Maria Schmitz

Pädagogin, Politikerin, Katholische Verbandsfunktionärin (1875-1962)

Manfred Berger (Dillingen an der Donau)

Maria Schmitz, undatiert. (Archivfotos des Vereins katholischer deutscher Lehrerinnen e.V. (VkdL))

Ma­ria Schmitz war ei­ne Vor­kämp­fe­rin für die christ­li­che Mäd­chen­bil­dung und be­ein­fluss­te über meh­re­re Jahr­zehn­te hin­weg die ka­tho­li­sche Schul­po­li­tik. Bis 1953, un­ter­bro­chen durch die Jah­re 1937 bis 1945, zeich­ne­te sie für den „Ver­ein ka­tho­li­scher deut­scher Leh­re­rin­nen“ (VkdL) ver­ant­wort­lich. Der von ihr 1907 ge­grün­de­te „Hil­de­gar­dis-Ver­ein“ zur För­de­rung von Frau­en­stu­di­en in Deutsch­land un­ter­stützt bis heu­te ka­tho­li­sche Stu­den­tin­nen.

Ma­ria Jo­han­na Schmitz kam am 5.2.1875 als äl­tes­tes von vier Kin­dern des Bau­meis­ters und Ar­chi­tek­ten Carl Hu­bert Ma­thi­as Schmitz (1842-1921) und sei­ner Ehe­frau Pau­li­ne, ge­bo­re­ne Boh­len (1848-1917), in Aa­chen zur Welt. Die ka­tho­li­schen El­tern er­zo­gen ih­re drei Töch­ter und ei­nen Sohn in Treue zu Glau­ben und Kir­che. Zwei Töch­ter ent­schie­den sich für ein Klos­ter­le­ben, ei­ne trat bei den Ur­su­li­nen in Ahr­wei­ler (heu­te Bad Neue­nahr-Ahr­wei­ler), die an­de­re in den Sa­cré-Co­eur-Or­den in Hol­land ein. Die äl­tes­te Toch­ter wähl­te ei­nen an­de­ren Weg. Sie ent­schied sich für ein gott­ge­weih­tes Le­ben in der Welt und schloss sich in jun­gen Jah­ren dem Drit­ten Or­den des Hei­li­gen Fran­zis­kus an. Bis zu ih­rem Tod leb­te sie nach den Drit­t­or­dens­re­geln, im Ide­al von Ge­hor­sam, Ar­mut, Lie­be, De­mut und Rein­heit.

Nach Ab­schluss der hö­he­ren Mäd­chen­schu­le be­gnüg­te sich Ma­ria Schmitz nicht mit dem sei­ner­zeit für Töch­ter des ge­ho­be­nen Bür­ger­tums üb­li­chen Da­sein als „Haus­toch­ter“. Sie woll­te ei­nen Be­ruf er­grei­fen, und zwar den der Leh­re­rin. Ihr Ent­schluss fand nicht die Zu­stim­mung der El­tern. Die­ser be­deu­te­te dem Zeit­ver­ständ­nis nach ei­nen „so­zia­len Ab­stie­g“ für die an­ge­se­he­ne Fa­mi­lie, galt doch ei­ne Er­werbs­tä­tig­keit der Toch­ter als un­trüg­li­ches Zei­chen für ei­ne pre­kä­re Fi­nanz­la­ge. Nach hart­nä­cki­gen Aus­ein­an­der­set­zun­gen ge­stat­te­ten die El­tern ih­rer äl­tes­ten Toch­ter die Leh­re­rin­nen­aus­bil­dung für mitt­le­re und hö­he­re Schu­len. Die­se ab­sol­vier­te sie an der städ­ti­schen Leh­re­rin­nen­bil­dungs­an­stalt in Aa­chen, wo sie 1894 das Ex­amen ab­leg­te. An­schlie­ßend über­nahm sie ei­ne Lehr­tä­tig­keit an der „Hö­he­ren Mäd­chen­schu­le von Frl. Au­gus­te Cas­pa­ri“ (1846-1917) in Trier. Als dort im glei­chen Jahr ei­ne Zweig­stel­le des VkdL ge­grün­det wur­de, trat Ma­ria Schmitz die­sem bei. Der Kul­tur­kampf war zwar be­en­det, aber im­mer noch gal­ten Ka­tho­li­ken in Preu­ßen als zweit­ran­gig, po­li­tisch un­si­cher und rück­stän­dig. Mit ih­rem Bei­tritt woll­te Ma­ria Schmitz ein Be­kennt­nis zum ka­tho­li­schen Glau­ben ab­le­gen - als Ka­tho­li­kin, die aber un­ab­hän­gig von der Kir­che agie­ren woll­te. Als Zweck ver­folg­te der Ver­ein die För­de­rung des geis­ti­gen und ma­te­ri­el­len Woh­les der Leh­re­rin­nen und die Pfle­ge der Schu­le nach den Grund­sät­zen der ka­tho­li­schen Kir­che. Die jun­ge Leh­re­rin war vor al­lem da­von an­ge­tan, dass der am 13.9.1885 von der Se­mi­na­r­o­ber­leh­re­rin Pau­li­ne Her­ber (1852-1921) in Mo­sel­weiß bei Ko­blenz ge­grün­de­te kon­fes­sio­nell ge­bun­de­ne In­ter­es­sen­ver­band we­der ein­sei­tig frau­en­recht­le­ri­sche Ide­en, noch ten­den­ziö­se Zie­le ei­ner Kon­gre­ga­ti­on ver­folg­te, son­dern päd­ago­gisch-re­li­gi­ös-be­rufs­ethisch ori­en­tiert war und sich en­ga­giert für die Stand­wer­dung der welt­li­chen Leh­re­rin­nen ein­setz­te.

Ma­ria Schmitz streb­te nach Wei­ter­bil­dung. Sie ging nach Müns­ter, wo es seit 1900 die Mög­lich­keit gab, aka­de­mi­sche Stu­di­en­kur­se zur Vor­be­rei­tung auf die preu­ßi­sche Ober­leh­re­rin­nen­aus­bil­dung zu ab­sol­vie­ren. Sie be­leg­te die Fä­cher Deutsch, Ge­schich­te, Phi­lo­so­phie und Theo­lo­gie und be­stand im De­zem­ber 1902 mit dem Prä­di­kat „sehr gut“ das Ex­amen. Ih­re her­aus­ra­gen­de ge­schichts­wis­sen­schaft­li­che Haus­ar­beit reich­te sie als Dis­ser­ta­ti­on ein, die al­ler­dings von der zu­stän­di­gen Fa­kul­tät der Uni­ver­si­tät nicht an­er­kannt wur­de, da der Ver­fas­se­rin das Ab­itur fehl­te. Die Aus­ar­bei­tung er­schien schlie­ß­lich in der Zeit­schrift des Aa­che­ner Ge­schichts­ver­eins un­ter dem Ti­tel: „Die Be­zie­hun­gen Fried­rich Bar­ba­ros­sas zu Aa­chen“. Ge­wiss wa­ren der Teu­fels­kreis aus un­zu­rei­chen­der weib­li­cher Qua­li­fi­zie­rung und das aka­de­mi­sche Bil­dungs­mo­no­pol der Män­ner der aus­schlag­ge­ben­de Im­puls für Ma­ria Schmitz, sich in­ner­halb ka­tho­li­scher frau­en­be­weg­ter Or­ga­ni­sa­tio­nen für den Ab­bau ge­schlechts­spe­zi­fi­scher Hemm­nis­se in Bil­dung und Be­ruf ein­zu­set­zen.

Zu­rück in Aa­chen war Ma­ria Schmitz von 1903 bis 1910 an der dor­ti­gen Leh­re­rin­nen­bil­dungs­an­stalt tä­tig. An­schlie­ßend wech­sel­te sie als Lehr­kraft für die Fä­cher Deutsch und Ge­schich­te an die 1880 von der Stadt er­rich­te­te und von den Ur­su­li­nen ge­lei­te­te hö­he­re Mäd­chen­schu­le St. Ur­su­la. Ve­he­ment setz­te sie sich für ei­ne Re­form der hö­he­ren Mäd­chen­bil­dung ein und stell­te drei For­de­run­gen an die schul­po­li­tisch Ver­ant­wort­li­chen: ge­setz­li­che An­er­ken­nung der hö­he­ren Mäd­chen­schu­le, Aus­wahl von Lehr­gang und Lehr­stoff für ei­ne zeit­ge­mä­ße All­ge­mein­bil­dung für Mäd­chen, Schaf­fung der Vor­be­rei­tung für das Hoch­schul­stu­di­um von Frau­en. In kür­zes­ter Zeit er­freu­te sich die Päd­ago­gin ei­nes gu­ten Ru­fes, der bis an den kai­ser­li­chen Hof nach Wien drang. Erz­her­zo­gin Ma­ria Valé­rie (1868-1924), die jüngs­te Toch­ter der Kai­se­rin Eli­sa­beth von Ös­ter­reich-Un­garn (1837-1898), hät­te sie ger­ne als Er­zie­he­rin und Pri­vat­leh­re­rin für ih­re Töch­ter ge­habt. Aber Ma­ria Schmitz ver­zich­te­te auf das An­ge­bot, schlie­ß­lich woll­te sie sich we­der von den El­tern noch von der Mit­ar­beit im VkdL tren­nen. In der Fol­ge­zeit galt ihr En­ga­ge­ment ne­ben ih­rer Lehr­tä­tig­keit ins­be­son­de­re dem Ver­ein mit sei­nen Ab­tei­lun­gen für Leh­re­rin­nen der ver­schie­de­nen Schul­for­men und Aus­bil­dungs­stät­ten. Sie ar­bei­te­te eng mit Pau­li­ne Her­ber, seit 1893 Ers­te Vor­sit­zen­de des Leh­re­rin­nen­ver­eins, zu­sam­men, de­ren Per­sön­lich­keit und Pro­gramm sie be­ein­druck­te.

Un­ter­stützt von be­deu­ten­den Per­sön­lich­kei­ten des Ka­tho­li­schen Deut­schen Frau­en­bun­des und des VkdL grün­de­te Ma­ria Schmitz am 17.5.1907, al­so ein Jahr vor der Zu­las­sung von Frau­en zum Uni­ver­si­täts­stu­di­um in Preu­ßen, den Hil­de­gar­dis-Ver­ein, un­ter Mit­wir­kung von füh­ren­den Frau­en des Ka­tho­li­schen Frau­en­bun­des, ins­be­son­de­re Ma­ri­ta Lo­ersch (1853-1915). Die ers­te kon­sti­tu­ie­ren­de Sit­zung und zu­gleich ers­te Ge­ne­ral­ver­samm­lung des neu­en Ver­eins fand am 30.12.1907 im Ur­su­li­nen­klos­ter in Frank­furt am Main statt, wo­bei Ma­ria Schmitz zur Vor­sit­zen­den ge­wählt wur­de. Der In­ter­es­sen­ver­band un­ter­stütz­te un­ter an­de­rem mit­tel­lo­se ka­tho­li­sche Stu­den­tin­nen und setz­te sich für die Er­rich­tung re­al­gym­na­sia­ler Fort­bil­dungs­kur­se für Mäd­chen und jun­ge Frau­en zur Er­lan­gung der Hoch­schul­rei­fe ein. Der Hil­de­gar­dis-Ver­ein ent­wi­ckel­te sich dank des un­er­müd­li­chen Ein­sat­zes sei­ner Vor­sit­zen­den ra­sant und zähl­te im ers­ten Jahr sei­nes Be­ste­hens be­reits 14 Orts­grup­pen, 1917 wa­ren es 60 und 1932 119. Der äl­tes­te Ver­ein zur För­de­rung von Frau­en­stu­di­en in Deutsch­land un­ter­stützt bis heu­te ka­tho­li­sche Stu­den­tin­nen.

Ma­ria Schmitz über­nahm als zwei­te Vor­sit­zen­de (seit 1908) des VkdL zu­neh­mend Ver­ant­wor­tung für die Frau­en­or­ga­ni­sa­ti­on, da Pau­li­ne Her­ber (1852-1921) aus ge­sund­heit­li­chen Grün­den vie­le Auf­ga­ben nicht mehr wahr­neh­men konn­te. Schlie­ß­lich wur­de ihr 1912 die Ge­schäfts­füh­rung ganz über­tra­gen, wor­auf sie sich haupt­be­ruf­lich der Ver­eins­ar­beit wid­me­te. Im glei­chen Jahr be­kam sie als ers­te ka­tho­li­sche Frau Re­de­recht auf dem Ka­tho­li­ken­tag in Aa­chen. In ih­rem viel be­ach­te­ten Vor­trag be­ton­te sie die Be­deu­tung der Frau in der Er­zie­hung, für Fa­mi­lie und Ge­sell­schaft und for­der­te die Frau­en auf, sich cou­ra­giert für ka­tho­li­sche Er­zie­hungs­grund­sät­ze so­wie für das ka­tho­li­sche Schul­we­sen ein­zu­set­zen. Ihr Auf­tritt war sei­ner­zeit ein No­vum, denn Frau­en wa­ren in den öf­fent­li­chen Ver­samm­lun­gen der Ka­tho­li­ken­ta­ge nur als Gäs­te zu­ge­las­sen. Ei­ne voll­gül­ti­ge Teil­nah­me wur­de ih­nen erst ab dem 61. Ka­tho­li­ken­tag 1921 in Frank­furt am Main zu­ge­stan­den. Auf dem fol­gen­den Ka­tho­li­ken­tag in Mün­chen war Ma­ria Schmitz Vi­ze­prä­si­den­tin ne­ben dem Prä­si­den­ten, dem Köl­ner Ober­bür­ger­meis­ter Kon­ra­d A­de­nau­er.

1913 nahm Ma­ria Schmitz an der vier­ten Ta­gung der Ver­samm­lung in­ter­na­tio­na­ler ka­tho­li­scher Frau­en­ver­bän­de in Lon­don teil, die laut Be­schluss den Na­men „In­ter­na­tio­na­len Ver­ei­ni­gung der ka­tho­li­schen Frau­en-Li­ga“ (heu­te „World Uni­on of Ca­tho­lic Wo­men’s Or­ga­ni­sa­ti­ons“) über­nahm. In der Fol­ge ka­men wei­te­re ver­ant­wort­li­che Auf­ga­ben für Ma­ria Schmitz hin­zu: 1914 wur­de ihr die Schrift­lei­tung der „Mo­nats­schrift für ka­tho­li­sche Leh­re­rin­nen“ über­tra­gen, zwei Jah­re spä­ter wur­de sie 1. Vor­sit­zen­de des VkdL. Un­ter ih­rer Ägi­de er­reich­te die Or­ga­ni­sa­ti­on nach in­nen wie nach au­ßen sei­ne grö­ß­te Re­pu­ta­ti­on. Das zei­gen die Mit­glie­der­zahl, die bis auf 20.000 an­stieg, die ra­sche Zu­nah­me an qua­li­fi­zier­ten eh­ren­amt­li­chen Mit­ar­bei­te­rin­nen, an päd­ago­gi­schen und be­rufs­po­li­ti­schen In­itia­ti­ven, fer­ner der or­ga­ni­sa­to­ri­sche Aus­bau wie die Stei­ge­rung des öf­fent­li­chen An­se­hens, vor al­lem auch in der Kir­che, aber auch im Zu­sam­men­ge­hö­rig­keits­ge­fühl der Mit­glie­der. 1917 wur­de ihr das von Kai­ser Wil­helm II. (Re­gent­schaft 1888-1918) ge­stif­te­te „Ver­dienst­kreuz für Kriegs­hil­fe“ ver­lie­hen, da sie es vor­züg­lich ver­stand, die ka­tho­li­schen Leh­re­rin­nen für ih­ren Dienst an der „Hei­mat­fron­t“ zu mo­bi­li­sie­ren. 

Nach Ein­füh­rung des Frau­en­wahl­rech­tes am 12.11.1918 setz­te sich Ma­ria Schmitz mit Nach­druck für die­sen Schritt in Rich­tung ei­ner neu­en, de­mo­kra­ti­schen Ge­sell­schafts­ord­nung ein und star­te­te ei­ne in­ten­si­ve Öf­fent­lich­keits- und Schu­lungs­ar­beit. Sie ge­hör­te vom 6.1.1919 bis zum 21.5.1920 für den Wahl­kreis 21 (Re­gie­rungs­be­zirk Ko­blenz-Trier) als ei­ne von 37 Frau­en un­ter den 423 Ab­ge­ord­ne­ten (Frau­en­an­teil 8 Pro­zent) für die Zen­trums­par­tei der Wei­ma­rer Na­tio­nal­ver­samm­lung an. 

 

Die pa­trio­tisch ge­sinn­te Ma­ria Schmitz stimm­te am 22.6.1919 zu­sam­men mit wei­te­ren 137 Frau­en und Män­nern ge­gen die An­nah­me des Ver­sailler Frie­dens­ver­tra­ges. Sie war em­pört über die Deutsch­land auf­ge­zwun­ge­nen ter­ri­to­ria­len Sank­tio­nen. Au­ßer­dem ver­such­te sie, ih­re Vor­stel­lun­gen über den Leh­re­rin­nen­be­ruf durch­zu­set­zen und kämpf­te, wenn auch ver­geb­lich, für die Bei­be­hal­tung des von ihr und vom VkdL ver­tre­te­nen „Leh­re­rin­nen­zö­li­bats“. Ih­rer An­sicht nach konn­te ei­ne Leh­re­rin nicht Ehe und Schul­dienst mit­ein­an­der ver­bin­den. An­sons­ten ist äu­ßerst we­nig über ih­re par­la­men­ta­ri­sche Tä­tig­keit zu er­fah­ren. Bei der ers­ten Reichs­tags­wahl am 6.6.1920 konn­te Ma­ria Schmitz auf­grund ih­res Lis­ten­plat­zes, der we­gen ei­ner Ver­klei­ne­rung der Wahl­krei­se un­si­cher ge­wor­den war, nicht in den Reichs­tag ein­zie­hen. Das rief in ka­tho­li­schen Frau­en­krei­sen hef­ti­ge Kri­tik her­vor, zu­mal sich die Chan­cen auf si­che­re Lis­ten­plät­ze weib­li­cher Kan­di­da­ten we­sent­lich ver­schlech­tert hat­ten. So er­reich­ten nur noch zwei von den vor­her sechs weib­li­chen Zen­trums­ab­ge­ord­ne­ten ein Man­dat: Hed­wig Drans­feld (1871-1925) und Agnes Neu­haus (1854-1944).

Als Ma­ria Schmitz in die Na­tio­nal­ver­samm­lung ge­wählt wur­de, hat­te das zur Fol­ge, dass die Ge­schäfts­stel­le des VkdL und die Re­dak­ti­on des Ver­bandspe­ri­odi­kums mit nach Wei­mar über­sie­del­ten. Von dort ging es wei­ter nach Ber­lin, als die Na­tio­nal­ver­samm­lung dort­hin ver­legt wur­de. Die Haupt­ge­schäfts­stel­le des Leh­re­rin­nen­ver­eins blieb bis zur Auf­lö­sung durch die Na­tio­nal­so­zia­lis­ten 1937 in Ber­lin.

Die VkdL-Vor­sit­zen­de ge­hör­te zu den 650 Bil­dungs­ex­per­ten der Reichs­schul­kon­fe­renz, die vom 11. bis zum 20.6.1920 in Ber­lin ein­be­ru­fen wur­de. Die Re­form des deut­schen Schul­sys­tems stand auf der Ta­ges­ord­nung. In der Dis­kus­si­on um die Leh­re­rin­nen­bil­dung wand­te sich Ma­ria Schmitz ge­gen das Uni­ver­si­täts­stu­di­um. Sie for­der­te statt­des­sen ei­ne wis­sen­schaft­li­che Aus­bil­dung an Päd­ago­gi­schen Hoch­schu­len oder Frau­en­aka­de­mi­en im en­gen Zu­sam­men­wir­ken von Pra­xis und Theo­rie. Dar­über hin­aus in­iti­ier­te sie die Grün­dun­gen des Bun­des der Lehr­amts­an­wär­te­rin­nen, der Zeit­schrift „Die jun­ge Leh­re­rin“ (1921) so­wie des „Deut­schen In­sti­tuts für wis­sen­schaft­li­che Päd­ago­gi­k“ (1922). Letzt­ge­nann­te Ein­rich­tung stand in ih­rer Ar­beit auf ei­nem be­wusst christ­li­chen Stand­punkt in der Über­zeu­gung, dass Päd­ago­gik als Men­schen­for­mung letzt­lich nur im Rah­men ei­ner nor­ma­ti­ven Welt­an­schau­ung mög­lich sei. Ma­ria Schmitz för­der­te durch Ta­gun­gen, Vor­trä­ge und Kur­se, Her­aus­ga­be der „Vier­tel­jah­res­zeit­schrift für wis­sen­schaft­li­che Päd­ago­gi­k“ und wei­te­rer Pu­bli­ka­tio­nen den Auf- und Aus­bau ei­ner wis­sen­schaft­lich fun­dier­ten ka­tho­li­schen Päd­ago­gik. Durch ih­ren Ein­satz er­hiel­t Edith Stein 1932 ei­ne Stel­le als Do­zen­tin an der Müns­te­ra­ner In­sti­tu­ti­on, wo sie Vor­trä­ge zur Frau­en­fra­ge und zu Pro­ble­men der neue­ren Mäd­chen­bil­dung hielt.

Ma­ria Schmitz setz­te sich nach ih­rer kur­zen po­li­ti­schen Be­tä­ti­gung wie vor­her un­ter an­de­rem für den Ab­bau der be­sol­dungs­mä­ßi­gen Dis­kri­mi­nie­rung der Leh­re­rin­nen, für de­ren so­zia­le Gleich­stel­lung mit dem als Fa­mi­li­en­va­ter be­vor­zug­ten Leh­rer so­wie für den Auf- und Aus­bau von Aus­lands­be­zie­hun­gen ein. Am „Jung­fräu­lich­keits­ide­al“ der Leh­re­rin fest­hal­tend, stell­te sie auf der 40. Haupt­ver­samm­lung des VkdL Pfings­ten 1925 in Frei­burg im Breis­gau fest, dass Frau­en, die den Lehr­be­ruf wähl­ten, die­sen ganz und voll und aus frei­en Stü­cken und auf Le­bens­zeit er­grei­fen müss­ten. So­mit sei der weib­li­che Lehr­be­ruf nicht Sa­che al­ler, son­dern nur ein­zel­ner und be­son­ders da­für ver­an­lag­ter Frau­en. Selbst noch 1955 ver­trat sie die zö­li­batä­re Selbst­ver­pflich­tung.

Ab 1921 konn­te die Haupt­ge­schäfts­stel­le des VkdL in Ber­lin-Ste­glitz durch wei­te­re haupt­amt­li­che Mit­ar­bei­te­rin­nen er­wei­tert wer­den. Auch ei­ne Se­kre­tä­rin wur­de an­ge­stellt: Re­gi­na Sarsch (1902-?). Die Be­leg­schaft der Ge­schäfts­stel­le dräng­te auf Ent­las­sung der jun­gen Frau, die in Buch­füh­rung und tech­ni­schen Bü­ro­ar­bei­ten we­der Schu­lung noch Er­fah­rung hat­te. Aber die Ver­eins­vor­sit­zen­de lehn­te das ab, er­kann­te sie doch die spe­zi­fi­schen Qua­li­tä­ten der neu­en Se­kre­tä­rin. Die al­ters­mä­ßig sehr un­ter­schied­li­chen Frau­en be­grün­de­ten ei­nen ge­mein­sa­men Haus­halt und bil­de­ten bis zum To­de von Ma­ria Schmitz ei­ne Le­bens­ge­mein­schaft. 

Mit Be­ginn der NS-Dik­ta­tur be­gann für Ma­ria Schmitz, die sich jetzt Reichs­füh­re­rin nen­nen muss­te, ei­ne schwie­ri­ge Zeit. Mit al­ler Kraft kämpf­te sie ge­gen ei­ne Gleich­schal­tung be­zie­hungs­wei­se Selbst­auf­lö­sung des VkdL wie auch des Hil­de­gar­dis-Ver­eins, zu­mal für bei­de kon­fes­sio­nel­len In­ter­es­sen­ver­bän­de durch das kurz nach der Macht­über­nah­me ab­ge­schlos­se­ne Reichs­kon­kor­dat ei­ne neue Rechts­grund­la­ge für ihr Wei­ter­be­ste­hen ge­schaf­fen wor­den war. Die Ver­eins­vor­sit­zen­de wehr­te sich ge­gen den Ver­such ei­ner Be­set­zung der Vor­stands­äm­ter mit zu­ver­läs­si­gen Na­tio­nal­so­zia­lis­ten. Letzt­lich war es ihr zu ver­dan­ken, dass über 11.000 Mit­glie­der, trotz ver­stärk­ter Dro­hun­gen, Schi­ka­nen, De­mü­ti­gun­gen, Haus­durch­su­chun­gen, Ver­hö­re, Straf­ver­set­zun­gen, In­haf­tie­rung und Be­rufs­ver­bo­te für ka­tho­li­sche Leh­re­rin­nen der In­ter­es­sen­ge­mein­schaft treu blie­ben. Un­ge­ach­tet der Be­gren­zung als Ge­sin­nungs­ge­mein­schaft und des Schut­zes durch das Kon­kor­dat wur­de im Mai 1937 der VkdL von der Ge­sta­po zwangs­auf­ge­löst und sei­nes Ver­mö­gens be­raubt. Das glei­che Schick­sal traf den Hil­de­gar­dis-Ver­ein. Bei­de Frau­en­ver­bän­de wa­ren zwar zer­schla­gen, doch leb­te ihr Geist im Ver­bor­ge­nen wei­ter. Ma­ria Schmitz hielt wei­ter­hin im „Flüs­ter­ton“ die Kon­tak­te zu den Mit­glie­dern bei­der Ver­ei­ne auf­recht.

Im Fe­bru­ar 1945 floh Ma­ria Schmitz vor den an­rü­cken­den rus­si­schen Sol­da­ten in den Böh­mer­wald. Von dort ging es wei­ter nach Re­gens­burg und schlie­ß­lich nach Reck­ling­hau­sen, wo sie bei ei­nem Ver­eins­mit­glied Un­ter­schlupf fand. So­fort nach Kriegs­en­de be­gann sie mit der bun­des­wei­ten Re­or­ga­ni­sa­ti­on und dem Wie­der­auf­bau des Hil­de­gar­dis-Ver­eins, des­sen Vor­sit­zen­de sie bis 1947 blieb. Zu­dem trieb sie mit gan­zer Kraft und Un­ter­stüt­zung von Re­gi­na Sarsch den Auf­bau des VkdL, der 1946 in das Ver­eins­re­gis­ter Es­sen ein­ge­tra­gen wur­de, in Bund, Län­dern und Diö­ze­sen vor­an. Sie rich­te­te wie­der ei­ne Haupt­ge­schäfts­stel­le ein, mit der sie 1949 nach Es­sen über­sie­del­te und for­cier­te die in­ter­na­tio­na­le Ko­ope­ra­ti­on mit an­de­ren christ­li­chen so­wie welt­li­chen frau­en­be­weg­ten Ver­bän­den. Fer­ner konn­te 1948 wie­der ei­ne be­schei­de­ne „Zeit­schrif­t“ mit dem Ti­tel „Mit­tei­lun­gen des Ver­eins ka­tho­li­scher deut­scher Leh­re­rin­nen“ er­schei­nen. Dar­aus ging 1950 die „Ka­tho­li­sche Frau­en­bil­dun­g“ her­vor. Auf der ers­ten Haupt­ver­samm­lung des VkdL 1950 in Ful­da zum The­ma „Be­rufs­er­zie­hung der Mäd­chen“ hielt Ma­ria Schmitz vor al­ten und jun­gen Ver­eins­mit­glie­dern ei­nen Vor­trag über „Die Frau im Leh­rer­be­ruf“. Dar­in be­ton­te sie er­neut das Ide­al der un­ver­hei­ra­te­ten Leh­re­rin, die sich un­ge­teilt in den Dienst der Ju­gend stellt und ih­ren Be­ruf als Ruf Got­tes er­kennt. 1953 zog sich Ma­ria Schmitz von der ak­ti­ven Ar­beit zu­rück, ver­folg­te aber wei­ter­hin al­les, was sich im Be­reich des Ver­bands­ka­tho­li­zis­mus voll­zog.

Für ihr En­ga­ge­ment für Kir­che und Staat er­hielt sie den Päpst­li­chen Or­den „Pro Eccle­sia et pon­ti­fice“ (um 1920), das Päpst­li­che Eh­ren­zei­chen „Be­ne­me­ren­ti-Me­dail­le“ (1925). 1950 ehr­te sie die Uni­ver­si­tät Müns­ter für ih­re Ver­diens­te um die Be­lan­ge der Leh­re­rin­nen mit ei­ner Eh­ren­ur­kun­de. 1955 wur­de ihr das Bun­des­ver­dienst­kreuz ver­lie­hen. 

Ma­ria Schmitz war re­ge pu­bli­zis­tisch tä­tig. Die meis­ten ih­rer Auf­sät­ze und Bei­trä­ge er­schie­nen in ka­tho­li­schen Ver­bands­zeit­schrif­ten. Auch ge­hör­te sie vie­len Ver­ei­nen und Ver­bän­den an. Ne­ben den be­reits er­wähn­ten dem „Bund ka­tho­li­scher Er­zie­her“, den sie mit­be­grün­de­te, dem „Ka­tho­li­schen Deut­schen Frau­en­bun­d“, des­sen Zen­tral­vor­stand sie an­ge­hör­te, so­wie dem „Welt­frie­dens­bund der Müt­ter und Er­zie­he­rin­nen“.

Ma­ria Schmitz starb am 9.7.1962 in Es­sen und fand ih­re letz­te Ru­he­stät­te auf dem ka­tho­li­schen Pfarr­fried­hof St. Dio­ny­si­us in Es­sen-Bor­beck. Ih­re Grab­stel­le wird noch heu­te vom VkdL in Eh­ren ge­hal­ten.

Schriften (Auswahl)

Die Be­zie­hun­gen Fried­rich Bar­ba­ros­sas zu Aa­chen, in: Zeit­schrift des Aa­che­ner Ge­schichts­ver­eins 24 (1902), S. 1-64. 

Die Be­tei­li­gung der Frau­en an der Or­ga­ni­sa­ti­on zur Ver­tei­di­gung der christ­li­chen Schu­le und Er­zie­hung, in: Mo­nats­schrift für ka­tho­li­sche Leh­re­rin­nen 25 (1912), S. 536-541.

Über hö­he­re Mäd­chen­bil­dung, in: Die Christ­li­che Frau 4 (1906), S. 317-319.

Un­se­re grund­sätz­li­che Ein­stel­lung zum Leh­rer­streik, in: Halb­mo­nats­schrift für ka­tho­li­sche Leh­re­rin­nen 34 (1921), S. 2-5.

Vom christ­li­chen Stand der Ehe­lo­sig­keit, in: Wo­chen­schrift für ka­tho­li­sche Leh­re­rin­nen 41 (1928), S. 405-407. Er­in­ne­run­gen an die deut­sche Na­tio­nal­ver­samm­lung, in: Die Christ­li­che Frau 27 (1929), S. 78-84.

Was wird das Jahr 1932 dem Ver­ein ka­tho­li­scher Leh­re­rin­nen brin­gen?, in: Wo­chen­schrift für ka­tho­li­sche Leh­re­rin­nen 45 (1932), S. 2-4.

Die Idee des Hil­de­gar­dis­ver­eins und sei­ne Grün­dung, in: Die Christ­li­che Frau 46 (1957), S. 82-84. 

Literatur (Auswahl)

Ber­ger, Man­fred, Schmitz, Ma­ria Jo­han­na, in: Bautz, Trau­gott (Hg.), Bio­gra­phisch-Bi­blio­gra­phi­sches Kir­chen­le­xi­kon, Band 25, Nord­hau­sen 2004, Spal­ten 1279-1292.

Elm, Kas­par/Loock, Hans-Diet­rich (Hg.), Seel­sor­ge und Dia­ko­nie in Ber­lin. Bei­trä­ge zum Ver­hält­nis von Kir­che und Groß­stadt im 19. und be­gin­nen­den 20. Jahr­hun­dert, Ber­lin/New York 1990. 

Em­me­rich, Ma­ri­lo­ne, Ma­ria Schmitz (1875-1962), in: Aretz, Jür­gen/Mor­sey, Ru­dolf/Rau­scher, An­ton (Hg.), Zeit­ge­schich­te in Le­bens­bil­dern, Band 3: Aus dem deut­schen Ka­tho­li­zis­mus des 19. und 20. Jahr­hun­derts, Mainz 1979, S. 204-222.

Em­me­rich, Ma­ri­lo­ne, Ma­ria Schmitz 1975-1962. Vor­sit­zen­de des Ver­eins ka­tho­li­scher deut­scher Leh­re­rin­nen (VkdL), in: Schein, Karl (Hg.), Chris­ten zwi­schen Nie­der­rhein und Ei­fel. Le­bens­bil­der aus zwei Jahr­hun­der­ten, Band 3, Aa­chen/Mön­chen­glad­bach 1993, S. 9-29. 

Fi­scher-Holz, Eli­sa­beth, An­ruf und Ant­wort. Be­deu­ten­de Frau­en aus dem Drei­län­der­eck, Band 3, Aa­chen 1992, S. 155-172.

Hil­len, Bar­ba­ra/Weiß, Ot­to, Schmitz, Ma­ria, in: Neue Deut­sche Bio­gra­phie 23 (2007), S. 253-254.

Kall, Al­fred, Ka­tho­li­sche Frau­en­be­we­gung in Deutsch­land. Ei­ne Un­ter­su­chung zur Grün­dung ka­tho­li­scher Frau­en­ver­ei­ne im 19. Jahr­hun­dert, Pa­der­born [u.a.] 1983.

Liedt­ke, Max, Das Fräu­lein Leh­re­rin. Bei­spiel: Fräu­lein He­le­ne Kä­fer­lein (1901-1975), ih­re Er­nied­ri­gun­gen, ih­re Leis­tun­gen. Ei­gent­lich denk­mal­wür­dig, Bad Heil­brunn 2019.

Mlei­nek, Eli­sa­beth, Ei­ne Be­rufs­or­ga­ni­sa­ti­on im Rin­gen um ih­re Zie­le, in: Ehr­le, Ger­trud (Hg.), Licht über dem Ab­grund. Auf­zeich­nun­gen und Er­leb­nis­se christ­li­cher Frau­en 1933–1945, Frei­burg 1951, S. 47-59.

Möh­le, Syl­via, In die Hand der Frau­en ist es nun ge­ge­ben. Der Kampf um das Frau­en­wahl­recht in Aa­chen, Aa­chen 2018.

Sack, Bir­git, Zwi­schen re­li­giö­ser Bin­dung und mo­der­ner Ge­sell­schaft. Ka­tho­li­sche Frau­en­be­we­gung und po­li­ti­sche Kul­tur in der Wei­ma­rer Re­pu­blik (1918/19-1933), Müns­ter 1998.

Ver­ein ka­tho­li­scher deut­scher Leh­re­rin­nen (VkdL) (Hg.), Die 40. Haupt­ver­samm­lung des Ver­eins ka­tho­li­scher deut­scher Leh­re­rin­nen, Pa­der­born [o. J.].

Ver­ein ka­tho­li­scher deut­scher Leh­re­rin­nen (VkdL) (Hg.), Der Zeit ge­stellt. 100 Jah­re Ver­ein ka­tho­li­scher deut­scher Leh­re­rin­nen, 1885-1985, Es­sen 1985.

Wun­der­lich, Rein­hard (Hg.), Über­gän­ge in das Stu­di­um der Theo­lo­gie/Re­li­gi­ons­päd­ago­gik, Frank­furt am Main [u.a.] 2002, S. 80. 

Maria Schmitz als Abgeordnete in der Nationalversammlung, 1919. Sitzend von links nach rechts: Maria Schmitz, Hedwig Dransfeld, Agnes Neuhaus, Helene Weber; Stehend links: Christine Teusch; stehend rechts: Marie Zettler. (Archivfotos des Vereins katholischer deutscher Lehrerinnen e.V. (VkdL))

 
Zitationshinweis

Bitte geben Sie beim Zitieren dieses Beitrags die exakte URL und das Datum Ihres Besuchs dieser Online-Adresse an.

Berger, Manfred, Maria Schmitz, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/maria-schmitz/DE-2086/lido/64fedd14af6231.35997056 (abgerufen am 30.04.2024)