Beschreibung

Die Hausfrau Katharina Sistermann (geboren am 9.5.1889 in Aachen) übte mehrfach Kritik am nationalsozialistischen Winterhilfswerk (WHW) und der Volkswohlfahrt (NSV). Vor Weihnachten 1937 sagte Sistermann bei der Verabschiedung durch eine Bekannte, die sie in ihrer Wohnung besucht und über die von ihr als ungerecht empfundene Versorgung durch das WHW gesprochen hatte: "Ich habe es nun satt, in meinen Augen ist das Dritte Reich ein Hurengesindel. Meinetwegen könnt ihr das, was ich gesagt habe, wieder erzählen, ich habe da Schiss dran [Plattdeutsch für "ist mir gleich"]." Schon zuvor soll sich Sistermann häufiger über das WHW sowie das NS-Regime abfällig geäußert haben. Ferner soll sie auch von Misshandlungen an ihren wegen Hochverrats in der Haftanstalt Siegburg sitzenden Brüdern Heinrich und Josef Keilhauer berichtet haben. Eine Nachbarin gab an, dass sie Sistermann noch im Januar 1938 schimpfen gehört habe: "Die NSV kann mich mit samt was darauf sitzt am Arsch lecken." Oder auch: "Die jungen Futele [Schimpfwort vergleichbar mit "Schlampen"] setzen vier Kinder in die Welt und kriegen all das Geld. Meine Mutter hat noch mehr in die Welt gesetzt und bekommt nichts." Sistermann, die nach Zeugenaussagen ständig über die NS-Sozialpolitik geschimpft haben soll, bestritt in ihrer Vernehmung jegliche NS-feindliche Einstellung, gab aber generell ihre kritischen Äußerungen unter Verweis auf ihre eigene krankheitsbedingte Nervosität und die schwere Tuberkuloseerkrankung ihres Kindes zu. Die Berichte von Misshandlungen in der Justiz seien ihrer "Phantasie entsprungen". Wegen der Pflegebedürftigkeit ihres Kindes wurde auf eine Festnahme verzichtet. Das Verfahren wurde am 17.5.1938 wegen des "Gesetzes über die Gewährung von Straffreiheit vom 30. April 1938" eingestellt.

Quellen

LAV NRW Abt. Rheinland Gerichte Rep. 112, Nr. 12970

Sicherheit: belegt