Beschreibung

In Rascheid hisste am 7.7.1935 der katholische Pfarrer August Muth (1899-1969) an einem 25 m langen Fahnenmast in seinem Garten am Pfarrhaus die Fahne der katholischen Jugendverbände (PX, bzw. Chi-Rho). Die Spitze der Stange wurde mit einem übergroßen PX-Zeichen verziert. Nach Anordnung des Ortspolizeiverwalters Gendameriemeister Schoenekäs wurde die Fahne eingezogen, jedoch bereits am 13.7. des gleichen Jahres hing sie wieder an besagtem Mast. Diesmal wurde sie mit Gewalt durch den Kreisleiter Schmidt eingezogen. Am 21.7. sollte sie laut Aussage des Kreisleiters anlässlich der Firmreise des Bischofs wieder gehisst werden, was der Kreisleiter zu verhindern suchte, indem er vor dem Pfarrhaus vorfuhr und durch zwei Wachtmeister der Ortspolizeibehörde dem Pfarrer die Fahne entwendete. Es kam zu einem Auflauf der Rascheider Bevölkerung, die die Beamten am Fortschaffen der Fahne hindern wollten, und sie mit Pfui-Rufen und weiteren Unmutsbekundungen bedachten. Sturmglocken ertönten, die Menge drängte sich gegen den Wagen des Kreisleiters. Auch die Androhung von Waffengewalt führte zu keiner Beruhigung der Menge, die nun auch Barrikaden baute und Straßenzufahrten sperrte. Erst die Hinzunahme von Staatspolizisten führte zu einer Auflösung der Demonstration. Gegen Muth und andere wurde Haftbefehl erlassen. Die NSDAP und ihre Organisationen konnten laut Gestapobericht von 1935 in Rascheid, dessen Bevölkerung ausschließlich katholisch war, nicht Fuß fassen. Die PX-Gruppen waren stark, Hitlerjugend und andere Organisationen existierten nicht, was dem Pfarrer Muth angelastet wurde. Man grüßte auch nicht mit dem Hitler-, sondern mit dem Christusgruß. Bei der letzten Abstimmung im Reich kamen die Nationalsozialisten nur auf 51 % Ja-Stimmen. Muth wurde am 23.7.1935 wegen Vergehens gegen das Heimtückegesetz und verbotener Jugendarbeit verhaftet und bis zum 27.11.1935 in Untersuchungshaft gehalten. Das Sondergericht Köln verurteilte ihn anschließend unter Anrechnung der Untersuchungshaft zu 15 Monaten Gefängnis. Am 29.1.1936 kam Unterrichtsverbot hinzu.

Quellen

LHAK 403, Nr. 16849, 141-151. BAT Abt. Pd, 51.01, 22263, 222-231, 240ff.

Sicherheit: belegt