Rheinischer Städteatlas Wesseling. Teil 5: Wirtschafts- und Sozialstruktur, Statistik

Wirtschafts- und Sozialstruktur, Statistik

Schrägluftbild der Stadt von Südwesten mit Blick auf Ortskern und Neuem Rathaus, 1971, Foto: Latzel. (Sammlung Stadtarchiv Wesseling)

5. 1 Einwohner- und Häuserzahlen

vgl. auch Kon­fes­si­ons­zah­len IV 10
1670 15 Häu­ser in Ober-Wes­se­ling (Fa­bri­ci­us II, S. 58)

5. 2 Agrarwirtschaft, Fischerei

Acker- und Viehwirtschaft

1290 wird in Ober-Wes­se­ling Rog­gen an­ge­baut, au­ßer­dem wer­den Hüh­ner ge­züch­tet (StaK 265 Si­on 1/9)
1345 Ne­ben Rog­gen wird Ha­fer an­ge­baut und Vieh­zucht be­trie­ben (StaK 264 Se­ve­rin 1/64)
1400 wird in ei­ner Schlich­tung ent­schie­den, daß die Ge­mein­de Ober-Wes­se­ling im Som­mer nicht mehr Vieh, als sie im Win­ter von ih­ren ei­ge­nen Wei­den er­näh­ren kann, hal­ten darf (StaK 265 Si­on 1/27). Bis ins 16. Jahr­hun­dert dau­ern die Kla­gen ge­gen die Be­woh­ner an, daß die­se ihr Vieh auf Grund und Bo­den des Sio­ni­ter­klos­ters schi­cken, Früch­te pflü­cken und die Tie­re wei­den las­sen (ebd. Akt 27 fol. 13). 1671 be­en­det ein Ver­trag den Streit (Dietz, Hei­mat­buch, S. 127)
1599 wer­den Schwei­ne in Nie­der-Wes­se­ling ge­hü­tet (LHAK 48/1751)
1708 weist das ber­gi­sche Ex­trak­ten­ver­zeich­nis die Züch­tung von Zug­vieh (6 Pfer­de, 18 Och­sen), Rin­dern (26) und Kü­hen (76) aus. Scha­fe, Zie­gen und sons­ti­ges Vieh wird nicht auf­ge­führt (Extrac­tus, S. 130f.). In der zwei­ten Hälf­te des 19. Jahr­hun­derts kom­men Zie­gen und Bie­nen­stö­cke hin­zu (VB Amt W 1930)
1714 nach der Ab­schrift des Weis­tums von 1478 wei­sen die Schöf­fen von Wes­se­ling dem Grund­her­ren ein frei schef­fe­rei zu (III 1 Wei­stü­mer).
1772 muß Wes­se­ling an das Bon­ner Cas­si­us­stift 17 Mal­ter Korn (Rog­gen) ab­lie­fern. Au­ßer­dem er­hält der De­kan 11 Mal­ter Ha­fer (MaB Ka­pi­tels­pro­to­kol­le 232 S. 53-55). Im 18. Jahr­hun­dert wer­den auch Fut­ter­pflan­zen wie Klee und Rü­ben an­ge­baut (StaK 265 Si­on Akt 27, 28)
2005 Das Ver­suchs­gut Diko­pshof ist heu­te dem In­sti­tut für Pflan­zen­bau der Uni­ver­si­tät Bonn an­ge­schlos­sen und er­forscht As­pek­te des Acker­baus. Die Ver­suchs­wirt­schaft Maar­hof ist dem In­sti­tut für Obst- und Ge­mü­se­bau un­ter­stellt

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Tab. 2: Einwohner- und Häuserzahlen 1673-2005.

 

5. 2 Wein- und Gartenbau

1238 be­kommt das Klos­ter Op­ho­ven 11 Mor­gen Wein­gär­ten in Ober-Wes­se­ling ge­schenkt (NrhUB II 236)
1361 wird in Ober-Wes­se­ling Wein an­ge­baut. Al­lein 12 Mor­gen be­wirt­schaf­tet der Köl­ner Si­ons­kon­vent (StaK 265 Si­on 2/22)
1395 er­hal­ten die Köl­ner Mi­no­ri­ten ei­ne Ren­te aus ei­nem Wein­gar­ten zu Wes­se­ling (ebd. 264 Se­ve­rin 1/296)
1570 wird ne­ben Acker- auch Wein­bau in Wes­se­ling be­trie­ben (LAV NRW R Kk II 1563)
1641-1712 wird in Ober- und Nie­der-Wes­se­ling Rot- und Weiß­wein an­ge­baut, vom dem das Klos­ter Si­on Wein­zins er­hält (StaK 265 Si­on Akt 32, 33)
1660 wird Wein in Par­zel­len der Flu­re Auf dem Son­nen­berg, Auf den Kle­mens­bit­zen, An der lan­gen Gaß, Auf den neun Mor­gen, am grü­nen wegh, an der euff­ga­ßen, in der Bit­zen, Mol­den­bit­zen an­ge­baut (ebd. 238 Kreuz­brü­der Akt 32 fol. 78f.)
1708 sind 35,5 Mg Land in Wes­se­ling mit Re­ben be­stockt. Nur in Blan­ken­berg, Lö­wen­burg und in Lüls­dorf be­fin­den sich grö­ße­re Reb­flä­chen im ber­gi­schen Raum (Extrac­tus, S. 128-131)
1712 zählt das Klos­ter Si­on Wein­gär­ten auf dem Son­nen­berg, un­der dem Son­nen­berg, aber auch an an­de­ren Stel­len längs, hin­ter oder ne­ben den Häu­sern auf (StaK 265 Si­on Akt 33 fol. 5f.). Wein­bau wird nicht nur in den Wein­ber­gen, son­dern auch in den Gär­ten rings um die Häu­ser be­trie­ben.
1714 sol­len die Schöf­fen, wenn die Trau­ben reif sind, Le­ser ein­stel­len. Wenn der Wein ge­füllt wird, sol­len die Her­ren ein 1/2 Ohm des bes­ten Wei­nes ab­fül­len. Der soll am Mar­tins­tag auf dem Hof ge­trun­ken wer­den (III 1 Wei­stü­mer).
1772 er­hält der Grund­herr in Nie­der-Wes­se­ling, das Bon­ner Cas­si­us­stift, ei­nen Mal­ter Erb­sen (MaB Ka­pi­tels­pro­to­kol­le Nr. 232, S. 54). Wei­ter­hin wer­den – je­doch sel­te­ner – Rü­ben so­wie Boh­nen und Möh­ren an­ge­baut.
(1820) wird in Wes­se­ling nur noch Rot­wein ge­zo­gen. Nach Vel­ten ran­giert er in ei­ner Gü­te­klas­si­fi­zie­rung des Krei­ses Bonn auf dem 25. Platz. Nur in Born­heim, Pop­pels­dorf und Bonn wer­den schlech­te­re Wei­ne er­zeugt, wäh­rend der bes­te Wein aus Giels­dorf kommt (A. Vel­ten, Me­di­zi­ni­sche To­po­gra­phie d. Krei­ses Bonn, 1988, S. 103)

5. 2 Fischerei

1238 be­kommt das Zis­ter­zi­en­se­rin­nen­klos­ter Op­ho­ven ne­ben den Län­de­rei­en auch 3 Fi­sche­rei­en zu Ober-Wes­se­ling ge­schenkt. Zum Be­sitz ge­hört auch die dor­ti­ge Rhein­in­sel mit ei­ner Fi­sche­rei (NrhUB II 236)
1263 be­auf­tragt Erz­bi­schof En­gel­bert von Köln den Ple­ban von Wes­se­ling, ei­ne Rhein­fi­sche­rei in Wes­se­ling, die sich im Be­sitz des Si­ons­kon­vents be­fin­det, zu schüt­zen (StaK 265 Si­on 8). 1280 be­auf­tragt Erz­bi­schof Sieg­fried von Wes­ter­burg be­zug­neh­mend auf die Wei­sung En­gel­berts sei­ne sämt­li­chen Amt­leu­te, die sich in Be­sitz des Si­ons­kon­vents be­find­li­chen Gü­ter in Wes­se­ling und an­ders­wo zu schüt­zen und ih­re Rech­te zu ver­tre­ten (ebd. 1/5)
1573 be­sitzt das Klos­ter Si­on den Fi­sche­rei­be­zirk von der Ur­feler herr­lich­keit biß an Nie­der­wes­se­lin­ger herr­lich­keit, alß mit nah­men drey­er tra­ger, wel­che man nendt den schnellardt (ebd. Akt 35 fol. 2)
1575 er­wirbt Nie­der-Wes­se­ling für ei­ne jähr­li­che Zah­lung von 3 Gul­den die Fi­sche­rei­rech­te von der Ober-Wes­se­lin­ger Ho­heit bis zu den Sie­chen­häu­sern (Drös­ser, Rhein, S. 28)
1714 nach der Ab­schrift des Weis­tums von Nie­der-Wes­se­ling von 1478 kommt dem Grund­herrn ei­ne Fi­sche­rei __(von der Ober­we­ß­lin­ger hoich­heit bis an die al­te schmitt) zu (III 1 Wei­stü­mer).
1766-90 pach­tet der Hof­lie­fe­rant Klein den Sal­men­fang zwi­schen Ur­feld und Wid­dig für 12 Jah­re (LAV NRW R Kk IV 132)
1787 wird die Er­laub­nis zur Aal­fi­sche­rei bei Wes­se­ling un­ter­halb des Sal­men­fangs er­teilt (ebd. 130)
1843 lebt in Wes­se­ling noch ein Be­rufs­fi­scher. Da­nach wird Fi­sche­rei nur noch im Ne­ben­er­werb be­trie­ben (StaW A 38)

5. 3 Bergbau

1884 be­fin­det sich an der Brüh­ler Chaus­see ei­ne Kies­gru­be im Be­sitz der Ge­mein­de Wes­se­ling (StaW A 18)
1912 be­fin­det sich am Kel­de­ni­cher Weg ei­ne Gru­be zur Kies­aus­beu­tung (ebd.)
1991 ver­legt die Uran­erz­berg­bau-GmbH ih­ren Sitz von Bonn nach Wes­se­ling (Berg­bau­ar­chiv Bo­chum 150, 17)

5. 4 Mühlen

1238 schenkt Lud­wig von Lüls­dorf dem Klos­ter Op­ho­ven ei­ne Was­ser­müh­le zu Ober-Wes­se­ling (NrhUB II 235). 1375 wird dem Köl­ner Klos­ter Si­on das Müh­len­recht durch das Bon­ner Schöf­fen­ge­richt be­stä­tigt (StaK 265 Si­on Akt 31 fol. 1b). 1573 wird die Rhein­müh­le als freie Müh­le des Klos­ters Si­on auf dem Rhein ent­ge­gen Lül­storf in Ober­wes­se­lin­ger Herr­lich­keit ge­nannt. Im 18. Jahr­hun­dert exis­tiert kei­ne Was­ser­müh­le mehr. 1732 ist das Müh­len­recht seit un­denck­li­che[n] Jah­re[n] nicht mehr in Ge­brauch (ebd. 3/102)
1578 er­laubt Her­zog Wil­helm von Jü­lich sei­nem Kanz­ler Wil­helm von Ors­beck, in der Frei­heit Wes­se­ling ei­ne Wind­müh­le zu er­rich­ten und das Ge­mahl des Be­zir­kes an sich zu neh­men. Aus der Müh­le muß seit 1590 ein Erb­zins an Wil­helm von Ors­beck ent­rich­tet wer­den (LHAK 48/1911; LAV NRW R Kk II 1563)
1666 wird ei­ne (Wind-)Müh­le in Ober-Wes­se­ling er­wähnt (StaK 265 Si­on Akt 28 fol. 18). Da bis­her le­dig­lich ei­ne Was­ser­müh­le auf dem Rhein exis­tier­te, die ver­mut­lich im 17. Jahr­hun­dert ver­fiel, ist zu ver­mu­ten, daß die­se Wind­müh­le Nach­fol­ge­rin der al­ten Rhein­müh­le war. 1693 wird die­se Wind­müh­le in Ober-Wes­se­ling noch­mals im Be­sitz des Klos­ters Si­on ge­nannt (ebd. fol. 1a)
1746 und 1763 wird der Bau ei­ner Ro­ß­müh­le in Nie­der-Wes­se­ling an­statt der be­reits vor 1703 ver­fal­le­nen Wind­müh­le ge­plant. Der Bau er­folgt nicht, die Ein­woh­ner von Wes­se­ling müs­sen aus­wärts mah­len, zwi­schen 1767 und 1787 in Lan­gel (LHAK 48/1741)

5. 4 Gewerbe und Industrie

Nur ver­ein­zelt tre­ten Hand­wer­ker­be­ru­fe in den mit­tel­al­ter­lich-früh­neu­zeit­li­chen Quel­len auf. Am häu­figs­ten wer­den seit dem 14. Jahr­hun­dert Wir­te und Bä­cker ge­nannt. Gast­stät­ten dien­ten in Wes­se­ling als Wech­sel­spann- so­wie als Zoll­sta­tio­nen. Mög­li­cher­wei­se war im 14. und 15. Jahr­hun­dert von Köln aus­ge­hen­de Sei­den­we­be­rei im Ver­lags­sys­tem von Be­deu­tung.

Tab. 3: Bodennutzung der Landgemeinde W 1885 u. 1900 (in ha).

Tab. 4: Bodennutzung der Stadt W 1985 (in ha).

Tab. 5: Bodennutzung der Stadt W 2001 (in ha).

Tab. 6: Größe und Zahl der landwirtschaft. Betriebe in der Stadt W 1985 u. 1990 (in ha).

Tab. 7: Viehbestand 1708-1930.

 

1345 Gast­wirt ge­nannt (StaK 264 Se­ve­rin 1/64)
1459 be­cker (StaK 271 Wei­ße Frau­en Akt 4)
1459 zy­mer­mann (ebd. 9 fol. 35)
1506 un­ter­sagt der Trans­fix­brief des Köl­ner Sei­d­am­tes, Sei­de au­ßer­halb Kölns, vor al­lem nach Deutz und Wes­se­ling, zu ge­ben. Mög­li­cher­wei­se ver­ga­ben Köl­ner Ver­le­ger zu­vor Sei­de ins Um­land zur Wei­ter­ver­ar­bei­tung (M. Wens­ky, Die Stel­lung d. Frau in d. stadt­köl­ni­schen Wirt­schaft im Spät­mit­tel­al­ter, 1980, S. 170, 173)
1512 pis­tor (StaK 264 Se­ve­rin Akt 14 fol. 6)
1580 schome­cher (ebd. 265 Si­on A 26 fol. 32v)
1587 schnie­der (LHAK 48/1743)
1590 Mül­ler (ebd. 48/1749 S 130)
1590 We­ver (ebd. 48/1750), auch 1594 (ebd. 48/1751)
1595 Meis­ter Hans Bar­bie­rer (IV 6 Ärz­te und Heb­am­men)
1595 (Au­di) Wirt (LHAK 48/1751)
1596 Vaß­ben­der (ebd.)
1598 Back­hauß, Schome­cher (ebd. 48/1743 S. 31)
1599 moul­ler (ebd. 48/175)
1619 Mül­ler­meys­ter, wi­jrt (ebd.)
1662 Kro­nen­wirt (LAV NRW R Kk IV 74)
1666 ge­hö­ren zur Kro­nen­wirt­schaft, der grö­ß­ten Gast­stät­te in Ober-Wes­se­ling, 2 Mor­gen Land und das Ge­bäu­de. 1662 war der Wirt auch Zöll­ner (LAV NRW R Kk IV 74). Ne­ben der Kro­nen­wirt­schaft gibt es im 17. Jahr­hun­dert 3 wei­te­re Wirts­häu­ser in Ober-Wes­se­ling (StaK 265 Si­on Akt 28 fol. 11)
1678 gibt es in Nie­der-Wes­se­ling wohl 2 Gast­stät­ten, die grö­ß­te war die ta­ber­na vul­go kan­ten (StaK 265 Si­on Akt 27)
1714 wer­den in der Ab­schrift des Weis­tums von 1478 Wir­te und Bä­cker als Be­rufs­grup­pen in Nie­der-Wes­se­ling ge­nannt. Zu­dem wird Wes­se­ling als ba­ckes­frei be­zeich­net (III 1 Wei­stü­mer)
1766 fuhr­mann (StaK 265 Si­on 1774)
1776 Wil­helm Weegh, mer­ca­tor (Dietz, Hei­mat­buch, S. 152)
1789 han­delt der Ta­bak­fa­bri­kant Jo­hann Breu­er mit den Pro­duk­ten sei­ner Fa­bri­ka­ti­on in sei­nem Haus in Ober-Wes­se­ling an der Land­stra­ße (LAV NRW R Kk II 5028 fol. 20-22)
1820 8 Frucht­mak­ler in Wes­se­ling ge­nannt (Drös­ser, Rhein, S. 30)
1876-94 pro­du­ziert Jo­hann Wil­helm Schmidt an der Werft zu Wes­se­ling Par­kett­fuß­bö­den, Holz- und Kehl­leis­ten (Dietz, Hei­mat­buch, S. 296)
1892 exis­tie­ren in Wes­se­ling 4 ge­werb­li­che Ein­rich­tun­gen: C.F.W., die Ger­be­rei­en Schmitz-Du Mont und Dries­ser & Odendall so­wie die Gold­leis­ten­fa­brik G.F. Fer­ren­holtz (StaW A 32)
1893 grün­det der Köl­ner Kauf­mann Fried­rich Au­gust Fo­ers­ter auf dem Rhein­berg ei­ne me­cha­ni­sche Strumpf­stri­cke­rei, die bis zu 70 Ar­bei­ter be­schäf­tigt; 1910 wird der Be­trieb ein­ge­stellt (Dietz, Hei­mat­buch, S. 296f.)
1909 8 ge­werb­li­che Be­trie­be in Wes­se­ling: 2 Strumpf­fa­bri­ken, 2 Ger­be­rei­en, 2 Stri­cke­rei­en, 1 Gold­leis­ten­fa­brik, 1 Glim­mer­fa­brik (StaW A 234)
1910 er­öff­nen die Strumpf­wa­ren­fa­bri­ken Bier­gans und Gen­trup GmbH und Will­mes GmbH (Prast­ho­fer, S. 45); 1929 Schlie­ßung
2004 sind 7036 Men­schen im pro­du­zie­ren­den Ge­wer­be, 1805 in Han­del , Gast­ge­wer­be und Ver­kehr, 69 in der Land­wirt­schaft und 2324 im Dienst­leis­tungs­sek­tor be­schäf­tigt (Lan­des­amt f. Da­ten­ver­ar­bei­tung u. Sta­tis­tik NRW, Stand 30. Ju­li 2004)

5. 4 Lederfabrikation

1793/97 sie­delt sich die Sohl­le­der­ma­nu­fak­tur Ja­kob We­rot­te in Wes­se­ling an. Es ist der 1. In­dus­trie­be­trieb im Ort und die ein­zi­ge Ma­nu­fak­tur die­ser Art im Raum Köln. Der Be­trieb ist auf 280 Gru­ben und ei­ne Jah­res­pro­duk­ti­on von 3000-4000 Häu­ten an­ge­legt (Ker­mann, S. 422f.). 1814 be­schäf­tigt die Ger­be­rei bis zu 30 Ar­bei­ter (J. A. De­mi­an, Sta­tis­tisch-po­li­ti­sche An­sich­ten u. Be­mer­kun­gen auf ei­ner Rei­se durch ei­nen Theil d. neu­en preus­si­schen Pro­vin­zen am Nie­der- u. Mit­tel­rhei­ne, 1815, S. 229)
1819 2 Bren­ne­rei­en in Wes­se­ling mit je 1 Brannt­wein­bla­se. Die Le­der­fa­brik wird nur schwach be­trie­ben und be­schäf­tigt 6 Ar­bei­ter (LAV NRW R Reg. Köln 2170, 2150)
1836 Die Le­der­fa­brik Matth. Krings, ehe­mals We­rot­te, be­schäf­tigt im Som­mer 3, im Win­ter 5 Ar­bei­ter und 2 Lehr­lin­ge und pro­du­ziert jähr­lich ca. 1000 Stück Häu­te im Wert von 10.000 Rtl. (Adel­mann, Rhein­pro­vinz, S. 170f.)
1861 Der Köl­ner Fa­bri­kant Schmitz-Du Mont über­nimmt die Sohl­le­der­fa­brik Krings, ehe­mals We­rot­te (Ker­mann, S. 423)
1867 pro­du­zie­ren in Wes­se­ling 2 Loh­ger­be­rei­en, der Pro­duk­ti­ons­wert be­trägt 55.000 Rtl., wo­bei die klei­ne­re nur 5.000 Rtl. um­setzt (LAV NRW R Reg. Köln 2168)

5. 4 Chemische Industrie

1843 Grün­dung der Blei­weiß­fa­brik W.O. Waldthau­sen an der Land­stra­ße bei Wes­se­ling, erst­ma­li­ge Ein­füh­rung des deut­schen Kam­mer­ver­fah­rens im Rhein­land so­wie Nut­zung von mo­der­nen Dampf­kraft­an­la­gen (H. Pohl u.a., Die che­mi­sche In­dus­trie in d. Rhein­lan­den wäh­rend d. In­dus­tri­el­len Re­vo­lu­ti­on, 1983, S. 34f.). 1860 Pro­duk­ti­ons­um­stel­lung auf Teer und Dach­pap­pe un­ter Ver­wen­dung von Stein­koh­len­te­er; 1922 Schlie­ßung nach Bran­d­un­glück (Prast­ho­fer, S. 34)
1880 Grün­dung der Fir­ma H. & F. Zim­mer­mann im Orts­ge­biet von Wes­se­ling zur Her­stel­lung che­mi­scher Pro­duk­te; 1883 Um­zug in den Nor­den von Wes­se­ling. 1905 Um­be­nen­nung in Che­mi­sche Fa­brik Wes­se­ling AG. Ers­te Wirt­schafts­ge­bäu­de sind die ehe­ma­li­gen Hal­len der Pa­pier­müh­le und Pap­pen­fa­brik an der Land­stra­ße. Pro­du­ziert wer­den vor­nehm­lich Far­ben, über­wie­gend Blauf­ar­be (bis 2002), Ei­sen­oxydfar­ben und Fer­ro­cyan (StaW B 188; Che­mi­sche Fa­brik, S. 22f.)
1880-1900 Aus­bau der Fa­brik­an­la­gen der C.F.W. um La­bo­ra­ti­en, La­ger (Turm­bau), Ver­wal­tung (Comp­toir-Ge­bäu­de) und Ka­min- und Dampf­kes­sel­ge­bäu­de (Che­mi­sche Fa­brik, S. 25f.)
1901 Ge­neh­mi­gung und Bau­be­ginn ei­ner Schwe­fel­säu­re­fa­brik durch die C.F.W., die aus dem Ab­fall der Farb­pro­duk­ti­on durch das Blei­kam­mer­ver­fah­ren Schwe­fel­säu­re her­stel­len soll. 1924 liegt die Ka­pa­zi­tät be­reits bei 25.000 Ton­nen Schwe­fel­säu­re. 1933/37 sind 4 Sys­te­me in Be­trieb (ebd., S. 31, 52)
1904 zieht die 1898 in Köln-Eh­ren­feld ge­grün­de­te Rhei­ni­sche Glim­mer­wa­ren­fa­brik nach Wes­se­ling. Sie ist vor dem Zwei­ten Welt­krieg Markt­füh­rer für Iso­lier­stof­fe aus Na­tur­glim­mer und den Werk­stoff Mi­ka­nit (Flug­zeug- und Un­ter­see­boot­bau), be­schäf­tigt bis zu 100 Per­so­nen (Dietz, Hei­mat­buch, S. 334)
1909 grün­den Al­dus C. Higg­ins, Ge­or­ge N. Jepp­son und Al­fred Schüt­te die ­Deut­sche Nor­ton Ge­sell­schaft mbH in Wes­se­ling (DNG) mit 15 Fach­leu­ten aus Worces­ter/Mas­sa­chu­setts und 85 deut­schen Be­schäf­tig­ten. 1912 zählt das Werk 150 Mit­ar­bei­ter. Pro­du­ziert wer­den Schleif­mit­tel bzw. Schleif­schei­ben (Nor­ton, S. 10)
1920 Grün­dung der Rhei­ni­schen Elek­tro­wer­ke Ko­h­olyt AG (1930 von der Feld­müh­le über­nom­men). 1921 er­folgt die Auf­nah­me des Be­triebs. Die Pro­duk­te des Un­ter­neh­mens ge­hen an die Schleif­mit­tel­in­dus­trie. Un­ter an­de­rem wer­den in den 1920er Jah­ren auch Schleif­schei­ben und was­ser­fes­tes Schleif­pa­pier pro­du­ziert. 1938 be­schäf­tigt das Un­ter­neh­men 300 Ar­bei­ter und 90 An­ge­stell­te (W. Matz­ke, Wes­se­ling. In: K. Kay­ser/T. Kraus , Köln u. d. Rhein­lan­de, 1961, S. 221)
1921 Nie­der­las­sung der Feld­müh­le AG (heu­te Saint-Go­bain Ab­ra­si­ves GmbH)
1931 führt die Deut­sche Nor­ton Ge­sell­schaft kunst­harz­ge­bun­de­ne Schrupp­schlei­fen für die Stahl­in­dus­trie ein. Die Ar­bei­ter­zahl wächst auf 400. We­gen Roh­stoff­schwie­rig­kei­ten wer­den in Wes­se­ling ke­ra­mi­sche Grund­stof­fe ent­wi­ckelt und ein Tun­ne­lofen er­baut (Nor­ton, S. 11; 50 Jah­re Deut­sche Nor­ton Ge­sell­schaft mbH 1909-1959, 1959, [S. 14])
1937 er­folgt die Ver­la­ge­rung der Che­misch-Ke­ra­mi­schen Fa­brik Schult­heis und Söh­ne von Köln nach Wes­se­ling. Sie pro­du­ziert Email­leer­zeug­nis­se und Pro­duk­te für die ke­ra­mi­sche In­dus­trie (W. Matz­ke, Wes­se­ling. In: K. Kay­ser/T. Kraus <Hg.>; Köln u. d. Rhein­lan­de, 1961, S. 223)
1939-45 wer­den zu­sätz­lich ein Kes­sel­haus, ei­ne Ofen­hal­le und ein 2. Tun­ne­lofen bei der Deut­schen Nor­ton Ge­sell­schaft er­rich­tet (Nor­ton, S. 13)
1939-45 ar­bei­ten mehr als 120 deut­sche und 100 Fremd­ar­bei­ter in der C.F.W. Mit der Ka­li-Che­mie wird ei­ne Ver­kaufs­ge­mein­schaft „Preu­ßisch­blau“ ge­grün­det, der sich zahl­rei­che Blauf­ar­ben­fa­bri­ken im Reich an­schlie­ßen (Che­mi­sche Fa­brik, S. 58)
1940 er­wirbt die De­gus­sa 26 % An­teil der C.F.W und ei­ne Op­ti­on auf wei­te­re 25 %, so daß das Werk Kon­zern­werk wird. 1941 kauft De­gus­sa die üb­ri­gen 25 % und er­wei­tert die Fa­brik in Wes­se­ling um ei­nen 5. Kes­sel, ei­nen 2. ro­tie­ren­den Wär­me­zug, Strom­ver­sor­gungs­an­la­gen, ei­ne mo­der­nen Schwe­fe­lex­trak­ti­on und ei­ne Er­zeu­gungs­stät­te für Ton­er­de­gel (Teg) für die Kau­tschu­kin­dis­trie (ebd., S. 58f.)
1951 Pro­duk­ti­on von ro­tem Blut­lau­gen­salz (Rot­ka­li) bei C.F.W., vor­nehm­lich für die Fo­to­in­dus­trie und den Aus­lands­markt (ebd., S. 77)
1953 Er­rich­tung ei­nes De­gus­sa-Wer­kes ne­ben dem Werk der C.F.W. zwecks Her­stel­lung von Cy­an­was­ser­stoffsäu­re, Blau­säu­re durch das For­ma­mid­ver­fah­ren und spä­ter Ace­ton­cy­anhi­drin und Me­thio­nin. Haupt­ab­neh­mer ist die C.F.W., an der De­gus­sa in­zwi­schen 93 % hält. 1954 99 Mit­ar­bei­ter (ebd., S. 68, 82; De­gus­sa, S. 38f.)
1956 wird die Schwe­fel­pro­duk­ti­on bei C.F.W. bzw. De­gus­sa ein­ge­stellt und durch Füll­stoff­pro­duk­ti­on er­setzt (ebd., S. 40)
1957 Bau ei­ner Blau­säur­e­pro­duk­ti­ons­an­la­ge durch De­gus­sa (ebd., S. 42)
1958 Er­rich­tung ei­ner Cyanurchlo­rid­an­la­ge in Wes­se­ling durch De­gus­sa. Cyanurchlo­rid aus Wes­se­ling ent­wi­ckelt sich zum be­deu­tends­ten or­ga­ni­schen Pro­dukt des Un­ter­neh­mens (ebd., S. 42f.)
1959 hat die Deut­sche Nor­ton Ge­sell­schaft in Wes­se­ling 600 Mit­ar­bei­ter auf ei­nem 8,7 ha gro­ßen Fir­men­grund­stück und pro­du­zier­te u.a. Brenn­hilfs­mit­tel und wei­ter­hin Schleif­schei­ben (Nor­ton, S. 14)
1979/81 Zu­sam­men­le­gung der Wer­ke De­gus­sa und C.F.W. zum Werk Wes­se­ling (De­gus­sa, S. 51)
1984 ver­la­gert die Deut­sche Nor­ton Ge­sell­schaft die Schleif­mit­tel­pro­duk­ti­on nach Frank­reich und Ita­li­en. Da­für wird in Wes­se­ling fort­an Pulps­to­nes für die Pa­pier­in­dus­trie pro­du­ziert (Nor­ton, S. 16)
1980er Um­stel­lung der Pro­duk­ti­on bei De­gus­sa vor­nehm­lich auf Um­welt­pro­duk­te wie Zeo­li­the (bis 2001) und Phos­pha­ter­satz­stof­fe (De­gus­sa, S. 57)

Tab. 8: Berufe der Kopfsteuerzahler in der Freiheit W 1673.

Tab. 9: Berufs- und Gewerbetabelle Commune W 1799 und 1803.

Tab. 10: Berufs- und Gewerbetabelle Landgem. W 1843-1907.

Tab. 11: Branchenaufteilung der Erwerbstätigen 1961.

Tab. 12: Branchenaufteilung der Erwerbstätigen 1970 u. 1987.

 

5. 4 Petrochemische Industrie

1937 Grün­dung der Uni­on Rhei­ni­sche Braun­koh­len Kraft­stoff AG, Uni­on Kraft­stoff (UK), in Wes­se­ling und Bau­be­ginn ei­nes Wer­kes mit 1939 450 Ar­bei­tern und 188 An­ge­stell­ten (Joest, S. 24, 28; UK 1962)
1941 Be­triebs­start des Hy­drier­wer­kes Uni­on Kraft­stoff. Aus rhei­ni­scher Braun­koh­le sol­len in Wes­se­ling syn­the­ti­sche Treib­stof­fe und Schmierö­le pro­du­ziert wer­den. Im Som­mer des Jah­res ar­bei­ten 6000 Per­so­nen in der An­la­ge, dar­un­ter 2700 Aus­län­der (ebd., S. 20f.; UK 1962)
1945 Ver­bot der Kraft­stoff­pro­duk­ti­on durch die Al­li­ier­ten. Uni­on Kraft­stoff be­ginnt mit Strom­er­zeu­gung für die Re­gi­on, spä­ter ab 1947 Am­mo­nia­kerzeu­gung ge­mein­sam mit Hoechst für die Dün­ge­mit­tel­in­dus­trie; 1955 Be­ginn der Harn­stoff­pro­duk­ti­on (bis 1979). Er­zeu­gung von Me­tha­nol für Bay­er, Hoechst und De­gus­sa. 1979 Neu­bau ei­ner Me­tha­nol­syn­the­se (Joest, S. 42-44)
1948 Er­laub­nis der Hy­drie­rung von Rück­stands­öl für die Uni­on Kraft­stoff von bis zu 180.000 Jah­res­ton­nen. Part­ner ist Shell (Um­wand­lung in Ben­zin) (ebd., S. 50-53)
1950-69 Pro­duk­ti­on von Syn­the­se­gas­ge­mi­sche aus Braun­koh­le bei Uni­on Kraft­stsoff, u. a. zwecks Ver­sor­gung der Hoch­druck­an­la­gen. Ab 1969 Er­satz von Braun­koh­le durch Schwer­öl (ebd., S. 75)
1950 Er­rich­tung ei­ner ther­mi­sche Spalt­an­la­ge bei der Uni­on Kraft­stoff mit ei­ner Ka­pa­zi­tät von 420000 Ton­nen Roh­öl­rück­stand p.a. 1955 Bau ei­ner Plat­for­ming-An­la­ge (ebd., S. 55f.)
1953 grün­den BASF und Shell in Wes­se­ling die Rhei­ni­schen Ole­fin­wer­ke GmbH (ROW). 1955 er­folgt die In­be­trieb­nah­me des ers­ten pe­tro­che­mi­schen Groß­wer­kes in Deutsch­land. Pro­du­ziert wer­den vor­nehm­lich Lu­po­len und Ae­thyl­ben­zol für die Kunst­off­pro­duk­ti­on (Po­lys­trol), spä­ter auch Sty­rol für Sty­ro­por (1999 Stil­le­gung) (Uni­on Kraft­stoff, 1954, S. 12f.; Ba­sell, S. 8f., 100f.)
1956 Bau ei­ner Pipe­line von Wil­helms­ha­ven nach Wes­se­ling. In der Fol­ge Er­rich­tung wei­te­rer Pipe­lines, u.a. aus Rot­ter­dam (Rot­ter­dam-Rhein-Pipe­line, RRP), Ant­wer­pen, aus den deut­schen Öl­för­der­ge­bie­ten und nach Frank­furt (Hoechst) (Joest, S. 61f.)
1958 Die ROW be­ginnt als ers­tes deut­sches Un­ter­neh­men mit der Pro­duk­ti­on von Kunst­har­zen in ei­ner Epi­ko­te-An­la­ge. Die Pipe­line von Rot­ter­dam wird mit der ROW ver­bun­den und ver­sorgt die­se mit Naph­ta (Ba­sell, S. 22f.)
1963 Be­ginn der Pro­duk­ti­on von Ethy­len aus Ben­zin bei Uni­on Kraft­stoff. In den fol­gen­den Jah­ren wird die An­ge­bots­pal­let­te auf zahl­rei­che Ole­fi­ne und Aro­ma­te aus­ge­wei­tet (Joest, S. 88)
1969 be­ginnt bei ROW in Wes­se­ling ein gro­ßer Stand­ort­aus­bau mit ei­nem ge­plan­ten In­ves­ti­ti­ons­vo­lu­men von 1,8 Mrd. DM. Un­ter an­de­rem sol­len 2 neue Ethy­len-An­la­gen mit ei­nem Pro­duk­ti­ons­vo­lu­men von 1,2 Mio. Ton­nen er­rich­tet wer­den. An­la­ge 6 geht 2 Jah­re spä­ter in Be­trieb als welt­grö­ß­ter Pro­duk­ti­ons­be­reich. Die Ar­bei­ter­zahl steigt auf 3.200 (Ba­sell, S. 40-50)
1973 Grö­ße­rer Aus­bau der UK-Raf­fi­ne­rie in Wes­se­ling mit ei­nem Spit­zen­durch­satz von mehr als 5 Mio. Ton­nen Roh­öl. Er­rich­tung ei­ner Ole­fin­an­la­ge; mehr als die Hälf­te der Mi­ne­ral­öl­pro­duk­te wer­den fort­an für die Er­zeu­gung von Che­mie­pro­duk­ten ver­wen­det (Joest, S. 60)
1984 Be­ginn der Pro­duk­ti­on von Dü­sen­treib­stof­fen bei Uni­on Kraft­stoff (ebd., S. 107)
1989 wird die Uni­on Kraft­stoff Teil der DEA-Mi­ne­ra­lo­el AG, ab 2002 Shell & DEA Oil GmbH. Die Rhein­land-Raf­fi­ne­rie (W & Go­dorf) ist mit ei­nem Roh­öl­durch­satz von ca. 16 Mio. Ton­nen pro Jahr die grö­ß­te Raf­fi­ne­rie in Deutsch­land und der grö­ß­te Ben­zol­pro­du­zent Eu­ro­pas (Wirt­schaft im Dia­log 2/2005, S. 13)
1998 geht die ROW in die Ge­mein­schafts­un­ter­neh­men Ele­nac und Tar­gor auf. Ele­nac ver­eint al­le Po­ly­ethy­len-Ak­ti­vi­tä­ten der Mut­ter­ge­sell­schaf­ten BASF und Shell; Tar­gor ist ein rei­nes Toch­ter­un­ter­neh­men der BASF für die Po­ly­pro­py­len-An­la­gen. Die ROW hat 1998 im Werk Wes­se­ling ins­ge­samt 15 pe­tro­che­mi­sche An­la­gen in Be­trieb und be­schäf­tigt auf 2,71 km² Werks­ge­län­de 2.250 Mit­ar­bei­ter so­wie 162 Aus­zu­bil­den­de (StaW Uni­on Kraft­stoff, Bei­ga­be Ele­nac S. 4)
2000 en­steht der welt­weit füh­ren­de Kunst­stoff­kon­zern Ba­sell und ver­eint die Un­ter­neh­men Ele­nac, Mon­tell und Tar­gor. Das Werk Wes­se­ling wird um ei­ne Ga­spha­sen-Wir­bel­schicht-An­la­ge er­wei­tert. Au­ßer­dem ent­ste­hen 50 Si­los für Bun­ke­rung, Ver­pa­ckung und Ver­sand der Pro­duk­te. Zu­dem wird W Zen­trum der Mit­ar­bei­ter­aus­bil­dung des Mut­ter­kon­zerns (Ba­sell, S. 102f.)

Schrägluftbild der Stadt von Süden, ca. 1970, Foto: Latzel. (Sammlung Stadtarchiv Wesseling)

 

5. 4 Reedereien, Transport und Logistik

1900 Nie­der­las­sung ei­nes Zweig­wer­kes der Ei­sen­bahn-Ver­kehrs­mit­tel AG EVA (heu­te Ei­sen­bahn­re­pa­ra­tur­werk Brühl GmbH)
1901 wird durch die Köln-Bon­ner Ei­sen­bah­nen die Ver­la­de­werft Wes­se­ling er­rich­tet (Zenz, S. 32; StaW X 05-02)
Bis 1905 ent­ste­hen gro­ße Wa­gen­hal­len und das KBE-Kraft­werk in Wes­se­ling, so daß der Ort ei­ne zen­tra­le Funk­ti­on für die Köln-Bon­ner Ei­sen­bah­nen wahr­nimmt (Zenz, S. 42)
1919 Grün­dung der Ver­ei­ni­gungs­ge­sell­schaft Rhei­ni­scher Braun­koh­le­berg­wer­ke m.b.H., Ab­tei­lung Schif­fahrt, Köln-Wes­se­ling, mit Sitz in Wes­se­ling. 1923 ver­fügt die Ab­tei­lung Schif­fahrt be­reits über 18 Boo­te. Die Trans­port­pa­let­te um­fa­ßt bis heu­te che­mi­sche, Me­tall- und Nu­kle­ar­pro­duk­te (A. Paas, 25 Jah­re Rhein­schif­fart un­ter d. Flag­ger d. Braun­koh­le – Denk­schrift 1944, S. 173f.; Drös­ser, Rhein­braun, S. 18f.)
1999 ver­legt die 1978 aus der Ree­de­rei Braun­koh­le GmbH und der Um­schlags- und Spe­di­ti­ons­ge­sell­schaft „Braun­koh­le“ mbH ge­grün­de­te RSB (seit 1993 RSB Lo­gis­tic) ih­re Zen­tra­le aus Wes­se­ling nach Hürth (Drös­ser, Rhein­braun, S. 71)

Werksbahnen und Privatbahnen

1879 wird der An­trag der Fir­ma Waldthau­sen auf Bau ei­ner Se­kun­där­bahn ent­lang des We­ges nach Sech­tem ab­ge­lehnt; wei­te­re An­trä­ge von 1883, 1885 und 1891 schei­tern eben­falls, da die preu­ßi­sche Re­gie­rung den Aus­bau der Staats­bah­nen be­vor­zugt (Prast­ho­fer, S. 42)
1912 Er­öff­nung der Gü­ter­stre­cke Wes­se­ling-Rhein­werft-Wes­se­ling (Zenz, S. 152)
1917 Auf­nah­me des Kü­bel­wa­gen­ver­kehrs zwi­schen der Gru­be Gruhl­werk und dem Rhein­ha­fen Wes­se­ling. 1937 wird der Kü­bel­wa­gen­ver­kehr mit der Gru­be Con­cor­dia auf­ge­nom­men (ebd., S. 152-154)

Südlicher Blick auf die Wesselinger Reederei, um 1925. (Sammlung Stadtarchiv Wesseling)

 

5. 4 Hafenwirtschaft

Die wirt­schaft­li­che Ge­samt­ent­wick­lung von Wes­se­ling ist seit dem 19. Jahr­hun­dert mit dem Ha­fen und sei­nem Aus­bau ver­bun­den. Haupt­grund für den Aus­bau der Wes­se­lin­ger Hä­fen war ne­ben dem Ge­trei­de­han­del vor­nehm­lich der Braun­koh­le­trans­port auf dem Rhein. An­fang des 20. Jahr­hun­derts kam der Trans­port che­mi­scher Pro­duk­te hin­zu.

1561 wird Ge­trei­de aus dem Um­land für den Han­del mit der Stadt Köln in Wes­se­ling um­ge­schla­gen (UB Sieg­burg II 867)
1766 Obst und Ge­trei­de wer­den in Wes­se­ling be- und ent­la­den (LHAK 48/1774)
1745 wer­den Tei­le des Al­tars der Schlo­ß­kir­che zu Brühl in Wes­se­ling an­ge­lan­det (W. Drös­ser, Die Bau­rech­nung d. Al­tars v. Bal­tha­sar Neu­mann in d. Schloss­kir­che zu Brühl. In: Denk­mal­pfle­ge im Rhein­land 19, 2002/2, S. 87-91)
1840 wer­den in Wes­se­ling mehr als 100.000 Schef­fel Ge­trei­de um­ge­schla­gen (Drös­ser, Rhein, S. 30)
1870 Bau ei­nes La­ger­plat­zes für den Ge­trei­de­han­del mit dem Köl­ner Markt (L. M. Diesch, Vom Rhein­dorf zur In­dus­trie­ge­mein­de, 1960, S. 37)
1901 wird Wes­se­ling Haupt­um­schlag­platz für Koh­le und Bri­ketts. Gleich­zei­tig er­rich­ten die Köln-Bon­ner Ei­sen­bah­nen die Ver­la­de­werft Wes­se­ling-Rhein­werft, von wo aus Koh­le und Bri­ketts nach Süd­deutsch­land, Frank­reich, Hol­land und in die Schweiz ge­lie­fert wer­den (Zenz, S. 32, 55, 151)
1922-67 er­folgt der Aus­bau von 3 Ha­fen­be­cken für die Bri­kett­ver­schif­fung und den Öl- und Gas­trans­port (zum Aus­bau des Ha­fens vgl. auch I 1).

5. 4 Metallverarbeitung

1900 Nie­der­las­sung ei­nes Zweig­wer­kes der Poh­lig-He­ckel-Blei­chert Ver­ei­nig­te Ma­schi­nen­fa­bri­ken AG, 1979 Schlie­ßung
1911 Grün­dung der Ei­sen­gie­ße­rei Groh­mann & Cie. Ab 1912 hei­ßt die Fir­ma Wes­se­lin­ger Guß­wer­ke Rhein­guß GmbH. Das Un­ter­neh­men stellt vor dem Zwei­ten Welt­krieg säu­re­be­stän­di­ges Me­tall (Ei­sen­si­li­zi­um­guß) her. Nach 1945 er­folg­te zu­nächst die De­mon­ta­ge des Wer­kes, 1946 die Wie­der­auf­nah­me der Pro­duk­ti­on, die vor­wie­gend die che­mi­sche In­dus­trie und den Kunst­off­markt be­dient (Dietz, Hei­mat­buch, S. 335f.)
1918 Grün­dung der KWE (Köln-Wes­se­lin­ger Ei­sen­bau) als Ge­rä­te­be­trieb Bau­wens durch die Brü­der Pe­co, Ca­mil­lus und Jean mit Zen­tral­la­ger, Werk­zeug­ma­che­rei, Schmie­de, Schlos­se­rei, Lo­ko­mo­tiv­raum und Stell­ma­che­rei so­wie ei­nem Ver­wal­tungs­ge­bäu­de. Ab 1919 Pro­duk­ti­on von Feld­bahn­ge­rät für na­he­ge­le­ge­ne Stein­brü­che so­wie die Ba­salt- und Ton­in­dus­trie in Ei­fel und Wes­ter­wald. 1934 be­schäf­tigt die KWE 80 Mit­ar­bei­ter (Köln-Wes­se­lin­ger Ei­sen­bau 1918-1968, 1968, Nr. 1918, 1919, 1934)
Ab 1950 pro­du­ziert die KWE vor­nehm­lich für die che­mi­sche In­dus­trie Roh­re, Stahl­bau­stof­fe und Re­ak­tor­tei­le (ebd. Nr. 1968f.)

Wesselinger Hafen, um 1960. (Sammlung Stadtarchiv Wesseling)

 

5. 4 Zwangsarbeit 1939-45

Durch Ein­be­ru­fun­gen der Ar­bei­ter­schaft aus Wes­se­ling wäh­rend des Zwei­ten Welt­kriegs und den kriegs­be­dingt ge­stie­ge­nen Be­darf an Ar­beits­kräf­ten in den kriegs­wich­ti­gen In­dus­trie­be­trie­ben des Che­mie­stand­or­tes ent­stan­den zwi­schen 1940 und 1945 ins­ge­samt 17 Aus­län­der­la­ger (Zwangs­ar­bei­ter­la­ger) mit 21 Un­ter­la­gern. Die­se be­her­berg­ten zu­sam­men ca. 10.500 Zwangs­ar­bei­ter. Die UK un­ter­hielt 7 Haupt­la­ger mit 10 Ein­zel­la­gern, die EVA in Berz­dorf, die Che­mi­sche Fa­brik so­wie Poh­lig je 2 La­ger, Feld­müh­le, Köln-Bon­ner Ei­sen­bah­nen, Bau­wens/KWE, Ree­de­rei Braun­koh­le und Deut­sche Nor­ton je ein La­ger (U. Froitz­heim, Ar­beit als Kriegs­beu­te. Der Ein­satz v. Fremd- u. Zwangs­ar­bei­tern in Wes­se­ling 1939-1945, 2004, S. 157)

5. 4 Kreditinstitute

1895 grün­det die Kreis­spar- und Dar­le­hens­kas­se Bonn in Wes­se­ling ei­ne Fi­lia­le (StaW A 284 Kreis­spar- und Dar­lehns­kas­se)
1955 Er­öff­nung ei­ner Fi­lia­le der Rhei­nisch-West­fä­li­schen Bank als Ge­ch­äfts­stel­le der Deut­schen Bank (H.P. Koll, Vor 50 Jah­ren: Er­öff­nung d. ers­ten Groß­bank­fi­lia­le im Land­kreis Köln in W am 1. De­zem­ber 1955. In: WH­GBll 45, 2005, S. 25-27)
1924 Grün­dung der Spar- und Dar­le­hens­kas­se eG W, spä­ter Raiff­ei­sen­bank (StaW Zei­tungs­ar­chiv 19.5.1999)
2005 Fi­lia­le der Raiff­ei­sen­bank Rhein-Erft eG in Wes­se­ling, da­ne­ben Ge­schäfts­stel­len in Berz­dorf, Kel­de­nich und Ur­feld. Fi­lia­len der Kreis­spar­kas­se Köln be­fin­det sich in Wes­se­ling, Kel­de­nich, Ur­feld und Berz­dorf.

5. 4 Druckereien und Zeitungen

1907 Grün­dung des Wes­se­lin­ger Volks­blatts, bis 1933 Or­gan der Zen­trums­par­tei so­wie Amt­li­ches Or­gan der Bür­ger­meis­te­rei Her­sel (StaW X 05-02)

Tab. 13: Zwangsarbeit in der Gemeinde W1939-1945.

 

5. 5 Wirtschaftliche Gesamtentwicklung

Grund­la­ge der Wirt­schaft des Rau­mes Wes­se­ling wa­ren vom Mit­tel­al­ter bis An­fang des 19. Jahr­hun­derts die Rhein­schif­fahrt (I 1 Rhein­schif­fahrt; Ha­fen­be­trieb; V 4 Ha­fen­wirt­schaft) und die Land­wirt­schaft, ins­be­son­de­re der Wein­bau, aber auch der Ge­trei­de­an­bau (Rog­gen), die Fi­sche­rei und die Vieh­wirt­schaft (Rin­der- und Schaf­zucht; vgl. ins­ge­samt V 2). Im 17. und 18. Jahr­hun­dert wuchs die Be­deu­tung des Ge­mü­se­an­baus, be­son­ders von Erb­sen- und Boh­nen. Die Be­rufs- und Ge­wer­be­ta­bel­len 1673-1907 zei­gen deut­lich das Über­wie­gen der Land­wirt­schaft (ein­schlie­ß­lich Knech­te, Mäg­de und Ta­ge­löh­ner; da­zu auch Diesch, S. 22). Noch 1885 wur­den mehr als 80 % der Flä­che der Land­ge­mein­de Wes­se­ling als Acker­land ge­nutzt. Seit 1900 sank die­ser An­teil auf un­ter 45 % im Jahr 2005 (V 2 Bo­den­nut­zungs­ta­bel­len). Wes­se­ling ist heu­te die Stadt mit dem höchs­ten An­teil an Ge­wer­be­flä­chen im Kam­mer­be­zirk der IHK Köln; den knapp 40 % Acker- und Ge­mü­se­bau­flä­chen ste­hen 35 % Ge­bäu­de- und Frei­flä­chen, 12 % Ver­kehrs- so­wie 0,6 % Be­triebs­flä­chen ge­gen­über. Mit die­ser Ver­än­de­rung ging ein Wan­del der Be­schäf­tig­ten­struk­tur ein­her. Be­reits 1965 wa­ren nur 1,6 % der Be­schäf­tig­ten in der Land­wirt­schaft tä­tig, 59,1 % da­ge­gen in der En­er­gie­wirt­schaft und dem pro­du­zie­ren­den Ge­wer­be. Die­ser An­teil sank nach ei­nem zwi­schen­zeit­li­chen An­stieg in den 1970er Jah­ren auf un­ter 50 % 1987. Fort­an wuchs die Be­deu­tung des Dienst­leis­tungs­sek­tors so­wie des Han­dels. Heu­te sind mehr als 36 % al­ler Be­schäf­tig­ten in die­sen Sek­to­ren tä­tig. Die Land- und Forst­wirt­schaft ist da­ge­gen wei­ter in ih­rer Be­deu­tung ge­sun­ken und hält nur noch ei­nen An­teil von 0,6 % (V 4 Ge­wer­be­ta­bel­len). Trotz­dem spielt sie noch ei­ne be­son­de­re Rol­le, da in Wes­se­ling nach wie vor Son­der­kul­tu­ren an­ge­baut wer­den, be­son­ders Ge­mü­se und Obst. Dar­über hin­aus un­ter­hält die Uni­ver­si­tät Bonn in Wes­se­ling 2 Ver­suchs­gü­ter – seit 1904 den Dick­opshof (Acker­bau) und den Maar­hof (Obst- und Ge­mü­se­bau) (W. Drös­ser, Der Dick­opshof – 100 Jah­re Lehr- u. For­schungs­sta­ti­on d. Uni­ver­si­tät Bonn. In: WH­GBll 43, 2004, S. 4-8). Die Fi­sche­rei­wirt­schaft hat­te für bei­de Ge­mein­de­tei­le bis weit in das 19. Jahr­hun­dert gro­ße Be­deu­tung, denn so­wohl in Ober- als auch in Nie­der-Wes­se­ling wur­den Fi­sche­rei­be­zir­ke (1239 in Ober-Wes­se­ling ins­ge­samt 3, in Nie­der-Wes­se­ling 1) für den Sal­men- (zu­letzt 1790, LAV NRW R Kk IV 132) und für den Aal­fang (zu­letzt 1787, ebd. 130) ver­pach­tet. Aber auch die Be­deu­tung der Fi­sche­rei­wirt­schaft sank im Ver­lauf des 19. Jahr­hun­derts. 1843 war nur noch ein Fi­scher haupt­be­ruf­lich tä­tig (StaW A 38), da­nach wur­de die Fi­sche­rei nur noch im Ne­ben­er­werb be­trie­ben (V 2 Fi­sche­rei)

Für die Frei­ung von Nie­der-Wes­se­ling wa­ren we­ni­ger wirt­schaft­li­che, son­dern viel­mehr ter­ri­to­ria­le Grün­de aus­schlag­ge­bend. Denn durch die Mont­fau­co­ner Grund­herr­schaft und die Zu­ge­hö­rig­keit des links­rhei­nisch ge­le­ge­nen Or­tes zum Her­zog­tum Berg lag ei­ne sol­che Ent­wick­lung auf der Hand. Nie­der-Wes­se­ling war bis 1794 wirt­schaft­lich für Berg und auch für die Pfand­her­ren von nur ge­rin­ger Be­deu­tung. Dies be­le­gen nicht nur die nach­läs­si­ge Be­hand­lung der Pfand­herr­schaft, et­wa durch die Gra­fen von der Ley­en, son­dern auch die wie­der­hol­ten Steu­er­schul­den und –nach­läs­se, die je­doch meist in Na­tur­ka­ta­stro­phen wie Hoch­was­ser und Eis­gang be­grün­det la­gen. So schul­de­te Wes­se­ling 1577 Jü­lich-Berg noch 25 Gold­gul­den (Be­low, Land­tags­ak­ten II 128); auch bei den sons­ti­gen Ab­ga­ben war Wes­se­ling im Ver­gleich zu an­de­ren ber­gi­schen Frei­hei­ten ver­gleichs­wei­se nied­rig ver­an­schlagt

Im re­gio­na­len Han­del tra­ten Wes­se­lin­ger Kauf­leu­te nur sel­ten auf. 1776 nen­nen die Quel­len erst­mals ei­nen Händ­ler aus Wes­se­ling (Dietz, Hei­mat­buch, S. 152). Ob der wohl­ha­ben­de Ju­de na­mens Ja­kob aus Wes­se­ling als Wes­se­lin­ger Händ­ler in Frank­furt auf­trat, ist we­nig wahr­schein­lich (IV 8). Wes­se­ling war kein Markt­ort, so daß da­von aus­zu­ge­hen ist, daß der Han­del bis En­de des 13. Jahr­hun­derts für die Wes­se­lin­ger Wirt­schaft nur ei­ne ge­rin­ge Rol­le ge­spielt hat. Der ge­werb­li­che Sek­tor war En­de des 18. Jahr­hun­derts kaum oder gar nicht ver­tre­ten (V 4 Ge­wer­be­ta­bel­len)

Schrägluftbild der Stadt von Südwesten, 1971, Foto: Latzel. (Sammlung Stadtarchiv Wesseling)

 

Im 19. Jahr­hun­dert be­ginnt die ge­werb­lich-in­dus­tri­el­le Ent­wick­lung zu ei­nem in­ter­na­tio­nal be­deut­sa­men Che­mie- bzw. In­dus­trie­stand­ort. 1793 sie­del­te sich mit der Sohl­le­der­ma­nu­fak­tur Ja­kob We­rot­te das ers­te nach­zu­wei­sen­de ge­werb­li­che Un­ter­neh­men in Wes­se­ling an. Das Ab­satz­ge­biet der Le­der­fa­brik er­streck­te sich auf das Rhein­land, das Main­ge­biet, das Müns­ter­land, Bel­gi­en und die Nie­der­lan­de; zur Zeit der fran­zö­si­schen Be­sat­zung kam das fran­zö­si­sche Kern­land hin­zu (Prast­ho­fer, S. 32). Sie er­lang­te vor al­lem in die­ser Zeit als Lie­fe­rant für die krieg­füh­ren­den Ar­me­en Na­po­le­ons Be­deu­tung und wur­de zur grö­ß­ten Ma­nu­fak­tur am links­rhei­ni­schen Mit­tel­rhein (Hei­matchro­nik d. Land­krei­ses Köln, 1954, S. 42). 1843 folg­te mit der Blei­weiß- bzw. Teer­fa­brik Waldthau­sen ein zwei­tes grö­ße­res Un­ter­neh­men, das bis 1922 be­stand und mit We­rot­te/Schmitz-Du­mont (Le­der) so­wie der 1880 ge­grün­de­ten C.F.W. das in­dus­tri­el­le Rück­grad Wes­se­lings im 19. Jahr­hun­dert bil­de­te. Wei­te­re in­dus­tri­el­le An­sied­lun­gen im 19. Jahr­hun­dert hat­ten kei­ne Zu­kunft und be­stan­den oft nur kur­ze Zeit, so z.B. die Braue­rei in Nie­der-Wes­se­lin­ger Ge­mar­kung und wei­te­re klei­ne und kleins­te Be­trie­be. 1894 exis­tier­ten 6 sol­cher Ge­wer­be, dar­un­ter Ger­be­rei­en, Gold­leis­ten­fa­bri­ken und Strumpf­stri­cke­rei­en. Die In­dus­tria­li­sie­rung nahm 1880 mit der Grün­dung der Fir­ma H. & F. Zim­mer­mann, die 1905 in Che­mi­sche Fa­brik Wes­se­ling AG (C.F.W.) um­be­nannt wur­de, ih­ren An­fang, zu­nächst durch­aus be­schei­den, be­hin­dert durch die schlech­te Ver­kehrs­an­bin­dung der Or­tes. Noch 1892 be­klagt der Jah­res­be­richt der Bon­ner Han­dels­kam­mer, daß für die Zu­kunft der in Wes­se­ling ge­le­ge­nen In­dus­trie […] der An­schluß an das Staats­ei­sen­bahn­netz ei­ne Le­bens­fra­ge sei (W. Tüll­mann, Wes­se­ling in al­ter Zeit, 1977, S. 99). Da­bei gab es be­reits 1879, 1883 und 1885 Be­stre­bun­gen sei­tens der bei­den Che­mie­un­ter­neh­men, vor al­lem der Blei­weiß­fa­brik, Wes­se­ling mit pri­va­tem Ka­pi­tal an das Schie­nen­netz an­zu­schlie­ßen. Das schei­ter­te je­doch am Ve­to der Re­gie­rung (Prast­ho­fer, S. 42). Erst mit der Er­rich­tung der Lie­ge­hä­fen und dem An­schluß an das Ei­sen­bahn­netz An­fang des 20. Jahr­hun­derts ge­wann Wes­se­ling als zen­tra­ler Che­mie­stand­ort, Um­schlag­platz und Ab­neh­mer der Berg­bau­er­zeug­nis­se aus dem rhei­ni­schen Braun­koh­le­re­vier an Be­deu­tung. Da­mit setz­te die 2. Pha­se der in­dus­tri­el­len Ent­wick­lung von Wes­se­ling ein, denn nun be­saß der Ort 5 Stand­ort­vor­tei­le, die bei­spiels­wei­se die Deut­sche Nor­ton als Grün­de für ih­re Stand­ort­wahl 1910 nennt: 1. Nä­he zum Braun­koh­le­re­vier, 2. bil­li­ger Bau­grund, 3. aus­rei­chend Platz für Er­wei­te­run­gen, 4. ver­kehrs­güns­ti­ge La­ge und 5. der ge­plan­te Lie­ge­ha­fen (Nor­ton, S. 10f.)

Seit der Ver­bes­se­rung der Ver­kehrs­la­ge grün­de­ten sich fast im Jah­res­t­akt grö­ße­re Wer­ke, so al­lein 1910 ei­ne Sturmpf­wa­ren­fa­brik, ei­ne Ei­sen­gie­ße­rei (Wes­se­lin­ger Guß­wer­ke Rhein­guß GmbH, LAV NRW R LA Bonn 342) und 2 wei­te­re Ein­rich­tun­gen, vor al­lem der che­mi­schen In­dus­trie (ebd. 348). Wes­se­ling ent­wi­ckel­te sich bis 1930 zum wich­tigs­ten Che­mie- und In­dus­trie­stand­ort im Rhein­land süd­lich Kölns. Da­bei pro­fi­tier­te der Ort be­son­ders vom Zu­zug mit­tel­stän­di­scher Un­ter­neh­men aus dem na­hen Köln. Der Ver­lust von fast der Hälf­te der In­dus­trie für den Kreis Bonn bei der Ein­glie­de­rung Wes­se­lings in den Kreis Köln 1932 ver­deut­licht die Be­deu­tung des Stand­orts (Prast­ho­fer, S. 46)

Wur­den im 19. Jahr­hun­dert meist be­reits vor­han­de­ne und zu­vor ge­nutz­te Ge­wer­be­flä­chen ge­kauft oder über­nom­men, mar­kier­te der Be­ginn des 20. Jahr­hun­derts auch hier ei­ne Ver­än­de­rung: Nun­mehr wur­den von den Un­ter­neh­men ge­mein­sam mit der Ge­mein­de groß­flä­chig, gleich­sam auf dem Reiß­brett, Neu­bau­ten und Fa­brik­an­la­gen, mög­lichst mit Bahn­an­schluß ge­plant – Flä­che war aus­rei­chend vor­han­den. Zu­sätz­lich pro­fi­tier­te der pros­pe­rie­ren­de In­dus­trie­stand­ort im Ver­lauf der ers­ten Hälf­te des 20. Jahr­hun­derts von so­ge­nann­ten Stand­or­tag­glo­me­ra­tio­nen, d.h. zahl­rei­che Zu­lie­ferer­be­trie­be für Ver­kehr, In­dus­trie, An­la­gen- und Woh­nungs­bau sie­del­ten sich zu­sätz­lich in Wes­se­ling an.

Schrägluftbild der Stadt von Südwesten, ca. 1973, Foto: Latzel. (Sammlung Stadtarchiv Wesseling)

 

Die vor­erst letz­te Pha­se der Wes­se­lin­ger In­dus­trie­ge­schich­te wur­de 1937 durch die Grün­dung der Uni­on Kraft­stoff (UK) ein­ge­lei­tet. Die Uni­on Kraft­stoff wur­de auf­grund der Aut­ar­kie­be­stre­bun­gen des „Drit­ten Rei­ches“ in Wes­se­ling als dem ver­kehrs­mä­ßig güns­tigs­ten Stand­ort na­he dem Rhei­ni­schen Braun­koh­le­re­vier ge­grün­det. Hier soll­ten vor al­lem syn­the­ti­sche Treib­stof­fe aus Braun­koh­le her­ge­stellt wer­den (Uni­on Rhei­ni­sche Braun­koh­len Kraft­stoff AG <Hg.>, Uni­on-Kraft­stoff, 1954, S. 1). Nach dem Krieg er­folg­te die Um­stel­lung auf die Ver­ar­bei­tung von Roh­öl. Der Über­gang der Uni­on Kraft­stoff von Braun­koh­le auf Öl gilt für den ge­sam­ten Köl­ner Wirt­schafts­raum als pro­ze­ß­aus­lö­send für die jüngs­te In­dus­trie­ent­wick­lung. Dies wird u.a. deut­lich an der Aus­rich­tung der bei­den Öl­pipe­lines von Wil­helms­ha­fen und Rot­ter­dam auf Wes­se­ling, durch die der Stand­ort zum Zen­trum des deut­schen Pipe­line­net­zes ge­wor­den ist. Die aus der Grün­dung der Uni­on Kraft­stoff re­sul­tie­ren­den pe­tro­che­mi­schen Ag­glo­me­ra­tio­nen und Pro­dukt­ver­flech­tun­gen in den 1950er Jah­ren im ge­sam­ten Köl­ner Wirt­schafts­raum mach­ten Wes­se­ling zu ei­nem wich­ti­gen Zen­trum der deut­schen Pe­tro­che­mie (ne­ben UK u.a. C.F.W., ROW, Shell, BASF; zu den ein­zel­nen Pro­duk­ten und pe­tro­che­mi­schen Fir­men­an­sied­lun­gen vgl. V 4). Auch den 3 Groß­wer­ken der Pe­tro­che­mie in Wes­se­ling sind wei­te­re Fir­men­an­sied­lun­gen ge­folgt, vor al­lem aus der Bau­in­dus­trie, dem An­la­gen­bau und dem Zu­lie­ferer­be­reich. Die­se Ent­wick­lung des Stand­or­tes Wes­se­ling mach­te die Ge­mein­de nicht nur zu ei­ner der fi­nanz­kräf­tigs­ten Deutsch­lands (ver­gleich­bar mit Rüs­sels­heim, Sin­del­fin­gen und Mül­heim-Kär­lich), son­dern führ­te auch zu ei­ner Mo­no­struk­tu­rie­rung des Wes­se­lin­ger Wirt­schafts­rau­mes, der als süd­li­cher Eck­pfei­ler des Köl­ner Che­mie­gür­tels be­zeich­net wird (H. Kel­len­be­nz <Hg.>, Zwei Jahr­tau­sen­de Köl­ner Wirt­schaft, Bd. 2, 1975, S. 410). Wirt­schaft­li­che Schwie­rig­kei­ten bei der Uni­on Kraft­stoff und Ra­tio­na­li­sie­run­gen bei den üb­ri­gen che­mi­schen Un­ter­neh­men lie­ßen in Wes­se­ling früh den Wunsch nach ei­ner Ver­än­de­rung der Wirt­schaft­struk­tu­ren wach­sen. So setzt die Stadt Wes­se­ling seit den 1990er Jah­ren zu­neh­mend auf ei­ne brei­te­re Streu­ung ih­rer wirt­schaft­li­chen Grund­la­gen ne­ben der In­dus­trie auch auf mit­tel­stän­di­sches Ge­wer­be so­wie Dienst­leis­tung. Des­halb wur­de für die Fort­ent­wick­lung der Wirt­schafts­struk­tur in Wes­se­ling ge­mein­sam mit der Shell Deutsch­land Oil GmbH das neue „Ge­wer­be­ge­biet Rhein­bo­gen“ mit ei­ner Flä­che von 16,2 ha er­schlos­sen (V 4).

5. 6 Hohlmaße und Gewichte

1714 In Wes­se­ling gilt Köl­ner Wein­maß: 1 Fu­der zu 6 Ohm (LHAK 48/1879). Au­ßer­dem gilt in Nie­der-Wes­se­ling als tro­cke­nes Maß der hof Maass, al­so das Köl­ni­sche Maß: 1 Mal­ter = 4 Süm­ber. Das bön­ni­sche Maß galt im 18. Jahr­hun­dert im Amt Bonn (Ober-Wes­se­ling): 1 Mal­ter = 4 Süm­ber = 8 Ses­ter = 16 Vier­tel = 64 Pin­ten = 142,9 Li­ter (StaK 265 Si­on Akt 29 fol. 1f.)
1714 in der Ab­schrift des Weis­tums von 1478 hei­ßt es, Wir­te und Bä­cker soll­ten zu nor­ma­len Ge­richts­ver­hand­lun­gen auf dem Fron­hof ih­re Ma­ße, tro­cke­ne wie nas­se, vor­zei­gen (III 1 Wei­stü­mer)

5. 6 Flächenmaße

1660 bis ins 19. Jahr­hun­dert gel­ten köl­ni­sche Mor­gen: 1 köln. Mg = 4 Vier­tel = 16 Pin­ten = 224 zwölf­schuhi­ge Ru­ten = 3124,57 qm (StaK 202 An­to­ni­ter Akt 92 fol. 7v; ebd. 238 Kreuz­brü­der Akt 32 fol. 87-88v)

Schrägluftbild der Stadt von Westen, ca. 1973, Foto: Latzel. (Sammlung Stadtarchiv Wesseling)

 
Zitationshinweis

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Rönz, Helmut, Rheinischer Städteatlas Wesseling. Teil 5: Wirtschafts- und Sozialstruktur, Statistik, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Orte-und-Raeume/rheinischer-staedteatlas-wesseling.-teil-5-wirtschafts--und-sozialstruktur-statistik/DE-2086/lido/5c6582f557ba89.07420035 (abgerufen am 24.04.2024)

Auch über Rheinischer Städteatlas Wesseling, bearbeitet von Helmut Rönz (Lieferung XVI, Nr. 88, 2007)