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Walter Gorrish war von 1949 bis 1981 freischaffender Schriftsteller und Szenarist in der DDR.
Geboren wurde Walter Kaiser – das Pseudonym Gorrish nahm er erst später an – am 22.11.1909 in Wuppertal-Barmen als Sohn eines Bauarbeiters. Die Volksschule besuchte er in Barmen, lernte anschließend den Beruf des Stuckateur-Modelleurs, in dem er auch tätig wurde. Mit 18 Jahren trat er 1928 in den Kommunistischen Jugendverband Deutschlands (KJVD), 1931 in die Kommunistische Partei Deutschlands (KPD) ein. Nach der „Machtergreifung“ der Nationalsozialisten emigrierte er zunächst in die Niederlande, von dort nach Belgien und Frankreich. Während des Spanischen Bürgerkriegs entsandte ihn seine Partei von 1936 bis 1939 als Interbrigadist nach Spanien, wo er als Offizier Adjutant von Ludwig Renn (1889-1979), des Chefs des Stabs der XI. Internationalen Brigade war. Mit der Auflösung der Internationalen Brigaden kehrte er nach Frankreich zurück, wo er 1939 interniert und im Juni 1940 an das Deutsche Reich ausgeliefert wurde. Der Volksgerichtshof klagte ihn wegen „Vorbereitung zum Hochverrat“ an und verurteilte ihn zu drei Jahren Zuchthaus. Nach Verbüßung der Haft wurde er 1943 zu einer „Bewährungseinheit“ der Wehrmacht eingezogen, der insbesondere „Wehrunwürdige“ und „Kriegstäter“ angehörten und die als Strafdivision 999 bekannt wurde; bei einem Einsatz 1944 auf der Krim lief er zur Roten Armee über.
1945 kehrte Walter Gorrish nach Deutschland zurück und war als Offizier wesentlich am Aufbau der Deutschen Volkspolizei (DVP) in der Sowjetischen Besatzungszone beteiligt. Das Mitglied der KPD trat der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED) bei und gab 1949 den Dienst bei der DVP zugunsten des Daseins eines freischaffenden Schriftstellers auf. Nebenher gehörte er dem Vorstand des Deutschen Schriftstellerverbandes, von 1963 bis 1967 dem Zentralkomitee der SED sowie dem Solidaritätskomitee des spanischen Volkes an.
Walter Gorrish verfasste zahlreiche Romane, Erzählungen und Filmdrehbücher, in denen er aus marxistisch-leninistischer Perspektive zumeist seine Erlebnisse in Spanien und Frankreich verarbeitete. Sein Roman „Um Spaniens Freiheit“, der den Spanischen Bürgerkrieg idealisiert, aber immerhin besonders die soziale Lage in Spanien behandelt, erschien zuerst 1946 im Aufbau-Verlag in Berlin, erreichte drei Auflagen mit 20.000 Exemplaren, und erschien in ungarischer und polnischer Übersetzung im Jahre 1951 und sogar 1977 und 1980 in der Bundesrepublik, wo er von linksgerichteten Verlagen als Raubdruck zuletzt unter dem Titel „Töte mich, ich will leben“ erschien. Unter einem anderen Titel, „Mich dürstet“ – verfilmt unter der Regie von Karl Paryla – wurde er 1956 eine Art Bestseller. Der Aufbau-Verlag druckte vier Auflagen, der Deutsche Militärverlag, wo der Roman ebenfalls erschien, brachte gleich 45.000 Exemplare heraus. Nach „Die dritte Kugel“ (1950) war Gorrish mit „Die tönernde Spur“, im gleichen Jahr im Aufbau-Verlag veröffentlicht, ein ähnlicher Erfolg beschieden. Der Roman erhielt mehrere Auflagen und wurde ins Russische und ins Moldauische übersetzt. Gorrish hat darin mit dem jüdischen Arzt Achim eine antifaschistische Figur gezeichnet, deren politische Einstellung im Spanischen Bürgerkrieg wurzelt und in einem französischen Internierungslager handelt. Nach dem Abenteuerroman „Als der Morgen graute“ und „Windstärke Null“ (beides 1953 publiziert), hatte Walter Gorrish mit „Engel im Fegefeuer“ im Jahre 1971 einen ähnlichen Erfolg. Der Roman sollte mehrere Nachauflagen erleben und auch auf Russisch erscheinen.
Walter Gorrish schrieb 1960 die Erzählung und das viel beachtete Drehbuch zu „Fünf Patronenhülsen“, die Regie führte Frank Beyer. In dem Film spielte Erwin Geschonneck die Rolle des Kommissar Witting, Armin Mueller-Stahl den Franzosen Pierre und Manfred Krug den Polen Oleg. Vor der Kulisse des Spanischen Bürgerkriegs fordert Gorrish als ethisch-moralische Maxime die uneingeschränkte Solidarität zur DDR, für die man Entbehrungen auf sich nehmen müsse – im Film ist es der Durst, in der Gegenwart die Mangelwirtschaft.
Weitere Drehbücher verfasste er 1958 zu „Jahrgang 21“ und 1962 zu „Königskinder“, abermals verfilmt unter der Regie von Frank Beyer. 1960 schloss er das Bühnenmanuskript „Revolte der Gefühle“ ab, das auch als Filmspiel ausgestrahlt wurde und mit dem Traktoristen Georg Bender einen „Republikflüchtigen“ und dessen Erfahrungen in der Bundesrepublik Deutschland beschreibt. „Engel im Fegefeuer“ erschien 1964 zuerst als Film. Das Drehbuch schrieb er zusammen mit seiner Frau Edith Gorrish, die selbst Drehbücher verfasste wie zu „Schwarzer Zwieback“; das Buch selbst ging erstmalig 1971 in Druck, erlebte mehrere Nachauflagen und erschien 1976 auch auf Russisch.
Walter Gorrish starb am 19.1.1981 und wurde in Berlin-Pankow bestattet.
Werke (Auswahl)
Um Spaniens Freiheit. Roman, Berlin 1946; auf Ungarisch Szépirodalmi, Könyvkiadó, Budapest 1951; auf Polnisch Za wolność Hiszpanii, Wyd. ministerstwa obrony narodowej Prasa, Warschau 1951; als Raubdruck im Verlag Morgensonne o.O. 1977 und im Verlag Kämpfende Jugend, Köln 1977.
Die dritte Kugel, Berlin 1950.
Die tönernde Spur, Berlin 1950, 1958. Ekoul pašilor, Ed. de stat Kartja moldovenjaskè, Kišinèu 1964; Zvučaščij sled zd. inostrannoj literatury, Moskau 1961.
Als der Morgen graute, Berlin 1953.
Windstärke Null, Berlin 1953.
Mich dürstet, Aufbau-Verlag, Berlin 1956; Verlag des Ministeriums für Nationale Verteidigung, Berlin 1956; Deutschen Militärverlag, Berlin 1970.
Fünf Patronenhülsen. Eine Erzählung in Bildern, Berlin 1960.
Revolte der Gefühle, Henschel Verlag, Berlin 1960.
Engel im Fegefeuer. Erzählung, Aufbau-Verlag, Berlin 1971; Angel v čistilišče povest' Izdatel'stvo Progress, Moskau 1976.
Töte mich, ich will leben, Guhl-Verlag, Berlin 1980.
Literatur
Asholt, Wolfgang/Reinecke, Rüdiger/Schlunde, Susanne (Hg.), Der Spanische Bürgerkrieg in der DDR, Frankfurt/Main 2009.
Heimann, Thomas, Bilder von Buchenwald. Die Visualisierung des Antifaschismus in der DDR (1945–1990), Köln 2005.
Poss, Ingrid/ Warnecke, Peter (Hg.), Spur der Filme. Zeitzeugen über die Defa. Berlin 2006.
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Müller-Enbergs, Helmut, Walter Gorrish, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/walter-gorrish/DE-2086/lido/57c6d47eb413d6.16595609 (abgerufen am 20.01.2025)