Hans Hubert Anton/Friedrich Pfeiffer (Bearb.): Regesten der Bischöfe und Erzbischöfe von Trier. Band I,3: Die Trierer Kirche und die Trierer Bischöfe in der ausgehenden Antike und am Beginn des Mittelalters. (Publikationen der Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde, LXXXIII, I, 3) Köln 2019

752 S., 978-3-412-51527-0 (100,00 €)

Wolfgang Schmid (Winningen)

Über vie­le Jahr­zehn­te blick­ten die Trie­rer Mit­tel­alt­er­for­scher neid­voll nach Köln, wo der von Fried­rich Wil­helm Oedi­ger be­ar­bei­te­te ers­te Band der „Re­ges­ten der Erz­bi­schö­fe von Köln im Mit­tel­al­ter“ (313-1099) von 1954/61 ein di­plo­ma­ti­sches Meis­ter­werk dar­stell­te und die­sem bis 2001 zwölf wei­te­re vo­lu­mi­nö­se Bän­de folg­ten, die bis zum Jahr 1414 rei­chen. Da­ge­gen nahm sich der be­reits von 1861 stam­men­de Band der „Re­ges­ten der Erz­bi­schö­fe zu Trier“ aus der Fe­der von Adam Go­erz, der die Jah­re 814 bis 1503 ab­deckt, mehr als be­schei­den aus.

Dies hat sich jetzt grund­le­gend ge­än­dert. 1973 über­nahm der in­zwi­schen eme­ri­tier­te Trie­rer Me­diä­vist Hans Hu­bert An­ton - und nicht zu ver­ges­sen sei­ne Frau Sig­run An­ton - von der Ge­sell­schaft für Rhei­ni­sche Ge­schichts­kun­de das Pro­jekt der Trie­rer Re­ges­ten. Nach jahr­zehn­te­lan­ger Vor­be­rei­tung und zahl­rei­chen ein­schlä­gi­gen Pu­bli­ka­tio­nen leg­te er 2014 ei­nen ers­ten Teil­band vor, der auf 1018 Druck­sei­ten die Trie­rer Grün­der­bi­schö­fe Eu­cha­ri­us, Va­le­ri­us und Ma­ter­nus be­han­del­te. Nach­dem für die ers­ten bei­den kei­ne zeit­ge­nös­si­schen Schrift­zeug­nis­se vor­lie­gen, ist Letz­te­rer 313/314 als Teil­neh­mer ei­ner Syn­ode fass­bar, al­ler­dings jetzt als Bi­schof von Köln, das er im An­schluss an Trier mis­sio­nier­te. Oedi­ger hat­te ihm im­mer­hin zehn Druck­sei­ten ge­wid­met, bei An­ton wer­den dar­aus 180. Die­ser hat nicht nur ur­kund­li­che, chro­nika­li­sche und epi­gra­phi­sche Zeug­nis­se aus­ge­wer­tet, son­dern auch ha­gio­gra­phi­sche und lit­ur­gi­sche Quel­len. So kann er von den drei ers­ten Trie­rer Ober­hir­ten auch ih­re „Spie­ge­lun­gen“, ih­re Re­zep­ti­on und ih­re Ver­eh­rung bis ins spä­te Mit­tel­al­ter er­schlie­ßen.

2019 folg­te der drit­te, hier an­zu­zei­gen­de Band. Bei ihm ge­lang es, ne­ben Sig­run An­ton den lang­jäh­ri­gen Pro­jekt­mit­ar­bei­ter Fried­rich Pfeif­fer als Co­au­tor zu ge­win­nen. Der Band be­han­delt 18 Bi­schö­fe, die zwi­schen 398/99 und vor 620 am­tiert ha­ben: Mau­rici­us, Leon­ti­us, Se­ver­us, Cy­ril­lus, Jam­bly­chus, Eme­rus, Ma­rus, Vo­lu­sia­nus, Mi­le­tus, Mo­de­s­tus, Ma­xi­mi­nia­nus, Fi­bi­ci­us, Ab­run­cu­lus, Ni­ce­ti­us, Rusti­cus, Ma­gne­ri­cus, Gun­de­rich und Sa­bau­dus. Je­dem Bi­schof ist ein ein­heit­lich ge­glie­der­ter Ar­ti­kel ge­wid­met, in dem die Ein­zel­be­le­ge dis­ku­tiert wer­den, was al­ler­dings die Su­che nach Ob­jek­ten wie dem Pe­trusstab im Lim­bur­ger Dom­schatz, auf dem zehn Trie­rer Ober­hir­ten dar­ge­stellt sind, et­was müh­sam macht. Bei je­dem Bi­schof wird ei­ne Syn­op­se der Quel­len­be­fun­de vor­aus­ge­schickt, dann wer­den die Re­ges­ten prä­sen­tiert und an­schlie­ßend un­ter vier lei­ten­den Fra­ge­stel­lun­gen aus­ge­wer­tet: Zu­nächst wird der Bi­schof in sei­nen zeit­ge­schicht­li­chen Kon­text ein­ge­ord­net, dann wer­den spä­te­re Über­res­te, ins­be­son­de­re ha­gio­gra­phi­sche und his­to­rio­gra­phi­sche Zeug­nis­se vor­ge­stellt, dann Kult und Ver­eh­rung der mehr­fach als Hei­li­ge an­ge­se­he­nen Bi­schö­fe er­ör­tert und ab­schlie­ßend die ma­te­ri­el­len Be­fun­de, z. B. Grab­stät­ten und Kir­chen­grün­dun­gen, prä­sen­tiert.

An­tons Werk stellt die rhei­ni­sche Ge­schich­te des 5. und 6. Jahr­hun­derts auf ei­ne neue Grund­la­ge. Ka­men in den letz­ten Jahr­zehn­ten zahl­rei­che neue An­stö­ße von der Mit­tel­al­ter­ar­chäo­lo­gie, so schlägt das Pen­del hier wie­der zur Me­diä­vis­tik zu­rück, die al­ler­dings mit ei­nem gänz­lich neu­en me­tho­di­schen In­stru­men­ta­ri­um ar­bei­tet: Nicht nur Kunst­wer­ke und ma­te­ri­el­le Be­fun­de wer­den ein­be­zo­gen, son­dern vor al­lem auch ha­gio­gra­phi­sche Quel­len, die man in der Mit­tel­alt­er­for­schung viel­fach nicht ernst­ge­nom­men hat­te, und lit­ur­gi­sche Tex­te, mit de­nen man we­nig an­zu­fan­gen wuss­te. So ist z. B. die kult­ge­schicht­li­che For­schung mit dem To­de von Mat­thi­as Zen­der (1993) weit­ge­hend zum Er­lie­gen ge­kom­men. Zum Zwei­ten merkt man dem Buch an, dass sich der Au­tor und sei­ne Mit­strei­ter über Jahr­zehn­te hin­weg in­ten­siv mit der au­ßer­or­dent­lich schwie­ri­gen Ma­te­rie be­fasst ha­ben. Im­mer wie­der wer­den auch ab­ge­le­ge­ne Spu­ren ver­folgt, wer­den Quel­len­tex­te über­prüft so­wie ei­ne un­ge­heu­re Men­ge an Li­te­ra­tur aus­ge­wer­tet und dis­ku­tiert. So kann An­ton z. B. die For­schun­gen zu den Trie­rer Bi­schofs­grä­bern auf ei­ne neue Grund­la­ge stel­len und kreuzt an vie­len Stel­len die Klin­ge mit Fach­kol­le­gen.

Es bleibt nur noch ein Wunsch of­fen, näm­lich, dass der Au­tor die Kraft fin­det, den mitt­le­ren zwei­ten Band über die sechs z. T. hoch­be­deu­ten­den Bi­schö­fe des 4. Jahr­hun­derts (Agri­ti­us, Ma­xi­min, Pau­lin, Bo­no­sus, Brit­to und Fe­lix) zu ei­nem glück­li­chen Ab­schluss zu brin­gen.

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Schmid, Wolfgang, Hans Hubert Anton/Friedrich Pfeiffer (Bearb.): Regesten der Bischöfe und Erzbischöfe von Trier. Band I,3: Die Trierer Kirche und die Trierer Bischöfe in der ausgehenden Antike und am Beginn des Mittelalters. (Publikationen der Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde, LXXXIII, I, 3) Köln 2019, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Verzeichnisse/Literaturschau/hans-hubert-antonfriedrich-pfeiffer-bearb.-regesten-der-bischoefe-und-erzbischoefe-von-trier.-band-i3-die-trierer-kirche-und-die-trierer-bischoefe-in-der-ausgehenden-antike-und-am-beginn-des-mittelalters.-publikationen-der-gesellschaft-fuer-rheinische-geschichtskunde-lxxxiii-i-3-koeln-2019/DE-2086/lido/60520bb7227436.29516603 (abgerufen am 19.03.2024)