gen. Rai­nald war dar­über hin­aus als Kunst­mä­zen be­kannt: In sei­nem Ge­fol­ge reis­te ein heu­te Ar­chi­poe­ta ge­nann­ter an­ony­mer Dich­ter, bei dem es sich viel­leicht um Ro­dulf, den Lei­ter der Köl­ner Dom­schu­le han­del­te.

Von Köln aus reis­te Rai­nald im Ok­to­ber 1166 nach Ober­ita­li­en, wo ihn der Kai­ser nach Rom vor­aus­schick­te, um dem Haupt­heer den Weg zu bah­nen. Bei Tus­cu­lum stell­ten sich die Rö­mer mit ei­nem mäch­ti­gen Heer Rai­nalds Trup­pen ent­ge­gen. Rai­nald schlug die­ses ge­mein­sam mit Erz­bi­schof Chris­ti­an von Mainz (Epis­ko­pat 1165-1183) und sei­nen Rit­tern am 29.5.1167 ver­nich­tend. Nach dem Sieg zo­gen sie nach Rom wei­ter, be­la­ger­ten die Stadt und war­te­ten auf das Heer des Kai­sers, mit dem sie die Le­o­stadt ein­nah­men. Als Ge­schenk für den Sieg er­hielt Rai­nald am 1.8.1167 für das Köl­ner Erz­bis­tum den Reichs­hof An­der­nach und den Hof zu Ecken­ha­gen mit sei­nen Sil­ber­gru­ben. Am fol­gen­den Tag brach im kai­ser­li­chen Heer ei­ne ka­ta­stro­pha­le Epi­de­mie aus, durch die Rai­nalds Ver­trau­te und Mit­ar­bei­ter, die Bi­schö­fe von Lüt­tich, Ver­den und Prag, aber auch sein Bru­der Lu­dolf, den Tod fan­den. Zwei Wo­chen spä­ter, am 14.8.1167, starb auch Rai­nald an der Seu­che. Sei­ne Ge­bei­ne wur­den nach Köln über­führt und dort in der Ma­ri­en­ka­pel­le des Do­mes bei­ge­setzt.

Quellen (Auswahl)

Fi­cker, Ju­li­us, Rei­nald von Das­sel. Reichs­kanz­ler und Erz­bi­schof von Köln 1156-1167, Köln 1850, Neu­druck Aa­len 1966.
Knip­ping, Ri­chard, Die Re­ges­ten der Erz­bi­schö­fe von Köln im Mit­tel­al­ter, Band 2, Bonn 1901, Neu­druck Düs­sel­dorf 1985.

Literatur (Auswahl)

Her­ken­rath, Rai­ner Ma­ria, Rai­nald von Das­sel. Reichs­kanz­ler und Erz­bi­schof von Köln, Graz 1962.
Her­ken­rath, Rai­ner Ma­ria, Rai­nald von Das­sel (um 1120-1167), in: Rhei­ni­sche Le­bens­bil­der 4 (1970), S. 7-21.
Krup­pa, Na­tha­lie, Die Gra­fen von Das­sel (1097-1337/38), Bie­le­feld 2002.

 
Zitationshinweis

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Brunsch, Swen Holger, Rainald von Dassel, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/rainald-von-dassel/DE-2086/lido/57c95b4df1c8a3.86417112 (abgerufen am 12.10.2024)