Wilhelm Warsch

Kommunalbeamter, Mitbegründer der rheinischen CDU, Regierungspräsident von Köln (1895–1969)

Joachim Lilla (Krefeld)

Regierungspräsident Wilhelm Warsch, Porträtfoto. (Stadtarchiv Krefeld)

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Wil­helm Warsch ver­kör­per­te ei­nen in den 1920er Jah­ren auf­tre­ten­den neu­en Ty­pus von Be­am­ten, die ne­ben dem In­stru­men­ta­ri­um der Ver­wal­tung auch das der Po­li­tik sou­ve­rän be­herrsch­ten. In sei­ner (im "Drit­ten Reich" un­ter­bro­che­nen) Lauf­bahn ge­lang­te er schon früh auf Füh­rungs­po­si­tio­nen zu­nächst im kom­mu­na­len, nach 1945 auch im staat­li­chen Be­reich. Er war ein er­folg­rei­cher und durch­set­zungs­fä­hi­ger po­li­ti­scher Be­am­ter, als Par­tei­po­li­ti­ker in­des stieß er bald an sei­ne (von Kon­rad Ade­nau­er ab­ge­steck­ten) Gren­zen.

Wil­helm Warsch wur­de am 6.12.1895 in Vier­sen als äl­tes­ter Sohn der ka­tho­li­schen Fa­mi­lie des kauf­män­ni­schen Be­zirks­re­vi­sors und vor­ma­li­gen Drechs­lers Hein­rich Warsch (1866- vor 1957) und sei­ner Frau Ma­ria ge­bo­re­ne Sahl (1869-1957) ge­bo­ren. Nach dem Schul­be­such trat er am 14.4.1914 beim Amts- und Land­ge­rich­t Mön­chen­glad­bach in den Vor­be­rei­tungs­dienst für die Jus­tiz­ober­se­kre­tär­prü­fung ein, der von 1915 bis zum Kriegs­en­de 1918 durch den Mi­li­tär­dienst un­ter­bro­chen wur­de. Warsch war nicht im Feld, da er nur „gar­ni­sons­ver­wen­dungs­fä­hig" war. Nach dem Ab­itur 1916 am alt­sprach­li­chen Gym­na­si­um in Vier­sen stu­dier­te er (an­fäng­lich ne­ben sei­nem Mi­li­tär­dienst) vom Som­mer­se­mes­ter 1917 bis zum Win­ter­se­mes­ter 1919/1920 Na­tio­nal­öko­no­mie und Rechts­wis­sen­schaf­ten (Staats- und Ver­wal­tungs­recht) an der Uni­ver­si­tät Bonn. Das Stu­di­um schloss er 1920 mit der Pro­mo­ti­on im Haupt­fach Na­tio­nal­öko­no­mie ab; das The­ma der Dis­ser­ta­ti­on war „Die Be­deu­tung von Ant­wer­pen, Rot­ter­dam und ei­nem Rhein-Maas-Schel­de-Ka­nal, ins­be­son­de­re für die deut­sche Volks­wirt­schaf­t“.

Wilhelm Warsch, Porträtfoto, 1931. (Stadtarchiv Krefeld)

 

Ab 1.5.1920 zu­nächst in­for­ma­to­risch bei der Stadt­ver­wal­tung Vier­sen be­schäf­tigt, trat er am 15.7.1920 als wis­sen­schaft­li­cher Hilfs­ar­bei­ter in die Diens­te der Stadt­ver­wal­tung Mön­chen­glad­bach und wur­de am 8.6.1921 Di­rek­tor des dor­ti­gen Woh­nungs­am­tes. Zum 1.4.1922 er­folg­te sei­ne An­stel­lung mit Be­am­ten­ei­gen­schaft als städ­ti­scher Di­rek­tor und De­zer­nent (Stadt­di­rek­tor) bei der Stadt­ver­wal­tung Mön­chen­glad­bach, ab 1.12.1923 als für zwölf Jah­re ge­wähl­ter Be­am­ter. In die­ser Ei­gen­schaft lei­te­te er das Woh­nungs­amt, das Pres­se­amt, das Sta­tis­ti­sche Amt und ar­bei­te­te des Wei­te­ren in Ar­bei­ter­an­ge­le­gen­hei­ten und im Wohl­fahrts­de­zer­nat mit. Aus den Wir­ren des Jah­res 1923 be­rich­te­te Warsch zehn Jah­re spä­ter, er ha­be in der ak­ti­ven Ab­wehr der Se­pa­ra­tis­ten "un­ter Ein­satz mei­nes Le­bens in vor­ders­ter Li­nie frei­wil­lig und un­er­schro­cken als deut­scher Mann und Be­am­ter mei­ne va­ter­län­di­sche Pflicht er­füllt".

Spä­tes­tens wäh­rend sei­ner be­ruf­li­chen Tä­tig­keit in Mön­chen­glad­bach dürf­te Warsch Mit­glied der Zen­trums­par­tei ge­wor­den sein. Vor die­sem be­ruf­li­chen und po­li­ti­schen Hin­ter­grund be­warb sich Warsch, noch nicht 30-jäh­rig, er­folg­reich um die Stel­le des Bür­ger­meis­ters der Stadt Uer­din­gen, de­ren Stadt­ver­ord­ne­ten­ver­samm­lung, in der das Zen­trum die Mehr­heit (zwölf von 22 Man­da­ten) hat­te, ihn am 30.7.1925 für ei­ne Amts­zeit von zwölf Jah­ren wähl­te; am 17.9.1925 wur­de er in sein neu­es Amt ein­ge­führt.

Be­reits zwei Jah­re spä­ter, im Herbst 1927, konn­te Warsch ein seit Jahr­zehn­ten an­ge­streb­tes Ziel der Uer­din­ger Kom­mu­nal­po­li­tik ver­wirk­li­chen: die Ein­ge­mein­dung von Ho­hen­bud­berg und ei­nes Teils von Kal­den­hau­sen. Kurz da­nach sah er sich aber mit ei­ner exis­ten­ti­el­len Be­dro­hung der Selb­stän­dig­keit der Stadt Uer­din­gen kon­fron­tiert durch die im Zu­ge der über­fäl­li­gen, durch die Wir­ren der Kriegs- und Nach­kriegs­zeit ver­zö­ger­ten Neu­glie­de­rung des rhei­nisch-west­fä­li­schen In­dus­trie­ge­biets, die auch die Ein­ge­mein­dung Uer­din­gens nach Kre­feld vor­sah. Bei den äu­ßerst lang­wie­ri­gen und zä­hen Ver­hand­lun­gen über die Ein­ge­mein­dung – Uer­din­gen sträub­te sich ge­gen den dro­hen­den Ver­lust sei­ner kom­mu­na­len Ei­gen­stän­dig­keit – stell­te Warsch sei­ne po­li­ti­sche Be­ga­bung ein­drucks­voll un­ter Be­weis. Er er­wies sich als re­la­tiv neu­er Ty­pus ei­nes auch po­li­tisch be­fä­hig­ten Be­am­ten, der das In­stru­men­ta­ri­um nicht nur des Dienst­we­ges, son­dern auch der Nut­zung po­li­ti­scher Be­zie­hun­gen sou­ve­rän be­herrsch­te.

So ge­lang es, dass – nach­dem die Ein­ge­mein­dung Uer­din­gens nach Kre­feld un­aus­weich­lich ge­wor­den war – Warsch hier­für den höchst­mög­li­chen Preis ver­lang­te und er­hielt. Die­ser Preis be­stand in ei­ner im deut­schen Kom­mu­nal­ver­fas­sungs­recht bis heu­te ein­zig­ar­ti­gen Kon­struk­ti­on, ei­ner so ge­nann­ten „Dach­ge­mein­schaf­t“, die – und das war sein Ver­dienst und das sei­ner Par­tei­freun­de – im Neu­glie­de­rungs­ge­setz der­ge­stalt ge­re­gelt wur­de, dass bei der spä­te­ren Um­set­zung nichts mehr schief ge­hen konn­te. Nach In­kraft­tre­ten des Neu­glie­de­rungs­ge­set­zes am 1.8.1929 wur­de Warsch zu­nächst zum – gleich­be­rech­tig­ten – Stell­ver­tre­ter des kom­mis­sa­ri­schen Bür­ger­meis­ters (dies wur­de der bis­he­ri­ge Kre­fel­der Ober­bür­ger­meis­ter Jo­han­nes Jo­han­sen) der neu ge­bil­de­ten Stadt Kre­feld-Uer­din­gen a. Rh. er­nannt. Im Früh­jahr 1930, im Zu­ge der Um­set­zung der neu­en Kom­mu­nal­ver­fas­sung der neu­en Stadt, wur­de Warsch als Bür­ger­meis­ter des nun­meh­ri­gen Stadt­teils Uer­din­gen be­stä­tigt und zu­gleich Ers­ter Bei­ge­ord­ne­ter der Ge­samt­stadt Kre­feld-Uer­din­gen a. Rh.

Bürgermeister Wilhelm Warsch und die Uerdinger Stadtverordneten im Sitzungsaal des Rathauses, 1925. (Stadtarchiv Krefeld)

 

Den auf­kom­men­den Na­tio­nal­so­zia­lis­mus sah Warsch früh­zei­tig als gro­ße Ge­fahr. Sei­ne ab­leh­nen­de Hal­tung blieb nicht un­be­kannt, und so sah sich Bür­ger­meis­ter Warsch im Vor­feld der Kom­mu­nal­wah­len am 12.3.1933 hef­ti­gen An­grif­fen sei­tens der NS­DAP-Orts­grup­pe Uer­din­gen aus­ge­setzt. Die Na­tio­nal­so­zia­lis­ten at­tes­tier­ten ihm un­ter an­de­rem ei­ne mar­xis­tisch-zent­rüm­li­che Ein­stel­lung, wäh­rend er um­ge­kehrt nichts un­ver­sucht ließ, um den Na­tio­nal­so­zia­lis­ten Knüp­pel zwi­schen die Bei­ne zu wer­fen. Un­mit­tel­bar nach den Kom­mu­nal­wah­len, bei de­nen die NS­DAP im Stadt­teil Uer­din­gen elf, die Kampf­front Schwarz-Weiß-Rot drei von ins­ge­samt 26 Sit­zen er­ziel­te, wo­mit bei­de Par­tei­en zu­sam­men über die ab­so­lu­te Mehr­heit ver­füg­ten, trat Warsch ei­nen be­reits im Fe­bru­ar ge­neh­mig­ten Er­ho­lungs­ur­laub an. Zeit­gleich ver­stän­dig­ten sich NS­DAP und Kampf­front dar­über, beim Re­gie­rungs­prä­si­den­ten sei­ne wei­te­re Be­ur­lau­bung mit dem Ziel der Amts­ent­he­bung zu be­an­tra­gen. Warsch ver­wahr­te sich in al­ler Form da­ge­gen und stell­te sei­ne na­tio­na­le Ge­sin­nung her­aus: er sei stets loy­al und kor­rekt ge­gen­über der NS­DAP ge­we­sen und ha­be sich auch ge­gen­über der neu­en Re­gie­rung nichts zu Schul­den kom­men las­sen, viel­mehr loy­al und be­reit­wil­ligst Or­der pa­riert. Die wei­te­re Be­ur­lau­bung ist dann spä­tes­tens – of­fen­sicht­lich im Rah­men ei­ner per­sön­li­chen Vor­spra­che Warschs beim Re­gie­rungs­prä­si­den­ten Ber­ge­mann – am 25.3.1933 er­folgt, denn am 26. März teil­te die Pres­se­stel­le des Re­gie­rungs­prä­si­den­ten mit, "Warsch bleibt mit mei­nem Ein­ver­ständ­nis vor­läu­fig wei­ter be­ur­laubt".

In sein Uer­din­ger Amt kehr­te er nicht mehr zu­rück. Nach ei­nem lang­wie­ri­gen Ver­fah­ren wur­de ihm am 3.3.1934 der Er­lass vom 25.1.1934 über sei­ne Ent­las­sung nach § 4 des Ge­set­zes zur Wie­der­her­stel­lung des Be­rufs­be­am­ten­tums, al­so Ent­las­sung we­gen „na­tio­na­ler Un­zu­ver­läs­sig­keit“, zu­ge­stellt. Ein eben­falls ein­ge­lei­te­tes Dienst­straf­ver­fah­ren ge­gen ihn blieb er­geb­nis­los. Mit­te 1934 be­an­trag­te er ei­ne Um­wand­lung der er­folg­ten Ent­las­sung ge­mäß § 4 in ei­ne Zur­ru­he­set­zung ge­mäß § 6 des Ge­set­zes (we­gen Ver­wal­tungs­ver­ein­fa­chung), die der Mi­nis­ter des In­nern im Ju­li 1935 auch aus­sprach, so­gar rück­wir­kend.

Warsch war be­reits am 10. 7.1933 nach Köln um­ge­zo­gen. Bald fand er durch Für­spra­che und Ver­mitt­lung des Köl­ner Erz­bi­schofs Karl Jo­seph Kar­di­nal Schul­te ei­nen neu­en be­ruf­li­chen Wir­kungs­kreis: Er über­nahm als Di­rek­tor und Syn­di­kus der Kran­ken­an­stal­ten und ca­ri­ta­ti­ven In­sti­tu­te der Schwes­tern­ge­nos­sen­schaft des Or­dens der Au­gus­ti­ne­rin­nen (Zen­tral­ver­wal­tung Köln) de­ren wirt­schaft­li­che Be­treu­ung. Die­se Ein­rich­tun­gen be­fan­den sich in ei­ner recht miss­li­chen La­ge, stan­den nach den Wor­ten Warschs so­gar vor dem wirt­schaft­li­chen Ru­in. Nach müh­sa­men Ver­hand­lun­gen ge­lang es Warsch, durch ei­ser­ne Spar­sam­keit und straf­fe Kon­trol­le der Aus­ga­ben al­ler Häu­ser der Ge­nos­sen­schaft die­se in­so­weit zu sa­nie­ren, dass ihr Fort­be­stand ge­si­chert war. Die Tä­tig­keit für die Schwes­tern­ge­nos­sen­schaft (bis En­de Ju­ni 1945) ging dann im Früh­jahr 1945 fast naht­los in ei­ne Wie­der­auf­nah­me po­li­ti­scher und ad­mi­nis­tra­ti­ver Tä­tig­kei­ten über.

Regierungspräsident Wilhelm Warsch, Porträtfoto. (Stadtarchiv Krefeld)

 

Am 19.8.1945 ge­hör­te Warsch zu den Mit­grün­dern der Christ­lich De­mo­kra­ti­schen Par­tei (CDP, ab De­zem­ber 1945 Christ­lich De­mo­kra­ti­sche Uni­on, CDU) in Köln, am 28.8.1945 wur­de er Vor­stands­mit­glied der CDP, vor­läu­fi­ger Vor­sit­zen­der der Par­tei wur­de zu­nächst Leo Schwe­ring. In den Mo­na­ten da­nach er­folg­te ei­ne Aus­wei­tung der Or­ga­ni­sa­ti­on der neu­en Par­tei auf das ge­sam­te nörd­li­che Rhein­land und die Grün­dung ei­nes Lan­des­ver­ban­des Rhein­land von CDP/CDU. Im Ok­to­ber 1945 wur­de Warsch Mit­glied der rhei­nisch-west­fä­li­schen Pro­gramm­kom­mis­si­on der CDP.

In der Zwi­schen­zeit war Warsch in den Kre­fel­der Kom­mu­nal­dienst zu­rück­ge­kehrt: Mit Wir­kung vom 1.7.1945 wur­de er als Be­am­ter auf Wi­der­ruf bei der Stadt Kre­feld als Ver­tre­ter des Ober­bür­ger­meis­ters wie­der in den Dienst ge­stellt und führ­te für die Dau­er sei­ner Wie­der­ver­wen­dung die Amts­be­zeich­nung Bür­ger­meis­ter, oh­ne den Zu­satz ‚a. D‘. Sein Ein­tritt be­rei­cher­te ei­ner­seits die Kre­fel­der Ver­wal­tungs­spit­ze um ei­nen er­fah­re­nen Ver­wal­tungs­fach­mann, be­deu­te­te an­der­seits aber auch ein er­neu­tes Wie­der­auf­rol­len der „Uer­din­ger Fra­ge“. Die­se Ge­fahr sah Ober­bür­ger­meis­ter Step­kes (1884-1966) üb­ri­gens hell­sich­tig in sei­nem Ta­ge­buch vor­aus: Warsch wird nach Uer­din­gen zu­rück­keh­ren, mit ihm der Kampf um die Gel­tung Uer­din­gens. Im Kol­le­gi­um der Bei­ge­ord­ne­ten schien Warsch wohl auch nicht un­um­strit­ten ge­we­sen zu sein, so be­klag­te sich der als eh­ren­amt­li­cher Bei­ge­ord­ne­ter und Kran­ken­haus­de­zer­nent am­tie­ren­de frü­he­re Kre­fel­der Ober­bür­ger­meis­ter Jo­han­nes Jo­han­sen, dass Warsch, als ein­zi­ger un­ter den Kol­le­gen, schein­bar den Weg zu ihm nicht fin­den kön­ne. Kaum mehr als ein In­ter­mez­zo war sei­ne Wahl zum Ober­bür­ger­meis­ter von Köln nach der Ent­las­sung von Kon­rad Ade­nau­er, weil die­se Wahl von den Bri­ten nicht be­stä­tigt wur­de.

Ober­bür­ger­meis­ter wur­de er we­nig spä­ter dann doch noch: Im Zu­ge der Ein­füh­rung der kom­mu­na­len Dop­pel­spit­ze durch die re­vi­dier­te Deut­sche Ge­mein­de­ord­nung er­nann­ten ihn die Bri­ten am 28.2.1946 zum (eh­ren­amt­li­chen) Ober­bür­ger­meis­ter der Stadt Kre­feld. Der bis­he­ri­ge haupt­amt­li­che Kre­fel­der Ober­bür­ger­meis­ter Jo­han­nes Step­kes (1884-1956) hat­te auf den Pos­ten des Ober­stadt­di­rek­tors zu wech­seln. Die Um­set­zung der für deut­sche Ver­hält­nis­se auf den ers­ten Blick un­ge­wohn­ten neu­en Kom­mu­nal­ver­fas­sung scheint sich in Kre­feld in der Pra­xis er­kenn­bar pro­blem­los ab­ge­spielt zu ha­ben. Als Ober­bür­ger­meis­ter war Warsch ei­gent­lich ein un­ty­pi­scher Ver­tre­ter für das neue Amt. Er war zwar ein ho­mo po­li­ti­cus, auch par­tei­po­li­tisch tä­tig, auf der an­de­ren Sei­te aber ein aus­ge­wie­se­ner Ver­wal­tungs­fach­mann mit lang­jäh­ri­ger Er­fah­rung in der kom­mu­na­len Ver­wal­tung. Er ver­stand sich als po­li­ti­scher Be­am­ter, was der Ober­bür­ger­meis­ter neu­en Stils nicht war und nicht sein soll­te. Schwer­punk­te sei­ner Amts­zeit in Kre­feld – ne­ben dem all­ge­mei­nen Wie­der­auf­bau – wa­ren die Si­che­rung der kom­mu­na­len Fi­nan­zen, neue In­dus­trie- und Ge­wer­be­an­sied­lun­gen, aber auch Flücht­lings­fra­gen, die Ver­sor­gung der Kriegs­op­fer, und die Be­hand­lung der Kriegs­ge­fan­ge­nen. Hin­sicht­lich der Ent­na­zi­fi­zie­rung riet Warsch, ob­wohl selbst ein Op­fer der na­tio­nal­so­zia­lis­ti­schen Herr­schaft, zu ei­nem ma­ß­vol­len Vor­ge­hen, um nicht un­nö­tig Grä­ben auf­zu­rei­ßen. Nach Er­nen­nung zum Re­gie­rungs­prä­si­den­ten in Köln leg­te Warsch am 20.2.1947 sein Amt als Kre­fel­der Ober­bür­ger­meis­ter nie­der und wur­de in der für den sel­ben Tag ein­be­ru­fe­nen Stadt­ver­tre­tung fei­er­lich ver­ab­schie­det.

Wilhelm Warsch (Bildmitte sitzend) bei der Beerdigung des Krefelder Oberbürgermeisters Hermann Passen, 1.9.1949. (Stadtarchiv Krefeld)

 

Die nord­rhein-west­fä­li­sche Lan­des­re­gie­rung stimm­te am 6.1.1947 dem Vor­schlag von In­nen­mi­nis­ter Wal­ter Men­zel (1901-1963) zu, Warsch – vor­be­halt­lich der Zu­stim­mung der Mi­li­tär­re­gie­rung – zum Re­gie­rungs­prä­si­den­ten in Köln zu er­nen­nen. Warsch über­nahm die Amts­ge­schäf­te be­reits am 23.2.1947 und wur­de am 17. März von In­nen­mi­nis­ter Wal­ter Men­zel of­fi­zi­ell in sein Amt ein­ge­führt. Bei sei­ner Amts­ein­füh­rung ver­sprach Warsch: "Über­all, wo ich in­ner­halb des Re­gie­rungs­be­zirks Span­nun­gen be­sei­ti­gen und ei­nen ge­rech­ten In­ter­es­sen­aus­gleich auf der wirt­schaft­li­chen und so­zia­len Sei­te, zwi­schen Stadt und Land so­wie zwi­schen Staat und Kir­che die­nen kann, wer­de ich mich als ehr­li­cher Mak­ler je­der­zeit gern zur Ver­fü­gung stel­len." Be­son­ders be­klag­te er die Tei­lung der Rhein­pro­vinz in zwei Tei­le, die­se sei auf Dau­er völ­lig un­trag­bar, auch weil sie den Be­zirk Köln von den Nach­bar­be­zir­ken Ko­blenz und Trier ab­schnei­de. Ei­ne der ers­ten vom neu­en Re­gie­rungs­prä­si­den­ten Warsch ein­ge­lei­te­ten Not­maß­nah­men war die Wie­der­her­stel­lung der Stra­ßen und Brü­cken im Ober­ber­gi­schen Kreis, die trotz er­heb­li­cher Ma­te­ri­al­pro­ble­me und ver­schie­de­ner Ob­struk­tio­nen schlie­ß­lich zu ei­nem gu­ten Er­folg ge­führt wer­den konn­te. Von sich re­den mach­te der Re­gie­rungs­prä­si­dent vor al­lem durch sei­nen ve­he­men­ten Ein­satz für die Re­kul­ti­vie­rung des rhei­ni­schen Braun­koh­len­ge­bie­tes. Das hier­zu er­las­se­ne, im Ent­wurf von ihm selbst for­mu­lier­te Ge­setz über die Ge­samt­pla­nung im Rhei­ni­schen Braun­koh­len­ge­biet vom 25.4.1950 trägt den Spitz­na­men „Lex War­sch“ und bleibt so­mit mit sei­nem Na­men ver­bun­den. In der Fol­ge­zeit setz­te er sich be­son­ders für Re­kul­ti­vie­rung und Auf­fors­tung ein.

Aus ge­sund­heit­li­chen Grün­den (er hat­te An­fang 1956 ei­nen Schlag­an­fall er­lit­ten) bat Warsch im Mai 1957 um vor­zei­ti­ge Ver­set­zung in den Ru­he­stand, die durch die Lan­des­re­gie­rung zum 1.7.1957 aus­ge­spro­chen wur­de.

An ne­ben­be­ruf­li­chen Tä­tig­kei­ten sei­en noch er­wähnt: Ne­ben den be­reits ge­nann­ten Ak­ti­vi­tä­ten im Pap­pel­ver­ein war er Vor­sit­zen­der der Na­tio­na­len Pap­pel­kom­mis­si­on, fer­ner Mit­glied der „Schutz­ge­mein­schaft Deut­scher Wal­d“ und des „Volks­bun­des Deut­sche Kriegs­grä­ber­für­sor­ge“, Prä­si­dent des Be­zirks­ver­ban­des Köln der Deut­schen Olym­pi­schen Ge­sell­schaft und Mit­glied des Ku­ra­to­ri­ums der Deut­schen Olym­pi­schen Ge­sell­schaft in Frank­furt/Main.

Sein öf­fent­li­ches Wir­ken wur­de mit zahl­rei­chen Aus­zeich­nun­gen ge­wür­digt, dar­un­ter das Gro­ße Ver­dienst­kreuz des Ver­dienst­or­dens der Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land (18.6.1957), die Kom­tur des Rit­ter­or­dens vom Hei­li­gen Grab zu Je­ru­sa­lem, die Eh­ren­bür­ger­schaf­ten der Rhei­ni­schen Fried­rich-Wil­helms-Uni­ver­si­tät Bonn und der Städ­te Porz/Rhein und Kas­ter. Er starb am 27.12.1969 in Köln. Der Nach­ruf des In­nen­mi­nis­ters stell­te her­aus, Warsch ha­be dy­na­misch und kraft­voll mit gro­ßem Er­folg auf vie­len Ge­bie­ten der Ver­wal­tung ge­wirkt, mit ihm sei ei­ne Per­sön­lich­keit von ho­hem Pflicht­be­wu­ßt­sein und gro­ßer Schaf­fens­kraft ge­stor­ben, die in den An­na­len des Re­gie­rungs­be­zirks Köln ei­nen wür­di­gen Platz ge­fun­den ha­be.

Wil­helm Warsch hat im kol­lek­ti­ven Ge­dächt­nis der Or­te sei­nes nach­hal­tigs­ten, je­weils rund zehn Jah­re wäh­ren­den be­ruf­li­chen Wir­kens - in Kre­feld/Uer­din­gen und im Gro­ß­raum Köln - un­ter­schied­li­che Spu­ren hin­ter­las­sen. In Kre­feld ist sein Na­me im Be­wusst­sein der Be­völ­ke­rung nicht (mehr) prä­sent. An­ders im Köl­ner Raum, wo er als Re­gie­rungs­prä­si­dent wirk­te, dort gibt es zu­min­dest zwei Stra­ßen, ein­mal im Köl­ner Orts­teil Porz-Zün­dorf und in Bed­burg, die sei­nen Na­men tra­gen.

Quellen

(Per­so­nal-)Ak­ten be­tref­fend Wil­helm Warsch im Stadt­ar­chiv Kre­feld (Be­stän­de 4, 9, 16, P).

Literatur

Lil­la, Joa­chim, Quel­len zu den Kre­fel­der Ein­ge­mein­dun­gen un­ter be­son­de­rer Be­rück­sich­ti­gung der kom­mu­na­len Neu­glie­de­rung 1929, Kre­feld 1999.
Lil­la, Joa­chim, Wil­helm Warsch (1895–1969). Kom­mu­nal­be­am­ter – Par­tei­grün­der – Re­gie­rungs­prä­si­dent, in: Ge­schich­te im Wes­ten 25 (2010), S. 105–132.

Ehrenteller von Peter Bertlings (1885-1982) für Wilhelm Warsch, Foto: Peter Bertlings.

 
Zitationshinweis

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Lilla, Joachim, Wilhelm Warsch, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/wilhelm-warsch-/DE-2086/lido/57c8331602e1d8.27710330 (abgerufen am 07.12.2024)