Beschreibung

Der evangelische Bekenntnispfarrer und Synodalassessor des Kirchenkreises Saarbrücken Philipp Bleek (1878-1948) verbreitete ein Flugblatt, welches zum Boykott der von Hitler für den 27.6.1937 angesetzten Kirchenwahl aufrief. Angelehnt war das Flugblatt an die Forderung des Reichsbruderrats vom 23.6.1937. Zuvor war Bleek aus Sorge um den Bestand der kirchlichen Organisationen mit dem Regime in Konflikt geraten. Bereits drei Wochen nach der Anordnung eines Unterrichtsverbotes protestierten Bleek und der Pfarrer Otto Wehr in einem offenen Brief an Joseph Bürckel gegen dessen Politik zur Einführung der NS-Gemeinschaftsschule: "Wir sagen Ihnen, was Tausende Ihnen nicht sagen dürfen. [...] Meinen Sie ernstlich, daß auf solcher Abstimmung der Segen Gottes ruhen und aus ihr eine echte Volksgemeinschaft wachsen könne?". Die Abstimmung über die Zukunft der Konfessionsschulen sei alleine durch Drohungen und weitreichende Fälschungen bestimmt gewesen, was zur Entscheidung für die NS-Gemeinschaftsschule geführt hätte. Im Fall der Kirchenwahl vertrat Bleek als geschäftsführender Leiter die Meinung der zur Saarbrücker Bekenntnissynode zählenden Pfarrer. Das gemeinsame Schreiben wurde in einer Sitzung am 24.6.1937 verfasst und gebilligt. Die Produktion der Flugschriften fiel Philipp Bleek und seiner Ehefrau Ada zu, die sich als Vorsitzende der Evangelischen Frauenhilfe Malstatt auch um die Verteilung im Pfarrbezirk kümmerte. Der Inhalt des Schreibens forderte den Wahlboykott und richtete sich gegen die verantwortlichen außerkirchlichen Stellen, "deren Kirchenfeindschaft [sich] trotz aller Verneblung immer deutlicher enthüllt." Nach Auffassung der Saarbrücker Staatsanwaltschaft schien das Flugblatt geeignet, "das Vertrauen des Volkes zur politischen Führung zu untergraben", weshalb die Gestapo Bleek noch am Tag der Kirchenwahl festnahm und er wegen Vergehens gegen das "Heimtückegesetz" angeklagt wurde. Am 28.2.1938 wurde er nach achtmonatiger Untersuchungshaft aus dem Saarbrücker Gefängnis Lerchesflur entlassen. Bevor es zu einer erneuten Verhandlung wegen der Causa Fechingen sowie dessen kritischen Äußerungen gegen Alfred Rosenberg und Robert Ley kam, wurde er aus dem Saarland ausgewiesen. Das Verfahren gegen den unbequemen Pfarrer wurde offiziell erst 1940 eingestellt. In der Zwischenzeit vertrat er für einige Monate einen ausgewiesenen Bekenntnispfarrer in Dortmund. Im Juli 1938 erlitt Bleek einen Herzinfarkt, woraufhin ihm die Behörden im Mai 1939 eine Erholungsreise nach Los Leones in Argentinien - seinem Geburtsort - gestatteten. Eine Rückkehr nach Deutschland war Bleek aufgrund des Kriegsausbruches nicht möglich.

Quellen

LA Saar LEA 150

Literatur

Wittenbrock, Rolf (Hg.), Geschichte der Stadt Saarbrücken, Bd. 2: Von der Zeit des stürmischen Wachstums bis zur Gegenwart, Saarbrücken 1999, S. 275. Mallmann, Klaus-Michael/Paul, Gerhard, Das zersplitterte Nein. Saarländer gegen Hitler, Bonn 1989, S. 25ff. Rauthe, Simone, "Scharfe Gegner". Die Disziplinierung kirchlicher Mitarbeitender durch das Evangelische Konsistorium der Rheinprovinz und seine Finanzabteilung von 1933 bis 1945, Bonn 2003, S. 130ff. Wehr, Otto, Fechingen (Saarland), in: Harder, Günther/Niemöller, Wilhelm (Hg.), Die Stunde der Versuchung. Gemeinden im Kirchenkampf 1933-1945. Selbstzeugnisse, München 1963, S. 85-92. Conrad, Joachim, Otto Wehr und die evangelische Kirche an der Saar zwischen Autonomie und Anschluss 1919 bis 1955, in: Monatshefte für Evangelische Kirchengeschichte des Rheinlandes 57 (2008), S. 59-72, S. 67ff.

Sicherheit: belegt