Walter Bader

Denkmalpfleger (1901–1986)

Stefan Kraus (Oberhausen)

DE-2086, LVR_ILR_0000147395.

Der Na­me Wal­ter Ba­der ist un­trenn­bar ver­bun­den mit dem Wie­der­auf­bau des Xan­te­ner Do­mes und der Neu­or­ga­ni­sa­ti­on der Denk­mal­pfle­ge in Nord­rhein-West­fa­len nach dem Zwei­ten Welt­krieg. Bis 1969 war Ba­der als Staats- und Lan­des­kon­ser­va­tor fe­der­füh­rend an der Ret­tung und Wie­der­her­stel­lung vie­ler wich­ti­ger Bau­denk­mä­ler des Lan­des be­tei­ligt.

Wal­ter Ba­der wur­de am 15.9.1901 als Sohn ei­nes Ver­lags­buch­händ­lers in Rot­ten­burg am Ne­ckar ge­bo­ren. Nach dem Ab­itur 1920 stu­dier­te er un­ter an­de­rem Kunst­ge­schich­te, Mit­tel­al­ter­li­che Ge­schich­te und Ar­chäo­lo­gie in Tü­bin­gen, Mün­chen und Bonn. Hier pro­mo­vier­te er 1927 bei Paul Cle­men, ei­ne der be­deu­tends­ten Per­sön­lich­kei­ten der Rhei­ni­schen Denk­mal­pfle­ge.

Von 1927 bis 1935 war Ba­der in un­ter­schied­li­chen Funk­tio­nen am Pro­vin­zi­al­mu­se­um Bonn, dem heu­ti­gen Rhei­ni­schen Lan­des­mu­se­um, be­schäf­tigt. Der stu­dier­te Kunst­his­to­ri­ker ent­wi­ckel­te sich schnell zum Fach­mann für Mit­tel­al­ter-Ar­chäo­lo­gie, da er gro­ße wis­sen­schaft­li­che Er­fol­ge bei meh­re­ren Kir­chen­gra­bun­gen ver­zeich­nen konn­te (un­ter an­de­rem im Bon­ner Müns­ter). Dies führ­te ihn auch nach Xan­ten, wo er zu Be­ginn der 30er Jah­re die dor­ti­ge Dom­gra­bung im We­sent­li­chen lei­te­te, die zum Fund der so ge­nann­ten Mär­ty­rer führ­te. Die­se wis­sen­schaft­li­che Ent­de­ckung soll­te Ba­ders Le­bens­werk wer­den. 1931 wur­de er am Bon­ner Lan­des­mu­se­um zum Di­rek­to­ri­al­as­sis­ten­ten und Ab­tei­lungs­lei­ter für Mit­tel­al­ter und Neu­zeit er­nannt.

Ei­ne grad­li­ni­ge Fort­set­zung der wis­sen­schaft­li­chen Kar­rie­re – Ba­der galt in den frü­hen 30er Jah­ren als ei­nes der grö­ß­ten ar­chäo­lo­gi­schen und kunst­his­to­ri­schen Ta­len­te im Rhein­land – ver­hin­der­te aber die po­li­ti­sche Ent­wick­lung in Deutsch­land. Ba­der, aus ei­nem streng ka­tho­li­schen Haus kom­mend, aber seit un­ge­fähr 1932 ak­ti­ves Mit­glied der SPD, nahm Kon­tak­te zu Bon­ner Wi­der­stands­krei­sen um die evan­ge­li­schen Theo­lo­gen Karl Barth (1886–1968) und Karl Lud­wig Schmidt (1891–1956) auf. Als sich die­se Grup­pe un­ter dem Druck der Na­tio­nal­so­zia­lis­ten (Barth muss­te Deutsch­land 1935 ver­las­sen) auf­zu­lö­sen be­gann, ar­bei­te­te Wal­ter Ba­der im Um­feld ei­ner kom­mu­nis­ti­schen Stu­den­ten­grup­pe in Bonn, die von dem spä­te­ren Ge­schichts­pro­fes­sor Wal­ter Mar­kov ge­lei­tet wur­de. 1935 flog die Grup­pe auf und die Mit­glie­der wur­den von der Ge­sta­po ver­haf­tet. Ba­der ver­brach­te mit den an­de­ren der Grup­pe ei­ni­ge Zeit in Un­ter­su­chungs­haft, bis er vom Vor­wurf des Hoch­ver­rats frei­ge­spro­chen wur­de.

Der recht­li­che Frei­spruch führ­te aber nicht zur ge­sell­schaft­li­chen und be­ruf­li­chen Re­ha­bi­li­ta­ti­on. Ba­ders Stel­le im Lan­des­mu­se­um war be­reits wie­der be­setzt wor­den. An­de­re An­stel­lun­gen blie­ben ihm auf­grund sei­ner po­li­ti­schen Hal­tung ver­wehrt. Bis zum En­de des na­tio­nal­so­zia­lis­ti­schen Re­gimes er­hielt Ba­der vom Rhei­ni­schen Lan­des­mu­se­um ver­ein­zelt Werk­ver­trä­ge, die ihn wirt­schaft­lich über Was­ser hiel­ten. 1939 zog Ba­der nach Xan­ten und hei­ra­te­te dort Hil­de­gard Schol­ten, die er wäh­rend sei­ner Aus­gra­bungs­tä­tig­keit ken­nen ge­lernt und die in den schwe­ren Jah­ren oh­ne Fest­an­stel­lung treu zu ihm ge­hal­ten hat­te.

Nach kur­zer Zeit in der Wehr­macht we­gen Dienst­un­taug­lich­keit wie­der ent­las­sen, wur­de Ba­der im Sep­tem­ber 1944 vom „Pro­vin­zi­al­kon­ser­va­tor der Rhein­pro­vinz als Be­voll­mäch­tig­ter des Reichs­mi­nis­ters" mit der „Be­treu­ung der ge­sam­ten be­weg­li­chen und un­be­weg­li­chen Kunst­denk­mä­ler der Krei­se Mo­ers, Gel­dern, Kle­ve und Rees, ins­be­son­de­re der in Xan­ten und Kal­kar be­find­li­chen De­pots von kul­tur­ge­schicht­lich wert­vol­lem Ber­gungs­gut al­ler Art" an­ge­sichts der nä­her rü­cken­den Front be­auf­tragt. Da­mit be­gann sei­ne Ar­beit als Denk­mal­pfle­ger. Nach En­de der Kampf­hand­lun­gen 1945 sorg­te Ba­der für den Rück­trans­port der aus­ge­la­ger­ten Kunst­gü­ter und wid­me­te sich so­fort dem Wie­der­auf­bau des weit­ge­hend zer­stör­ten Do­mes sei­ner Wahl­hei­mat. Die­ses Pro­jekt und da­mit ver­bun­den die Wie­der­her­stel­lung der Xan­te­ner Stifts-Im­mu­ni­tät wur­den zu ei­ner be­stän­di­gen Auf­ga­be für die nächs­ten Jahr­zehn­te.

1947 er­hielt Ba­der ei­ne Ho­no­rar­pro­fes­sur für Kunst­ge­schich­te an der Uni­ver­si­tät Bonn, fünf Jah­re spä­ter ei­ne or­dent­li­che Pro­fes­sur. Gleich­zei­tig wur­de er in das neu ge­schaf­fe­ne Kul­tus­mi­nis­te­ri­um des Lan­des Nord­rhein-West­fa­len be­ru­fen, um sich dort als Re­fe­rent für die Denk­mal­pfle­ge um den Wie­der­auf­bau der Kunst­denk­mä­ler des gan­zen Lan­des zu küm­mern. Ba­der sah sich in der Amts­nach­fol­ge des preu­ßi­schen Staats­kon­ser­va­tors, oh­ne die­sen Ti­tel of­fi­zi­ell je­mals zu­er­kannt be­kom­men zu ha­ben. 1950 bis 1953 und noch­mals 1955 bis 1956 be­klei­de­te er zu­sätz­lich kom­mis­sa­risch die Po­si­ti­on des Lan­des­kon­ser­va­tors.

Von 1947 bis 1969 war er da­mit be­schäf­tigt, ein Kon­zept für ei­ne ef­fi­zi­en­te Denk­mal­pfle­ge­or­ga­ni­sa­ti­on für das Land Nord­rhein-West­fa­len zu ent­wer­fen und um­zu­set­zen, was ihm an­ge­sichts di­ver­ser po­li­ti­scher und per­sön­li­cher Wi­der­stän­de nur teil­wei­se ge­lang. Aber durch sein Be­mü­hen konn­te so man­che Kir­che und so man­ches Pro­fan­denk­mal vor der end­gül­ti­gen Zer­stö­rung ge­ret­tet wer­den. Au­ßer dem Dom und der Stadt Xan­ten sei­en der Wil­li­bror­di-Dom in We­sel, die Stifts­kir­che St. Vi­tus in Hoch­el­ten, St. Qui­ri­ni­us in Neuss, die Ab­tei­kir­che in Brau­wei­ler oder der Al­ten­ber­ger Dom ge­nannt, de­ren Wie­der­auf­bau und Re­stau­rie­rung mit der Un­ter­stüt­zung der nord­rhein-west­fäl­li­schen Denk­mal­pfle­ge un­ter der Lei­tung Wal­ter Ba­ders er­folg­ten. Das Schloss Au­gus­tus­burg bei Brühl schlie­ß­lich fiel, da im Ei­gen­tum des Lan­des Nord­rhein-West­fa­len, di­rekt in sei­ne amt­li­che Zu­stän­dig­keit. Er warb um die nö­ti­gen Geld­mit­tel und ei­ne po­si­ti­ve öf­fent­li­che Stim­mung für die Denk­mä­ler, was an­ge­sichts der Prio­ri­tä­ten des Wie­der­auf­baus nicht ein­fach war.

Sein Ein­tre­ten für die Bau­denk­mä­ler wur­de oft ge­nug von Bau­her­ren und Ar­chi­tek­ten als Är­ger­nis, von Po­li­tik und Wirt­schaft als Auf­schwung­hin­der­nis emp­fun­den. Ba­ders Ein­satz galt vor al­lem der lan­des­wei­ten Ein­hal­tung denk­mal­pfle­ge­ri­scher Stan­dards, sei­ne Mit­tel wa­ren die Be­wil­li­gung oder Ver­wei­ge­rung von staat­li­chen Bei­hil­fen. Sein En­ga­ge­ment galt ei­ner or­ga­ni­sa­to­risch und fach­lich star­ken Denk­mal­pfle­ge, die im Kampf um Bau- und Kunst­denk­ma­le dem Zeit­geist des Wirt­schafts­wun­ders wi­der­ste­hen konn­te.

Der letz­te gro­ße Ab­schnitt sei­nes Le­bens be­gann, als Wal­ter Ba­der 1969 eme­ri­tiert wur­de und nun Zeit hat­te, die gro­ßen Pu­bli­ka­tio­nen zum Xan­te­ner Dom an­zu­ge­hen, die ihm seit den 30er Jah­ren auf dem Her­zen la­gen. Hier­in ver­tei­dig­te er noch­mals sei­ne In­ter­pre­ta­ti­on sei­ner Aus­gra­bun­gen von 1930 mit dem Fund der so ge­nann­ten Mär­ty­rer ge­gen neue­re Er­kennt­nis­se der Ar­chäo­lo­gie. Auch er­hielt er nun zahl­rei­che Eh­run­gen und Aus­zeich­nun­gen, die sei­ne Ver­diens­te um den Dom und die Denk­mal­pfle­ge wür­dig­ten. So wur­de ihm be­reits 1968 das Gro­ße Bun­des­ver­dienst­kreuz ver­lie­hen. Zu sei­nem 70. Ge­burts­tag wur­de er 1971 Eh­ren­bür­ger der Stadt Xan­ten. 1983 ver­lieh im das Bis­tum Müns­ter die Pau­lus-Pla­ket­te für die Er­for­schung und den Wie­der­auf­bau des Xan­te­ner Do­mes und 1984 er­hielt er den „Deut­schen Preis für Denk­mal­schutz" und da­mit ver­bun­den den Karl-Fried­rich-Schin­kel-Ring durch das deut­sche Na­tio­nal­ko­mi­tee für Denk­mal­schutz und das Bun­des­mi­nis­te­ri­um des In­nern.

Wal­ter Ba­der starb am 9.3.1986 in Xan­ten. 1987 wur­de die Xan­te­ner Re­al­schu­le in „Wal­ter-Ba­der-Re­al­schu­le" um­be­nannt

Werke (Auswahl)

Die Be­ne­dik­ti­ner­ab­tei Brau­wei­ler bei Köln: Un­ter­su­chun­gen zu ih­rer Bau­ge­schich­te, Ber­lin 1937. Der Bild­hau­er des Laa­cher Sam­son: ei­ne Un­ter­su­chung zur nie­der­rhei­ni­schen Bau­plas­tik um 1200-1225, Dis­ser­ta­ti­ons­schrift, Bonn 1929. Bonn und sein Müns­ter, Bonn 1947. Der Dom zu Xan­ten, Keve­la­er 1949. Schloß Au­gus­tus­burg zu Brühl und Fal­ken­lust, Köln 1961. Die Stifts­kir­che des Hei­li­gen Vik­tor zu Xan­ten, Keve­la­er 1985

Literatur

Bou­resh, Bet­ti­na, Die Neu­ord­nung des Rhei­ni­schen Lan­des­mu­se­ums Bonn 1930–1939. Zur na­tio­nal­so­zia­lis­ti­schen Kul­tur­po­li­tik der Rhein­pro­vinz, Köln 1996.
Kraus, Ste­fan, Wal­ter Ba­der. Denk­mal­pfle­ge in schwe­rer Zeit, Bie­le­feld 2001 [mit Schrif­ten­ver­zeich­nis].
Vo­gel­busch, Mar­ga­re­te / Ba­der, Burk­hard / Hup­ka, Die­ter, Die kom­mis­sa­ri­schen Lan­des­kon­ser­va­to­ren im Rhein­land 1951 bis 1956: Wal­ter Ba­der und Al­bert Ver­beek, in: Rhei­ni­sche Hei­mat­pfle­ge 29 (1992), S. 81-89.

Online

Kurz­bio­gra­phie von Prof. Wal­ter Ba­der (Home­page des Dom­bau­ver­eins Xan­ten). [On­line]

 
Zitationshinweis

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Kraus, Stefan, Walter Bader, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/walter-bader/DE-2086/lido/57c571b307d6a9.54127879 (abgerufen am 28.03.2024)