Beschreibung

Der Kunstglasermeister Franz Melchior (geboren am 31.10.1881 in Köln) und äußerte sich scharf gegen das NS-Regime und den von ihm begonnenen Krieg. An einem Januartag des Jahres 1942 wurde der Glasermeister Melchior in seiner Werkstatt am Klapperhof 18 von einem anderen Glasermeister und seinem Arbeiter von Berufs wegen besucht. Der eintretende Glasermeister fragte den hauptsächlich mit der Reparatur von Fliegerschäden an Kunstdenkmälern und Kirchen beschäftigten Melchior, ob denn der Krieg bald vorbei sei. In einem äußerst abfälligen und lauten Ton antwortete der Kunstglaser: "Der Krieg ist nicht eher vorbei, bis Hitler verreckt ist, ich wünschte lieber heute wie morgen, dass er verreckt wäre." Melchior schimpfte weiter über die politische und militärische Lage des Dritten Reiches. So vermutete er, dass sich Japan bald den Feinden des nationalsozialistischen Deutschlands anschlösse, da sie schon der Sowjetunion nicht den Krieg erklärt hätten, gegen die das Reich seit seinem Überfall vom 22.6.1941 kämpfte. Über das Schicksal des deutschen Diktators soll er gesagt haben: "Hitler wird auch keines natürlichen Todes sterben, denn das hat noch kein Welteroberer fertig gebracht, dass er eines natürlichen Todes gestorben ist." Pessimistisch erklärte er zum Kriegsverlauf, "dass der Krieg so oder so beendet werden müsse". Bei anhaltend schlechter Versorgungslage und Unwillen des Volkes gegen die NS-Regierung würde der Krieg ähnlich wie schon zuvor der Weltkrieg von 1914-1918 mit einer Revolution enden. Ein Metzgermeister hörte vom Glasermeister, der Melchior besucht hatte, die regime- und kriegsfeindliche Äußerungen und erstattete am 24.2.1942 Anzeige. Der Glasermeister und sein Arbeiter gaben in ihrer Vernehmung die oben genannten Äußerungen zu Protokoll. Melchior war ihnen als sehr religiöser Katholik und impulsiver Mensch bekannt, der mit dem NS-Regime "nicht einverstanden" war. Ein Hilfsarbeiter Melchiors, der das Gespräch mitgehört haben will, bestätigte die Aussagen des Besuches. In der Vernehmung gab der Kunstglasermeister seine Äußerungen zum Teil zu, behauptete aber, von den Zeugen falsch wiedergegeben worden zu sein. Er hätte lediglich sagen wollen, "es wäre gut, wenn die Anstifter des Krieges tot wären, dann wäre der Krieg zu Ende". Er entschuldigte seine Äußerungen mit einem "Schwindel- oder Nervenanfall". Die Ausführungen zum Schicksal Hitlers, der Politik Japans und zur unumgänglichen Beendigung des Krieges gab er unumwunden zu. Die Gestapo vermutete den ideellen Grund seiner Äußerungen in Melchiors religiöser Einstellung. Noch am Tag der Vernehmung, dem 24.3., wurde Franz Melchior festgenommen. Ein Haftbefehl erging nachträglich zwei Tage später. Der Melchior zugeteilte Anwalt beantragte eine Haftentlassung seines Mandanten - letztlich erfolglos. Erst dem Antrag des städtischen Konservators auf Haftentlassung, da Melchior "im Auftrage der Stadt Köln und der städtischen und provinzialen Denkmal-Pflege mit dringenden Arbeiten zur Sicherung wertvoller alter Kunstverglasungen und dringenden Instandsetzungen beschäftigt ist und keine Ersatzmöglichkeit besteht", wurde statt gegeben. Am 2.4. wurde er entlassen. Eine psychologische Untersuchung auf Zurechnungsfähigkeit entlastete Melchior, welcher "den Eindruck eines biederen Handwerkers" hinterlasse, "der seine Worte nicht auf die Goldwaage zu legen pflegt". Entlastungszeugen der Verteidigung bescheinigten dem Kunstglaser Überarbeitung und Nervosität. Am 18.3.1943 verurteilte das Sondergericht Köln Franz Melchior wegen Vergehens gegen das Heimtücke-Gesetz zu einem Jahr und vier Monaten Gefängnis, unter Anrechnung der Untersuchungshaft. Gnadengesuche wurden abgelehnt. In der Folge gewährte jedoch die NS-Staatsanwaltschaft Melchior "zur Erledigung kriegswichtiger Glaserarbeiten" immer wieder Strafausstand, zuletzt am 28.2.1945 bis zum 28.2.1946. In der Zwischenzeit erfolgte der endgültige Zusammenbruch des Dritten Reiches. Melchiors Strafe wurde am 15.2.1946 durch die Amnestie vom 21.1.1946 erlassen.

Quellen

LAV NRW Abt. Rheinland Gerichte Rep. 112, Nr. 18130

Sicherheit: belegt