Wilhelm Eduard Verhülsdonk

Katholischer Journalist und Politiker (1884–1934)

Simon Oelgemöller (Bornheim)

Porträtaufnahme von Wilhelm Eduard Verhülsdonk, um 1925. (Landeshauptarchiv Koblenz/LHAKo Best. 710 Nr. 4013)

Der Jour­na­list und Po­li­ti­ker Edu­ard Ver­hüls­donk en­ga­gier­te sich mit tat­kräf­ti­gem Ge­stal­tungs­wil­len, kämp­fe­ri­scher Rhe­to­rik und aus ka­tho­li­scher Glau­bens­über­zeu­gung von der „Rhein- und Wied-Zei­tun­g“ aus und als Zen­trums­ab­ge­ord­ne­ter im Reichs­tag wäh­rend der Wei­ma­rer Re­pu­blik für die jun­ge De­mo­kra­tie. In sei­ner Wahl­hei­mat­stadt Neu­wied am Rhein setz­te er sich un­ter an­de­rem er­folg­reich für re­gio­na­le Gro­ß­pro­jek­te wie Deich- und Brü­cken­bau ein. Für die Na­tio­nal­so­zia­lis­ten war er ein eben­so ge­fürch­te­ter wie schlag­fer­ti­ger Geg­ner.

Wil­helm Edu­ard Ver­hüls­donk wur­de am 16.4.1884 in Kre­feld ge­bo­ren. Sein Va­ter Ja­cob En­gel­bert Ver­hüls­donk (1852–1920) war Kauf­mann und kam ge­bür­tig aus St. Tö­nis (heu­te Stadt Tö­nis­vorst). Er ver­dien­te sei­nen Brot­er­werb als Buch­hal­ter in ei­ner Holz­fa­brik. Sei­ne Mut­ter Eli­sa­beth He­le­ne, ge­bo­re­ne Idel (1857–1919) ent­stamm­te ei­ner Kre­fel­der Ju­ris­ten­fa­mi­lie. Sein vier Jah­re jün­ge­rer Bru­der Ger­hard Ru­dolf (1888–1959) kam am 18.1.1888 zur Welt. Edu­ard be­such­te in der Sei­den­stadt die Grund­schu­le und bis zur mitt­le­ren Rei­fe das hu­ma­nis­ti­sche Gym­na­si­um.

Im Kul­tur­kampf der Kai­ser­zeit war die Ein­stel­lung in sei­nem El­tern­haus durch den ka­tho­li­schen Glau­ben ge­prägt. Die So­zia­li­sa­ti­on des Soh­nes ent­fal­te­te sich kirch­lich über sei­nen Dienst als Mi­nis­trant und ge­sell­schaft­lich durch die zen­trums­na­hen Wind­t­horst­bun­de. Ver­hüls­don­ks Sprach­ge­wandt­heit und Schlag­fer­tig­keit fie­len bei die­ser 1899 in Köln zum Ver­band ver­ein­ten Ju­gend­or­ga­ni­sa­ti­on der Par­tei auf, so dass er als Red­ner bei Ver­samm­lun­gen auf­trat. Als „stän­di­ger Ge­sel­le“ (Karl Sa­bel) ar­bei­te­te er dem 1900–1902 am­tie­ren­den Vor­sit­zen­den und spä­te­ren Reichs­kanz­ler Wil­helm Marx auf Wahl­kampf­rei­sen zu. Marx setz­te sich für ei­ne bes­se­re ge­sell­schaft­li­che Stel­lung der Ka­tho­li­ken durch so­zia­le, kul­tu­rel­le und po­li­ti­sche Par­ti­zi­pa­ti­on ein. Ver­hüls­donk stand auch in spä­te­ren Jah­ren mit ihm in Ver­bin­dung. 

Ver­hüls­don­ks Be­geis­te­rung für den Ka­tho­li­zis­mus und sein Sprach­ta­lent weck­ten in ihm den Wunsch, für die Zen­trums­pres­se zu schrei­ben. Die­se hat­te sich zu ei­nem schlag­kräf­ti­gen Sprach­rohr eta­bliert. Der Aus­bil­dungs­weg führ­te den jun­gen Jour­na­lis­ten zum „Düs­sel­dor­fer Volks­blat­t“. Nach sei­nem dor­ti­gen Vo­lon­ta­ri­at kehr­te er am 1.7.1902 nach Kre­feld zu­rück, schrieb fort­an für die ka­tho­lisch-kon­ser­va­ti­ve „Nie­der­rhei­ni­sche Volks­zei­tun­g“ und wur­de bald dar­auf Mit­glied der Re­dak­ti­on. Mit Cha­rak­ter­ei­gen­schaf­ten wie Ge­wis­sen­haf­tig­keit, Zu­ver­läs­sig­keit und zu­pa­cken­der Ein­satz­be­reit­schaft star­te­te er ei­ne viel­ver­spre­chen­de Lauf­bahn. Ab 1904 ar­bei­te­te er als Lo­kal­re­dak­teur in Bo­chum, wo er ab dem 18. März ge­mel­det war, bei der „West­fä­li­schen Volks­zei­tun­g“ und sam­mel­te ab dem 1.7.1905 wei­te­re Er­fah­run­gen bei der „Duis­bur­ger Volks­zei­tun­g“, wo er als zwei­ter Re­dak­teur un­ter an­de­rem po­li­ti­scher Be­richt­er­stat­ter wur­de. Die Ent­wick­lung im Re­vier ver­folg­te er – ins­be­son­de­re ge­gen­über dem Li­be­ra­lis­mus kri­tisch ein­ge­stellt – auf­merk­sam. Auch in der Lo­kal­po­li­tik mel­de­te er sich zu Wort.

Im Ruhr­ge­biet hielt es ihn nicht lan­ge. Ei­nen Kar­rie­re­sprung mach­te Ver­hüls­donk mit dem 1.3.1906, als er in der Bür­ger­meis­te­rei Bens­berg (heu­te Stadt Ber­gisch Glad­bach) ver­ant­wort­li­cher Re­dak­teur des 1867 als ers­te lo­ka­le Zei­tung ge­grün­de­ten „Bens­berg-Glad­ba­cher An­zei­ger. Volks­blatt für die ber­gi­sche Ge­gen­d“ wur­de. Von 1907 bis 1929 kam das Blatt als „Bens­ber­ger Volks­zei­tun­g“ im Ver­lag Dau­ben­bü­chel & Haa­ke her­aus, In­ha­ber war die Fa­mi­lie Wid­dig. Ne­ben der Be­richt­er­stat­tung über Er­eig­nis­se aus al­ler Welt und der ber­gi­schen Re­gi­on war die zen­trums­na­he Ori­en­tie­rung un­ver­kenn­bar. Ver­hüls­don­ks Ver­ständ­nis ei­nes selbst­be­wuss­ten Kul­tur­ka­tho­li­zis­mus un­ter­strei­chen nicht nur Be­rich­te in die­ser Zei­tung über den Volks­ver­ein für das ka­tho­li­sche Deutsch­land, son­dern auch Ar­ti­kel wie „Die Wis­sen­schaft des ka­tho­li­schen Ar­bei­ter­s“ vom 30.3.1907. Dar­in wur­de mit Blick auf den ka­tho­li­schen Ar­bei­ter zum Stu­di­um der Wis­sen­schaf­ten aus dem Blick­win­kel des Glau­bens auf­ge­for­dert: „Du musst im­mer tie­fer in dei­nen Glau­ben ein­drin­gen, im­mer mehr welt­li­che Wis­sen­schaft dir an­eig­nen, dann ge­nie­ßest du das Glück und die wah­re Freu­de, wel­che die wah­re Wis­sen­schaft dem Men­schen ver­leiht. Sei in al­lem an der Spit­ze, in Wort und Tat! […]. Auf die­sem Bo­den des wah­ren Chris­ten­tums sucht er die gro­ßen so­zia­len Fra­gen zu lö­sen.“

 

Für Ver­hüls­donk er­öff­ne­te sich im März 1911 die Per­spek­ti­ve des Chef­re­dak­teurs und Ver­lags­di­rek­tors der „Rhein- und Wied-Zei­tun­g“ in Neu­wied am Rhein. Ver­hüls­donk über­nahm die Zei­tung in ei­ner Pha­se, in der sich das ka­tho­li­sche Mi­lieu ins­ge­samt ge­fes­tigt hat­te und in­fol­ge der ge­sell­schaft­li­chen Öff­nung die ka­tho­li­sche Pu­bli­zis­tik von 1881 mit 221 bis 1912 auf 446 Zei­tun­gen an­wuchs. Die 1875 im rhei­ni­schen Linz ge­grün­de­te „Ta­ges­zei­tung für das ka­tho­li­sche Vol­k“, 1877 um­be­nannt, er­reich­te seit den 1880er Jah­ren die Neu­wie­der Le­ser mit der Aus­ga­be „Neu­wie­der Ta­ge­blat­t“. Seit 1879 lag sie in der ver­le­ge­ri­schen Ver­ant­wor­tung von Ka­plan Ge­org Fried­rich Das­bach. Nach Neu­wied wur­de sie 1908 ver­legt. Seit 1921 er­lang­te sie ne­ben der li­be­ral-pro­tes­tan­tisch aus­ge­rich­te­ten „Neu­wie­der Zei­tun­g“ (NZ) den Sta­tus ei­nes amt­li­chen Kreis­blatts. Die Abon­nen­ten­zahl stieg von 5.000 (1908) auf gut 15.000 (1932). Die Zei­tung be­stand bis 1937.

Ein­her­ge­hend mit die­ser er­trag­rei­chen Stel­lung hei­ra­te­te Ver­hüls­donk Ma­ria Neiß (1885–1968), Toch­ter des Kre­fel­der Sei­den­wa­ren­fa­bri­kan­ten Jo­hann Neiß. Am 23.6.1914 wur­den die Zwil­lin­ge Ma­ria und Edu­ard ge­bo­ren. Kurz dar­auf – am 11.11.1914 – zo­gen auch Ver­hüls­don­ks El­tern nach Neu­wied.

Im Neu­wie­der Ta­ge­blatt bil­de­te sich das Welt­ge­sche­hen ab, so et­wa bei den Wei­chen­stel­lun­gen, die zum Ers­ten Welt­krieg führ­ten und von pa­trio­ti­schen und sie­ges­ge­wis­sen Stim­men in den ers­ten Kriegs­jah­ren be­glei­tet wa­ren. Die Frie­dens­in­itia­ti­ve Papst Be­ne­dikts XV. (Pon­ti­fi­kat 1914–1922) fand da­bei nur we­nig Be­ach­tung. Ver­hüls­don­ks Pa­trio­tis­mus wur­de mit der Kriegs­ver­dienst­me­dail­le ho­no­riert. Ne­ben dem ta­ges­ak­tu­el­len Po­li­tik- und dem Feuille­ton-Teil wur­de an Mon­ta­gen aus­führ­lich über sport­li­che Leis­tun­gen be­rich­tet. Land­wir­te konn­ten sich in ei­ner Bei­la­ge über tech­ni­sche Ent­wick­lun­gen in­for­mie­ren, für die geist­li­che Er­bau­ung sorg­te die Bei­la­ge „St. Do­na­tus-Blat­t“. Für das ka­tho­li­sche Le­ben mit Ge­mein­de, Ver­ei­nen, Ka­tho­li­ken­ta­gen oder bei der For­de­rung nach Be­kennt­nis­schu­len bot die Zei­tung ei­ne geis­ti­ge Hei­mat. Ver­hüls­don­ks Bru­der Ru­dolf ver­ant­wor­te­te wäh­rend­des­sen als Ge­schäfts­füh­rer die kauf­män­ni­sche Sei­te. Zu ei­nem Zer­würf­nis zwi­schen bei­den kam es im Zu­ge der Welt­wirt­schafts­kri­se 1929 an­läss­lich wei­te­rer Kre­dit­auf­nah­men. Trotz Ru­dolfs Aus­schei­den be­stand auch wei­ter­hin ein ge­schwis­ter­li­ches Ver­hält­nis.

Ver­hüls­don­ks Glau­bens­über­zeu­gung blieb ein zen­tra­les Grund­mo­tiv sei­nes Schaf­fens. Geist­li­che zähl­ten zu sei­nen Freun­den. Der Neu­wie­der Spit­zen­kan­di­dat der Zen­trums­par­tei Mi­cha­el Krings (1861–1939) konn­te sich 1912 sei­ner Un­ter­stüt­zung ge­wiss sein. Im Kir­chen­vor­stand von St. Mat­thi­as in Neu­wied war der von vie­len Men­schen auf­grund sei­ner Hilfs­be­reit­schaft ge­schätz­te Ver­hüls­donk seit 1919, or­ga­ni­sier­te 1923 die ers­te Fron­leich­nams­pro­zes­si­on und setz­te sich 1930 für den Neu­bau kon­fes­sio­nel­ler Kin­der­gär­ten und Ka­pel­len ein. 1925 wur­de ihm der päpst­li­che Or­den „pro eccle­sia et pon­ti­fice“ ver­lie­hen. 

Nach dem Ers­ten Welt­krieg ent­wi­ckel­te er sich zu ei­nem pa­trio­ti­schen De­mo­kra­ten. Im Kri­sen­jahr 1918 sa­hen die Ar­bei­ter- und Sol­da­ten­rä­te sei­ne Be­mü­hung bei der Grün­dung ei­nes Wohl­fahrts­aus­schus­ses ge­mein­sam mit evan­ge­li­schen Chris­ten zwar kri­tisch, doch schlos­sen sie sich die­sem an, was zu ei­ner po­li­ti­schen Ent­span­nung führ­te. Den Auf­bau der de­mo­kra­ti­schen Ord­nung un­ter­stüt­ze er durch sei­nen Ein­satz für die Zen­trums­po­li­ti­ker 1919. Zu­gleich hat­te er 1922/23 nichts für die rhei­ni­schen Se­pa­ra­tis­ten üb­rig. Mit Blick auf die von Deutsch­land ge­for­der­ten Re­pa­ra­ti­ons­leis­tun­gen schlug er ei­nen ver­mit­teln­den Ton an und ließ schon sehr früh an sei­ner Geg­ner­schaft zu den Na­tio­nal­so­zia­lis­ten kei­nen Zwei­fel. Agi­ta­tio­nen und Putsch­ver­su­che ver­ur­teil­te er. 

In der Wei­ma­rer Re­pu­blik ent­fal­te­te sich sein po­li­ti­sches Ge­schick voll­ends. Als Kom­mu­nal­po­li­ti­ker kan­di­dier­te er 1919 für das Zen­trum, wur­de Stadt­ver­ord­ne­ter und gleich­zei­tig in den Kreis­tag ge­wählt. Er führ­te die sie­ben­köp­fi­ge und da­mit stärks­te Frak­ti­on im Stadt­rat, wur­de Mit­glied des Kreis­aus­schus­ses und be­glei­te­te bis 1933 die Ge­schi­cke Neu­wieds. Der „star­ke Edu­ar­d“ er­warb sich den Ruf ei­nes „schlag­fer­ti­gen De­bat­tie­rer­s“ (Pe­ter Alt­mei­er). Be­deu­te­te die Lo­kal­po­li­tik für ihn ein wich­ti­ges Stand­bein, zog es ihn seit 1928 mit sei­ner Wahl in den Preu­ßi­schen Land­tag in die gro­ße Po­li­tik. Ei­ne Kan­di­da­tur vor­ab für den Rhei­ni­schen Pro­vin­zi­al­land­tag in Düs­sel­dorf hat­te er nicht wahr­ge­nom­men. In Ber­lin saß er im Ver­kehrs­aus­schuss, wur­de Mit­glied des Son­der­aus­schus­ses zur Be­ra­tung der Ge­biets­re­form und ver­ant­wor­te­te als Jour­na­list, man­gels of­fi­zi­el­len Pres­se­spre­chers, die Ver­bin­dung zwi­schen Frak­ti­on und Pres­se. Zeit­gleich be­grü­ß­te er 1929 den Ab­schluss des Kon­kor­dats des Hei­li­gen Stuhls mit der Ka­tho­li­schen Kir­che. Bei der Reichs­tags­wahl am 14.9.1930 zog er über den zwei­ten Lis­ten­platz für den Wahl­kreis Ko­blenz-Trier, wo er ein ge­frag­ter Red­ner war, in den Reichs­tag ein. Seit­dem üb­te er ein Dop­pel­man­dat für bei­de Par­la­men­te aus. Mit der Auf­lö­sung des Zen­trums 1933 im Zu­ge der po­li­ti­schen Gleich­schal­tung durch die Na­tio­nal­so­zia­lis­ten en­de­te sei­ne po­li­ti­sche Kar­rie­re.

Ne­ben sei­nem welt­an­schau­li­chen Hin­ter­grund zeich­ne­te sich als fes­te Kom­po­nen­te sei­nes Han­delns sein of­fe­nes Ohr für lo­ka­le Sor­gen und Nö­te der Hei­mat­re­gi­on aus. Auf Kreis­ebe­ne und in Zu­sam­men­ar­beit mit Land­rat Ro­bert Gro­ß­mann (1884–1938) konn­ten Schu­len, Stra­ßen und 1928 das Kreis­mu­se­um Neu­wied neu ge­baut wer­den. Auf der Lin­zer Hö­he ent­stand im sel­ben Jahr das Grup­pen­was­ser­werk als zen­tra­le Was­ser­ver­sor­gung zwi­schen Rhein und Wied­bach­tal. Dank sei­nes Ein­flus­ses in Ber­lin konn­te er für re­gio­na­le Gro­ß­pro­jek­te staat­li­che För­der­gel­der des Rei­ches und der Pro­vin­zi­al­re­gie­rung re­qui­rie­ren. Wie Ver­hüls­donk aus ei­ge­ner Er­fah­rung 1920 und 1925/26 be­stä­ti­gen konn­te, litt Neu­wied un­ter stän­di­ger Hoch­was­ser­ge­fahr durch den Rhein. Auf In­itia­ti­ve von Bür­ger­meis­ter Ro­bert Krups (1887–1950) 1926 und in­fol­ge des Be­schlus­ses über den Bau der Hoch­was­ser­schutz­an­la­ge 1928 war schlie­ß­lich im Ok­to­ber 1931 erst­mals ein Deich mit Pump­werk ge­baut und ein­satz­be­reit. Der An­trag für den Bau ei­ner Rhein­brü­cke zwi­schen Neu­wied und Wei­ßen­thurm er­folg­te 1929. Je­doch wur­de sie, be­glei­tet von NS-Pro­pa­gan­da, 1935 als Her­mann-Gö­ring-Brü­cke voll­endet und ein­ge­weiht. Die Brü­cke wur­de zu ei­nem „Fern­ver­kehrs­schnitt­punkt ers­ten Ran­ge­s“ (Al­bert Mein­hardt) und Neu­wied er­füll­te sich mit Deich und Brü­cke zwei lang ge­heg­te Wün­sche. Die In­itia­to­ren die­ser Pro­jek­te und ei­gent­li­chen Vä­ter der Rhein­brü­cke ge­rie­ten je­doch wäh­rend­des­sen in po­li­ti­sche Un­gna­de.

Mit der Macht­über­nah­me durch die Na­tio­nal­so­zia­lis­ten ver­lor Ver­hüls­donk nicht nur sei­ne po­li­ti­schen Äm­ter. Zu­gleich ge­riet er in ihr Vi­sier und muss­te um sei­ne ge­sell­schaft­li­che Re­pu­ta­ti­on fürch­ten. Die na­tio­nal­so­zia­lis­ti­sche Zei­tung „Ko­blen­zer Na­tio­nal­blat­t“ hat­te es schon 1931/32 auf ihn ab­ge­se­hen. An­läss­lich des so­ge­nann­ten „Kreis­spar­kas­sen­pro­zes­ses“ 1933 ge­riet er we­gen sei­ner Funk­ti­on als Ver­lags­di­rek­tor und stell­ver­tre­ten­der Vor­stands­vor­sit­zen­der der Spar­kas­se am 8.4.1933 in „Schutz­haf­t“. Sein er­zwun­ge­ner Rück­tritt als Chef­re­dak­teur ging da­mit ein­her. An­ge­klagt we­gen Un­treue und sat­zungs­wid­ri­ger Kre­di­te wa­ren zu­dem Kreis­spar­kas­sen­di­rek­tor Jo­sef Muth (1888–1980) so­wie der Vor­stands­vor­sit­zen­de der Spar­kas­se, Land­rat Gro­ß­mann. Wäh­rend Ver­hüls­donk in wei­ten Tei­len der Be­völ­ke­rung Rück­halt ge­noss und auch im Ko­blen­zer Re­gie­rungs­prä­si­den­ten Dr. Ha­rald Tur­ner (1891–1947) ei­nen Für­spre­cher fand, wur­de es ihm mög­lich, sei­ne Haft für sechs Wo­chen zu un­ter­bre­chen und in Köln bei sei­nem Bru­der un­ter­zu­kom­men. Auf den am 16.1.1934 be­gin­nen­den Pro­zess be­rei­te­te er sich akri­bisch vor. Bei der Ver­tei­di­gung stell­te er wie­der­um sein rhe­to­ri­sches Ge­schick un­ter Be­weis. Der Pro­zess vor dem Land­ge­richt Ko­blenz en­de­te – un­ter den da­ma­li­gen Um­stän­den über­ra­schend – am 3.2.1934 mit ei­nem Frei­spruch. 

Auch wenn sein An­se­hen for­mal recht­mä­ßig wie­der­her­ge­stellt war, hin­ter­ließ der Pro­zess deut­li­che Spu­ren. In be­ruf­li­cher Hin­sicht über­nahm Ver­hüls­donk im Be­reich der Ak­qui­se die so­ge­nann­ten Be­zie­her­wer­bung für das „Pau­li­nus­blat­t“, seit dem 1.10.1934 Trie­rer Bis­tums­blatt, im Re­gie­rungs­be­zirk Ko­blenz. Litt er zu­vor schon un­ter Herz­pro­ble­men, hat­te ihm der Pro­zess die letz­ten Kräf­te ge­raubt. Er ver­starb am 2.11.1934 und wur­de am 6. No­vem­ber auf dem Neu­wie­der Fried­hof an der Eli­sa­beth­stra­ße be­er­digt. Die Er­in­ne­rung an den Chef­re­dak­teur und Po­li­ti­ker, der sich über sei­ne In­itia­ti­ve für den Deich- und Brü­cken­bau ei­nen fes­ten Platz im Ge­dächt­nis der Stadt si­cher­te, fand nach 1945 ih­ren Nie­der­schlag: die Roon­stra­ße be­zie­hungs­wei­se seit 1947 Ru­dolf-Breit­scheid-Stra­ße wur­de 1948 in „Edu­ard-Ver­hüls­donk-Stra­ße“ um­be­nannt und am Deich ist er seit 1971 auf ei­ner Ge­denk­ta­fel er­wähnt.

Quellen

Ar­chi­vquel­len

Lan­des­haupt­ar­chiv Ko­blenz: Be­stand 700, 173, Nach­lass Edu­ard Ver­hüls­donk, 1927–1986; Be­stand 710 Fo­to­samm­lung, Fa­mi­li­en­fo­tos (1910–1934); Be­stand 630,001 Stadt Neu­wied (1815–1945).

Lan­des­haupt­ar­chiv Ko­blenz Au­ßen­stel­le Rom­mers­dorf mit Stadt­ar­chiv Neu­wied: Be­stand 630,503, Fo­tos 1910–1934; Zei­tun­gen, dar­un­ter Rhein-Wied-Zei­tung.

Bun­des­ar­chiv Ko­blenz: Pro­to­kol­le des Reichs­ta­ges. Ge­hei­mes Staats­ar­chiv Preu­ßi­scher Kul­tur­be­sitz: I. HA Rep. 169 D: Ste­no­gra­phi­sche Be­rich­te des Preu­ßi­schen Land­ta­ges (1919–1933). 

Stadt­ar­chiv Kre­feld: Ge­burts­ur­kun­de von Edu­ard Ver­hüls­donk, Stan­des­amt Kre­feld, Reg.-Nr. 1073/1884; Per­so­nen­stands­kar­te der Kre­fel­der Mel­de­kar­tei für Ja­cob En­gel­bert Ver­hüls­donk.

Stadt­ar­chiv Ber­gisch Glad­bach: To­ten­zet­tel aus ei­ner To­ten­zet­tel­samm­lung über Geist­li­che; Pa­pier­aus­ga­ben der Bens­ber­ger Volks­zei­tung.

Ge­druck­te Quel­len

Bei Son­nen­un­ter­gang, Le­se­pro­ben aus vier Jahr­zehn­ten von Edu­ard Ver­hüls­donk. Zu­sam­men­ge­stellt zum 75. Ge­burts­tag von Ros­wi­tha Ver­hüls­donk, Ko­blenz 1989. 

Literatur

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Rhein­land-Pfäl­zi­sche Per­so­nen­da­ten­bank: Edu­ard Ver­hüls­donk (1884–1934) [On­line]

Mahn­mal Ko­blenz [On­line]

Porträtaufnahme von Wilhelm Eduard Verhülsdonk, um 1910. (Landeshauptarchiv Koblenz/LHAKo Best. 710 Nr. 4011)

 
Zitationshinweis

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Oelgemöller, Simon, Wilhelm Eduard Verhülsdonk, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/wilhelm-eduard-verhuelsdonk/DE-2086/lido/66338670204ec0.71558634 (abgerufen am 05.12.2024)