Beschreibung

Der aus Niederschelderhütte stammende Arbeiter der Vereinigten Stahlwerke - Martinwerk Willi Bottenberg (geboren am 14.4.1913) war dort als Kranführer beschäftigt. Als in einer Arbeitspause am 26.12.1941 ein Kollege vor einer größeren Gruppe Arbeiter von den Gräueltaten der Russen an der Front berichtete, schnitt er diesem das Wort ab und argumentierte gegen diese Berichte. Ein Zitat aus dem Gerichtsprotokoll: "Er (Bottenberg d.R.) fragte, ob denn jemand derartige Gräuelmärchen glaube. Anschließend äußerte er, die Gräuelmärchen, die man den Russen in die Schuhe schiebe, seien nicht wahr. Die Russen seien genau so Menschen wie alle anderen auch; genauso habe man im Westfeldzug von den französischen Kolonialtruppen gesprochen; solche Gerüchte würden von Soldaten verbreitet, die hinter der Front lägen, und zwar, um sich wichtig zu machen; in Wirklichkeit seien alles Märchen, wenn gesagt würde, dass die politischen Kommissare der Russen ihre Soldaten mit dem Revolver vortrieben, so wäre das bei uns genauso gemacht worden, wenn der Russe bei uns eingedrungen wäre; unsere Propaganda sei nur Schwindel und habe den Zweck, unsere Soldaten aufzupeitschen; jeder deutsche Unteroffizier, der draußen eine Gruppe führe, habe in seiner Truppe zwei Spitzel, die ihm alles sagten, was die andern sich in der Gruppe erzählten; hierbei seien Sachen rausgekommen, über die man platt gewesen sei." Zudem pflegte Bottenberg Kontakt mit französischen Kriegsgefangenen und schenkte ihnen regelmäßig Zigaretten. Auch nach Verbot durch einen Vorgesetzten übte er weiterhin Kontakt, oft mit Zeichensprache, und verschenkte weiterhin Rauchwaren. Zur Rede gestellt meinte Bottenberg, dass die Gefangenen Heimweh hätten und man ihnen helfen müsse, dass sie wieder in ihre Heimat kämen. Bei der Gerichtsverhandlung gab Bottenberg den Umgang mit den Franzosen zu. Er sagte, dass er selbst Soldat gewesen war und keine schlechten Erfahrungen mit den Franzosen gemacht hätte. Die ihm von vier Zeugen zur Last gelegten Aussagen über die russische Kriegsführung wies er als Unterstellung und Verleumdung zurück. Er wurde vom Sondergericht Koblenz zu 10 Monaten Haft verurteilt. Drei Monate bekam er für den Umgang mit Kriegsgefangenen, sieben Monate für seine Äußerungen im Werk.

Quellen

LHAK 584,1, Nr. 486

Sicherheit: belegt