Beschreibung

Der in Wuppertal-Barmen am 25.3.1901 geborene Leo Bernhard Wolfen war am 24.2.1926 zum Priester geweiht worden und wirkte vom 11.12.1931 bis zum 16.1.1938 als Kaplan an der Siegburger Pfarrei Sankt Anno. Am 15.3.1937 erging gegen ihn ein "Schutzhaftbefehl" mit der folgenden Begründung: "Sie haben sich während des Unterrichts den Schulkindern gegenüber über den Schulrektor, der gleichzeitig Ortsgruppenleiter der NSDAP ist, in abfälliger Weise geäußert und zum Ungehorsam gegenüber dem Rektor aufgefordert. Ihr Verhalten war dazu angetan, die öffentliche Ordnung und Sicherheit zu gefährden". Wolfen gab zu, vor der Klasse geäußert zu haben: "Wenn Herr Rektor Bödefeld euch etwas sagt, was im Widerspruch steht zu dem Katechismus, zu den Katechismuswahrheiten oder zur Bibel, dann ist das nicht mehr katholisch. Ihr wisst, was ihr zu glauben habt." Der Kriminalabteilung des Landratsamts gegenüber begründete Wolfen seine Äußerungen mit dem Verhalten des Rektors. Dieser habe vor Schülern gesagt: "Das Alte Testament ist kein heiliges Buch, sondern ein Buch, um die Schandtaten der Juden kennenzulernen." Er lese Antichristliches aus dem "Stürmer" vor. Er habe ihn, Wolfen, als "Landesverräter" bezeichnet und gesagt, ihn einmal "am liebsten von der Kanzel geworfen" zu haben. Der Rektor hingegen warf Wolfen vor, bei ihm sei "eine gewisse Übereinstimmung mit jüdischen Manieren […] deutlich festzustellen". Unmittelbarer Anlass von Wolfens Festnahme war aber ein Vorfall vom 5. März 1937. In einer Unterrichtspause hängte er in der katholischen Volksschule Siegburg-Nord an der Bambergstraße, der heutigen städtischen Grundschule, ein vom zentralen Platz über dem Pult entferntes Kreuz wieder auf. Es war zuvor gegen ein Hitlerbild ausgetauscht und an einer Seitenwand aufgehängt worden. Noch am selben Tag wurde Wolfen im Siegburger Landratsamt verhört und am folgenden Morgen zunächst in einen Keller der Kölner Gestapo am Appellhofplatz (EL-DE-Haus), dann ins nahe gelegene Gefängnis Klingelpütz gebracht. Wolfen starb am 24.2.1988 in Gelsenkirchen-Horst.

Literatur

Rameil, Winfried (Hg.), 100 Jahre Sankt Anno Siegburg. Festschrift zum Benediktionsjubiläum, Siegburg 2009, S. 107-111. Priester unter Hitlers Terror. Eine biographische und statistische Erhebung, bearb. von Ulrich von Hehl/Christoph Kösters u.a., 4. durchgesehene und ergänzte Auflage, Paderborn u.a. 1998, S. 810.

Sicherheit: belegt