Beschreibung

In der Nacht vom 7. auf den 8. 9. 1935 wurde in den Ortschaften Münstermaifeld, Karden, Polch, Treis, Müden, Moselkern und Hatzenport ein NS-kritisches Flugblatt verteilt. Die Flugblätter waren maschinegeschrieben und wurden aus einem fahrenden Wagen geworfen. "Aufruf an das deutsche Volk. Mit dem heutigen 1. September werden es fast rund dreiund-einhalb Millionen echter deutscher Männer und Frauen, die sich unserer Organisation angeschlossen haben. Die Zeit ist gekommen, in der wir uns sicher fühlen, einmal allen Deutschen zuzurufen: Nieder mit der heutigen Regierung Nieder mit dieser braunen Pest, die doch nur ausbeutet bis auf den letzten Tropfen Blut. Denn, was will das dritte Reich von Dir deutscher Bauer, Winzer und Arbeiter? Geld, Geld und abermals Geld Zahlen sollst Du, zahlen, opfern und abermals zahlen. Ausbeuten will man Euch, man hängt sich an Euch wie ... ein ... Blutegel. Man spricht von Volksgemeinschaft und handelt gerade im Gegenteil. Was versprachen uns die heutigen Ketzer vor ihrer Machtergreifung? Nur ein Beispiel: Wißt Ihr noch, wie man schrie: Die Beamtengehälter müßten gekürzt werden. Auch, daß in Deutschland zuviele Beamten seien? Daß der Höchstgehalt auf 12 000 RM festgelegt werden sollte? Wißt Ihr das alles noch? und was ist geschehen? Das Gegenteil ist eingetreten. Denn wieviel Abgeordnete und sonstige Regierungsbeamten beziehen heute einen Gehalt von über 100 000 M. Es ist nur Tatsache, daß man dem kleinen Beamten sein Gehalt gekürzt hat, aber die Großen, die läßt man so weiter schwelgen. Ist das nicht eine Schande für eine Regierung, die sich deutsch zu nennen pflegt und doch fast nur aus ausländischen Halunken besteht? Und ist es nicht eine Schande, daß diese Bonzen heute mit den schönsten Luxuswagen das vergeuden, was man dem armen Proleten aus dem Blut saugte? Ist’s nicht noch eine viel größere Schande, daß man das, was jedem Deutschen heilig ist, einfach verbieten will? Daß man Hunderte von Priestern in Gefängnisse steckt und einen elenden Gotteslästerer wie Rosenberg fast anbetet, wie es früher die Heiden mit ihren Götzenbildern taten? Fahret ruhig so fort; denn Gottes Mühlen mahlen langsam, aber trefflich fein. Wenn man die frühere Regierung Bonzenwirtschaft nannte, so ist die Bezeichnung Halunken und Spitzbubengesellschaft für die heutige Regierung noch lange nicht kraß genug ausgedrückt. Ihr Herren von der heutigen Regierung: Wer gibt Euch die Befugnis für z.B. den diesjährigen Reichsparteitag in Nürnberg Millionen und abermals Millionen Mark hinzuwerfen einer elenden Großmacherei wegen. Man kann und wird es in Deutschland nie verstehen, wie Ihr auf einen solchen Wahnsinnsgedanken kommen konntet, und dazu wiederum das Geld des Arbeiters stiehlt. Deutsche laßt euch nicht mehr weiter von dieser Lügenbande regieren. Stimmt ein in unsere Parole: Nieder mit der Hitler-Regierung. Die mahnende Stimme des Volkes." Die Verantwortlichen konnten unerkannt entkommen.

Quellen

LHAK 441, Nr. 28239, p. 43

Sicherheit: belegt