Rudolf Caracciola

Rennfahrer (1901-1959)

Andrea Rönz (Linz am Rhein)

Rudolf Caracciola, Porträtfoto, um 1938. (Mercedes-Benz Archive & Sammlung)

Ru­dolf Ca­rac­cio­la war ein aus Re­ma­gen stam­men­der Au­to­mo­bil­renn­fah­rer. Er war der er­folg­reichs­te und ne­ben Bernd Ro­se­mey­er (1909-1938) be­rühm­tes­te deut­sche Grand-Prix-Fah­rer der Vor­kriegs­zeit und stell­te zwi­schen 1930 und 1939 17 Welt­re­kor­de auf. Oh­ne den als „Re­gen­meis­ter" be­zeich­ne­ten Ca­rac­cio­la wä­re die Ära der Mer­ce­des-„Sil­ber­pfei­le" un­denk­bar.

 

Ca­rac­cio­la wur­de als Sohn des Ho­te­liers und Wein­gro­ßhänd­lers Ot­to Ca­rac­cio­la (1866-1915) und des­sen Frau Lau­ri­na ge­bo­re­ne Preutz (1867-1937) am 30.1.1901 in Re­ma­gen ge­bo­ren. Die ita­lie­nisch­stäm­mi­ge Fa­mi­lie Ca­rac­cio­la ist seit dem Drei­ßig­jäh­ri­gen Krieg im Ko­blen­zer Raum an­säs­sig. Ru­dolfs Gro­ßva­ter Jo­hann Au­gust Ot­to Ca­rac­cio­la (1816-1886) hat­te Mit­te des 19. Jahr­hun­derts sei­ne Wein­hand­lung von An­der­nach nach Re­ma­gen ver­legt, war In­ha­ber des be­kann­ten Re­ma­ge­ner Ho­tels Fürs­ten­berg und Er­bau­er des Apol­li­na­ris­kel­lers. Ca­rac­cio­las El­tern wa­ren bei­geis­ter­te Mo­tor­sport­ler und er­mög­lich­ten ih­rem Sohn ers­te Fahr­ver­su­che mit ei­nem Mer­ce­des 16/45. Be­reits mit 15 Jah­ren mach­te Ru­dolf dank ei­ner Son­der­ge­neh­mi­gung den Füh­rer­schein.

Nach dem Be­such des Re­ma­ge­ner Gym­na­si­ums ver­ding­te sich Ca­rac­cio­la zu­nächst als Vo­lon­tär bei der Ber­lin-An­hal­ti­ni­schen Ma­schi­nen­bau AG in Köln und wech­sel­te an­schlie­ßend als Ver­käu­fer zu­m Aa­che­ner Au­to­mo­bil­bau­er Faf­nir. 1922 ge­wann er das Mo­tor­rad­ren­nen „Rund um Köln" un­d ­be­leg­te als Werks­fah­rer für Faf­nir beim Ber­li­ner AVUS-Ren­nen den vier­ten Platz. 1923 konn­te er im Ber­li­ner Gru­ne­wald­sta­di­on auf ei­nem Ego-Klein­wa­gen sei­nen ers­ten Sieg bei ei­nem Au­to­ren­nen fei­ern. Noch im glei­chen Jahr heu­er­te Ca­rac­cio­la zu­nächst als Ver­käu­fer, spä­ter als Werks­fah­rer bei der Daim­ler Mo­to­ren­ge­sell­schaft (ab 1926 Daim­ler-Benz AG) an und setz­te auf dem neu ent­wi­ckel­ten 6/25/40 PS Kom­pres­sor-Sport­wa­gen sei­ne Sie­ges­se­rie bei zahl­rei­chen na­tio­na­len und in­ter­na­tio­na­len Ren­nen fort. Bis zu sei­nem Kar­rie­re­en­de soll­te Ca­rac­cio­la den Renn­wa­gen der Mar­ke Mer­ce­des-Benz fast un­un­ter­bro­chen die Treue hal­ten und 137 Sie­ge für den Au­to­her­stel­ler er­rin­gen.

Rudolf Caracciola im Mercedes-Benz W 125, 1938. (Mercedes-Benz Archive & Sammlung)

 

Sei­nen end­gül­ti­gen Durch­bruch er­ziel­te Ca­rac­cio­la als er 1926 den ers­ten Gro­ßen Preis von Deutsch­land auf der Ber­li­ner AVUS ge­win­nen konn­te. Nach ei­ner Rei­he von tech­ni­schen Pro­ble­men an sei­nem Sport­wa­gen war er wäh­rend des Ren­nens zwi­schen­zeit­lich auf den letz­ten Platz zu­rück­ge­fal­len, als plötz­lich star­ker Re­gen ein­setz­te. Dank sei­ner ex­zel­len­ten Fahr­zeug­be­herr­schung und sei­ner un­ge­wöhn­li­chen Fä­hig­kei­ten auf nas­ser Stre­cke pro­fi­tier­te Ca­rac­cio­la von den wid­ri­gen Wet­ter­be­din­gun­gen und be­en­de­te das Ren­nen über­ra­schend als Sie­ger – sein Ruf als „Re­gen­meis­ter" war ge­bo­ren.

1927 ge­wann „Car­ratsch", wie sein Spitz­na­me lau­te­te, das Er­öff­nungs­ren­nen für Sport­wa­gen auf dem neu er­bau­ten Nür­burg­ring und im Jahr dar­auf dort auch zum zwei­ten Mal den Gro­ßen Preis von Deutsch­land, der ab 1928 auf der be­rühm­ten Ei­fel-Renn­stre­cke aus­ge­tra­gen wur­de. In den fol­gen­den Jah­ren be­en­de­te er 27 be­deu­ten­de Ren­nen in Eu­ro­pa als Sie­ger, dar­un­ter sechs­mal den Gro­ßen Preis von Deutsch­land und 15 wei­te­re Grand Prix. 1931 ge­wann er zu­dem das nord­ita­lie­ni­sche Lang­stre­cken­ren­nen Mil­le Miglia – der ers­te Sieg ei­nes Aus­län­ders und zu­gleich der ers­te Sieg von Mer­ce­des-Benz bei die­sem Klas­si­ker. Als sich Daim­ler-Benz 1932 vor­über­ge­hend aus dem Renn­sport zu­rück­zog, wech­sel­te Ca­rac­cio­la zu Al­fa Ro­meo, für die er noch im gleich Jahr den Gro­ßen Preis von Deutsch­land ge­wann und eu­ro­päi­scher Berg­meis­ter wur­de. 1933 ver­un­glück­te er beim Trai­ning zum Gro­ßen Preis von Mo­na­co und er­litt schwe­re Bein- und Hüft­ver­let­zun­gen, die ihn zu ei­ner län­ge­ren Pau­se zwan­gen. Im fol­gen­den Jahr kam sei­ne ers­te Frau Char­lot­te ge­bo­re­ne Lie­mann bei ei­nem Ski­un­fall in der Schweiz, wo Ca­rac­cio­la seit 1929 leb­te, ums Le­ben.

Rudolf Caracciola nach einem Rennen. (Mercedes-Benz Archive & Sammlung)

 

Ob­wohl phy­sisch und psy­chisch schwer an­ge­schla­gen, saß Ca­rac­cio­la noch 1934 er­neut im Cock­pit ei­nes Renn­wa­gens, jetzt wie­der für Mer­ce­des-Benz. In den Jah­ren bis 1939 präg­te er zu­sam­men mit Man­fred von Brau­chitsch (1905-2003) und Her­mann Lang (1909-1987) die Ära der Sil­ber­pfei­le und ge­wann drei­mal den Ti­tel des Eu­ro­pa­meis­ters. Mit Bernd Ro­se­mey­er auf Au­to Uni­on stand er im Wett­streit um den Ge­schwin­dig­keits­re­kord auf ei­ner öf­fent­li­chen Stra­ße. Für die­se Re­kord­ver­su­che dien­te ein Ab­schnitt der Reichs­au­to­bahn Frank­furt-Darm­stadt, auf der Ca­rac­cio­la am 28.1.1938 432,7 km/h er­reich­te. Bei dem Ver­such, die­sen Re­kord zu bre­chen, ver­un­glück­te Ro­se­mey­er bei 440 km/h töd­lich.

Ca­rac­cio­la ­trat nach 1933 in­s ­Na­tio­nal­so­zia­lis­ti­sches Kraft­fahr­korps (NSKK) ein, wo er den Rang ei­nes O­ber­sturm­füh­rer­s er­reich­te.[1]  Die Kriegs­jah­re ver­brach­te er­mit sei­ner zwei­ten Frau Ali­ce ge­bo­re­ne Hoff­mann in sei­ner Schwei­zer Wahl­hei­mat. Der Auf­for­de­rung der Na­tio­nal­so­zia­lis­ten, nach Deutsch­land zu­rück­zu­keh­ren, lehn­te er ab. 1946 wur­de Ca­rac­cio­la Schwei­zer Staats­bür­ger. Im sel­ben Jahr ver­un­glück­te er beim Trai­ning zu den 500 Mei­len von In­dia­na­po­lis schwer. 1952 nahm Ca­rac­cio­la auf ei­nem Mer­ce­des-Benz 300 SL noch ein­mal an der Mil­le Miglia teil und er­reich­te den vier­ten Platz. Doch kurz dar­auf zog er sich bei ei­nem Ren­nen in Bern er­neut ei­ne schwe­re Bein­ver­let­zung zu und muss­te dar­auf­hin sei­ne Kar­rie­re end­gül­tig be­en­den.

Rudolf Caracciola verfolgt Bernd Rosemeyer beim Großen Preis von Ungarn in Budapest, 1936. (Bundesarchiv, Bild 183-S16064)

 

Ru­dolf Ca­rac­cio­la starb am 28.9.1959 in Kas­sel und wur­de in Lu­ga­no be­stat­tet. An­läss­lich sei­nes 100. Ge­burts­tags wur­de ein Stre­cken­ab­schnitt der Nord­schlei­fe des Nür­burg-Rings in „Ca­rac­cio­la-Ka­rus­sell" um­be­nannt. In sei­ner Hei­mat­stadt Re­ma­gen er­in­nert seit 2001 ein Denk­mal an ihn.

Werke

Mein Le­ben als Renn­fah­rer, Ber­lin 1939.
Mei­ne Welt, Wies­ba­den 1958.
Ren­nen, Sieg, Re­kor­de! Ein Au­to­buch von Ru­dolf Ca­rac­cio­la und Os­kar Wel­ler, Stutt­gart / Ber­lin / Leip­zig 1935.

Literatur

Hr­a­chowy, Frank O., Stäh­ler­ne Ro­man­tik. Au­to­mo­bil­renn­fah­rer und na­tio­nal­so­zia­lis­ti­sche Mo­der­ne, Nor­der­stedt 2008.
Mol­ter, Gün­ther, Ru­dolf Ca­rac­cio­la. Ti­tan am Vo­lant, Stutt­gart 1995.
Reuß, Eber­hard, Hit­lers Renn­schlach­ten. Die Sil­ber­pfei­le un­term Ha­ken­kreuz, Ber­lin 2006.

Online

Vor 75 Jah­ren (In­for­ma­ti­on und Por­trait auf der Web­site des Lan­des­haupt­ar­chivs Ko­blenz). [On­line]

Denkmal für Rudolf Caracciola in Remagen.

 
Zitationshinweis

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Rönz, Andrea, Rudolf Caracciola, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/rudolf-caracciola-/DE-2086/lido/57c68842011141.69759022 (abgerufen am 14.11.2024)