Theodor Undereyck

Begründer des reformierten kirchlichen Pietismus in Deutschland (1635-1693)

Ilona Schröder (Düsseldorf)

Der deutsche Prediger und Pietist Theodor Undereyck. (Gemeinfrei)

Theo­dor Un­de­reyck war ein evan­ge­li­scher Theo­lo­ge, der in Mül­heim an der Ruhr, Kas­sel und Bre­men wirk­te. In Aus­übung sei­nes Pre­di­ger­am­tes ver­mit­tel­te er im nörd­li­chen Rhein­land pie­tis­ti­sche An­sich­ten und Ide­en, die von der nie­der­län­di­schen Fröm­mig­keits­be­we­gung „na­de­re re­for­ma­tie“ be­ein­flusst wa­ren. Mit die­sem Brü­cken­schlag leg­te Un­de­reyck den Grund­stein für die An­fän­ge ei­nes re­for­mier­ten Pie­tis­mus im Rhein­land.

Theo­dor Un­de­reyck kam als Sohn des Händ­lers Ger­hard Un­de­reyck und sei­ner Frau Sa­ra, ge­bo­re­ne Salen­ger am 15.6.1635 in Alt­sta­den (heu­te Stadt Ober­hau­sen) zur Welt. Die El­tern wa­ren Nach­kom­men nie­der­län­di­scher Exu­lan­ten. Mit nicht ein­mal zwei Jah­ren ver­lor er im Ok­to­ber 1636 Va­ter und Mut­ter durch die Pest. Er kam dar­auf­hin in die Ob­hut sei­nes On­kels, des Bru­ders des Va­ters, Jo­hann Un­de­reyck. Die­ser er­mög­lich­te ihm den Be­such ei­ner La­tein­schu­le, wel­che er auch er­folg­reich in Alt­sta­den ab­schloss.

Mit 18 Jah­ren schrieb sich Un­de­reyck im Som­mer­se­mes­ter 1653 am Aka­de­mi­schen Gym­na­si­um Duis­burg ein, das im Vor­jahr sei­nen Lehr­be­trieb auf­ge­nom­men hat­te und 1655 of­fi­zi­ell als re­for­mier­te Uni­ver­si­tät ge­grün­det wur­de. Stu­di­en­fä­cher wa­ren zu­nächst Phi­lo­so­phie und Grie­chisch. Doch schon im fol­gen­den Jahr wech­sel­te er an die nie­der­län­di­sche Uni­ver­si­tät Ut­recht, wo seit 1634 der be­kann­te Pro­fes­sor für Theo­lo­gie und he­bräi­sche Spra­che Gis­ber­tus Voe­ti­us (1589-1676) lehr­te. Un­de­reyck im­ma­tri­ku­lier­te sich dort im Sep­tem­ber 1654 und rich­te­te sei­ne Stu­di­en­schwer­punk­te auf die re­for­miert-or­tho­do­xe Theo­lo­gie und die neuaris­to­te­li­sche Phi­lo­so­phie aus.

Die Zeit in Ut­recht war für Un­de­reyck prä­gend. Er selbst hob be­son­ders drei Per­sön­lich­kei­ten her­vor, die ihn und sei­ne Auf­fas­sung von Fröm­mig­keit wäh­rend sei­nes Stu­di­ums nach­hal­tig be­ein­fluss­ten. Da­bei han­del­te es sich um die drei An­hän­ger der „na­de­re re­for­ma­tie“-Be­we­gung Gis­ber­tus Voe­ti­us, Jo­do­cus van Lo­den­stein (1620-1677) und Jus­tus van den Boo­ga­ert (1623-1663). Mit sei­ner Theo­lo­gie der „Pre­zis­heit“ ver­mit­tel­te Voe­ti­us ihm sein Ver­ständ­nis von Fröm­mig­keit und ei­ne pu­ri­ta­ni­sche Le­bens­füh­rung. In Jo­do­cus van Lo­den­stein fand Un­de­reyck zu­gleich die Ver­kör­pe­rung eben die­ser Le­bens­phi­lo­so­phie. Lo­den­stein, eins­ti­ger Schü­ler von Voe­ti­us, leb­te als Jung­ge­sel­le streng nach der Ma­xi­me der Pre­zis­heit, das hei­ßt, er trach­te­te da­nach, sei­ne Hand­lungs- und Le­bens­wei­se in ab­so­lu­ten Ein­klang mit Got­tes Ge­setz zu brin­gen. Von die­sen zwei­en über­nahm Un­de­reyck zu­dem die Idee der Kon­ven­ti­kel. Wäh­rend Voe­ti­us zu sei­nen Er­bau­ungs­ver­samm­lun­gen nur Stu­den­ten lud, stan­den die Tref­fen Lo­den­steins für al­le of­fen. Durch Pre­digt- oder Bi­bel­be­spre­chun­gen, Ka­te­chi­sa­ti­on oder Hausan­d­ach­ten soll­ten auch die un­ge­bil­de­ten Chris­ten in Got­tes Wort un­ter­wie­sen wer­den. Die­ses Be­stre­ben zog sich auch als Leit­mo­tiv durch Un­de­reycks Ge­mein­de­ar­beit. Die in den Nie­der­lan­den als „Don­ner­s­kin­der“ be­kann­ten Bu­ß­pre­di­ger Lo­den­stein und Boo­ga­ert be­ein­druck­ten ihn in ih­ren Pre­dig­ten ge­gen das welt­li­che, ver­fal­le­ne und to­te Chris­ten­tum stark und färb­ten so­mit auch auf den künf­ti­gen Bu­ß­pre­di­ger Un­de­reyck ab.

Im Fe­bru­ar 1657 kehr­te Un­de­reyck nach Duis­burg zu­rück, um sei­ne theo­lo­gi­schen Stu­di­en ab­zu­schlie­ßen. Im Mai 1657 leg­te er sein Ex­amen ab und wur­de von der Duis­bur­ger Clas­sis zum Pre­digt­amt­skan­di­da­ten er­nannt. Ab Ju­ni 1657 ver­ding­te er sich als Haus­leh­rer neun Mo­na­te lang in Frank­furt am Main, be­vor er an die Uni­ver­si­tät Lei­den ging, wo er sich am 24.4.1658 ein­schrieb. Er stu­dier­te dort wohl nur ein Se­mes­ter, wo­bei er Jo­han­nes Coc­ce­jus (1603-1669) hör­te, der ihn ganz we­sent­lich theo­lo­gisch be­ein­fluss­te. Un­de­reyck über­nahm Ele­men­te der coc­ce­ja­ni­schen Bi­bel­aus­le­gung und der Fö­de­ral­theo­lo­gie, die zu­dem ei­nen star­ken Ak­zent auf die Reich-Got­tes-Theo­lo­gie leg­te. In sein spä­te­res theo­lo­gi­sches Den­ken flos­sen so­mit so­wohl voe­tia­ni­sche als auch coc­ce­ja­ni­sche Leh­ren ein. Sei­ne Theo­lo­gie ver­stand sich da­her selbst als „or­th­dox-pie­tis­ti­sche Hei­li­gungs­theo­lo­gie“ (Wer­ner Raupp).

Sei­ne „pe­regri­na­tio aca­de­mi­ca“ trat Un­de­reyck im Som­mer 1658 an. Ei­ne sol­che aka­de­mi­sche Rei­se war zur da­ma­li­gen Zeit nichts Un­ge­wöhn­li­ches und galt als ei­ne Art Zu­satz­qua­li­fi­ka­ti­on. Un­de­reyck war ein Jahr un­ter­wegs und mach­te Sta­ti­on in Genf, Pa­ris und Eng­land. Wäh­rend der Rei­se er­warb er sich wich­ti­ge Sprach­kennt­nis­se, et­wa des Fran­zö­si­schen und nutz­te die Zeit, um das christ­li­che Le­ben und christ­li­che An­schau­un­gen an­dern­orts zu stu­die­ren. Am En­de kam Un­de­reyck zu dem er­nüch­tern­den Er­geb­nis, dass es schlecht um das ge­leb­te Chris­ten­tum be­stellt sei. Die­se Er­fah­run­gen flos­sen spä­ter in sei­ne Be­mü­hun­gen ein, ei­ne christ­li­che Le­bens­füh­rung in sei­nen Ge­mein­den zu re­vi­ta­li­sie­ren.

1660 nahm Un­de­reyck den Ruf nach Mül­heim an der Ruhr an. Zwi­schen dem 15. und 23. Mai wur­de er vom Mi­nis­te­ri­um Duis­burg or­di­niert und am 28.5.1660 durch den Lan­des­herrn, Graf Wil­helm Wirich von Daun-Fal­ken­stein (1613-1682), auf die drit­te Pre­di­ger­stel­le der Pe­tri-Ge­mein­de be­ru­fen. Als am 12.11.1660 der Pfar­rer Se­ve­ri­nus Brink­mann (um 1597-1660) starb, rück­te Un­de­reyck auf die ers­te Pre­di­ger­stel­le vor. Die­se vor­ei­li­ge und ir­re­gu­lä­re Be­för­de­rung zog Un­de­reyck in ei­nen zwei Jah­re dau­ern­den Streit um das Pa­tro­nats­recht zwi­schen Wirich und dem ka­tho­li­schen Pfalz­gra­fen Phil­ipp Wil­helm (1615-1690). Die Aus­ein­an­der­set­zung gip­fel­te so­gar in ei­nem Kan­zel­ver­bot Un­de­reycks und sei­ner Sus­pen­die­rung. Erst am 26.11.1662 wur­de der Kon­flikt ge­richt­lich ent­schie­den und Un­de­reyck er­hielt die of­fi­zi­el­le Ge­neh­mi­gung für das Pfarr­amt.

In Mül­heim lern­te Theo­dor Un­de­reyck auch sei­ne Frau Mar­ga­re­tha Hüls (1633-1691) ken­nen, Toch­ter des fran­zö­sisch-re­for­mier­ten Pre­di­gers Wil­helm Hüls (1598-1659) in We­sel. Mit der Ehe­schlie­ßung am 23.11.1660, voll­zo­gen in der We­seler Ma­thena-Kir­che, er­öff­ne­te sich für Un­de­reyck der Zu­gang zu ei­ner im Ber­gi­schen Land und am Nie­der­rhein an­ge­se­he­nen Fa­mi­lie. Dem Ehe­paar wur­den drei oder vier Kin­der ge­bo­ren.

Das Le­ben in Mül­heim war für Un­de­reyck mü­he­voll und ar­beits­reich. Über­schat­tet wur­de es haupt­säch­lich durch die Dif­fe­ren­zen zwi­schen der um Selb­stän­dig­keit rin­gen­den re­for­mier­ten Pe­tri-Ge­mein­de und dem lu­the­ri­schen Lan­des­herrn Wirich von Daun-Fal­ken­stein. So ver­wei­ger­te die­ser den re­for­mier­ten Mül­hei­mern ei­ne ei­ge­ne Kir­chen­ver­fas­sung, die Ein­rich­tung ei­nes Kon­sis­to­ri­ums, ver­bot die Kir­chen­zucht so­wie den Kon­takt zur Duis­bur­ger Clas­sis wie ge­ne­rel­le Be­zie­hun­gen mit den Syn­oden des Nie­der­rheins. Die­se Miss­stän­de pran­ger­te Un­de­reyck im Herbst 1661 in sei­nen „25 ar­ti­ku­lier­ten gra­va­mi­na“ an und for­der­te die Ge­neh­mi­gung von Pri­vi­le­gi­en, die an­de­re re­for­mier­te Ge­mein­den be­reits ge­nos­sen. Nach zä­hem Rin­gen – Graf Wil­helm Wirich von Daun-Fal­ken­stein ver­wehr­te sich ge­gen Ein­grif­fe in sei­ne lan­des­herr­li­chen Rech­te – wur­de der Ge­mein­de 1662 das Vor­schlags­recht für Kir­chen­per­so­nal zu­ge­stan­den, ab Herbst 1663 die Bil­dung ei­nes Kir­chen­ra­tes und am 5.5.1668 schlie­ß­lich die Selb­stän­dig­keit. 

In sei­nem Pfarr­be­zirk hin­ge­gen bün­del­te Un­de­reyck sei­ne Kräf­te ge­gen die sei­ner Mei­nung nach in der Ge­mein­de gras­sie­ren­den Pro­ble­me. Als schwer­wie­gends­tes Un­heil mach­te er da­bei die „Un­wis­sen­heit in Sa­chen des Chris­ten­tums“ sei­ner Ge­mein­de­glie­der aus. Als Maß­nah­men führ­te er den Kon­fir­man­den- und Er­wach­se­nen­un­ter­richt ein, ver­stärk­te den Fo­kus auf die Seel­sor­ge so­wie die Prü­fung der Gläu­bi­gen auf die „pra­xis pieta­tis“ hin. Bei Fehl­ver­hal­ten droh­te die Kir­chen­zucht, die et­wa im Aus­schluss aus der Abend­mahls­fei­er re­sul­tie­ren konn­te. Zen­tra­les Ele­ment sei­ner Pfarr­tä­tig­keit wa­ren al­ler­dings die Kon­ven­ti­kel, die zu Be­ginn noch un­ter die Be­zeich­nung „Ka­te­chi­sa­ti­on“ fie­len. Ver­mut­lich hielt er die ers­ten Ver­samm­lun­gen pri­vat be­reits im No­vem­ber 1660 ab. Erst ab 1663 nah­men sie öf­fent­li­chen Cha­rak­ter an. Die­se pie­tis­tisch ge­färb­ten Er­bau­ungs­ver­an­stal­tun­gen um­fass­ten Be­spre­chun­gen von Pre­dig­ten oder Bi­bel­stel­len, An­dach­ten, Er­mah­nun­gen und Er­bau­un­gen. Mit den ers­ten pie­tis­ti­schen Kon­ven­ti­keln auf deut­schem Bo­den avan­cier­te Mül­heim da­mit zur „Wie­ge des Pie­tis­mus“.

Nach acht Jah­ren ver­ließ Un­de­reyck Mül­heim in Rich­tung Kas­sel. Er folg­te ei­nem Ruf der Land­grä­fin Hed­wig So­phie (1623-1683), die ihn zum au­ßer­or­dent­li­chen Hof­pre­di­ger er­nann­te. An­fang Ju­ni 1668 nahm Un­de­reyck sei­ne Ar­beit auf. Im Ver­gleich zu Mül­heim ge­stal­te­te sich sein Auf­ent­halt in Kas­sel deut­lich ru­hi­ger. Auch die Be­zah­lung war we­sent­lich bes­ser. In die­ser Zeit rea­li­sier­te er ei­ne Idee, die ihn schon län­ger be­schäf­tig­te. Er ver­fass­te sei­ne ers­te Schrift „Chris­ti Brau­t“. Sie wur­de 1670 in Ha­nau ver­öf­fent­lich und „mar­kiert zu­gleich die An­fän­ge der Früh­pha­se deutsch-pie­tis­ti­scher Er­bau­ungs­li­te­ra­tur“ (Do-Hong Jou). Die Ab­hand­lung ent­sprang sei­nem Be­stre­ben, theo­lo­gi­sche An­sät­ze ver­ständ­lich zu dar­zu­le­gen. Dar­in über­leg­te er „wie ich den from­men Leu­ten […] ei­ni­ge Waf­fen zu­rei­chen konn­te“. Sein Ziel war es, „was mei­nen ar­men Ne­ben­men­schen man­gelt, des­to zier­li­cher und er­bau­li­cher zu ma­chen“.

Der künf­ti­ge „Va­ter des Bre­mer Pie­tis­mus“ (Do-Hong Jou) folg­te ei­nem wei­te­ren Ruf und be­gab sich im Ju­li 1670 nach Bre­men. Als „pas­tor pri­ma­ri­us“ soll­te er dort für die nächs­ten 23 Jah­re bis zu sei­nem Ab­le­ben in der St. Mar­ti­ni-Ge­mein­de wir­ken. Doch der Start ge­stal­te­te sich für Un­de­reyck be­schwer­lich. Er sah sich dem Vor­wurf aus­ge­setzt, An­hän­ger des se­pa­ra­tis­ti­schen La­ba­dis­mus zu sein. Er wur­de fälsch­li­cher­wei­se be­schul­digt, Jean de La­ba­die (1610-1674) 1658 in Genf ge­trof­fen zu ha­ben. Das Mi­nis­te­ri­um un­ter­zog ihn dar­auf­hin ei­ner stren­gen Be­fra­gung. Er be­stritt ve­he­ment jeg­li­che Tref­fen und er­hielt sei­ne Stel­le un­ter Vor­be­halt. Das Miss­trau­en des Mi­nis­te­ri­ums ihm ge­gen­über blieb in­des be­ste­hen. 

In Bre­men sah Un­de­reyck ge­wis­se Par­al­le­len zu Mül­heim. Er kri­ti­sier­te das nur zum Schein re­spek­ti­ve zur Ge­wohn­heit ver­kom­me­ne christ­li­che Le­ben sei­ner Ge­mein­de. Auch man­gel­te es sei­nen Mit­glie­dern an Wis­sen über das Chris­ten­tum. All die­se Pro­ble­me ging er mit der Aus­ar­bei­tung von Re­form­plä­nen und der Ab­hal­tung von Kon­ven­ti­keln an. Mit sei­nem Ar­beits­ei­fer und sei­nen Me­tho­den er­reg­te der als „Neu­e­rer“ ver­spot­te­te Un­de­reyck aber bald An­stoß in den ei­ge­nen Rei­hen. Der zwei­te Pas­tor der St. Mar­tin-Ge­mein­de Jo­han­nes Hil­de­brandt (um 1630-1679) reich­te acht Mo­na­te nach Un­de­reycks An­kunft am 31.3.1671 ei­ne Be­schwer­de ge­gen des­sen Kon­ven­ti­kel ein. Noch mehr echauf­fier­te sich das kirch­li­che Mi­nis­te­ri­um, als es er­fuhr, dass auch Mar­ga­re­tha Un­de­reyck für Mäd­chen und Frau­en Kon­ven­ti­kel lei­te­te und am 10.5.1684 vom Bre­mer Staats­rat da­zu noch die of­fi­zi­el­le Ge­neh­mi­gung er­hal­ten hat­te.

Zur Er­neue­rung des christ­li­chen Le­bens hielt Un­de­reyck kirch­li­che Re­for­men für un­er­läss­lich. Mit sei­nem wich­tigs­ten Mit­ar­bei­ter Cor­ne­li­us de Ha­se (1653-1710) leg­te er am 27.6.1679 sei­ne Re­form­plä­ne vor. Die­se sa­hen die Er­rich­tung ei­nes Pres­by­te­ri­ums vor, Aus­übung von Kir­chen­zucht, Über­wa­chung der „pra­xis pieta­tis“ der Ge­mein­de­glie­der und Aus­schluss von Schein­chris­ten und Un­gläu­bi­gen von Abend­mahl und Tau­fe. Das kirch­li­che Mi­nis­te­ri­um, seit je­her in Op­po­si­ti­on zu Un­de­reyck ste­hend, wies die Re­form­vor­schlä­ge ab. Sei­ne pie­tis­ti­schen Be­mü­hun­gen wa­ren der or­tho­dox re­for­mier­ten Kir­che zu ra­di­kal. Auch der Bre­mer Rat hielt sich be­deckt, denn er scheu­te Kon­flik­te.

Un­de­reycks Be­mü­hun­gen wa­ren in­des nicht ver­ge­bens. Die Kon­ven­ti­kel er­freu­ten sich re­gen Zu­laufs. Dem Be­dürf­nis nach Un­ter­richt und nach kirch­li­cher Ka­te­chi­sa­ti­on wur­de so­gar von amt­li­cher Sei­te statt­ge­ge­ben. Am 28.1.1672 über­nah­men die Stadt­kir­chen den Kon­fir­man­den­un­ter­richt und die Kon­fir­ma­ti­on. Mit sei­nen Wer­ken ver­such­te Un­de­reyck fer­ner ei­nen li­te­ra­ri­schen Bei­trag als hilf­rei­che Er­gän­zung des Selbst­stu­di­ums für die lai­en­haf­te Land­be­völ­ke­rung dar­zu­rei­chen. 1676 ver­öf­fent­lich­te er den „Weg­wei­ser der Ein­fäl­ti­gen“ und 1681 „Der ein­fäl­ti­ge Chris­t“ für all die­je­ni­gen, die durch „die ar­me un­wis­sen­de Ein­falt am al­ler­ers­ten An­fang des Christ­li­chen Glau­bens und Le­bens“ ver­haf­tet sei­en. Sei­ne Schrift „Hal­le­lu­ja“ von 1678 hin­ge­gen gilt als sein sys­te­ma­tisch-theo­lo­gi­sches Haupt­werk, wel­ches den re­for­miert-or­tho­do­xen Theo­lo­gen er­ken­nen lässt. 

Die Bil­dung der Land­be­völ­ke­rung galt ihm als wich­ti­ges Pro­jekt, denn er glaub­te, dass nur die Un­ter­wei­sung in der Hei­li­gen Schrift der Schlüs­sel zu ei­nem from­men Le­ben sei. In sei­nen letz­ten Le­bens­jah­ren in­iti­ier­te er die Grün­dung ei­ner Schu­le im Dorf Ra­b­linghau­sen, de­ren Fer­tig­stel­lung er je­doch nicht mehr er­leb­te. Un­de­reyck – sei­ne Frau Mar­ga­re­tha war schon 1691 ge­stor­ben – er­krank­te Weih­nach­ten 1692 und ver­starb am 1.1.1693. Fünf Ta­ge spä­ter wur­de er bei­ge­setzt. Die Ab­dan­kungs­re­de „Letz­te Bru­der-Pflich­t“ wur­de von Cor­ne­li­us de Ha­se in der St. Mar­ti­ni-Kir­che ge­hal­ten. 

Werke

Chris­ti Braut, Ha­nau 1670.

Weg­wei­ser der Ein­fäl­ti­gen, Bre­men 1676.

Hal­le­lu­ja, Bre­men 1678.

Der Ein­fäl­ti­ge Christ, Bre­men 1681. 

Der när­ri­sche Athe­ist, Bre­men 1689. 

Literatur

Jou, Do-Hong, Theo­dor Un­de­reyck und die An­fän­ge des re­for­mier­ten Pie­tis­mus, Bo­chum 1994.

Kuhn, Tho­mas K., Pie­tis­mus, in: Eber­lein, Her­mann-Pe­ter (Hg.), Ter­ri­to­ri­al­kir­chen und pro­tes­tan­ti­sche Kul­tur. 1648-1800 (Evan­ge­li­sche Kir­chen­ge­schich­te im Rhein­land 2), Bonn 2015, S. 287-346.

Mohr, Ru­dolf, Un­de­reyck, Theo­dor, in: Theo­lo­gi­sche Rea­len­zy­klo­pä­die, Band 34, Ber­lin 2002, S. 268-272. 

Raupp, Wer­ner, Un­de­reyck, Theo­dor, in: Bio­gra­phisch-Bi­blio­gra­phi­sches Kir­chen­le­xi­kon, Band 17, Herz­berg 2000, Sp. 1439-1443.  

 
Zitationshinweis

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Schröder, Ilona, Theodor Undereyck, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/theodor-undereyck-/DE-2086/lido/622f0e84a11016.91380150 (abgerufen am 05.12.2024)