Johann II. von Baden

Erzbischof und Kurfürst von Trier (1456-1503)

Wolfgang Schmid (Winningen)

Johann II. von Baden, aus: Carl Stanz, Die Trierer Kurfürsten, Mainz 1937, S. 50. (Stadtbibliothek/ Stadtarchiv Trier)

Jo­hann von Ba­den war der mit knapp 47 Jah­ren am längs­ten am­tie­ren­de Trie­rer Erz­bi­schof; als Trie­rer Kur­fürst un­ter­stütz­te er die Po­li­tik der Habs­bur­ger, wäh­rend er sich auf geist­li­cher und lan­des­herr­li­cher Ebe­ne durch die Fort­set­zung der Klos­ter­re­for­men, die För­de­rung der Bil­dung und ei­ne re­ge Bau­tä­tig­keit aus­zeich­ne­te.

Jo­hann von Ba­den wur­de 1434 als drit­ter Sohn des Mark­gra­fen Ja­kob I. von Ba­den (1407-1453) ge­bo­ren. Durch sei­ne Mut­ter Ka­tha­ri­na (1407-1439), ei­ne Toch­ter von Her­zog Karl II. von Loth­rin­gen (1364-1431), und durch den Mit­be­sitz der Mark­gra­fen von Ba­den an der Graf­schaft Spon­heim hat­te die Fa­mi­lie en­ge Ver­bin­dun­gen zum Trie­rer Land.

Jo­hann er­hielt 1445 die nie­de­ren Wei­hen und an­schlie­ßend Ka­no­ni­ka­te in Mainz, Köln und Straß­burg. Er stu­dier­te mit sei­nen jün­ge­ren Brü­dern Ge­org, der spä­ter Bi­schof von Metz wur­de (Epis­ko­pat 1459-1484), und Mar­kus, dem spä­te­ren Ver­we­ser des Bis­tums Lüt­tich (Amts­zeit 1465-1468), von 1452 bis 1456 in Er­furt, Pa­via und Köln.

 

Am 22.6.1456 wur­de er nach ei­ni­gen Kon­tro­ver­sen zum Trie­rer Erz­bi­schof ge­wählt: Sein Vor­gän­ger Ja­kob von Sierck hat­te den Dom­her­ren sei­nen Bru­der Phil­ipp (1406-1492), seit 1442 Dom­propst von Trier, als Nach­fol­ger vor­ge­schla­gen. Ein Teil der Ka­no­ni­ker woll­te die Wahl un­ter den Schutz des Pfalz­gra­fen nach Burg Vel­denz ver­le­gen, an­de­re lehn­ten dies we­gen des po­li­ti­schen Drucks ab. Bei der in Trier er­folg­ten Wahl konn­te we­der Jo­hann von Ba­den noch Diet­her von Isen­burg – der dann 1459 höchst um­strit­ten zum Main­zer Erz­bi­schof ge­wählt wur­de (Epis­ko­pat 1459-1461) – ei­ne Mehr­heit hin­ter sich brin­gen. Das Dom­ka­pi­tel wähl­te dar­auf­hin ei­ne Kom­mis­si­on, die ei­nen Kom­pro­miss­kan­di­da­ten vor­schlug, bis zu des­sen Be­stä­ti­gung der Mark­graf Karl von Ba­den (1427-1475), Jo­hanns Bru­der, die welt­li­che Ver­wal­tung des Erz­stifts über­nahm. Papst Ca­lixt III. (Epis­ko­pat 1455-1458) be­stell­te 1456 Jo­hann von Ba­den, der nach ka­no­ni­schem Recht zu jung für die Bi­schofs­wei­he war, zum Ver­wal­ter des Bis­tums, und ver­sprach ihm die Er­nen­nung, so­bald er mit den er­for­der­li­chen 27 Jah­ren die hö­he­ren Wei­hen emp­fan­gen hat­te. 1465 wur­de ihm auf Schloss Saar­burg durch den Trie­rer Weih­bi­schof Hu­bert von Yss (Epis­ko­pat 1452-1483) so­wie die Bi­schö­fe von Metz und Worms die Bi­schofs­wei­he er­teilt.

Jo­hann konn­te sich ge­gen ei­ne Ge­gen­kan­di­da­tur, ei­ne stän­di­sche Uni­on und auch die nach Reichs­un­mit­tel­bar­keit stre­ben­de Stadt Trier mit Hil­fe von Kai­ser und Papst be­haup­ten und galt, auch wenn er 1457 dem Kur­ver­ein bei­trat, als ei­ner der Ver­tre­ter der kai­ser­li­chen Po­li­tik. 1473 fand in Trier ein Fürs­ten­tag statt, ein Tref­fen zwi­schen Kai­ser Fried­rich III. (Re­gie­rungs­zeit 1440-1493) und Her­zog Karl dem Küh­nen (Re­gie­rungs­zeit 1465-1477), bei dem der Bur­gun­der­her­zog un­ge­heu­ren Prunk ent­fal­te­te. Er stell­te den glanz­vol­len Hö­he­punkt von Jo­hanns Re­gie­rungs­zeit dar und führ­te Re­prä­sen­tan­ten des ge­sam­ten eu­ro­päi­schen Hoch­adels in die Mo­sel­stadt. Der Erz­bi­schof brach die Ge­sprä­che je­doch ab, um dem Drän­gen Karls des Küh­nen nicht nach­ge­ben zu müs­sen. Durch die vor­zei­ti­ge Ab­rei­se des Kai­sers blie­ben die Ver­hand­lun­gen oh­ne Er­geb­nis. An dem dar­aus re­sul­tie­ren­den Neus­ser Krieg zwi­schen dem Her­zog und dem Köl­ner Erz­stift war Erz­bi­schof Ja­kob be­tei­ligt. Mit sei­nem Bru­der Ge­org von Ba­den ver­mit­tel­te er nach dem Tod Karls des Küh­nen in der Schlacht bei Nan­cy 1477 die Hei­rat von Ma­xi­mi­li­an von Habs­burg (1459-1519) mit der Her­zog­s­toch­ter Ma­ria von Bur­gund (1457-1482). Da­durch fie­len die bur­gun­di­schen Nie­der­lan­de im Nord­wes­ten des Rei­ches an die habs­bur­gi­schen Stamm­lan­de im Süd­os­ten.

Den Kur­staat re­gier­te Jo­hann von Ba­den mit star­ker Hand. Bei sei­nem Amts­an­tritt fand er Schul­den in Hö­he von 270.000 Gul­den vor, de­nen jähr­li­che Ein­nah­men von 40.000 Gul­den ge­gen­über­stan­den. Jo­hann muss­te sich mehr und mehr in die Ab­hän­gig­keit der Land­stän­de und des Dom­ka­pi­tels be­ge­ben, wel­ches die Rhein­zöl­le kon­trol­lier­te und die Steu­ern ver­wal­te­te.

Ver­schie­de­nen krie­ge­ri­schen Feh­den, in die Jo­hann ver­wi­ckelt war, steht die fried­li­che Lö­sung von Kon­flik­ten (Trier 1480, Ko­blenz 1482) ge­gen­über. Jo­hann be­la­ger­te 1488 Burg Beil­stein, die dem Pfalz­gra­fen ge­hör­te und am Mo­sel­über­gang bei Sen­heim die Fern­stra­ße Aa­chen-Frank­furt, die „Krö­nungs­stra­ße", be­herrsch­te. Die Be­la­ge­rung en­de­te mit ei­nem Ver­gleich. In Bop­pard kam es 1495 zu ei­nem ge­walt­tä­ti­gen Auf­stand der Bür­ger, die ih­re 1309 ver­lo­re­ne Reichs­un­mit­tel­bar­keit wie­der­er­lan­gen woll­ten. Der Erz­bi­schof mo­bi­li­sier­te ein Heer von 12.000 Sol­da­ten, das die Stadt ein­schloss. Nach ei­ner drei­tä­ti­gen Be­schie­ßung und der Ein­nah­me des Be­ne­dik­ti­ne­rin­nen­klos­ters Ma­ri­en­berg ka­pi­tu­lier­te Bop­pard. Durch die Ein­lö­sung von Pfand­schaf­ten konn­te Jo­hann von Ba­den für ho­he Sum­men die Herr­schaf­ten Schöne­cken, Kem­pe­nich und Daun, ei­nen Teil der Herr­schaft Lim­burg, An­sprü­che der Hunol­stei­ner Er­ben und die Graf­schaft Salm für das Kur­fürs­ten­tum er­wer­ben.

Die un­ter sei­nem Vor­gän­ger Ja­kob von Sierck be­gon­nen Klos­ter­re­for­men führ­te Jo­hann vor al­lem mit Hil­fe der Win­des­hei­mer und Burs­fel­der Kon­gre­ga­tio­nen fort und scheu­te sich da­bei nicht, Wi­der­sa­cher mit Ge­walt zur Rai­son zu brin­gen. Nach dem neu­en Ma­ri­en­wall­fahrts­ort Klau­sen an der Mo­sel be­rief er Au­gus­ti­ner-Chor­her­ren der Win­des­hei­mer Kon­gre­ga­ti­on, de­nen er zu­dem die Auf­sicht über das re­for­mier­te Au­gus­ti­ne­rin­nen­klos­ter St. Agne­ten an der We­ber­bach in Trier über­trug. Auch im Klos­ter Wolf an der Mo­sel sie­del­te er die Brü­der vom Ge­mein­sa­men Le­ben an. Die Be­ne­dik­ti­ner­ab­tei­en St. Mar­tin in Trier, Mett­lach, Tho­ley, Ma­ria Laach und Schö­nau schlos­sen sich der Burs­fel­der Kon­gre­ga­ti­on an. 1488 un­ter­stüt­ze er die Grün­dung ei­nes Hos­pi­tals auf dem an der Pil­ger­stra­ße nach Aa­chen ge­le­ge­nen He­le­nen­berg durch sei­nen Kanz­ler Lu­dolf von Ensch­rin­gen (Kanz­ler von 1483-1503; ge­stor­ben 1504). Wie in Pe­der­nach wur­den hier Kreuz­her­ren an­ge­sie­delt. Jo­hanns Ver­such, die Klös­ter des Fran­zis­ka­ner­or­dens zu re­for­mie­ren, schei­ter­te da­ge­gen bis auf ei­ne Aus­nah­me (Lim­burg) an der Ex­emp­ti­on des Or­dens. Die Mön­che von Ma­ria Laach leis­te­ten ge­gen die Re­form­ver­su­che er­bit­ter­ten Wi­der­stand. Der Erz­bi­schof be­setz­te mit be­waff­ne­ten Bür­gern aus May­en und an­de­ren Städ­ten das Klos­ter. Ei­ne Grup­pe von Mön­chen ver­ließ so­gar den Kon­vent, um der Re­form zu ent­ge­hen.

Nach­dem meh­re­re Vi­si­ta­tio­nen kei­nen Er­folg hat­ten, lös­te Jo­hann das ade­li­ge Au­gus­ti­ne­rin­nen­klos­ter Schön­statt ge­walt­sam auf und über­gab es den Fran­zis­ka­ne­rin­nen zu Eh­ren­breit­stein. Die Non­nen des Au­gus­ti­ne­rin­nen­klos­ters St. Tho­mas bei An­der­nach, die ei­ne Re­form ab­lehn­ten, schick­te er zu ih­ren El­tern zu­rück. Die Lei­tung des Klos­ters über­nah­men re­for­mier­te Au­gus­ti­ne­rin­nen aus St. Agne­ten in Trier, de­ren Äb­tis­sin die Her­zo­gin Mar­ga­re­te von Bay­ern war, ei­ne Ver­wand­te des Erz­bi­schofs. Zu nen­nen ist noch der Druck des Trie­rer Mis­sa­les vor 1498 und ei­nes Bre­viers (sechs Auf­la­gen ab 1475), das Jo­hanns In­ter­es­se an der Re­form des Welt­kle­rus deut­lich macht.

Auch die Uni­ver­si­tät Trier wur­de un­ter sei­ner Re­gent­schaft am 16.3.1473 er­öff­net. Es ge­lang ihm, ei­ne Ver­ein­ba­rung mit der Stadt zu tref­fen, wel­che die Fi­nan­zie­rung si­cher­stell­te. Sechs Stifts­kir­chen muss­ten je­weils ein Ka­no­ni­kat zur Be­sol­dung ei­nes Hoch­schul­leh­rers ab­tre­ten. Hin­zu ka­men fünf Pfarr­stel­len, de­ren Amts­in­ha­ber durch Vi­ka­re er­setzt wur­den. Der Erz­bi­schof und sein Kanz­ler grün­de­ten 1499 in Trier ei­ne La­tein­schu­le, die von den Au­gus­ti­ner-Chor­her­ren von St. Ger­man be­treut wur­de. Sie zähl­te bald 300 Schü­ler und war bis zur Grün­dung des Je­sui­ten­gym­na­si­ums die be­deu­tends­te schu­li­sche Bil­dungs­ein­rich­tung der Stadt be­zie­hungs­wei­se des Bis­tums.

Ei­ne re­ge Bau­tä­tig­keit in Jo­hanns Amts­zeit hin­ter­ließ viel­fäl­ti­ge Spu­ren an Kir­chen, Bur­gen und Schlös­sern. So er­rich­te­te er um 1480 im Kreuz­gang des Do­mes den pracht­vol­len „Ba­di­schen Bau", an dem er sein Wap­pen an­brin­gen ließ. Ge­baut wur­de an den Bur­gen in Daun, Eh­ren­breit­stein (heu­te Stadt Ko­blenz), En­gers (heu­te Stadt Neu­wied), Mon­ta­baur, Bern­kas­tel (heu­te Stadt Bern­kas­tel-Ku­es), Saar­burg und Kyll­burg, aber auch an den Re­si­den­zen in Trier und Ko­blenz so­wie dem Jagd­schloss in Kär­lich. In Frank­furt wur­de ein erz­bi­schöf­li­cher Hof er­rich­tet, in Bad Ber­trich wur­den die Ther­men wie­der­her­ge­stellt. Als Schat­ten­sei­te von Jo­hanns Amts­füh­rung sa­hen die Zeit­ge­nos­sen, dass er vor al­lem auf das Wohl sei­ner Ver­wand­ten und auf den Glanz sei­nes Hau­ses be­dacht war.

Ge­gen den Wi­der­stand ei­nes Teils des Dom­ka­pi­tels be­rief Jo­hann von Ba­den 1499 sei­nen Großn­ef­fen Ja­kob von Ba­den zum Ko­ad­ju­tor mit dem Recht der Nach­fol­ge. Seit 1501 über­ließ er ihm die Re­gie­rungs­ge­schäf­te. Nach sei­nem Tod am 9.2.1503 wur­de er im Trie­rer Dom in ei­nem pracht­vol­len Grab­mal, das er be­reits 1478 von dem Ut­rech­ter Bild­hau­er Ni­ko­laus My­ert (er­wähnt 1454-1478) hat­te lie­fern und er­rich­ten las­sen, be­stat­tet. Es be­fand sich in West­chor ne­ben der Tum­ba des Erz­bi­schofs Bal­du­in von Lu­xem­burg, der mehr als 46 Jah­re lang re­giert hat­te. Jo­hann war zu­sam­men mit Bal­du­in der am längs­ten re­gie­ren­de Trie­rer Erz­bi­schof. Im Ge­gen­satz zu die­sem er­scheint er als vor­sich­ti­ger und be­dach­ter Lan­des­herr. Ob­gleich sei­ne Per­son und Per­sön­lich­keit in den Quel­len we­ni­ger scharf pro­fi­liert her­vor­tritt, hat er den­noch viel be­wegt.

Literatur

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Online

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Krimm, Kon­rad, Ar­ti­kel „Jo­hann II.", in: Neue Deut­sche Bio­gra­phie 10 (1974), S. 539-540. [On­line]

Grabmal Johanns II. von Baden, Foto: Rudolf Schneider. (Museum am Dom Trier)

 
Zitationshinweis

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Schmid, Wolfgang, Johann II. von Baden, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/johann-ii.-von-baden/DE-2086/lido/57c92dbb73bad1.63096165 (abgerufen am 19.03.2024)