Beschreibung

Der Straßenbahnschaffner Johann Ollig (geboren am 27.10.1894 in Köln-Merheim) warf der NS-Führung Korruption sowie Selbstbereicherung vor und äußerte sich pessimistisch über den Kriegsverlauf. Am Morgen des 9.08.1943 unterhielt sich Ollig mit dem diensttuenden Straßenbahnfahrer an der Endhaltestelle der Linie 11 Raderberg (am Südpark) beim Frühstück. Während der Unterhaltung sagte Ollig zu diesem: "Ich habe gerade einem Bonzen mit dem goldenen Parteiabzeichen Bescheid gesagt. Für die Brüder hat es die längste Zeit gedauert. Die machen sich alle die Säcke voll. Die Führung hat uns den Hals gebrochen. Die fressen sich nur den Bauch voll. Das arme Volk muss leiden. Schweden hat uns auch den Krieg erklärt. Die Soldaten würden besser die Waffen wegwerfen, dann haben wir endlich Ruhe." Eine zugestiegene Passagierin versuchte Ollig daraufhin zurecht zu weisen und meldete die Äußerungen bei der NSDAP-Gauleitung. Bei einer Gegenüberstellung erkannte sie Ollig eindeutig wieder. Der Fahrer und Gesprächspartner Olligs belastete diesen zusätzlich. Ollig, der vor der Machtübernahme der Nationalsozialisten dem "Christlichen Verbande" für die Abteilung "Öffentlicher Verkehr" angehört hatte und 1933 wegen "staatsfeindlicher Äußerungen" angezeigt worden war, gab in der Vernehmung seine Äußerungen sinngemäß zu und entschuldigte sie mit seinen "überreizten Nerven" und Kopfschmerzen. Die Kreisleitung der NSDAP Köln bescheinigte dem Schaffner den Ruf eines "Schwätzer[s]" zu haben und seit der Machtübernahme eine "ablehnende Stellung" gegenüber dem Nationalsozialismus eingenommen zu haben.Wegen Fluchtgefahr wurde Ollig am 24.08.1943 festgenommen und im "Hilfspolizeigefängnis" auf dem Deutzer Messegelände inhaftiert. Der Anwalt Olligs führte zu dessen Entlastung an, dass dieser vor seinem Gespräch mit dem Straßenbahnfahrer eine Auseinandersetzung mit einem Träger des goldenen Parteiabzeichens hatte, der diesem Vorwürfe wegen der Begünstigung anderer Passagiere gemacht habe. Zudem leide sein Mandant unter epileptischen Anfällen und hätte 1942 gar einen Zusammenbruch im Dienst erlitten. Daher beantragte er - schlussendlich erfolglos - am 20.09.1943 die Freilassung Olligs. Obgleich das Verfahren wegen Wehrkraftzersetzung "aus subjektiven Gründen mangels Beweises" eingestellt wurde, kam es zur Anklage wegen Verstoßes gegen das Heimtückegesetz. Am 11.03.1944 verurteilte das Sondergericht Köln Johann Ollig unter Anrechnung der Untersuchungshaft zu einem Jahr Haftstrafe.

Quellen

LAV NRW Abt. Rheinland Gerichte Rep. 112 Nr.18833

Sicherheit: belegt