Beschreibung

In einer Predigt Anfang Mai des Jahres 1935 erklärte der evangelische Pfarrer Karl Stegemann (geboren am 17.6.1880 in Essen) in Süddeutschland habe man 50 Pfarrer „wegen ihres Glaubens“ festgenommen und in Konzentrationslager deportiert. Dort habe man ihnen die Haare abgeschnitten und sie in „Zuchthauskleider“ gesteckt. An diesen Erklärungen hielt er auch fest, als er von Kirchbesuchern kritisiert wurde. Weiterhin äußerte er über den Reichsbischof Müller: „Kennen Sie Schlangen? […] Es gibt Menschen, die haben zwei Zungen, mit der einen reden sie so und mit der anderen so.“ Des weiteren lud er am 17.5.1935 zu einem Bittgottesdienst „Auf Anordnung der Bekenntnissynode“ ein „für die Gefangenen und aus ihren Gemeinden ausgewiesenen Pfarrer und Ältesten. In Anbetracht der schweren Notlage erwarten wir aus jeder Haushaltung, die sich zum Worte Gottes hält, wenigstens ein Familienmitglied.“ In diesem Bittgottesdienst kritisierte er auch die „Deutsche Glaubensbewegung": „Das neue Heiden- und Gottlosentum wird öffentlich gefördert, während andererseits die bekennende Kirche niedergehalten wird. Die Redner in der Sportpalastversammlung der Deutschen Glaubensbewegung hätten sich scharf gegen das Christentum gewandt und so Zwischenfälle herausgefordert. Wer aber eine abweichende Meinung gewagt hätte, sei von den Ordnungsmännern geschlagen und misshandelt worden. Ein Student, der SA-Mann und alter Parteigenosse wäre, sei von SS-Männern niedergeschlagen worden, sodass er das Bewusstsein verloren hätte. Beim Aufwachen, aus mehreren Kopfwunden blutend, weigerte sich der Ordner, ihn zum Sanitäter zu führen. Insgesamt seien in dieser Kundgebung zehn Kameraden, darunter ein Kriegsteilnehmer, schwer verletzt worden. Der Student habe in einem Brief an Graf Reventlow angefragt, ob der Christ vogelfrei sei, ob sich derartiges von Hass getriebenes Verhalten mit nordischem Geist vereinbaren ließe und ob ein deutscher Volksgenosse auf Grund der nordischen Geisteshaltung von solch getarntem bolschewistischem Gesindel niedergeknüppelt werden dürfe. Das seien Zeichen den Aufbruch des Nihilismus [sic!]. Es entstehe Verwirrung, wenn man sehe, dass die Deutsche Glaubensbewegung frei Versammlungen abhalten könne, in denen das Christentum angegriffen werde. Dagegen sollen christliche Versammlungen in Sälen unmöglich gemacht werden. Nicht nur Versammlungen, die von der anderen Seite abgehalten werden, sollen unterbunden werden, sondern auch Gemeindeabende, Bibelstunden und häusliche Gemeinschaften.“ Später setzte Stegemann hinzu: „Mit Aufkommen des Dritten Reiches ist der Liberalismus in Deutschland niedergeschlagen worden. Er ist aber nicht getötet worden. Er ist die Grundhaltung des natürlichen Menschen. Dieser alte, religiöse Liberalismus ist wiedergekehrt unter der Firma 'Deutsche Christen'. […] Bei uns wird es noch nicht gesagt, ihr dürft außerhalb der Kirchenmauern keine Versammlungen mehr haben. Aber wenn uns einmal alle Zusammenkünfte verboten werden sollten, dann tritt das Gebot ein: 'Du sollst Gott mehr gehorchen als den Menschen.'" Wegen seiner Äußerungen, die als Vergehen gegen das „Gesetz zum Schutz von Volk und Staat vom 20.12.1934“ betrachtet wurden, wurde Stegemann ein Strafverfahren anhängig gemacht, das dem Sondergericht Köln übersandt wurde. Des weiteren wurde seine Versetzung zum „Evangelischen Konsistorium der Rheinprovinz in Düsseldorf“ beantragt.

Quellen

GStA PK I. HA Rep. 90 P, Nr. 52,4

Sicherheit: belegt