Epochen
Nr. 89, Ratingen, bearb. von Elfi Pracht-Jörns, 32 S. Text, 6 Tafeln, ISBN 978-3-412-05904-0, 24,50 Euro
Nr. 90, Eschweiler, bearb. von Wolfgang Löhr, 25 S. Text, 10 Tafeln, ISBN 978-3-412-20221-7, 24,50 Euro
Nr. 91, Osterfeld, bearb. von Helmut Rönz, 17 S. Text, 10 Tafeln, ISBN 978-3-412-20222-4, 21,50 Euro
Nr. 92 Walsum, bearb. von Michael A. Kanther, 20 S. Text, 8 Tafeln, ISBN 978-3-412-20223-1, 24,50 Euro
Die XVII. Lieferung des Rheinischen Städteatlasses enthält Städte oder gefreite Orte unterschiedlichen Typs: Zu den im Mittelalter entstandenen Städten gehört das im 9. Jahrhundert erstmals erwähnte Ratingen, dessen Stadterhebung 1276 durch den Grafen von Berg erfolgte. Noch im 13. Jahrhundert wurde die Stadt befestigt. Die erste Stadterweiterung durch die Anlage von drei Vordörfern wird bereits im 14. Jahrhundert erfolgt sein. Ihre Blütezeit erlebte die Stadt im 14. und 15. Jahrhundert. In diese Zeit fällt auch die Ausbildung eines differenzierten und zeitweise international konkurrenzfähigen Schmiedehandwerks (Waffen- und Scherenproduktion). Die Kriege des 16. und 17. Jahrhunderts führten zum Niedergang der Stadt, die bis zum Ende des 19. Jahrhunderts ein Ackerbürgerstädtchen im Schatten Düsseldorfs blieb. Auch die von Johann Gottfried Brügelmann 1783/1784 in Cromford bei Ratingen gegründete mechanische Baumwollspinnerei, die „erste Fabrik“ auf dem Kontinent, brachte kaum neue Impulse für die Stadt. Der wirtschaftliche Aufschwung kam erst mit dem Bau der Eisenbahnen ab 1846. In der Folgezeit siedelten sich zahlreiche Unternehmen, vornehmlich der Metallbranche an. 1856 wurde Ratingen die Rheinische Städteordnung verliehen. Ein wichtiger Entwicklungsschub nach 1945 ist mit dem Bau der Großsiedlung Ratingen-West verbunden.
Eschweilers Anfänge gehen in die Karolingerzeit zurück. Einhard berichtet zu 828 in der Translation der Gebeine der Märtyrer Marcellinus und Petrus nach Seligenstadt von einem Mann aus dem Königsgut Eschweiler. 888 gehörte Eschweiler zu den 43 villae, deren Neunten Kaiser Lothar dem Aachener Marienstift schenkte. Der Königshof lag auf dem Nordufer der Inde und kam wohl Mitte 12. Jahrhundert in den Besitz der Kölner Dompropstei. Diese übergab 1244 Wilhelm von Eschweiler das officium villicationis in Eschweiler, das bereits seine Vorfahren besessen hatten, erblich. Die Vogtei über den Hof in Eschweiler übten im 13. Jahrhundert die Herren von Randerath aus, 1354 werden die Grafen von Jülich dort als Vögte bezeichnet.
Die Pfarrkirche, um 1308 erwähnt, bestand wohl bereits im 11. Jahrhundert. Sie und der Hof der Dompropstei bildeten die Siedlungskerne, während die (erst im 14. Jahrhundert nachweisbare) Burg auf dem Südufer der Inde keine siedlungsbildende Funktion hatte. Im 15. Jahrhundert wurde mit der Ummauerung des Ortskerns begonnen, die bis zum 16. Jahrhundert zu einem kompakten Schutzsystem ausgebaut wurde. 1584 wird Eschweiler erstmals als Festung und Flecken bezeichnet, daneben heißt es bis zum 18. Jahrhundert auch Freiheit, Städtlein und 1618 einmal Stadt. 1858 erhielt Eschweiler die Rheinische Städteordnung verliehen.
Seit Beginn des 19. Jahrhunderts entwickelte sich Eschweiler zu einem bedeutenden Standort der Kohle-, Eisen- und Stahlindustrie. 1834 entstand der Eschweiler Bergwerksverein (EBV), die erste Aktiengesellschaft in Preußen. 1841 erfolgte die Anbindung an die Eisenbahnstrecke Köln-Aachen. Ab 1910 wurde neben dem Untertagebau der Steinkohle auch Braunkohle gefördert. Sie verdrängte schließlich die Steinkohle, deren Abbau im Eschweiler Stadtgebiet 1944 eingestellt wurde, während der Braunkohlenabbau bis 1987 ging. 1975 waren Eisen und Metall, Bergbau, Wasser, Energie und Einzelhandel die bestimmenden Wirtschaftssektoren der Stadt.
Osterfeld, 1047 erstmals erwähnt, war eine Höfesiedlung nördlich der Emscher. Diese gruppierte sich um die Kirche, die Mittelpunkt eines größeren Kirchspiels im kurkölnischen Niedervest Recklinghausen war. Dazu gehörten neben dem Dorf Osterfeld die Bauerschaft Vonderort sowie Lehmkuhle und Bottrop. 1803 kam Osterfeld an das Herzogtum Arenberg, wurde 1815 Teil der Bürgermeisterei (ab 1841 Amt) Bottrop im Kreis Recklinghausen in der preußischen Provinz Westfalen. 1891 erfolgte die Lösung aus dem Amt Bottrop und die Errichtung des Amtes Osterfeld. Dem Bergbauort wurde 1921 die westfälische Städteordnung verliehen. 1929 erfolgte mit der Eingemeindung in die Stadt Oberhausen der Übergang an die Rheinprovinz.
Osterfeld war bis Mitte des 19. Jahrhunderts ein agrarisch geprägtes Straßendorf mit dünner Besiedlung. Eine Ausnahme bildete ab 1760 die St. Antony-Hütte in Klosterhardt, die allerdings nicht siedlungsbildend wurde, sondern ein Beispiel ländlichen Eisengewerbes der Frühindustrialisierung blieb. Erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts begann der rasante Aufstieg Osterfelds als Industriestandort. Er basierte auf drei Säulen: der Steinkohle, der Eisenbahn sowie der Steinkohlenveredlung und der Zuliefererindustrie. 1873 war der Teufbeginn des Schachts Oberhausen 3b auf Osterfelder Gebiet. Er war der erste Schacht der ab 1888 selbständig geführten Zeche Osterfeld. 1905 folgte die Einrichtung der Zeche Vondern, 1912 die der Zeche Jacobi. Der ab 1891 entstandene, südwestlich des Ortskerns gelegene Sammel- und Rangierbahnhof wuchs bis 1902 zum größten Rangierbahnhof Europas an. Er war zentraler Umschlagplatz für die Industriegüter der Region und Motor für die Urbanisierung Osterfelds. Spätestens seit der Kohlekrise in den 1950er Jahren war Osterfeld stark vom Strukturwandel betroffen. Der Stadtteil ist heute vor allem von Wohnbebauung, mittelständischen Unternehmen, Einzelhandel und Dienstleistung geprägt. Der Bergbau spielt keine Rolle mehr.
Walsum, gelegen an der Mündung des 1906-1910 gebauten Emscherkanals (heute Kleine Emscher) in den Rhein, ist seit der fränkischen Zeit kontinuierlich besiedelt. Das Kirchdorf (heute Alt-Walsum) entwickelte sich in karolingisch-ottonischer Zeit. Die Pfarrkirche wurde von Mechthild von Holten 1281 dem Johanniterorden gestiftet, der in Walsum eine bis 1803 bestehende Komturei einrichtete. 1289 gelangte die Gerichtshoheit über das Kirchspiel Walsum an die Grafen von Kleve. Das Kirchspiel war nicht völlig identisch mit dem Gerichtsbezirk und umfasste außer dem Kirchdorf die Bauerschaften Aldenrade, Wehofen und Overbruch; im 20. Jahrhundert wurde ein weiterer Ortsteil Vierlinden gebildet.
Relativ spät im Vergleich mit anderen Städten der Emscherzone wandelte sich Walsum von einer landwirtschaftlich geprägten Gemeinde zur Industriegemeinde. Als erster Industriebetrieb entstand 1897-1899 eine Zellstofffabrik am Rheinufer. Südlich davon baute die Gutehoffnungshütte (Oberhausen/Sterkrade) 1902-1905 einen Rheinhafen mit Eisenbahnverbindung zu ihren Betrieben in Sterkrade. 1919/1920 schuf die GHH südlich des Hafens mit einer Werft für Binnenschiffe weitere Arbeitsplätze. Von größter Bedeutung für die Entwicklung Walsums war der Steinkohlenbergbau. Der Thyssen-Konzern mit seinem betriebswirtschaftlichen Zentrum im benachbarten Hamborn begann 1904 mit der Abteufe einer Schachtanlage östlich von Alt-Walsum, aus der nach der Aufnahme der Förderung 1930 das Verbundbergwerk Walsum – seit 1936 mit eigenem Hafen – hervorging. Ein weiteres Thyssen-Bergwerk im Ortsteil Wehofen förderte 1913-1933.
1905 wurde Walsum mit über 5.000 Einwohnern von der Landbürgermeisterei Dinslaken abgetrennt und eigene Bürgermeisterei. Mit der Arbeiter- und Angestelltensiedlung der Schachtanlage in Wehofen (1913/1914) und der Siedlung Vierlindenhof für Beschäftigte des Walzwerks Dinslaken des Thyssen-Konzerns (1920-1925) wandelte sich der Ort. In den 1950er Jahren setzte mit dem Ausbau des Bergwerks Walsum und dem Ausgreifen des Wohnungsbaus der August Thyssen-Hütte AG auf Walsumer Gebiet ein Bauboom ein, der Walsum einen mehr städtischen Charakter verlieh. Die Bevölkerungszahl wuchs zwischen 1950 und 1966 um 82 Prozent. In den Ortsteilen Aldenrade und Vierlinden entstanden Großwohnanlagen in moderner, aufgelockerter Bauweise. Nun erst entwickelte sich beiderseits der Bundestrasse 8 im Ortsteil Aldenrade ein administratives und kommerzielles Zentrum. Mit über 40.000 Einwohnern wurde Walsum 1958 Stadt. Am 1.1.1975 erfolgte die Eingemeindung nach Duisburg. Die Stilllegung des Bergwerks 2008 beschert dem Stadtbezirk erhebliche wirtschaftliche und soziale Probleme.
Neben dem Pflichtprogramm der Kartenteile, das aus dem jeweiligen Urkataster des frühen 19. Jahrhunderts, der aktuellen Deutschen Grundkarte (DGK) sowie weiteren Auszügen aus den amtlichen Kartenwerken des 19. und 20. Jahrhunderts einschließlich Luftbildkarten besteht, bietet jede Atlasmappe je nach örtlicher Gegebenheit zusätzliche Karten, Pläne und Abbildungen, in dieser Lieferung beispielsweise: für Ratingen den Ausschnitt aus einem Stadtplan von 1927, für Eschweiler instruktive Stadtpläne von 1912, 1948, 1957/1958, für Osterfeld einen Stadtplan von 1921 (Jahr der Stadterhebung) sowie Gebäudenutzungskartierungen für 1921 („Industriekarte“) und 2005, für Walsum einen Ausschnitt aus dem Klevischen Kataster um 1736, eine Karte der Bürgermeisterei von 1906 sowie einen Stadtplan von 1952/1960. (Selbstanzeige).
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Wensky, Margret, Rheinischer Städteatlas, hg. vom Landschaftsverband Rheinland (LVR), Rheinische Landeskunde [heute LVR-Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte], Gesamtredaktion Margret Wensky, Kartographie Esther Weiss, XVII. Lieferung, Köln/Weimar/Wien, Böhlau Verlag 2008, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Verzeichnisse/Literaturschau/rheinischer-staedteatlas-hg.-vom-landschaftsverband-rheinland-lvr-rheinische-landeskunde-heute-lvr-institut-fuer-landeskunde-und-regionalgeschichte-gesamtredaktion-margret-wensky-kartographie-esther-weiss-xvii.-lieferung-koelnweimarwien-boehlau-verlag-2008/DE-2086/lido/5d1b639368efb5.90604839 (abgerufen am 15.10.2024)