Reinhold Heinen

Verleger (1894-1969)

Rainer Moltmann (Berlin)

Reinhold Heinen, Porträt. (Konrad-Adenauer-Stiftung/ACDP)

Rein­hold Hei­nen war wäh­rend der Wei­ma­rer Re­pu­blik ein be­deu­ten­der Kom­mu­nal­po­li­ti­ker der Deut­schen Zen­trums­par­tei, leis­te­te ak­ti­ven Wi­der­stand ge­gen den Na­tio­nal­so­zia­lis­mus und über­leb­te ei­ne mehr­jäh­ri­ge Haft­zeit im Kon­zen­tra­ti­ons­la­ger Sach­sen­hau­sen. In der Nach­kriegs­zeit wur­de er Mit­glied der CDU, en­ga­gier­te sich für den Wie­der­auf­bau ei­ner de­mo­kra­ti­schen Pres­se und war Grün­der und Ver­le­ger der „Köl­ni­schen Rund­schau".

Rein­hold Hei­nen wur­de am 7.1.1894 in Düs­sel­dorf als Sohn von Hein­rich Hei­nen (1862-1932) und des­sen Frau Ma­ria Hei­nen ge­bo­re­ne Clas­sen (ge­stor­ben 1924) ge­bo­ren. Er hat­te meh­re­re Ge­schwis­ter, un­ter an­de­rem die Brü­der Phil­ipp (1897-1969), Ru­dolf (1903-1924), Ot­to (1910-1997) und Edu­ard (1905-1970). Der Va­ter war aus der Ei­fel in die Groß­stadt ge­kom­men, um ei­ne klei­ne Mö­bel- und Bau­tisch­le­rei zu be­trei­ben. Als 7-jäh­ri­ger er­leb­te Rein­hold Hei­nen die Rück­kehr sei­ner Fa­mi­lie zum hei­mat­li­chen Ur­sprung in die Nord­ei­fel nach Ha­sen­feld, heu­te ein Orts­teil von Heim­bach. Ne­ben der Schrei­ne­rei und dem Holz­han­del öff­ne­te sich die Fa­mi­lie Hei­nen dem auf­kom­men­den Frem­den­ver­kehr und in­ves­tier­te das in Düs­sel­dorf ver­dien­te Geld in ein Ho­tel. Hei­nen leg­te 1914 auf dem hu­ma­nis­ti­schen „Stif­ti­schen Gym­na­si­um" in Dü­ren sei­ne Ab­itur­prü­fung ab. Ers­te An­deu­tun­gen der spä­te­ren jour­na­lis­ti­schen Lauf­bahn zeig­ten sich schon in ei­nem Vo­lon­ta­ri­at bei der zen­trums­na­hen „Dü­re­ner Zei­tung", das er wäh­rend sei­ner Gym­na­si­al­zeit ab­sol­vier­te. Be­reits 1913 trat Hei­nen der Zen­trums­par­tei bei.

1914 nahm Hei­nen an der Uni­ver­si­tät Bonn das Stu­di­um der Staats­wis­sen­schaf­ten auf. Noch vor Ab­schluss sei­nes Stu­di­ums be­gann er wäh­rend des Ers­ten Welt­krie­ges ei­ne po­li­ti­sche und jour­na­lis­ti­sche Lauf­bahn bei ver­schie­de­nen Zei­tun­gen in Ost­preu­ßen und Ober­schle­si­en. In der Ka­tho­li­schen Volks­par­tei en­ga­gier­te sich Hei­nen 1919 an der Sei­te von Carl Ulitz­ka (1873-1953) für den Ver­bleib Ober­schle­si­ens und des Hult­schiner Länd­chens im Deut­schen Reich. Im sel­ben Jahr schloss Hei­nen sein Stu­di­um mit der Pro­mo­ti­on zum Dr. rer. pol. an der Uni­ver­si­tät Bres­lau ab.

An­fang De­zem­ber 1919 kehr­te er aus Hei­mat­ver­bun­den­heit ins Rhein­land zu­rück und wur­de Chef­re­dak­teur der zen­trums­na­hen Zei­tung „Der Volks­freund" in Aa­chen. Die Zei­tung un­ter­stütz­te se­pa­ra­tis­ti­sche Be­stre­bun­gen, das Rhein­land in ei­ne un­ab­hän­gi­ge, von Frank­reich pro­te­gier­te „Rhei­ni­sche Re­pu­blik" zu ver­wan­deln. Ver­mut­lich wirk­ten Aa­che­ner Zen­trums­krei­se oder so­gar über­re­gio­na­le Par­tei­krei­se dar­an mit, dass Hei­nen auf den Pos­ten des Chef­re­dak­teurs beim „Volks­freund" kam. Er soll­te die da­mals grö­ß­te Zei­tung des Aa­che­ner Wirt­schafts­ge­bie­tes in der na­tio­na­len Fra­ge wie­der auf die of­fi­zi­el­le Par­tei­li­nie füh­ren, die die Schaf­fung ei­nes rhei­ni­schen Bun­des­staa­tes in­ner­halb des Reichs­ver­bun­des fa­vo­ri­sier­te.

Dar­über hin­aus setz­te sich Hei­nen in sei­ner Aa­che­ner Zeit als Wort­füh­rer der deut­schen Be­völ­ke­rung für ei­ne fai­re Volks­ab­stim­mung in Eu­pen-Malme­dy ein. Dies führ­te zu Kon­flik­ten mit der (noch bis 1929 an­dau­ern­den) bel­gi­schen Be­sat­zungs­macht: Der „Volks­freund" wur­de vor­über­ge­hend ver­bo­ten und Hei­nen wur­de 1921 zu ei­ner vier­wö­chi­gen Ge­fäng­nis­stra­fe ver­ur­teilt.

Im sel­ben Jahr hei­ra­te­te er Mia oder Ma­ria Gil­les (1896-1973). Aus die­ser Ehe gin­gen zwei Kin­der her­vor, der Sohn Rein­hold An­dre­as und die Toch­ter Ma­ri­an­ne.

Eben­falls 1921 be­gann die po­li­ti­sche Kar­rie­re Hei­nens. Er wur­de zum Ge­ne­ral­se­kre­tär der Kom­mu­nal­po­li­ti­schen Ver­ei­ni­gung der Deut­schen Zen­trums­par­tei (KPV) be­ru­fen. Die An­fän­ge die­ser Ver­ei­ni­gung noch vor dem Ers­ten Welt­krieg sind mit dem Köl­ner Zen­trums­po­li­ti­ker und ers­ten rhei­ni­schen Vor­sit­zen­den der Ge­samt­par­tei Karl Trim­born ver­bun­den. Hei­nen führ­te die KPV zu­sam­men mit dem Ers­ten Vor­sit­zen­den Hu­go Mön­nig, der von 1922 bis 1933 Vor­sit­zen­der der Rhei­ni­schen Zen­trums­par­tei und stell­ver­tre­ten­der Vor­sit­zen­der der Ge­samt­par­tei war, bis 1933 zur grö­ß­ten und schlag­kräf­tigs­ten kom­mu­nal­po­li­ti­schen Or­ga­ni­sa­ti­on al­ler Wei­ma­rer Par­tei­en und bau­te die Ver­band­spu­bli­ka­ti­on, die „Kom­mu­nal­po­li­ti­schen Blät­ter", zu ei­ner über die Par­tei­gren­zen hin­weg an­er­kann­ten fach­po­li­ti­schen Zeit­schrift aus.

Hei­nen lehn­te den Na­tio­nal­so­zia­lis­mus strikt ab und wur­de erst­mals – un­ter an­de­rem we­gen sei­nes Ein­tre­tens für die de­mo­kra­ti­schen Rech­te der Kom­mu­nal­par­la­men­te – im Ju­ni 1933 für zehn Ta­ge im Köl­ner Ge­fäng­nis Klin­gel­pütz „in Schutz­haft ge­nom­men". Zur glei­chen Zeit saß dort ne­ben vie­len an­de­ren Na­zi­geg­nern auch der Eus­kir­che­ner Zen­trums­po­li­ti­ker und Reichs­tags­vi­ze­prä­si­dent Tho­mas Es­ser ein. Das Ver­bot der Zen­trums­par­tei und der KPV be­deu­te­ten für Hei­nen so­wohl po­li­tisch als auch per­sön­lich ei­nen tie­fen Ein­schnitt. Er muss­te sein kom­for­ta­bles Haus in Ro­den­kir­chen (Stadt Köln) auf­ge­ben und zog mit sei­ner Fa­mi­lie auf den Bau­ern­hof sei­ner Schwie­ger­el­tern nach Berg bei Nideg­gen. An­fangs konn­te er sei­nem seit 1930 be­ste­hen­den, auf Ver­mitt­lung von Kon­rad Ade­nau­er zu Stan­de ge­kom­me­nen Lehr­auf­trag an der Uni­ver­si­tät in Köln noch nach­ge­hen, doch wur­de er auch dort 1937 we­gen „po­li­ti­scher Un­zu­ver­läs­sig­keit" ent­las­sen.

Nach dem Ver­lust sei­ner po­li­ti­schen und wirt­schaft­li­chen Grund­la­gen be­schritt Hei­nen den Weg der in­ne­ren Emi­gra­ti­on, in­dem er hei­mat­kund­li­che und bel­le­tris­ti­sche Ar­bei­ten und Auf­sät­ze un­ter an­de­rem in den „Hei­mat­blät­tern", ei­ner Bei­la­ge der „Dü­re­ner Zei­tung", ver­öf­fent­lich­te. Doch er leis­te­te auch ak­ti­ven Wi­der­stand ge­gen das NS-Re­gime, in­dem er et­wa seit 1936 für das ka­tho­li­sche Nach­rich­ten­bü­ro „Ka­tho­li­ke We­reld Pers" im nie­der­län­di­schen Bre­da un­ter ei­nem Deck­na­men il­le­ga­le Be­rich­te über die na­tio­nal­so­zia­lis­ti­sche Po­li­tik ge­gen­über der ka­tho­li­schen Kir­che an­fer­tig­te. Die­se Tä­tig­keit war der Grund für Hei­nens Ver­haf­tung im Fe­bru­ar 1941. Über ein Ge­wahr­sam im Aa­che­ner Po­li­zei­prä­si­di­um und das Aa­che­ner Un­ter­su­chungs­ge­fäng­nis „Muh­len­hö­he" so­wie das Ber­li­ner Po­li­zei­ge­fäng­nis am Alex­an­der­platz kam er 1942 als po­li­ti­scher Häft­ling in das Kon­zen­tra­ti­ons­la­ger Sach­sen­hau­sen, in dem er mit Glück das En­de des Na­zi­ter­rors im Mai 1945 über­leb­te.

Die Er­fah­run­gen von Wi­der­stand und Haft im Na­tio­nal­so­zia­lis­mus be­ein­fluss­ten sei­ne wei­te­re po­li­ti­sche Ein­stel­lung nach­hal­tig, was sich un­ter an­de­rem in sei­nem pres­se­po­li­ti­schen En­ga­ge­ment der Nach­kriegs­zeit wie in sei­nem ak­ti­ven Ein­tre­ten für die Auf­klä­rung der bun­des­deut­schen Öf­fent­lich­keit über die na­tio­nal­so­zia­lis­ti­schen Ver­bre­chen nie­der­schlug.

Nach sei­ner Rück­kehr ins Rhein­land schal­te­te sich Hei­nen 1945 so­fort in den Wie­der­auf­bau der spä­te­ren Bun­des­re­pu­blik ein, zu­nächst als Land­rat im Kreis Mons­chau. Mit an­de­ren zu­sam­men grün­de­te Hei­nen in Dü­ren die CDP/CDU und trug mit Stolz auf der Mit­glieds­lis­te die Num­mer 1. In den 1950er Jah­ren en­ga­gier­te er sich als Vor­ste­her des da­ma­li­gen Was­ser­ver­ban­des Schwam­men­au­el für den Aus­bau der Rur­talsper­re zur sei­ner­zeit grö­ß­ten Tal­sper­re der Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land. Noch im­mer schmückt ein bron­ze­nes Kon­ter­fei Rein­hold Hei­nens die Stau­mau­er bei Schwam­men­au­el.

Sei­ne wich­tigs­te öf­fent­li­che Funk­ti­on im Nach­kriegs­deutsch­land über­nahm er 1946 als Haupt­li­zenz­trä­ger der „Köl­ni­schen Rund­schau", die er als Ver­le­ger und vor­über­ge­hend auch als Chef­re­dak­teur – nicht oh­ne Dis­sens mit der Köl­ner CDU und Kon­rad Ade­nau­er – zu ei­nem christ­lich-de­mo­kra­ti­schen, aber wirt­schaft­lich und po­li­tisch par­tei­un­ab­hän­gi­gen Blatt form­te.

Im Jah­re 1964 be­dank­te sich Kon­rad Ade­nau­er an Hei­nens 70. Ge­burts­tag aus­drück­lich „als Köl­ner" für die Ar­beit, die Hei­nen „durch sein Blatt, die ‚K­öl­ni­sche Rund­schau’, ge­leis­tet hat". Wei­ter­hin be­zeich­ne­te er Hei­nen „als ei­nen Mann …, der sei­nem ein­mal er­kann­ten po­li­ti­schen Weg un­be­irrt, fol­ge­rich­tig und un­ter gro­ßen per­sön­li­chen Op­fern treu blieb." Für Ade­nau­er war Hei­nen „ein Voll­blut­po­li­ti­ker, und zwar in sei­ner aus­ge­präg­ten rhei­ni­schen Ei­gen­art." (Köl­ni­sche Rund­schau, 7.1.1964).

Rein­hold Hei­nen starb am 23.7.1969 in Heim­bach.

Werke (Auswahl)

Die Frak­ti­on im Ge­mein­de­par­la­ment, 2. Auf­la­ge, Köln 1926.
Zer­kall in der Ei­fel. Bild der Land­schaft, Ge­schich­te, Sa­ge, hg. zu­sam­men mit Ar­min Ren­ker, Dü­ren 1936.

Literatur

Hei­der, Hans (Hg.), Rein­hold Hei­nen. Der Grün­der und sein Le­bens­werk. Köln 1996.
Molt­mann, Rai­ner, Rein­hold Hei­nen (1894-1969). Ein christ­li­cher Po­li­ti­ker, Jour­na­list und Ver­le­ger, Düs­sel­dorf 2005.

 
Zitationshinweis

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Moltmann, Rainer, Reinhold Heinen, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/reinhold-heinen/DE-2086/lido/57c8296d8e5368.27403945 (abgerufen am 19.03.2024)