Johann Hugo von Orsbeck

Erzbischof und Kurfürst von Trier (1676-1711)

Wolfgang Schmid (Winningen)

Johann Hugo von Orsbeck, Porträt, Kupferstich von Leonhard Heckenhauer (1650-1704), nach 1676. (Stadtbibliothek Trier)

Ob­wohl Jo­hann Hu­go von Ors­becks Amts­zeit als Erz­bi­schof und Kur­fürst von Trier von den Aus­wir­kun­gen krie­ge­ri­scher Aus­ein­an­der­set­zun­gen be­stimmt war, in de­ren Zü­gen gro­ße Tei­le sei­ner Ter­ri­to­ri­en be­setzt oder ver­wüs­tet wur­den, be­müh­te er sich um wirt­schaft­li­che Sta­bi­li­sie­rung, kirch­li­che Re­for­men und trat auch als Mä­zen her­vor.

Jo­hann Hu­go wur­de am 13. oder 30.1.1634 als drit­tes von neun Kin­dern des Jü­li­cher Kam­mer­herrn Wil­helm von Ors­beck (ge­stor­ben 1648), Herr von Ver­nich, und der Ka­tha­ri­na von der Ley­en (ge­stor­ben 1673), der Toch­ter des kur­trie­ri­schen Land­hof­meis­ters Da­mi­an von der Ley­en (1583-1639) und der An­na Ka­tha­ri­na Wald­bott von Bas­sen­heim (1587-1666), ge­bo­ren.

Ge­mein­sam mit sei­nem Bru­der Da­mi­an Em­me­rich (1632-1682) be­such­te er ab 1642 das Köl­ner Lau­ren­tia­na-Gym­na­si­um, 1648 wech­sel­te er an das Main­zer Je­sui­ten­gym­na­si­um. Mit sei­ner Ton­sur be­gann 1650 die geist­li­che Lauf­bahn. 1652 be­gan­nen er und Da­mi­an Em­me­rich ein Stu­di­um an dem von Je­sui­ten ge­lei­te­ten Col­le­gi­um Ger­ma­ni­cum in Rom. We­ge zur Ku­rie hat­te ih­nen ihr On­kel Karl Kas­par von der Ley­en ge­eb­net, der seit 1652 Erz­bi­schof von Trier war. 1655 be­en­de­te Ors­beck sei­ne theo­lo­gi­schen Stu­di­en und be­gab sich auf ei­ne zwei­mo­na­ti­ge Ita­li­en­rei­se. In der Zwi­schen­zeit war er in die Dom­ka­pi­tel von Trier (1651) und Spey­er (1653) auf­ge­nom­men wor­den. 1655 hat­te er ei­ne Pfarr­pfrün­de in Ober­drees bei Rhein­bach er­hal­ten, 1656 ei­ne zwei­te in Ket­tig bei Ko­blenz. In den Jah­ren 1655 bis 1657 schloss er sei­ne Stu­di­en an den Uni­ver­si­tä­ten Pa­ris und Pont-à-Mous­son ab.

1658 emp­fing er die nie­de­ren Wei­hen und trat die Dom­ka­pi­tu­lar­stel­len in Spey­er und Trier an. Be­reits im sel­ben Jahr er­folg­te sei­ne Er­nen­nung zum Trie­rer Ar­ch­idia­kon von Lon­guyon und 1660 die Wahl zum Speye­rer Dom­de­kan. 1672 wur­de Jo­hann Hu­go vom Trie­rer Dom­ka­pi­tel zum Ko­ad­ju­tor sei­nes On­kels Karl Kas­par ge­wählt. Am 24.3.1674 wur­de Ors­beck in der Hof­ka­pel­le der Fes­tung Eh­ren­breit­stein zum Pries­ter ge­weiht. Sei­ne Wahl zum Bi­schof von Spey­er er­folg­te 1675. Gleich­zei­tig wur­de er Propst von Weis­sen­burg. Nach dem Tod Karl Kas­par von der Ley­ens wur­de Ors­beck am 1.6.1676 zum Erz­bi­schof von Trier ge­wählt und er­hielt am 16.11.1676 von Papst In­no­zenz XI. (Pon­ti­fi­kat 1676-1689) das Pal­li­um. Im fol­gen­den Jahr über­nahm er zu­dem das Amt ei­nes Obrist-Kam­mer­ge­richts­rats am Reichs­kam­mer­ge­richt Spey­er, ab 1689 in Wetz­lar.

Sei­ne Kar­rie­re ver­such­te Jo­hann Hu­go durch fa­mi­liä­re Be­zie­hun­gen ab­zu­si­chern, was ihm Zeit­ge­nos­sen vor­war­fen. Sein Bru­der Da­mi­an Em­me­rich wur­de 1678 Dom­propst in Trier und 1680 in Spey­er. Vier Schwes­tern wa­ren mit An­ge­hö­ri­gen an­ge­se­he­ner Adels­fa­mi­li­en der Re­gi­on ver­hei­ra­tet (Kes­sel­stadt, Met­ter­nich, Schenck von Schmidtburg, Büsch­feld). Der Bru­der Jo­hann Fried­rich (ge­stor­ben 1696) wur­de kai­ser­li­cher Vi­ze-Feld­mar­schall. Vier Nef­fen konn­te er Ka­no­ni­ka­te im Trie­rer Dom­ka­pi­tel ver­schaf­fen. Frei­lich ge­lang es ihm nicht, sei­nen Nef­fen Karl Kas­par von Kes­sel­stadt zum Ko­ad­ju­tor wäh­len zu las­sen und so­mit als sei­nen Nach­fol­ger zu eta­blie­ren.

Jo­hann Hu­go von Ors­beck ver­such­te oh­ne grö­ße­re Er­fol­ge, sei­ne Ter­ri­to­ri­en in den von Frank­reich, Spa­ni­en und dem Reich wäh­rend sei­ner gan­zen Re­gie­rungs­zeit ge­führ­ten Krie­gen vor Scha­den zu be­wah­ren: Auf den Fran­zö­sisch-Nie­der­län­di­schen Krieg folg­ten der Pfäl­zi­sche Erb­fol­ge­krieg und der Spa­ni­sche Erb­fol­ge­krieg. Wei­te Tei­le sei­ner Ter­ri­to­ri­en wur­den von den Fran­zo­sen ver­wüs­tet, so die Städ­te Trier, wo man die Mo­sel­brü­cke und die Stadt­mau­er zer­stör­te, Ko­blenz, das bom­bar­diert wur­de, und Spey­er, wo der Dom und die bi­schöf­li­che Pfalz de­mo­liert wur­den. Zahl­rei­che Klein- und Mit­tel­städ­te wur­den nie­der­ge­brannt: Ober­we­sel, Bop­pard, Pfal­zel, Ehrang, Zell, Merl, Co­chem, Bern­kas­tel, Witt­lich, Mon­re­al, May­en, Kas­tel­laun, Sim­mern und Kirch­berg. Na­he­zu al­le Bur­gen wur­den ge­schleift oder ge­sprengt (un­ter an­de­rem Co­chem, Win­ne­burg, Beil­stein), das Land­ge­biet von den Be­sat­zungs­trup­pen aus­ge­plün­dert. Bei Tra­ben-Trar­bach wur­de ab 1687 die fran­zö­si­sche Fes­tung Mont Roy­al mit ge­wal­ti­gem Auf­wand er­rich­tet, die das Erz­stift in zwei Hälf­ten teil­te; 1698 wur­de sie wie­der ge­schleift. Die fran­zö­si­schen Re­uni­ons­hö­fe be­an­spruch­ten Be­sit­zun­gen, die frü­her ein­mal zu den Bis­tü­mern Metz, Brei­sach und Be­sançon ge­hört hat­ten oder ih­nen lehns­pflich­tig ge­we­sen sein soll­ten. Auch auf Lu­xem­burg wur­den An­sprü­che er­ho­ben und Plä­ne für ei­ne Bis­tums­grün­dung ge­schmie­det, die Jo­hann Hu­go al­ler­dings ver­ei­teln konn­te.

Zu sei­nen Ver­diens­ten als Kur­fürst zäh­len die wirt­schaft­li­che Sta­bi­li­sie­rung sei­nes Ter­ri­to­ri­ums, der Er­lass ei­nes neu­en Land­rechts und ei­ner neu­en Me­di­zi­na­l­ord­nung so­wie das Be­mü­hen um die Volks­bil­dung durch das Er­rich­ten von Schu­len auf dem Land.

Als Erz­bi­schof von tie­fer per­sön­li­cher Fröm­mig­keit ge­prägt, bau­te er mit Hil­fe sei­ner Weih­bi­schö­fe Jo­hann Hein­rich von An­et­han (Epis­ko­pat 1673-1680), Ma­xi­mi­li­an Hein­rich von Bur­mann (Epis­ko­pat 1681-1685), Jo­hann Pe­ter Ver­horst (Epis­ko­pat 1688-1708) und Jo­hann Mat­thi­as von Eyss (Epis­ko­pat 1708-1729) die kirch­li­chen Re­for­men wei­ter aus. Be­son­ders för­der­te er die Je­sui­ten und Ka­pu­zi­ner, die wäh­rend sei­ner Amts­zeit in Wetz­lar, Ha­d­a­mar, St. Goar, Ba­cha­rach, Kaub, Co­chem, Grün­stadt, Bruch­sal und Wag­häusl nie­der­ge­las­sen wa­ren. In Ko­blenz ließ er das Gym­na­si­um wie­der­her­stel­len und för­der­te ei­ne Bil­dungs­ein­rich­tung der Do­mi­ni­ka­ner. Zu­dem zeich­ne­te er für die 1678 er­las­se­nen Syn­odal­sta­tu­ten für das Erz­bis­tum Trier und das 1688 er­schie­ne­ne Diö­ze­san­ri­tua­le ver­ant­wort­lich.

Trotz der wid­ri­gen Zeit­um­stän­de gilt der Mu­sik lie­ben­de Jo­hann Hu­go als aus­ge­spro­che­ner Mä­zen. Er för­der­te das Thea­ter und gab ei­ne kost­ba­re Mi­tra in Augs­burg in Auf­trag (Lim­bur­ger Dom­schatz). Sei­ne Hof- und Fes­tungs­bau­meis­ter Jo­hann Chris­toph Se­bas­tia­ni (vor 1670-1704) und Phil­ipp J. Ho­no­ri­us Ra­ven­s­teyn (1655-1729) bau­ten an der Ge­no­ve­va­burg in May­en und an der Burg in Bop­pard. Am kriegs­zer­stör­ten Speye­rer Dom wur­den vom Dom­ka­pi­tel Si­che­rungs­ar­bei­ten vor­ge­nom­men. Jo­hann Hu­go ließ die bi­schöf­li­che Pfalz in Spey­er wie­der­er­rich­ten. Die Fes­tung Eh­ren­breit­stein wur­de ver­stärkt. Durch den Auf­bau der Hof­stra­ße im Tal und den Neu­bau der Hei­lig Kreuz­kir­che er­hielt Eh­ren­breit­stein den Cha­rak­ter ei­nes Re­si­denz­städt­chens. Für das Gna­den­bild in der von Ka­pu­zi­nern be­treu­ten Wall­fahrts­kir­che in Born­ho­fen gab er ei­ne neue Ka­pel­le in Auf­trag.

Im Trie­rer Dom ließ er zwei auf­wän­di­ge Ba­rock­al­tä­re, den Drei­kö­nigs- und den Kreu­zal­tar, er­rich­ten. Ab 1687 er­folg­te die Neu­ge­stal­tung des Ost­chors des Do­mes: Nach Plä­nen des zu­vor in Frank­furt tä­ti­gen Ar­chi­tek­ten Jo­hann Wolf­gang Frö­li­cher (1652-1700) wur­de ei­ne Heilt­ums­kam­mer - ein drei­ge­schos­si­ger Zen­tral­bau, der als Hei­lig-Rock-Ka­pel­le dien­te - an die ro­ma­ni­sche Ap­sis an­ge­baut. Im In­nern des Do­mes führ­ten zwei Trep­pen­auf­gän­ge für Pil­ger zum Ein­gang der Ka­pel­le hin­auf. Die ge­wal­ti­ge, al­tar­ar­ti­ge Fas­sa­de be­sitzt in der Mit­te ei­ne von Wol­ken und En­geln ge­säum­te Öff­nung. Die mo­nu­men­ta­le Durch­blicks­ar­chi­tek­tur geht auf rö­mi­sche Vor­bil­der zu­rück. Sie macht den Hei­li­gen Rock zum op­ti­schen wie geis­ti­gen Mit­tel­punkt der Dom­kir­che.

Nach sei­nem Tod am Drei­kö­nigs­tag des Jah­res 1711 wur­de Ors­beck zu­nächst in der Eh­ren­breit­stei­ner Ka­pu­zi­ner­kir­che be­stat­tet, da Trier in Fol­ge des Spa­ni­schen Erb­fol­ge­krie­ges von fran­zö­si­schen Trup­pen be­setzt war. Sei­ne Ein­ge­wei­de wur­den in der Hei­lig Kreuz­kir­che bei­ge­setzt, wäh­rend sein Herz in den Speye­rer Dom ver­bracht wur­de. Der Leich­nam wur­de 1715 in den Trie­rer Dom über­führt und vor dem Drei­kö­nigs­al­tar be­stat­tet.

Literatur

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Re­ber, Horst, Die Bau­kunst im Kur­fürs­ten­tum Trier un­ter den Kur­fürs­ten Jo­hann Hu­go von Ors­beck, Karl von Loth­rin­gen und Franz Lud­wig von Pfalz-Neu­burg. 1676-1729, Trier 1960.
Schorn, Franz, Jo­hann Hu­go von Ors­beck, in: Rhei­ni­sche Le­bens­bil­der 8 (1980), S. 125-140.
Schorn, Franz, Jo­hann Hu­go von Ors­beck. Ein rhei­ni­scher Kir­chen­fürst der Ba­rock­zeit. Erz­bi­schof un­d Kur­fürs­t von Trier. Fürst­bi­schof von Spey­er, Köln 1976.
Sei­brich, Wolf­gang, Ar­ti­kel „Ors­beck, Jo­hann Hu­go von", in: Gatz, Er­win (Hg.), Die Bi­schö­fe des Hei­li­gen Rö­mi­schen Rei­ches. 1648-1803. Ein bio­gra­phi­sches Le­xi­kon, Ber­lin 1990, S. 329-331.

Online

Brauch­bach Max, „Jo­hann Hu­go", in: Neue Deut­sche Bio­gra­phie 10 (1974), S. 540-542. [On­line]
Con­rad, Joa­chim, Ors­beck Jo­hann Hu­go von, in: Saar­län­di­sche Bio­gra­fi­en On­line. [On­line]

 
Zitationshinweis

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Schmid, Wolfgang, Johann Hugo von Orsbeck, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/johann-hugo-von-orsbeck/DE-2086/lido/57c92e52480ef3.24064703 (abgerufen am 18.04.2024)