Epochen
Die vorliegende Biographie, die sich als Symbiose aus Geschichts- und Zeitungswissenschaft versteht, stellt die erste wissenschaftliche Monographie über Anton Betz dar. Zuvor war der Mitbegründer der „Rheinischen Post“, gemessen an seiner Bedeutung für die (bundes-)deutsche Presse, von der Forschung weitgehend vernachlässigt worden.
Der Impuls für die von Kurt Düwell betreute Dissertation des Düsseldorfer Historikers Peter Henkel ging von der Bearbeitung des Nachlasses von Anton Betz durch den Autor in den Jahren 2000/2001 aus. Auf Basis dieser Hauptquelle und weiteren umfangreichen Materials aus 24 deutschen Archiven und Sammlungen beleuchtet die Arbeit die Entwicklung der katholisch-politischen Milieupresse der Weimarer Republik hin zur interkonfessionellen christlichen Presse in der Bundesrepublik. Bezugspunkt der Analyse ist dabei die (Presse-)Biographie Anton Betz´, die Henkel in diesem Zusammenhang als „Matrix der christlich-politischen Presseentwicklung“ (S. 13) bezeichnet.
In vier Hauptkapiteln geht Henkel dabei den Fragen nach, welche Rolle der tief im Katholizismus verwurzelte Betz im Transformationsprozess der Zeitungspresse spielte, welche Konzepte er in den 1920ger Jahren entwickelte und inwieweit er diese nach 1945 modifizierte beziehungsweise beibehielt. Das erste Kapitel besteht aus einer knapp 20-seitigen Kurzbiographie. Eingebettet in die Beschreibung der von Kirche und Parteien dominierten katholischen Zeitungslandschaft wird im zweiten Abschnitt der Einstieg von Betz in die Zeitungsarbeit nachvollzogen. Zwischen 1920 und 1925 stieg er vom Volontär bei der ambitionierten Saarbrücker Landes-Zeitung zum Chefredakteur der Saar-Zeitung und zum Verlagsleiter in Bayern auf. Ab 1923 setzte er sich publizistisch mit den Grundlagen des Zeitungswesens auseinander und entwickelte moderne Konzepte für eine unabhängige Tagespresse.
Gegenstand des dritten Kapitels sind die wirtschaftlichen und politischen Herausforderungen nach dem Wechsel in die Direktion des Münchner Verlags Knorr & Hirth 193. Während der Sanierung des Verlags sah sich Betz mit weitreichenden Eingriffen durch Vertreter der rheinischen Schwerindustrie, dem Hauptaktionär, konfrontiert. Gleichzeitig eskalierte der Konflikt mit den Nationalsozialisten zusehends, da man die mediale Unterstützung Hitlers verweigerte. Während der Verlag gleichgeschaltet wurde, folgten für Betz Inhaftierung, Berufsverbot und die Ausweisung aus Bayern.
Auf 110 Seiten wird im vierten Kapitel dem Aufbau der Nachkriegspresse Betz´ Eintreten für eine finanziell wie inhaltlich selbständigen Zeitung der anteilsmäßig größte Raum gegeben. Während seine Pläne für eine katholisch-politische Presse in Bayern an der nicht realisierbaren Abwehr kirchlichen Einflusses scheiterten, konnte er mit der Gründung der „Rheinischen Post“ den Entwurf einer unabhängigen Zeitung durchsetzen. Mit der Umsetzung von Kernforderungen seiner bereits vor 1945 formulierten Konzepte gehört Anton Betz zu den Wegbereitern der von Parteien und Kirchen unabhängigen Tageszeitung.
Die knapp 340-seitige Arbeit leistet zweierlei: Zum einen stellt sie einen fundierten Beitrag zur deutschen Pressegeschichte des 20. Jahrhunderts dar, indem sie die Entwicklung zur parteinahen, aber unabhängigen Zeitung unserer Zeit erläutert. Zum anderen ergänzt sie die Forschung um die Biographie eines bedeutenden Publizisten und Verlegers, der seine Spuren besonders in der rheinischen Nachkriegsgeschichte hinterlassen hat.
Abgeschlossen wird das Buch durch ein Orts-, Personen-, Verlags- und Zeitungsregister, welches dem Leser Zugang und Benutzung erleichtert. Darüber hinaus ist es mit 37 Abbildungen versehen.
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Kaltscheuer, Christoph, Henkel, Peter, Anton Betz. Ein Verleger zwischen Weimar und Bonn, Düsseldorf, Düsseldorf University Press 2011, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Verzeichnisse/Literaturschau/henkel-peter-anton-betz.-ein-verleger-zwischen-weimar-und-bonn-duesseldorf-duesseldorf-university-press-2011/DE-2086/lido/5d1b5e1c2bd160.64747254 (abgerufen am 10.10.2024)